Sacra.Wiki Stift Vorau

Stift Vorau

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Stift Vorau, Kupfertisch (1681)

Das Stift Vorau ist ein Augustiner-Chorherrenstift im Nordosten der Steiermark, das im Jahr 1163 gegründet wurde. Es befindet sich im gleichnamigen Dekanat in der Diözese Graz-Seckau.

Historische Namensformen

illis rivis qui vulgo Forauwa (1140); predium nostrum Vorowc dictum (1163); ab aqua videlicet que Vorowe dicitur (1163); Pernhardus prepositus Forowiensis (1196); prepositus de Vorawe (1220); in Vorowa (1243); Herbord us sartor de Vorov (1249); Gebwinus prepositus in Voraw (1252); conventus monasterii Voroensis (1267); Propst ze Vorav (1370); Varaw, Faraw, Foraw, Fara, Forau ... (15./16. Jahrhundert)

Es besteht kein Zweifel, dass sich die älteste Nennung von Vorau in der Urkunde von ca. 1140 auf den Wasserlauf bezieht und dass Stift und Ort von dort her benannt wur­den. Wenn dt. "forh" (Föhrenbach) auszuschließen ist und man slaw. "bar" (Föhre) aus sprachlichen und siedlungsgeschichtlichen Erwägungen verwirft (Franz Eiselt), bleibt als dritte Möglichkeit die Zusammensetzung aus ahd. "for(a)" und ahd. "ouwa".

Nimmt man diese deutsche Herkunft für Vorau an, bleibt nun die Frage offen, woher die Benennung des Baches als Vorau(bach) erfolgt sein könnte. Naheliegend und wahr­scheinlich ist: die heutige Koglerau nördlich von Rohrbach an der Lafnitz. Vor dieser Au, die bereits 1353 durch den Verkauf des Ludwigshofes in der Au an das Stift Vorau belegt ist, fließt nämlich die Vorau in die Lafnitz, und zwar bei Beigütl. Bedenkt man noch, dass es sich bei der Koglerau um einen Teil des karolingischen "Wisitindorf" han­delt, wie Fritz Pasch nachwies, so gewinnt die Annahme der Benennung des Baches von dieser Stelle aus an Wahrscheinlichkeit. Die Bezeichnung "Au" ist also aus der Zeit der (Wieder-?) Besiedlung bis heute in Gebrauch geblieben. Damit scheint die deutsche Her­kunft des Namens Vorau, lokal und sprachlich betrachtet, recht einleuchtend.

Politische und kirchliche Topographie

Mit dem Sieg König Heinrichs III. über die Ungarn im Jahr 1043 wurde die Ostgren­ze des damaligen Deutschen Reiches und mit ihm der Karantaner Mark, zu der Vorau gehörte, bis zur Lafnitz vorgeschoben. Seit der Erhebung der Steiermark zum Herzog­tum 1180 gehört das Gebiet um Vorau zur Steiermark. Ab der Gründung unterstand das Stift mit seinen Pfarren der Erzdiözese Salzburg, von der es 1786 losgetrennt und dem Bischof der Diözese Graz-Seckau unterstellt wurde.

Geschichte

Gründungslegende

Wie viele alte Klöster hat auch Vorau seine Gründungslegende, der die bekannte Hubertussage zugrundeliegt.

Eines Tages, während er in seinen Wäldern um Vorau jagte, gelangte der steiri­sche Markgraf Otakar plötzlich an eine Lichtung, in deren Mitte die erst unlängst zu Ehren des hl. Apostels Thomas geweihte Kapelle stand. Hier zeigte sich ihm im Dämmerschein der Nebelschwaden die Silhouette eines prächtigen Hirsches. Der Blick des Tieres schien ihn festzubannen, so dass er die gespannte Armbrust wieder langsam sinken ließ. Durch das geheimnisvoll einspinnende Nebeltreiben erkannte Otakar zwi­schen den weit ausladenden Geweihstangen ein leuchtendes Kreuz. Ein feiner Glocken­ton vom Dachreiter der Thomaskapelle durchbrach die Stille. Als der erstarrte Markgraf wieder auf die Waldlichtung blickte und erneut die Gestalt des Hirschen suchte, fanden seine Augen nur noch das Blätter­kleid und Beerengestrüpp des Waldes, durch das hindurch der Hirsch geflüchtet war. Dieses Erlebnis war für Otakar ein Fingerzeig Gottes, sein Vorhaben, ein Kloster zu gründen, an dieser Stelle zu verwirklichen. Seinen Entschluss ließ er sofort urkundlich besiegeln.

Gründung

Als sechstes Kloster der Steiermark (nach Göss, Admont, St. Lambrecht, Rein und Seckau) wurde Vorau in jenem abgeschiedenen Landstrich zwischen Wechsel und Masen­berg gegründet, den nach dem Tod des Grafen Ekbert III. von Formbach-Pitten Markgraf Otakar III. von Steier erbte. Markgraf Otakar, der durch sein Erbe eine besondere Machterweiterung erhalten hatte, war nun bestrebt, die Erschließung dieser unwirtlichen und noch äußerst dünn besiedelten Landstriche vor­anzutreiben. Deshalb übergab er seinen Eigenbesitz um Vorau dem Erzbischof von Salzburg, damit hier ein Kloster der regulierten Chor­herren des hl. Augustin errichtet werde. Die im Jahr 1163 erfolgte Gründung fällt in die Zeit der Blüte der Augustiner-Chorherren in der weit ausgedehnten alten Salzburger Kir­chenprovinz. Um seinem Wunsch auch Rechtskraft zu verleihen, rief Markgraf Otakar wohl im Spätherbst des Jahres 1163 zu Fischau am Steinfeld (Niederösterreich), dem damaligen geistigen und weltlichen Vorort für diesen Landstrich, eine größere Anzahl geistlicher und weltlicher Herren zusammen, tat ihnen nochmals seinen Willen kund, legte ihn in einer Urkunde fest, ließ die anwesenden Zeugen namentlich beisetzen und besiegelte die Urkunde mit seinem Reitersiegel.

Die Gründungsurkunde gibt die Grenzen des Stiftungsgutes an, woraus ersichtlich ist, dass es sich größtenteils um noch ungerodetes Waldland handelte. Weiters befreite in dieser Urkunde der Gründer das Stift von allen Abgaben. Trotz des Vorliegens der Gründungsurkunde ist die Gründungsgeschichte von Vorau in ein gewisses Dunkel gehüllt, fehlt doch das genaue Ausstellungsdatum. Es steht aber fest, dass die Urkunde nach der Geburt Markgraf Otakars IV., also nach dem 19. August, sicher jedoch einige Zeit vor der Pfarrerhebungsurkunde von Mönichwald ausgestellt wurde. Im nahe­ gelegenen Mönichwald, einer Schenkung des Grafen Ekbert von Formbach an die Bene­diktiner der Abtei Formbach am Inn, die nördlich vom Wechsel-Semmering zu Glogg­nitz ein Priorat besaßen, weihte Erzbischof Eberhard am 17. Dezember 1163 in Anwe­senheit zahlreicher hochrangiger Zeugen ein zu Ehren des hl. Petrus erbautes Gottes­haus, erhob es zur Pfarrkirche und bestimmte die Grenzen der Pfarre.

Unmittelbar danach muss Erzbischof Eberhard von Mönichwald weggezogen und unverzüglich auf den besten Verbindungswegen nach Friesach gereist sein, stellte er doch dort schon am 20. Dezember neue Urkunden aus. Die Gründungsurkunde des Stif­tes Vorau ist also wahrscheinlich im September oder Oktober 1163 ausgestellt worden, während der eigentliche Gründungsakt, auf den in der Urkunde Bezug genommen wird, in Vorau zeitlich vorher stattgefunden haben muss. Nichts weist darauf hin, dass die Akte von Fischau und Mönichwald hintereinander stattgefunden haben, die völlig anderen Zeugen in diesen beiden Urkunden sprechen sogar dagegen. Weil eine Kloster­gründung aber umfangreicher Vorarbeiten, Erhebungen und Genehmigungen bedurf­te, dürften die notwendigen Maßnahmen bereits einige Zeit zurückreichen, jedenfalls vor den Zeitpunkt der Geburt des Sohnes, die in der Überlieferung als Anlass der Stifts­gründung angesehen wird. Auch der Text der Urkunde spricht dafür, dass Markgraf Otakar III. schon vor der Zusammenkunft in Fischau Unterhandlungen mit Erzbischof Eberhard I. geführt hatte.[1]

Als Anstoß zur Gründung des Chorherrenstiftes Vorau können letztendlich mehrere Aspekte in Betracht gezogen werden:

  1. Die bisherige Literatur sieht in Bischof Roman I. von Gurk, den Vertreter des Erz­bischofs von Salzburg, einen der Hauptakteure bei der Gründung des Stiftes. Roman, seit 1131 Bischof von Gurk, war seit 1138 bis zum Tod Erzbischof Konrads 1147 der eigentliche Regent der Metropolitankirche von Salzburg und auch der vertrauteste Rat­geber und die leitende Persönlichkeit der Erzdiözese unter dem neuen Erzbischof Eber­hard I. Er hat nicht nur 1149 das erste Kirchlein St. Thomas im Wald in Vorau geweiht, sein Name wird auch in der Gründungsurkunde, die Markgraf Otakar in Fischau aus­stellte, ausdrücklich hervorgehoben, denn er war damals der einzige anwesende Kir­chenfürst.
    Bischof Roman kannte schließlich die Gegend und hat den abgelegenen Gebirgskessel wohl für eine Stiftsgründung als besonders geeignet befunden. Auch dass hier ein Chorher­renstift gegründet wurde, dürfte in erster Linie auf Bischof Roman zurückgehen, denn neben den Zisterziensern waren die Chorherren damals der modernste Orden der Zeit, der sich gerade in einem mächtigen Aufschwung befand. Auch Erzbischof Konrad ließ sich von der Idee des Propstes Gerhoch von Reichersberg, alle Priester zu Mönchen zu machen, begeistern und begann mit seinen in Salzburg residierenden Klerikern das gemeinsame Leben nach der Regel des großen Kirchenlehrers Augustinus mit einem Dompropst an der Spitze. Er führte die Augustinerregel auch bei der Geistlichkeit der Maria Saaler Kirche ein, und der erste Chorherrenpropst dieser Kirche, schon ab 1124 urkundlich nachweisbar, war Roman, der später als Bischof von Gurk ebenfalls von einem Chorherrenkapitel umgeben war.
    Roman weihte 1132 zusammen mit Erzbischof Konrad das Chorherrenstift Chiemsee, 1133 im erzbischöflichen Auftrag das Chorherrenstift Aue in Bayern, beide wohnten im Februar 1136 der Einweihung des Chorherrenstiftes Klosterneuburg bei, in Gegenwart Erzbischof Konrads konsekrierte Bischof Roman 1138 das Nonnenkloster in Reichers­berg, im selben Jahr das regulierte Chorherrenstift Beyharting in Bayern, und 1140 war er bei der Gründung des Chorherrenstiftes Seckau anwesend, die ebenfalls auf seinen Rat hin erfolgt ist. Die Gründung dieses Chorherrenstiftes erfolgte zuerst in St. Marein, musste aber drei Jahre später, weil der Ort an einer Durchzugsstraße lag und nicht die nötige Ruhe für ein religiöses Leben bot, nach Seckau verlegt werden. Roman, auf des­sen Rat hin 1161 auch Dechantskirchen zur Pfarre erhoben wurde, dürfte sich diesen Fehlschlag zu Herzen genommen haben und für die neue Chorherrenniederlassung das abgelegene Vorau ausgesucht haben.
    Neben seiner Verbundenheit mit der Chorherrenidee darf aber nicht verges­sen werden, dass Roman auch persönliche Bindungen an diese Gegend gefesselt haben, denn die Erben der Gründerin von Gurk, der hl. Hemma, Graf Wolfrad von Treffen und seine Gattin Hemma, gehörten seit 1141 zu den größten Grundherren des Vorauer Gebie­tes. Möglicherweise hat Bischof Roman, dessen Aufgabe es eigentlich nicht war, kleine Kapel­len zu weihen, auch deshalb 1149 das Kirchlein St. Thomas eingeweiht.
  2. Ist Bischof Roman in erster Linie als der geistige Vater des Stiftes Vorau anzusehen, so bleibt der eigentliche Gründer Markgraf Otakar III. von Steier, der bedeu­tendste Fürst aus dem Geschlechte der Traungauer, der in seinem kurzen, aber taten­reichen Leben das Land Steiermark geschaffen hat. Begünstigt durch große Erbschaften, aber auch getrieben von unbändigem Herrscherwillen hat er die damals noch lose ver­bundenen Landschaften verschmolzen und die Landesherrschaft begründet. Auf dem Höhepunkt seiner Macht und seines Lebens vollführte er drei Klostergründungen, denn neben Vorau gründete er 1160 noch das Hospital am Semmering, womit er die Semmeringstraße öffnete, und kurz vor seinem Tod die Kartause Seitz bei Gonobitz.
  3. Den letzten Anstoß zur Gründung des Stiftes Vorau gab sicherlich die Geburt des langersehnten Erben, des nachmaligen Markgrafen Otakar IV. und späteren ersten Her­zogs der Steiermark (1180–1192), am 19. August 1163. Die Ehe Otakars III. mit Kuni­gunde, der Tochter Dietpolds III. von Cham-Vohburg, die schon vor 1146 geschlossen worden war, war also eineinhalb Jahrzehnte kinderlos geblieben.
  4. In der Gründungsurkunde wird die Geburt des Sohnes allerdings nicht erwähnt. Otakar gibt hier seiner Hoffnung Ausdruck, dass nach dem Zeugnis der Schrift durch reiche Gaben die Sünden vergeben werden, weiters Gottesfurcht und die Sorge um das Heil seiner Seele, das seiner Frau Kunigunde und seines geliebten Sohnes Otakar sowie aller Vorfahren. Man ist daher fast geneigt, in der Gründung von Vorau eine Art Sühnestiftung zu sehen, was angesichts der rauhen und durchgreifenden Natur des Mark­grafen naheliegend erscheint.
  5. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt für die Stiftsgründung mag in den kolonisatorischen Absichten des Markgrafen gelegen sein. Das 12. Jahrhundert brachte mit der Auswei­tung der Kolonisation und dem Sieg der kirchlichen Reformbewegung eine Hochblüte der Klostergründungen. Erzbischof Konrad I. bediente sich bei seinem Erneuerungs­werk vor allem der Chorherren, die im Unterschied zu Mönchen auch in der Seelsorge tätig waren. Eine Stiftsgründung brachte auch Siedler, die die Erschließung die­ses unwirtlichen Landstriches der nördlichen Oststeiermark vorwärtstrieben, Siedler die für das ihnen zugewiesene Land Zinse und Abgaben zu entrichten hatten, die auf Umwegen wiederum dem Landesfürsten zugute kamen. Nur ein besiedeltes Land brachte Ein­nahmen.
  6. Vielleicht liegen der Stiftsgründung auch verteidigungsstrategische Aspekte zugrunde. Dem nach Osten offenen, dem Alpenwall vorgelagerten Land der östlichen Steiermark war aufrgrund seiner Beschaffenheit als Glacis der Alpen im Laufe der Geschichte ein regelrechter Tummelplatz jener Völker, die von Osten in den mittel­europäischen Raum vorstießen. Die gegen Einfälle der Magyaren errichtete Mark fand ihre Nahtstelle zum Osten schließlich in einer nordsüdlich verlaufenden Grenzlinie, die infolge Fehlens von natürlichen, geographischen Hindernissen umfangreicher Grenzsicherung bedurfte. So wurde ein von Nord nach Süd verlaufender Burgengürtel ange­legt, in dessen langer Kette vielleicht auch das Stift Vorau bei seiner Gründung als ein Glied miteingeplant war. Das im Laufe der Jahrhunderte zu einer starken Festung um­- und ausgebaute Stift bot seit seiner Gründung bis in die Zeit der Türken- und Kuruz­zenstürme im 18. Jahrhundert der ständig bedrängten Grenzbevölkerung bei Einfällen kriegerischer Horden eine letzte und willkommene Zufluchtsstätte.

Aufstieg und Reform im Mittelalter

Mit der Gründung hat das Stift eine dreifache Aufgabe übernommen: Es sollte ein Zentrum der materiellen Kultur werden und das ihm übergebene Waldland roden, besiedeln und ertragfähig machen. Durch die Errichtung einer Klosterschule und einer Bibliothek trat es als ein Zentrum der Geisteskultur in Erscheinung. Die ersten Namen von Klosterschülern sind uns aus dem Jahr 1252 bekannt. Das Stift sollte auch ein Zentrum der Seelenkultur werden. Damit ist die geistliche Doppelaufgabe der Chorherren angedeutet: Gottesdienst durch Konventmessen und gemeinsames Chorgebet sowie Seelenheiligung durch Selbstvervollkommnung der Chorherren und durch Heiligung anderer in der Seelsorge. Die ruhige Entwicklung des noch jungen Stiftes wurde schon nach sieben Jahrzehnten jäh unterbrochen durch das unheilvolle Ereignis des 21 . November 1237, den großen Stiftsbrand, das unzweifelhaft schwerste Brandunglück in der Geschichte des Stiftes, bei dem Propst Bernhard II. ums Leben kam.

Der Wiederaufbau des Klosters wurde durch die Wirren der Raubritterzeit erschwert. In der Nordoststeiermark wimmelte es von Grenzburgen und festen Türmen. Die darin hausenden Herren und Ritter fingen besonders nach dem Tod des letzten Babenbergers (1246) an, dem Stift und seinen Untertanen skrupellos die schwersten Schäden zuzufügen. Propst Gebwin (1243–1267) befestigte daher an der Kirchentür ein Pergamentblatt mit den Namen der Missetäter und mit Androhung kirchlicher Strafen. Als 1277 Rudolf von Habsburg das Stift in seinen besonderen Schutz genommen hatte, begannen ruhigere Zeiten. Im 14. Jahrhundert wütete mehrmals die Pest im Wechselgau, 1383 zerstörte ein Großbrand einen Teil des Stiftes, Missernten infolge großer Hitze und Trockenheit hatten Hungersnot und gänzliche Verarmung der Bevölkerung zur Folge.

Nach 1400 bereitete sich ein disziplinärer und wirtschaftlicher Niedergang vor. Dieser erreichte 1432 seinen Höhepunkt, als die Chorherren zur Selbsthilfe griffen und ihren wirtschaftlich unfähigen Propst Nikolaus Zink in einen Turm sperrten. Sofort griff der Bischof von Seckau ein, die Chorherren nahmen eine entsprechende Buße auf sich, der Propst musste abdanken, und der Erzbischof von Salzburg ernannte einen Chorherren von Berchtesgaden, Andreas von Pranpeck, zum Propst von Vorau (1433–1453). Andreas erneuerte das Ordensleben mit Hilfe von Chorherren aus dem Reformstift St. Dorothea in Wien. Diese waren in Ordenshäusern, die wegen ihrer musterhaften Disziplin in hohem Ansehen standen, ausgebildet worden. Es waren vorbildliche Ordensmänner, ebenso fromm wie wissenschaftlich gebildet, die durch Wort und Beispiel bessernd und formend auf ihre Umwelt einwirkten. Ihnen vertraute der Propst die wichtigsten Klosterämter an, aus ihnen nahm er den Dechanten. Auf solche Weise gelang es, eine vollständige innere Erneuerung des Stiftes herbeizuführen.

Besonders segensreich wirkten für die Reform die gelehrten Chorherren Johannes Jung von Dinkelsbühl, seit 1455 erster Propst von Rottenmann, sein Freund Wilhelm von Wilhelmsburg und der verdienstvolle Bibliothekar und Dechant Wolfgang Voitländer. Die von St. Dorothea kommenden Chorherren hatten ihre Ausbildung auch an der Wiener Universität erhalten, die damals unter dem Einfluss der großen Theologen Heinrich von Langenstein, Nikolaus von Dinkelsbühl und Thomas Ebendorfer stand. Ihre Werke sind unter Propst Andreas in zahlreichen Abschriften nach Vorau gekommen. Er selbst war zwar kein Gelehrter, aber ein Freund der Gelehrsamkeit. Als Bücherliebhaber kaufte und sammelte er Handschriften und verstand es, in seinen Chorherren solche Schreiblust zu wecken, dass in Vorau gerade zu der Zeit, als das Buchschreiben durch das Buchdrucken verdrängt wurde, von einer blühenden Schreib- und Malerschule gesprochen werden kann. Unter Andreas von Pranpeck erhielten die Vorauer Pröpste 1452 vom Papst die Erlaubnis, bei feierlichen liturgischen Handlungen Infel (Mitra) und Stab (Pastorale) zu tragen. Propst Andreas gilt als zweiter Gründer des Stiftes. Sein Nachfolger Leonhard von Horn ehrte ihn, indem er 1453 von Kaiser Friedrich III. die Erlaubnis erwirkte, das ursprüngliche Stiftswappen (den Apostel Thomas vor dem Welterlöser in blauem Feld) mit dem Familienwappen der Pranpeck (dem geflügelten Greifenfuß in gelbem Feld) zu vereinigen. Unter Leonhard von Horn (1453–1493) gelangte das Stift zu hoher Blüte und zu großem Ansehen. Die stiftische Schreib- und Buchmalerschule leistete ihr Bestes.

Der starke Zug zur Verinnerlichung zeigte sich unter Propst Leonhard auch im Bestreben, neue Gebetsverbrüderungen einzugehen, zunächst mit anderen Klöstern oder Ordensprovinzen, aber auch mit Weltpriestern und Laien. Nachweislich erstreckt sich der Umfang auf 50 Konföderationen, die zwischen 1302 und 1521 mit der Vorauer Chorherrengemeinschaft eingegangen wurden. Die immer bedrohlicher werdenden Gefahren von Osten her nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Türken 1453 veranlassten Propst Leonhard 1458, sein Stift zu einer Klosterburg umzubauen. Um Kloster und Kirche wurde ein tiefer Wassergraben ausgehoben, innerhalb desselben eine hohe Wehrmauer aufgeführt und zur alten Prälatur eine Zugbrücke errichtet. Ein großer Vorhof mit einem einzigen Zugang unter dem Torturm sollte Zufluchtsstätte für Flüchtende sein. Ein großes Ereignis brachte das Jahr 1490. In Vorau konnte für die ganze Oststeiermark (zwischen Mur und Ungarn) der von Papst Innozenz VIII. ausgeschriebene Jubelablass gewonnen werden. 152.800 Pilgerinnen und Pilger kamen nach Vorau, also fast alle damaligen Oststeirerinnen und Oststeirer. Die allgemeine Begeisterung hatte große Bedeutung für das religiöse Leben und die sittliche Erneuerung des gläubigen Volkes im Viertel Vorau. Dieser Jubiläumsablass war einer der letzten Höhepunkte im ausklingenden Mittelalter. 15 Jahre später, 1504, folgte die Gründung des nahegelegenen Chorherrenstiftes in Pöllau, das von Vorau mit den ersten Chorherren beschickt wurde.

Reformation und Gegenreformation

Am Ausgang des Mittelalters hatten die kirchlichen Verhältnisse etwas Überreifes und damit Reformbedürftiges und das allgemeine Bewusstsein erwartete einen Umbruch. Die gewaltige religiöse Bewegung, welche im 16. Jahrhundert die Bewohner aller deutschen Länder ergriff, hatte schon im 14. Jahrhundert in der Sekte der Waldenser auch in der Oststeiermark ihre Vorläufer. Diese war damals stark verbreitet, dürfte aber kaum bis in den Wirkungsbereich des Stiftes Vorau vorgedrungen sein. Der Beginn des Eindringens der lutherischen Lehre und ihres Gedankengutes lässt sich für Vorau nur schwer feststellen. Erst das Visitationsprotokoll von 1528 gewährt Einblick in die Lage der Kirche im Wechselbereich. Um sich nämlich über die kirchlichen und religiösen Zustände in seinen Ländern zu informieren, ordnete der König eine allgemeine Visitation an, die im Jahre 1528 in der Steiermark durchgeführt wurde. Vom 15. bis 17. Mai tagte sie in Vorau. Aufschluss geben die Aussagen der Vorauer Chorherren vor der Kommission am Freitag, dem 15. Mai. Das Vorauer Kapitel zählte 16 Chorherren und einen Kleriker und war damit im Vergleich zu den anderen Klöstern und Stiften der Steiermark keineswegs schlecht bestellt.

Übertroffen wurde Vorau lediglich von St. Lambrecht mit 23 und Seckau mit 21 Mitgliedern. Von diesen 16 Religiosen standen die meisten, vornehmlich die ältere Garde, offensichtlich noch treu zum katholischen Glauben. Von den Jüngeren waren aber schon einige von der neuen Lehre ergriffen. Die Verschiedenheit der Auffassungen von der richtigen Lehre führte im Stift zu Auseinandersetzungen, worunter die klösterliche Einigkeit arg litt, wie den Aussagen des Propstes, der sich als erster der Kommission stellte, deutlich zu entnehmen ist.

Im Augenblick konnte er zwar gegen seine Mitbrüder nichts Nachteiliges vorbringen, obgleich sie vor einiger Zeit erst aufbegehrt, sich dann aber wieder in "geystliche Zuchte geben" hätten. Aber er fürchtete, dass dieser Aufruhr jetzt neuerlich ausbrechen könnte, und bat, ihm alle Beschwerden zur Kenntnis zu bringen, die sich auf seine Person bezögen, damit auch er dazu Stellung nehmen könne. Tatsächlich wurden auch Stimmen gegen den Propst laut. Durch Herrn Sebastian Schranckh erfuhr die Kommission, dass unlängst erst vier Kleriker wegen der "lutrischen Sachen" das Stift verlassen hätten. Der Prälat habe nichts unternommen, sie umzustimmen, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, er wolle keinem über die Stiege nachgehen, der das Stift verlassen will. Als geizig und stur kritisierte ihn Herr Leopold, weil er mit den Kleidern sparsam umgehe und den Chorherren keine solchen geben wolle. Stur fand er den Prälaten deshalb, weil er sich bisher geweigert hätte, einem seiner Chorherren die Erlaubnis zu geben, in ein anderes Kloster überzuwechseln. Auf solche Gesuche habe der Propst stets nur geantwortet: Wer nicht bleiben will, kann jederzeit durch das stets offene Tor das Stift verlassen. Auch der Organist Herr Andreas führte "Beschwär" gegen den Prälaten, dass er wegen seiner "Schwachhait im Khopff" weder Beistand noch Hilfe erhalte, und Bruder Hans beklagte sich, zuviel arbeiten zu müssen. Wie diesen Beschwerden entnommen werden kann, bedeutete der Einbruch des Protestantismus nicht religiösen Aufschwung, sondern disziplinären Verfall. Propst Stephans entschiedenes Eintreten für die katholische Sache zog ihm die Gegnerschaft der geheimen Anhänger der Neuerung zu. Er erklärte, "er wyß nit, ob er seins Lebens sicher sey."

Eindeutig der alten Lehre hingen aufgrund des Verhörs noch elf Chorherren an, der neuen Lehre verdächtig waren zwei, die sich aber rechtfertigen konnten, gegen drei lagen schwere Beschuldigungen vor. Diese waren stark vom verheirateten lutherischen Kaplan in Thalberg beeinflusst, der ihnen lutherische Schriften ins Stift brachte. Vom Chorherrn Hans hieß es, dass er sich in der Predigt gegen Fegefeuer, Opfer und Messe geäußert habe, vom Chorherrn Lorenz, dass er gegen die Zeremonien der Kirche sei und vom Weihwasser, vom Fegefeuer und von den Heiligen nichts halte und die Messe mit der Wandlung anfangen lassen wolle. Am meisten von der neuen Lehre begeistert war der Pfarrvikar Kaspar von Dechantskirchen, gegen den besonders der Stadtpfarrer Ambros Krampi von Friedberg und der Gesellpriester Leonhard Aschmüller von Grafendorf schwere Anklagen vorbrachten. Er habe dem Schlosskaplan von Thalberg das öffentliche Predigen erlaubt, obwohl dieser nur den Schlossleuten predigen dürfe. Auch nehme er keine Palmen- und Kerzenweihe vor, verwerfe die guten Werke und die Heiligenverehrung und mache sogar über die Jungfrau Maria anstößige Bemerkungen. Bei Versehgängen habe er das Sakrament wie ein Stück Brot mitgetragen und keine Glocke gehabt, da er der Meinung war, er sei keine Kuh, dass man ihm eine Glocke anhängen müsse.

Die von der neuen Lehre angesteckten drei Chorherren sahen ihre Irrtümer ein und baten um Gnade. Die beiden Chorherren Kaspar und Hans widerriefen von der Kanzel der Stiftskirche vor einer Volksmenge feierlich ihre falschen Lehren, bereuten ihr Vergehen, bedauerten das gegebene Ärgernis und baten die Visitatoren um Barmherzigkeit und Absolution. Der Chorherr Lorenz, der die neue Lehre nicht öffentlich vertreten hatte, schwor seinen Irrtum im Zimmer des Propstes ab, worauf alle drei über besonderen Antrag der Visitationskommission vom Propst Johann Mistelherger von Pöllau absolviert wurden. Innerlich dürften jedoch einige Chorherren dem Luthertum treu geblieben sein und somit die Zersetzung des Konvents vorangetrieben haben. Auf den Tod des Propstes Stephan Feiner folgte - offenbar mangels eines Kandidaten aus den eigenen Reihen - der Pfarrer von Gratwein Dr. Augustin Geyer. Nach Ablegung der Ordensgelübde wurde er am 28. Februar 1534 durch Erzbischof Matthäus Lang zum neuen Propst von Vorau konfirmiert. Die Reduzierung des Kapitels schritt fort. Die alten Chorherren starben, die lutherisch Gesinnten verließen das Stift, und der Nachwuchs fehlte. Die Quellen geben auch Zeugnis, dass einzelne Herren, die vor der Visitationskommission mit Eifer die Namen der Freunde und Anhänger der neuen Lehre bekanntgaben und entschieden für den alten Glauben eintraten, mit der weiteren Entwicklung im Stift nicht einverstanden waren und wegzogen. Einer von diesen war Sebastian Schranckh, dem Propst Stephan ein Empfehlungsschreiben wegen seines Übertrittes in ein anderes Kloster erteilte, wie dessen eigenhändige Abschrift bezeugt.

Nur so ist die Tatsache erklärbar, dass das Stift in Gefahr kam auszusterben und sich 1539 unter Propst Augustin nur noch zwei Chorherren im Stift befanden. Propst Augustin erbat sich vom Apostolischen Nuntius in Deutschland Giovanni Marone die Erlaubnis, aus ihren Klöstern vertriebene Mitglieder anderer Orden aufzunehmen, doch niemand scheint sich gemeldet zu haben, denn als er am 23. November 1542 starb, hinterließ er Johannes Lankes als einzigen Chorherren, der allerdings nicht fähig war, die Leitung zu übernehmen. Diese triste Personalsituation hatte nicht nur eine länger andauernde Vakanz, sondern auch einen regelrechten Kampf in der Nachfolgefrage um die Vorauer Propstei zur Folge. Als erster bemühte sich der Hartberger Stadtpfarrer Kaspar Plank um die vakante Propstei. Er legte bereits 1543 beim Wiener Landtag eine Fassion der Einkünfte des Stiftes vor, wozu er vom Kaiser ermächtigt war. In dieser Gültenschätzung bezeichnete sich Plank als erwellter brobst zu Voraw, siegelte die Einlage aber überraschenderweise mit seiner eigenen petschafft unnd hanndschrift, anstat des gotshauß.

Laut Aussage der Vorauer Chronik blieb ihm aber die Zustimmung von Salzburg versagt, denn Administrator Ernst von Bayern bestellte kraft des Devolutionsrechtes am 24. April 1544 bis auf Widerruf einen Administrator in der Person des Pöllauer Chorherrn Wolfgang Praithofer. Damit scheint König Ferdinand nicht einverstanden gewesen zu sein, der seinen Kandidaten, den Propst von Rottenmann Georg Ritzinger zum Propst von Vorau befördern wollte und ihn anscheinend anlässlich der im März 1545 in Vorau vorgenommenen Visitation durch die Kommissäre Kaspar Plank, Baron Kaspar von Herberstein, Christoph Resch, Vizedom der Steiermark, und Balthasar von Teuffenbach investieren ließ. Administrator Ernst von Bayern versagte ihm aber die Konfirmation, worauf Ritzinger sich schließlich zurückzog und in Vorau als Pfarrer wirkte. Außer der vermeintlichen Regelung der Nachfolgefrage wurde von der Kommission auch noch eine Bilanz über die wirtschaftliche Situation des Stiftes gezogen, die ähnlich der personellen die traurige Lage des Stiftes aufzeigt. Der Umsicht und dem Eifer des Administrators Wolfgang Praithofer, der am 6. April 1551 von Ernst von Bayern als Propst konfirmiert wurde, gelang es allmählich, in die stiftische Wirtschaftsführung einigermaßen Ordnung zu bringen. Da aber die personelle Krise bei der Stagnation der Ordensberufe nicht ohne weiteres zu beheben war, dürfte Praithofer aus seinem Mutterstift Pöllau einige Chorherren für etliche Jahre nach Vorau geholt haben, um mit ihnen die Zeit bis zum Eintritt neuer Ordensmitglieder zu überbrücken. Nachweisbar erscheint zum Beispiel der Pöllauer Dechant Johannes Mandl anlässlich der Verleihung des titulus mensae an Rupert Lackner im Jahr 1549 als Dechant von Vorau, eine nette Gegenleistung des Pöllauer Stiftes für die von Vorau übersiedelten Gründungskonventualen. Vermutlich gelang es aber auch Propst Praithofer nicht, seine Zielvorstellungen auch nur annähernd zu verwirklichen, weil er bereits fünf Jahre nach seiner Ernennung zum Propst auf sein Amt resignierte.

Ihm folgte im selben Jahr der erst 1548 in Wien zum Priester geweihte, in der Ernennungsurkunde Praithofers zum Propst von Vorau (datiert vom 6. April 1551) aber bereits als senior bezeichnete Oswald Reibenstain. Wie jung müssen erst die damals zwei oder drei weiteren Mitbrüder gewesen sein, die ihn einstimmig zum neuen Propst wählten. Die am 20. August 1593 von Bischof Brenner vorgenommene Visitation zeigt, dass sich Reibenstains Nachfolger Propst Zacharias Haiden erfolgreich bemüht hatte, den wirtschaftlichen Zustand des Stiftes zu heben. Als Ökonom fand er darum das Lob des Bischofs, doch wurde er hinsichtlich der Klosterzucht und der Erfüllung der geistlichen Verpflichtungen getadelt. Nun entzog der Erzbischof dem Vorauer Kapitel die freie Propstwahl und bestellte einen Chorherren aus Berchtesgade, Johann Benedikt von Perfall. Mit ihm übernahm ein geistig und geistlich hochstehender Oberer die Leitung des Stiftes, der dessen vollständige moralische wie auch materielle Regeneration durchsetzen konnte. Er wurde auch endlich Herr der schon über ein halbes Jahrhundert andauernden stiftischen Personalkrise, indem sich während seiner Prälatur die Anzahl der Kapitelmitglieder verdoppelte, so dass er bei seinem Tod 1615 acht Chorherren zurückließ.

Propst Benedikts Erneuerungswille zeigt sich nicht nur in der Wiederherstellung der vielfach schadhaften Klostergebäude, in der Erbauung des Glockenturmes (1597) und der Hebung der Zahl der Stiftsmitglieder, sondern auch in der Sorge für ein würdiges Gotteshaus und einen anziehenden Gottesdienst. Das Sakristeiinventar, das nach seinem Ableben vom Erzpriester Grassherger und dem Grazer Stadtpfarrer Georg Hammer am 10. Juli 1615 aufgenommen wurde, erwähnt sehr häufig den Ankauf von Pretiosen durch den verstorbenen Propst. Im Sinne des Tridentinums sorgte er auch für die Anlegung der Matrikenbücher, welche mit dem Jahr 1596 beginnen und zu den ältesten der Steiermark zählen. Die Gegenreformation setzte sich also verhältnismäßig rasch durch, wenn es auch naturgemäß noch einige Zeit dauerte, bis der gewünschte Erfolg überall erreicht war.

Die Glanzperiode des Stiftes

Unter Perfalls Nachfolger, dem 1584 zu Havelberg in Brandenburg geborenen Dani­el Gundau, fand die Reform trotz der Ungunst der Zeit - es wütete der Dreißigjährige Krieg - ihre Fortsetzung. Propst Gundau war bemüht, eine geregelte Tagesordnung einzuführen, die wesentlich im Dienste der Liturgie stand und einen sehr guten Einblick in den damaligen klösterlichen Tagesablauf gibt.

Es war die Zeit des Wiederaufblühens des katholischen Lebens in der Steiermark unter der starken Führung der von den Habsburgern berufenen Jesuiten. Das Stift gelangte zu mäßigem Wohlstand. Es kaufte den Edelmannsitz Klaffenau bei Hartberg (1607) sowie die Schlösser und Herrschaften Festenburg (1616), Friedberg (1635) und Peggau (1654). Das etwa noch vorhandene protestantische Schlosspersonal wanderte ab. Der ganze Wechselgau war wieder katholisch. Um zeitgemäße Wohnungen und eine starke Grenzfestung gegen die Türken zu schaffen, wurde das Stift umgebaut: 1619 bis 1635 das sogenannte Vorgebäude und die Klausur, 1660 bis 1662 die Kirche, 1688 bis 1730 die Prälatur.

Woher nahm das Stift das nötige Geld? Es führte eine musterhafte Wirtschaft. Viele Kandidaten aus begüterten Familien brachten eine namhafte Mitgift ins Stift. Auch betrieb das Stift eine segen- und gewinnbringende Geldwirtschaft. Es wurde zur siche­ren Sparkasse für die gefährdete Oststeiermark. Den Geldeinlegern zahlte es drei Pro­zent Zinsen und lieh das Kapital zu vier Prozent an den Staat weiter. Mit dem einen Pro­zent konnte man nach einigen Jahrzehnten eine Prälatur bauen. So konnte das Stift trotz der schweren Zeiten die Baukosten decken.

Nach dem Ableben des Propstes Daniel Gundau 1649 konnte der Seckauer Bischof Johann Markus von Altringen gute Erfolge nach Salzburg berichten. [2] Ihm folgte der gebürtige Vorauer Matthias Singer (1949–1662). Neben einer asketischen Lebensweise wurde nun auch die Bildung der ansässigen Chorherren forciert. [3]

Als Freund der Wissenschaften bereicherte Matthias die Bibliothek durch Ankauf zahlreicher theologischer und profaner Werke. Er ließ Urkunden des Stiftes in zwei Kopi­albüchern zusammenschreiben, die über 100 Urkunden von 1161 bis 1650 enthalten, deren Originale vielfach nicht mehr vorhanden sind. Der Propst verstand es, bei den jungen Chorherren solchen Studieneifer zu wecken, dass die meisten akademische Grade erwarben. 1651 errichtete er im Stift eine Apotheke, die in den folgenden Jahren weiter ausgestattet wurde.

Unter allen Stiftspröpsten hat sich Matthias Singer durch den Bau der Stiftskirche das schönste Denkmal gesetzt. Die alte gotisierte Basilika passte wegen ihres altertümlichen Aussehens schlecht zum neuen Stiftsgebäude; auch war sie wegen eingebauter Altäre und Kapellen eng und winkelig. Sie wurde deshalb 1660 abgebrochen. Die Einweihung erlebte Propst Matthias nicht mehr. Erst 46 Jahre alt, verstarb er am 3. Juli 1662 plötzlich. Unter seinem Nachfolger Michael II. Toll (1662–1681) stand die Ordensdisziplin im Mittelpunkt des geistigen Lebens, sowohl im Stift selbst als auch in den angehörigen Pfarreien. Tolls Nachfolger Christoph Pratsch (1681–1691) zeichnete sich als großer Marienverehrer aus.

Der kunstsinnige Prälat Philipp Leisl (1691–1717) zählt zu den glanzvollsten Gestal­ten unter den Vorauer Stiftspröpsten. Er vergab die Aufträge für die Kirchenausstattung. Die größere Ver­herrlichung Gottes, die vollkommenere Heiligung seiner Mitbrüder, die wirksame För­derung des Seelenheiles der Gläubigen waren die leitenden Gesichtspunkte seines Stre­bens.[4] Die Regierungszeit dieses Prälaten blieb aber auch von Heimsuchungen nicht ver­schont. Zur Fortsetzung des Türkenkrieges wurde vom Prälatenstand ein hohes Darle­hen begehrt. Um die das Stift Vorau treffenden 7.975 Gulden zahlen zu können, musste Leisl Geld aufnehmen. Am Anfang des 18. Jahrhunderts hatte das Stift schwer unter den ständig einbrechenden Kuruzzen zu leiden. Sorgenvolle Tage brachte den Vorauern das Pestjahr 1713. Vom 30. September bis zum 5. Dezember raffte die Seuche 38 Personen hinweg, unter ihnen der jugendliche Chorherr und Pestpriester Wilhelm Graf Strassoldo.

Die Regierung des Propstes Sebastian Graf von Webersberg (1717–1736) ist ähnlich der Leisls durch eine rege Bautätigkeit gekennzeichnet. Das umfassendste und kostspieligste Projekt war wohl der Bau des West- und Nordtraktes der Prälatur mit der Ausstattung der Stiftsbiblio­thek, mit denen die barocke Bauphase des Stiftes einen krönenden Abschluss fand.

Von der drohenden Aufhebung unter Joseph II. bis zur tatsächlichen unter Hitler

Wenn Vorau auch nie zu den reichen Stiften des Landes gehört hat, so erfreute es sich doch beim Ableben des Propstes Webersberg eines Wohlstandes, der früher und spä­ter kaum erreicht wurde. Was Webersberg am Ausbau des Stiftes nicht mehr vollenden konnte, wurde von seinem Nachfolger Lorenz II. Leitner (1737–1769) nachgeholt: die Fertigstellung der Prälaturräume und der Bibliothek und die Ausstattung des Musik-­ und Betchores der Stiftskirche. Unter Leitner stieg die Zahl der Stiftsmitglieder, die Novizen und Scholastiker (Philosophen und Theologen mit Pro­fess) mitgerechnet, auf 55. Obschon dieser Propst auch in wirtschaftlicher Hinsicht ganz auf der Höhe war, steuerte doch unter ihm das Stift langsam einer Wirtschaftskrise entgegen.

Propst Leitner regierte das Stift in einer Zeit des geistigen Umbruchs. In den höheren Gesellschaftskreisen machten sich unter dem Einfluss einer religionskritischen Philo­sophie kirchenfeindliche Strömungen immer stärker bemerkbar. Im Geistesleben setzte sich langsam eine Überbetonung des Wissens gegenüber dem Glauben durch, es war die Zeit des Rationalismus, der Aufklärung. Im geistlichen Leben droh­ten Veräußerlichung und Verflachung sich durchzusetzen, ein Überwuchern der Volks­frömmigkeit gegenüber dem liturgischen Leben. Propst Leitner hatte ein feinfühliges Gespür für die drohenden Gefahren.[5] Mehr als drei Jahrzehnte lang hatte sich gegen das immer stärker werdende Drängen und Fordern einer neuen Zeit gestemmt. Er setzte 1767 die Länge der Jahresexerzitien von zehn auf drei Tage herab. Wie er schon früher die für die Chorherren ganz zentrale Stellung des Chordienstes ein wenig hatte zurücktreten las­sen, indem er den Betchor vom Hochaltar weg auf den Musikchor verlegt hatte,so zeig­te er sich in den letzten Jahren seines Lebens geneigt, Matutin und Laudes vor Sonn-­ und Feiertagen auf den Vorabend zu verlegen.

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich Vorau zu einem Ort der Wissenschaftspflege. Zeitlich am Beginn die­ser Reihe von Vorauer Autoren wissenschaftlicher Druckwerke steht Dr. Eusebius Kendlmayr (gest. 1716).[6]

Ein bedeutender Gelehrter war auch Johann Zunggo (gest. 1771). Sein Hauptwerk ist die erste Geschichte des Augustinerordens Historiae generalis et specialis de ordine canonicorum regularium S. Augustini prodomus(2 Bde.,Regensburg 1742–1745). Zwei weitere Schriften beschäftigten sich mit dem Stift Pöllau (Graz 1750). Anzuführen bleibt noch seine Vita venerabilis servi Dei Thomae a Kempis (Venedig 1762). Für das Stift Vorau ist er überdies wichtig geworden durch den Entwurf des Aufstellungsplanes für die neue Stiftsbibliothek, durch die Anlage der Bandkataloge und zweier Verzeichnis­se mit den Titelkopien der Handschriften und Wiegendrucke. Sein starkes antiquari­sches Interesse stand wohl auch Pate bei der Ausgestaltung seines Alterswerkes, eines dreibändigen Antiphonars, das er nach Art mittelalterlicher Prunkbände mit Buchma­lereien schmückte.

In diesen Schriftstellern begegnen uns Vertreter der beiden seit den Anfängen des Stif­tes ausgeprägten Hauptrichtungen des gelehrten Lebens zu Vorau: einerseits die der Seelsorge dienende Erarbeitung von Hilfs- und Erbauungsliteratur, andererseits die Beschäftigung mit der Geschichte. Das Werk Zunggos wurde in gewisser Weise fortgeführt von Dr. Julius Pranz Guß­mann (gest. 1776), der als Gelehrter hohes Ansehen genoss. In sechs Jahren erarbeitete er den ersten wissenschaftlichen Vorauer Handschriftenkatalog. Aus seiner Feder erschie­nen mehrere Schriften zu Fragen der Philosophie, Theologie, des Ordensrechtes und der Ordensgeschichte.

Einen Höhepunkt in der Reihe der Vorauer Geschichtsforscher stellt zweifellos Dr. Aquilin Julius Caesar dar (gest. 1792), weil er aus dem Umkreis der Beschäftigung mit der Vergangenheit seines Ordens hinaustrat und die Geschichte der Steiermark zu seinem Arbeitsgebiet machte. Seine Annales ducatus Styriae (3 Bde., 1768–1777, Bd. 4 als Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek) und seine Staats- und Kirchengeschichte des Herzogthum Steyermarks (7 Bde., 1786–1788) stel­len in der steirischen Geschichtsforschung eine Epoche für sich dar, besonders was die strenge Orientierung an einem umfassenden Studium aller erreichbaren Quellen betrifft.

Unter Propst Franz Sales I. Freiherrn von Taufferer (1769–1810) erlebte das Stift einen bedauerlichen Niedergang. Die josephinische Zeitströmung wirkte sich in materieller und disziplinärer Hinsicht schädigend und zersetzend aus. Die staatlichen Maßnahmen gegen die tote Hand, die Verpachtung der Stiftsgründe infolge der teilweisen Aufhe­bung der Robot und die großen Geldopfer zur Zeit der Franzosenkriege zerrütteten die Wirtschaft des Stiftes derart, dass es sich trotz umfangreicher Verkäufe nicht über Was­ser halten konnte. Propst Taufferer soll an Bargeld 30 Kreuzer hinterlassen haben. Dazu drohte dem Stift seit 1782 die Aufhebung. Das große Ansehen des Propstes als Gründer und Leiter der Hauptschule, die von Dechant Remigius Ebner von Ebenthal (1776–1801) eifrig gestützte Disziplin im Stift und geförderte Seelsorge auf den Pfarren sowie der große Einfluss des gelehrten Historikers Aquilin Julius Caesar dürften am wirksamsten beigetragen haben, dass die Aufhebung des Stiftes unterblieb.

Der entscheidende Beschluss der Regierung ließ Vorau als einziges Chorherrenstift in Steiermark bestehen, während die Chorherren von Pöllau, Stainz und Rottenmann 1785 ihre Klöster verlas­sen mussten, mit einer ärmlichen Pension abgefertigt wurden und mitansehen mussten, wie Klostergut verkauft wurde und wie manches wert­volle Denkmal der Wissenschaft und Kunst zugrunde ging.

In dieser Zeit hatte das Stift auf dem Sektor Schule viel zu bieten. Propst Taufferer gilt als der große Schulmann. Schon als junger Chorherr war er zum Mitglied der Gymna­sialprüfungskommission in Graz ernannt worden, und im Jahr 1778 richtete er im Stift eine Hauptschule ein, der bald darauf auch noch die Führung eines Präparandenkurses zur Heranbildung von Volksschullehrern folgte. Taufferer verschaffte den Schülern unentgeltlich die nötigen Lehrbehelfe, stellte Prämien bereit und gab mehreren armen Schülern Kost und Unterkunft im Stift. Da das Stift die vier Hauptschullehrer selbst besoldete, wurde deren Bestellung und Bestätigung dem Stiftspropst überlassen. Schon 1788 anerkannte die Schulbehörde, dass die Hauptschule Vorau die besteingerichtete in ganz Innerösterreich sei.

Sein Nachfolger Propst Franz Sales II. Knauer (1811–1837) gründete 1812 im Stift ein Gymnasium, das bis 1817 weitergeführt wurde. Er hatte selbst trotz seines vorgerück­ten Alters lebhaftes Interesse für wissenschaftliches Streben. Um solches auch bei seinen Untergebenen zu wecken und um der Schule zu dienen, legte er eine Sammlung von Mineralien, Münzen, physikalischen Geräten und Altertümern an und hielt den Bestand in Katalogen fest, die er zum Teil selbst schrieb. Nach dem Tod des wirtschaftlich tüchtigen Propstes Knauer gelang es Propst Gott­lieb Kerschbaumer (1838–1862), die josephinische Geistesrichtung zu brechen; es kam zur Erneuerung des Ordenslebens. Der fromme Propst förderte auch unermüdlich eine zeitgemäße Seelsorgetätigkeit und führte so das Stift geistig und wirtschaftlich gefestigt in die Zeit des Liberalismus. Propst Kerschbaumer richtete eine feste Tagesordnung ein, stellte die Klausur wieder her, drang auf tägliche Betrachtung, geistliche Lesung, Silen­tium und Pflege der Studien, führte die jährlichen Exerzitien wieder ein und traf Anord­nungen über den Verkehr der Chorherren mit der Außenwelt, damit die Ehre des Stif­tes und seiner Mitglieder nicht Schaden leide. Zur Zeit der notwendigen Entspannung sollten sich seine Chorherren zu gemütlicher Unterhaltung zusammenfinden. Um die­ser ein standeswürdiges Niveau zu sichern, ließ er eine Kegelbahn und Schießstätte bauen und ein Billardzimmer zweckmäßig einrichten und regte darüberhinaus durch Förderung von Musik und Gesang auch höhere Interessen an. Im Chorgebet und in der Konventmesse sah er nicht bloß eine von der Kirche vorgeschriebene, sondern den Vor­auer Chorherren auch stiftungsgemäß obliegende Verbindlichkeit, die nach Möglichkeit erfüllt werden müsse. Propst Gottlieb Kerschbaumer war ein Reformator. Das Stift hat bis zur Jahrhundertwende, vielleicht sogar länger, von seinem Idealismus gezehrt.

Sein Nachfolger Dr. Eusebius Rößl resignierte bereits kurze Zeit nach seiner Wahl. Doch folgten ihm glücklicherweise zwei langlebige Prälaten, deren Wirken die Ent­wicklung des Stiftes bestimmend beeinflusste. Der eine war Isidor Allinger (1866–1903), der letzte starke Mann, der die Vorauer Infel trug, der Wahrer des stiftischen Ansehens zur Zeit des herrschenden Liberalismus und dessen wenig kirchenfreundlicher Gesin­nung. Der andere war Prosper Berger (1920–1953), der die Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen Monarchie überwinden musste, zu der in den österreichischen Stiften einsetzenden Erneuerungsbewegung positiv Stellung nahm, die gewaltsame Aufhebung des Stiftes zur Zeit des erzwungenen Anschlusses Österreichs an Deutschland durchleiden musste und nach der Zerstörung des Stiftes während der letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges bis zu seinem Lebensende materiell und geistig aufbauend tätig war.

Propst Berger ließ 1920 das elektrische Licht einführen, baute eine stiftseigene Hoch­quellenwasserleitung und eine Dampfsäge in Bruck an der Lafnitz, um eine vorteilhaf­te Holzausbeute zu erzielen und war wie schon seine Vorgänger bemüht, das wissen­schaftliche Streben unter den Chorherren anzuregen und zu fördern. Er ließ von Pius Fank den Archivbestand ordnen und katalogisieren und von demselben eine volks­tümliche Stiftsgeschichte schreiben (1925, 2. erw. Aufl. 1959), subventionierte die Mono­graphie des Malers Johann Cyriak Hackhafer (1931) und ließ auf Stiftskosten 1936 den von Pius Fank in über zehnjähriger Arbeit verfassten Handschriftenkatalog drucken. Sei­nem energischen Eingreifen war es zu danken, dass es 1928/29 zum Neubau der Straßen Rohrbach-Vorau und Rohrbach-Waldbach-Wenigzell kam. Zudem machte er sich um das Wohl der Bevölkerung (Gründung und Ausgestaltung der Sparkasse des Mark­tes Vorau, Sorge für standesgemäße Wohnungen etc.)ebenso verdient wie auf dem Gebiet der Seelsorge und der Liturgiepflege. Wohl enthüllte im Herbst 1938 der Gauleiter Uiberreither persönlich das steinerne Denkmal für den Historiker Ottokar Kernstock im Markt, das ihm noch das vaterländische Österreich errichtet hatte, doch dem Stift, aus dem er hervorgewachsen war, war der Untergang geschworen.

1940 wurde das Stift, das über fast 800 Jahre hin als kulturelles Zentrum des Wech­selgaues alle Stürme überstanden hatte, vom NS-Regime mit der fadenscheinigen Phra­se, es sei nicht mehr zeitgemäß, erstmals in seiner Geschichte aufgehoben, beschlagnahmt und enteignet. Das Stift hieß nun "Burg Vorau" und wurde Parteischule (NAPOLA).[7] Schwer hatte Stift Vorau unter den Sendlingen der Gestapo zu leiden: Die Chorherren wurden gauverwiesen, zahlreiche Gemälde religiöser Thematik verbrannt und der Bibliothek 6.000 Bände entwendet. Der von den damaligen Machthabern geplante Schlussstrich in der Stiftsgeschichte unterblieb, denn dank der Fügung Gottes war es nur ein "Interregnum" von relativ kurzer Zeit.

Das Stift seit 1945

Als einziges steirisches Stift bekam Vorau die grausame Wucht des Zweiten Welt­krieges unmittelbar zu spüren. Abwechselnd von deutschen und russischen Soldaten besetzt, erlitt es verheerende Schäden. Im April 1945 wurde das Stift durch russische Brandbomben in Brand gesteckt. Völlig ausgestorben, ein Bild des Grauens und der Ver­wüstung, so bot sich das Stift den im Sommer 1945 aus ihrer Verbannung zurückkeh­renden Chorherren. Doch mit viel Mut und Energie, vor allem aber mit Gottvertrauen, ging damals Propst Prosper Berger mit seinen Getreuen an den Wiederaufbau seines Heimes.

Das Vorgebäude südlich des Torturms, das Maierhaus, die Werkstatt, die Wäscherei und die gesamten Wirtschaftsgebäude mit den Stallungen waren niedergebrannt. Am Hauptgebäude waren drei Ecktürme ausgebrannt. Die übrigen Stiftsgebäude waren durch ca. 70 Granattreffer arg beschädigt. Hinzu kam, dass zu diesem Zeitpunkt auch die Rechtsverhältnisse noch vollkommen ungeklärt waren. Der gesamte, im Jahr 1940 beschlagnahmte Stiftsbesitz ging nach Ende des Zweiten Weltkrieges in das Eigentum des Landes Steiermark über. Am 1. Mai 1946 wurde Propst Prosper Berger als Treuhän­der eingesetzt und erst am 4. Juni 1947 erfolgte die Rückgabe des gesamten Stiftsbesit­zes an die Vorauer Chorherren. Trotz dieser Schwierigkeiten wurde sofort nach dem Ende des Krieges mit den dringendsten Arbeiten begonnen. Der Finanzierung des Wiederaufbaues diente 1951 der Verkauf des Schlosses Klaffenau bei Hartberg samt Grund­besitz.

Der materielle Wiederaufbau des Stiftes konnte von Propst Bergers Nachfolger Gil­bert Prenner (1953–1970) durch die einsetzende Hochkonjunktur auf dem Holzsektor beschleunigt fortgesetzt und mit großen finanziellen Opfern vollendet werden. Für ihn und alle seine Mitbrüder hätte es wohl keinen schöneren und treffenderen Abschluss der ganzen Wiederherstellungsarbeiten geben können als die 800-Jahr-Feier des Stiftes im Jahr 1963. Alle Kriegsspuren waren beseitigt, das Stift stand wiederum in seiner alten Pracht und Schönheit da.

In einer Zeit wirtschaftlicher Besserstellung bemühte sich Propst Rupert Kroisleitner (seit 1970) mit künstlerischem Spürsinn um den baulichen Feinschliff des Stiftes. Zu den größten Arbeiten unter Kroisleitner zählen unter ande­rem der neue Marmorfußboden in der Sakristei (1971) und der Umbau der Verwal­tungskanzleien. Im Jahre 1977 wurde, finanziert aus Eigenmitteln des Stiftes, ein klei­nes, aber modernes Bildungshaus eröffnet. 16 Zweibettzimmer, eine Hauskapelle, ein Clubraum und drei mit allen erforderlichen audiovisuellen Geräten ausgestattete Vor­tragssäle stehen zur Verfügung. 1977 bis 1995 fanden hier 1.970 Veranstaltungen mit ca. 71.000 Teilnehmern statt.

Einen großen Erfolg brach­te die 1981 aus Anlass des 250. Todestages des Stiftsmalers Johann Cyriak Hackhofer ver­anstaltete Ausstellung. Der Abschluss der jahrelangen Außenfassadenerneuerung am ganzen Stiftsgebäude gab erfreulich Anlass, das 825-Jahr­-Jubiläum des Stiftes im Jahr 1988 in dankbarer und feierli­cher Weise zu begehen.

Wirtschaftliche, rechtliche und soziale Verhältnisse

Wirtschaftliche und rechtliche Verhältnisse

Als nach 1122 die Kolonisation der Oststeiermark einsetzte, dürfte Graf Ekbert II. von Formbach etwa 1130/40 auf dem schönsten und ebensten Siedlungsboden des ganzen Vorauer Gebietes, der "Kring", als erstes Siedlungszentrum einen Meierhof errichtet haben. Dieser Urmeierhof der Grafen von Formbach wurde wahrscheinlich aufgelassen, als Graf Ekbert III. von Formbach auf dem Vorauer Stiftshügel 1149 die erste Burg mit Mei­erhof erbaut hat, die zeitlich deshalb auf dieses Jahr festgelegt werden kann, da damals Bischof Roman von Gurk die Eigenkirche der Burg, die Thomaskapelle, eingeweiht hat.

Nach dem Tode Ekberts III. 1158 fiel sein gesamter Besitz an seinen Erben Markgraf Otakar III. von Steier, der der erste Fürst des von ihm geschaffenen Landes Steiermark wurde und 1163 das Chorherrenstift Vorau gründete. Für die ersten Chorherren des Stiftes stand gewiss die Schaffung der materiellen Basis im Vordergrund, wenn ihnen auch die geistliche Betreuung der noch nicht allzu zahl­reichen Kolonisten anvertraut war. Eine gewisse Unterstützung boten die Bestimmun­gen der Gründungsurkunde, dass die Chorherren von jeder Abgabe einer Steuer, sogar unter dem Titel der Vogtei, sowie auch von jedem Zoll befreit waren und für ihr Stift freien Handel hatten. Als erstes Stiftsgebäude diente offenbar die Burg des Grafen Ekbert, als erste Stiftskirche die Thomaskirche in der Nähe der­selben. Dass das Gebäude bewohnbar war, geht auch daraus hervor, dass das Stift im Jahre 1168 den Bischof Ulrich von Halberstadt beherbergen konnte, wozu Erzbischof Konrad für dessen Unterhalt und Unterstützung die Zehente der Pfarren Hartberg, Wal­tersdorf, Pöllau und Feistritz (= St. Johann bei Herberstein) zugewiesen hatte. 1170 wid­mete dann Erzbischof Adalbert von Salzburg diese Zehente aus Verehrung zum hl. Tho­mas zum Bau der Stiftskirche.

Der Zehenteinnehmer Hirzelo und die anderen Zehenteinnehmer, die sich damals in der Pfarre befanden, wurden davon verständigt. Gleich­zeitig widmete der Erzbischof für den Kirchenbau über Vorsprache des Bischofs von Gurk und des Propstes von Seckau eine Hube auf dem Berg Zossen bei Hüttenberg in Kärnten, wahrscheinlich zur Eisengewinnung. Bereits 1172 konnte die Gruftkapelle durch Erzbischof Adalbert eingeweiht werden. Die zweite Kirche in Vorau anstelle der alten Thomaskapelle war eine romanische Basilika, deren Bau noch einige Zeit gedau­ert haben dürfte. Diese Kirche wurde durch den Brand von 1237 zerstört.

Die Wirtschaftskraft des Stiftes Vorau beruhte anfänglich im wesentlichen auf der Eigenwirtschaft um das Stift und den Abgaben der Untertanen der einzelnen Ämter. Das Stift leistete einen entscheidenden Beitrag zur Kultivierung jenes Landstriches, über den sich seine grundherrschaftlichen Befugnisse erstreckten. Unter Mitwirkung des Grundherrn wurden die Bauerngüter mit Grund und Boden von solcher Güte und Größe ausgestattet, dass eine Familie ernährt und der Fortbestand gesichert werden konnte. Die Untertanen waren vorwiegend Bauern, die Ackerbau (Dreifelderwirtschaft) und Vieh­wirtschaft betrieben und in einem Treueverhältnis verpflichtet waren, ihrem Grund­herren für das Nutzungsrecht und für Schutzfunktionen Abgaben und Dienste zu leisten. Die Abgaben richteten sich im allgemeinen nach Größe, Lage und Beschaffenheit von Hof und Grund.

Neben den Abgaben hatten die untertänigen Bauern auch Arbeitslei­stungen am Hofe des Grundherrn (Frondienst) zu erbringen. Die Handdienste umfassten hauptsächlich die übliche Erntehilfe als Schnitter und Mäher bei der Getreide- und Heuernte, als Helfer bei der Feldarbeit und beim Bauen und Instandhalten der Wege. Bei den Spanndiensten unterschied man den Pflugdienst vom Fuhrdienst. Die Unterta­nen in der Nähe des Klosters wurden vielfach für den Transport von Wein, Getreide und Holz herangezogen.

Markgraf Otakar teilte dem neuen Stift aus dem Erbe der Grafen von Formbach zwei große Besitzkomplexe zu, einerseits das Gebiet zwischen Lafnitz und Voraubach bis zum Einödbach, worauf sich heute der Markt Vorau und die Gemeinde Riegersbach zur Gänze sowie der größte Teil der Gemeinde Vornholz und ein kleiner Teil der Gemein­de Schachen befinden, andererseits den ganzen früheren Gerichtsbezirk Friedberg mit Ausnahme jener Güter, die bereits im Besitz anderer Grundherren waren. Es waren dies hauptsächlich Spital am Hartberg, das den Johannitern gehörte, und das Gebiet am Lim­bach, das schon seit der Karolingerzeit Besitz des Erzbischofs von Salzburg war, weiters zwei Huben in Dechantskirchen, die um 1155 an Admont gekommen waren. Das riesige Ausstattungsgut, das damals erst wenig besiedelt war, konnte das neue Stift nicht zur Gänze behalten. Es ist anzunehmen, dass der Ausbruch neuer Grenzkämpfe mit Ungarn die Ursache dafür war, dass das Stift die grenznahen Gebiete des Friedber­ger Bezirkes, faktisch den ganzen Bezirksbereich, für Befestigungszwecke an den Lan­desfürsten abtreten musste, wofür es im Jahre 1184 von diesem die Dörfer Lafnitz und Mühldorf bei Feldbach erhielt.

Zum abgetretenen Grenzgebiet gehörte auch die heuti­ge Katastralgemeinde Reinberg, da hier am Zusammenfluss von Lafnitz und Vorau die Anlage einer Burg erforderlich war. Das Stift konnte von diesem Besitz nur einen weit von der Grenze entlegenen Wald, der sich oberhalb von Friedberg bis zum Wechsel erstreckte und von der Tauchen bis zum oberen Limbach reichte, zurückbehalten, den es im 13. und am Anfang des 14. Jahrhunderts roden ließ und wo das Amt Schwaighof mit 88 Untertanen eingerichtet wurde. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts umfasste die­ses Amt bereits 114 Untertanen, da zu den Stammhöfen zahlreiche Söldner oder Keusch­ ler dazugekommen waren. Das junge Stift Vorau besaß also am Ende des 12. Jahrhun­derts hauptsächlich den ersten Abschnitt des Stiftungsgutes von 1163 mit dem Gut Vorau als Wirtschaftszentrum.

Dank der Erwerbung der Dörfer Lafnitz und Mühldorf verfügte nun das Stift auch über genügend Untertanen, die bzw. deren Nachkommen die Rodung in den noch unge­rodeten Waldgebieten vorantreiben konnten. Bereits um 1200 war für die gewerbliche Versorgung der angewachsenen Bevölkerung die Anlage eines Marktes notwendig geworden, der vermutlich von Propst Bernhard am Fuße des Klosters gegründet wurde. Dass die damals errichtete Marktkirche (1202 konsekriert) das Ägydiuspatrozinium der Ägydiuskirche von Lafnitz (St. Ilgen) erhielt und Namen auch auf Zuwanderer aus der Feldbacher Gegend hinweisen, zeigt die Bedeutung dieser beiden Erwerbungen. Das Stift führte die Rodung und Siedlung im 13. Jahrhundert auf dem Gründungsgut wei­ter und erschloss in dieser Zeit alle noch unbesiedelten Waldgebiete. Nördlich von Vorau gründete vermutlich Propst Rüdiger (1238–1242) die offenbar nach ihm benannte Waldhufensiedlung Riegersbach (aus"Rudigersbach"), wohin er sich nach seiner Abset­zung zurückzog.

Es ist naheliegend, dass Vorau seinen Stiftungsbesitz zu erhalten und auszubauen trachtete. Das Stift hat sehr früh auch auswärtigen Besitz erworben. Das frühe­ste Beispiel dafür ist der Erwerb des Gutshofes Guntarn in der Nähe von Graz (heute St. Leonhard), den ein Ministerale Herzog Otakars im Jahre 1185 an das Stift schenkte.

Besonders bemühte sich das Stift natürlich, in der näheren Umgebung Fuß zu fassen. Schon um 1200 besaß es Besitz in und bei Wenigzell, 1242 bereits ein Haus in Wiener Neustadt. In der Zeit Herzog Friedrichs II. des Streitbaren, besonders nach dessen Tod 1246, wurde das Stift von den Adeligen der Umgebung schwer geschädigt, doch ver­mochten einige schließlich ihr Unrecht durch Widmungen wieder gut zu machen. Dadurch kam das Stift zu Besitzungen in der Umgebung im Gebiete von St. Jakob, Wald­bach und St. Lorenzen. Als auswärtige Vorauer Besitzungen sind 1265 Windischpöllau (= Pöllau bei Gleisdorf), Oberstorcha bei Feldbach, Mühldorf bei Feldbach und Frutten bei St. Anna genannt. Nur selten ist die Erwerbung urkundlich belegt, daher ist auch meist unbekannt, ob diese durch Widmung, Stiftung, Tausch oder Kauf erfolgt ist. Auch im 14. und 15. Jahrhundert waren die Besitzerwerbungen von den umliegenden Adeli­gen, besonders von den Herren von Kranichberg, von Walsee und von Krumbach am wichtigsten, da sie dem Stiftsgut anlagen. Vieles war nur vorübergehend im Besitz des Stiftes. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde Besitz in Kraubath in der Ober­steiermark, in Fresen, in Wintersdorf bei St. Ruprecht und in Völkermarkt in Kärnten erworben.

Einen Gesamtüberblick über die Stiftsherrschaft ist erstmals im Zinsregister von 1445 zu finden, wenn hier auch nicht alles, wie z.B. das große Amt Schwaighof, angeführt wurde. Damals gehörte zum Stift als erstes Amt der ganze Markt Vorau, dessen 86 Bür­ger ihren Geldzins zu Georgi und Michaeli dienten, außerdem Weisatdienste in Form von Käse und Eiern zu den "Hochzeiten" des Jahres, das ist zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten.

Das größte Amt war das des Simon Raster mit 97 Untertanen, das die späteren Ämter Schachen und Vomholz umfasste und dieselben Verpflichtungen wie das Amt Vorau zu erfüllen hatte. Viele Untertanen in diesem Amt leisteten auch Forstrechte in Form von Käse und Hühnern. Weiters hatten die Untertanen dieses Amtes am Aschermittwoch Fischpfennige, am Jakobitag Graspfennige und dreimal im Jahr Taidingspfennige zu geben. Zur Bauzeit hatte das Amt dreimal im Jahr zehn Pflüge und jährlich elf Wein­fuhrwagen zu stellen. Zur Mahdzeit waren 60 Mahder, zum Mistbreiten 27 Mistbreiter zu stellen, die auch Holz schlagen mussten. Zins- und Krautholz dienten 26, Zäune hat­ten 47 Untertanen dieses Amtes zu machen.

Das dritte Amt war das des Amtmannes Romelhofer, das spätere Amt Riegersbach, mit 60 Untertanen, die ebenfalls zu Georgi und Michaeli Gelddienste und zu allen "Hoch­zeiten" Weisatdienste in Form von Käse und Eiern leisteten. Auch die Untertanen die­ses Amtes dienten Forstrechte in Form von Käse und Hühnern . Sie hatten sechs Wein­fuhrwagen zu stellen,dreimal l3 Pflüge im Jahr, 13 Wagen, die von der Wiese in Mönich­wald das Heu zu fahren hatten, 13 Wagen, die Sagbloche zu schlagen hatten, und 50 Mahder, wovon der Amtmann drei für sich verwenden konnte. Weiters hatte das Amt 51 Faschinghühner zu liefern, wovon der Amtmann drei behalten konnte, zu Jakobi 52 Graspfennige zu entrichten sowie 70 Pfennige und 3 Heller Fischpfennige am Ascher­mittwoch und 54 Taidingpfennige zu zahlen, die dem Richter gebührten. 32 Untertanen des Amtes hatten jeder ein Fuder Krautholz und ein Fuder Zinsholz zu dienen, 19 davon hatten auch Zäune zu machen, 16 dienten Wieslämmer.

Das vierte Amt war das des Amtmannes Hans auf dem Stein, das spätere Puchegg, mit 32 Untertanen und Geldzinsen zu Georgi und Michaeli. Elf Untertanen dieses Amtes, das erst allmählich vom Stift erworben wurde, dienten ihre Weisatkäse zu Jakobi. Mah­der hatte das Amt 25 zu stellen, wovon dem Amtmann drei zustanden, Pflüge sieben dreimal im Jahr, Weinfuhrwagen drei, Heufuhrwagen drei, Mistbreiter ebenfalls drei.

Als fünftes Amt wird genannt das Amt des Hans an der Wiese, später Amt Reibers­dorf (Pfarre Grafendorf) mit 21 Zinsenden zu Georgi und weniger zu Michaeli. Sieben Untertanen dienten Käse zu Pfingsten, ebenfalls sieben Haarpfennige (= Flachspfenni­ge) zu Michaeli, vier Weinfuhrpfennige, d.h. sie hatten die Weinfuhrpflicht in Geld abgelöst, sieben auch Holzpfennige. Vogthafer gaben 13 Untertanen zu Weihnachten, Vogthühner neun zur Kirchweih, Steuer 19 zu Weihnachten in Geld. Das Amt hatte zehn Mahder und 14 Heufänger zur Wiese des Peter in der Au zu stellen und zwei Wagen, die Weinstecken nach Hartberg zu fahren hatten.

Das nächste Amt war das des Posch in Greith, später Amt Siebenbirken genannt. In diesem Amt zinsten 23 Untertanen zu Georgi, weitere sechs am St.-Gilgen-Tag von Wie­sen. Die Steuer zahlte man zu Martini (21 Holden), Ostereier gaben 19 Untertanen, Pfingstkäse und Weihnachtskäse 21. Zur Weinlese hatten 13 Untertanen je ein Leshuhn nach Hartberg zu liefern, im Fasching hatten zwölf Untertanen je ein Faschinghuhn zu dienen. 21 Untertanen zahlten Weinfuhrpfennige, ebenfalls 21 Untertanen das March­futter, das zur Weinlese fällig war. Zum Lesen hatten die Siebenbirkener von der Wiese in Siebenbirken ein Fuder Heu nach Hartberg zu fahren, weiters waren drei Wagen Wein­stecken nach Hartberg zu bringen. Am Margaretentag waren die Tagwerkpfennige fäl­lig.

Als siebentes Amt ist genannt das des Amtmannes zu Lebing, das in die Kammer gehörte (1497 zum Amt an der Zeil). Es zinsten hier 13 Untertanen zu Georgi Geldzin­se, elf zu Michaeli, elf gaben die Weisatzinse in Geld zu Ostern, Pfingsten und Weih­nachten, zehn Wiesenpfennige, zehn im Fasching je ein Faschinghuhn. Das Amt hatte zwei Mahder und sechs Heufänger zu stellen und zwei Wagen zum Weinsteckenfahren nach Hartberg. Das Amt des Nikel zu St. Lorenzen hatte 14 Untertanen, die zu Georgi Geldzinse lei­steten, drei davon auch zu Michaeli. Die Käsedienste zu Pfingsten waren in Geld abgelöst. Das Amt hatte zwölf Mahder auf die Au nach Mönichwald zu stellen. Es gab damals noch ein zweites Amt St. Lorenzen, das jene Güter umfasste, die im Jahre 1429 vom Kaplan von Maria Lebing eingetauscht worden waren. Es waren dies sieben Untertanen, die hauptsächlich zu Georgi Geldzinse gaben. Ein achter zinste zu Georgi in die Kammer.

Ein großes Amt war das Amt Lafnitz mit 32 Untertanen, die zu Georgi und Michaeli den gleichen Zins in Geld entrichteten. Ostereier hatten 30, Weisatkäse zu Pfingsten oder Geld dafür 29 zu geben, Weinfuhrpfennige zu Michaeli ebenfalls 29. 58 Hühner waren je zur Hälfte zu Weihnachten und im Fasching fällig. Weiters hatten zwei Wagen Wein­stecken nach Hartberg zu fahren und waren zwölf Mahder und 17 Heufänger zum Peter in der Au zu stellen. Zehn Untertanen gehörten in das Amt, das ehemals zur Oblai gehört hatte, das nur Geld diente (später zum Amt Schachen), zwei Untertanen gab es in der Stadt Hartberg.

Das Amt Geiseldorf des Heinrich Schneider hatte damals neun Untertanen mit Geld­zins. In Kraubath in der Obersteiermark waren fünf mit reinem Geldzins. Das Amt Mai­erhafen in der Pfarre Pöllau, das Streugüter in der Pöllauer Gegend umfasste, hatte zwölf Untertanen, die zu Georgi und Michaeli Geldzinse leisteten, aber auch Hühner und Eier zu liefern hatten. Das Amt St. Jakob (später Waldbach) umfasste (1448) 16 Untertanen, die zu Georgi und Michaeli Geldzinse dienten, aber auch Faschinghühner. Im Amt des Hans zu Wenigzell gab es in diesem Jahr 18 Untertanen.Sie zinsten zu Georgi und Micha­eli in Geld, einzelne Hühner, Käse und Weinfuhrpfennige. Propst Leonhard von Horn (1453-1493) legte sich einen wohldurchdachten Haus­haltsplan zurecht. Er konnte mit einem Jahreseinkommen von 600 Pfund rechnen. Davon mussten aufgewendet werden für Besoldungen 130 Pfund, für die Küche 200 Pfund, für die Bewirtschaftung der Äcker und Weingärten 120 Pfund, der Rest von 150 Pfund konnte für sonstige Bedürfnisse verwendet werden. Das Vertrauen, das man zum Stift und zu seinem Propst hatte, zeigte sich auch darin, dass man ihm bedeutende Vermögens­werte zur Bedeckung kirchlicher Stiftungen anvertraute.

Die nächste Gesamtaufstellung stellt das Zinsregister des Stiftes aus dem Jahre 1497 dar. Hier sind auch alle schon 1445 genannten Ämter mit ihren Abgaben angeführt. Als Nr. 5 folgt das Amt des Andrä in Rechberg später Rechberg genannt(= das 1465 erwor­bene Amt in der Grub). Dann folgen die Ämter Wenigzell, St. Jakob mit Waldbach, St. Lorenzen, das große Amt Schwaighof, das Amt an der Zeil mit Lirnbach und Lebing, das Amt Lafnitz, das Amt Reibersdorf mit Erdwegen, das Amt Siebenbirken, das Amt Geiseldorf, das Amt Maierhofen bei Pöllau, das Amt Fresen, das Amt Hartl bei Für­stenfeld (1483 gestiftet), Frutten, Mühldorf, Storcha, Windischpöllau, Winterdorf, das Amt Sernriach und schließlich Hainfeld in Niederösterreich und Kraubath.

Die Einkünfte des Stiftes waren zwar bedeutend, aber es lasteten darauf auch zahl­reiche Verpflichtungen, wie vor allem die Erhaltung des Stiftes und der inkorporierten Pfarren. Nach einer Aufstellung des Propstes Virgil aus dem Jahre 1506 waren im Win­ter im Stift täglich 92 Personen zu speisen, ohne Zimmerleute, Maurer und Roboter, im Sommer noch viel mehr. Damals gab es im Stift 28 Professbrüder. Die Küche brauchte wöchentlich einen Ochsen, im Sommer mehr, alle drei Wochen zwei halbe Fass Wein, da jedes Hausgesind ein Viertel Wein am Tag erhielt. Das für die Fasttage nötige Öl musste gekauft werden ebenso wie das Schmalz, da das Stift damals noch keine Schwaig hatte.

Das Stift setzte seine Erwerbungen weiterhin fort. 1516 hatte das Stift eine Gült von 563 Pfund 3 Schilling und 8 Pfennig erreicht. Im Leibsteuerverzeichnis von 1527 sind die gesamten Vorauer Untertanen noch ein­mal mit ihren Angehörigen und ihrem Gesinde aufgezeichnet: 71 im Markt Vorau, 51 im Amt Schachen, 43 im Amt vor dem Holz (Vornholz), 55 im Amt beim Markt Vorau (= Riegersbach), 44 im Amt Puchegg, 106 im Amt Schwaighof, 41 im Amt Prätis bei Pöl­lau, elf im Amt Maierhofen bei Pöllau, 26 im Amt Wenigzell, 21 im Amt bei St. Jakob im Wald, 23 im Amt bei St. Lorenzen, sieben im Amt an der Zeil, 16 zu Lebing, 15 zu Kroisbach, 24 zu Reibersdorf, 33 zu Lafnitz, 29 im Amt Siebenbirken, fünf in Geiseldorf, 116 in Hartl bei Fürstenfeld, acht in Sernriach, acht in Fresen, 17 in Windischpöllau, 14 in Mühldorf, 13 in Storcha, 23 in Frutten, acht in Winterdorf. Weiters sind 37 Hofleute des Stiftes Vorau genannt, darunter ein Schulmeister, ein Kämmerer, ein Schaffer, ein Kürschner, ein Müller, ein Steinmetz, ein Pfister(= Bäcker), ein Pfisterknecht, vier Bau­knechte, ein Oxner, ein Badheizer, ein Torwart, ein Mesner, zwei Marstallerknechte, ein Schmied, ein Schmiedbub, ein Kellerknecht, ein Schneider, ein Sigknecht, ein Koch, ein Gesindekoch, ein Küchenknecht, ein Fleischhacker, ein Zimmermann, ein Wachter, ein Weingartenknecht, ein Bader sowie die Meierin und vier Dirnen.

Der Niedergang ließ aber nicht lange auf sich warten. Da König Ferdinand nach der Belagerung Wiens durch die Türken zur Verteidigung des Landes Geld brauchte, for­derte er mit Genehmigung des Papstes den vierten Teil des gesamten Kirchengutes, die "Quart", da, wie diese Maßregel im Landtag vom 17. Juni 1529 von den Vertretern der Geistlichkeit begründet wurde, die Klöster und Pfründen für die Erhaltung des christ­lichen Glaubens gegründet worden seien. Das Stift Vorau musste damals dem Siegmund von Dietrichstein, Besitzer der Herrschaft Thalberg, das große Amt Schwaighof bei Fried­berg samt dem Wald bei Friedberg und dem Getreidezehent um Thalberg (= 71 Pfund 1 1/2 Pfennig) verkaufen, dem Maximilian Steinpeiß auf Eichberg das Amt Lafnitz mit Lebing (=22 Pfund 4 Schilling 15 1/2 Pfennig), dem Stiftshofmeister Erasmus Drachsler 27 Pfund 4 Schilling 19 Pfennig, dem Bernhard von Teuffenbach auf Obermaierhofen das Amt Geiseldorf ( = 3 Pf und 2 Schilling 15 1/2 Pfennig), dem Georg Winkler, Herrn auf Hainfeld bei Feldbach, die Ämter Mühldorf und Storcha bei Feldbach (= 16 Pfund 2 Schilling 26 Pfennig), später noch an Hans Haymer das Amt Frutten. Alles musste weit unter dem wirklichen Wert abgestoßen werden. Auch zahlreiche Stücke aus der stifti­schen Schatzkammer mussten veräußert werden.

Das Stift besaß nachher nur mehr 401 Pfund 4 Schilling 18 1/2 Pfennig. Es war aber im Gefolge der Quart zu weiteren Abverkäufen gezwungen und besaß 1542 schließlich noch 363 Pfund 12 1/2 Pfennig. Von diesen Besitzungen konnte das Stift nur wenig zurückerwerben. Nach dem Urbar von 1557 besaß das Stift die Ämter Markt Vorau, vor dem Holz (Vornholz), vor dem Schachen (Schachen), Riegersbach, Puchegg, Wenigzell, Maierhofen, Siebenbirken, Erdwegen und Reibersdorf, Windischpöllau, Hainfeld in Nie­derösterreich, St. Jakob und Waldbach, St. Lorenzen und schließlich Frutten, weiters zwei Häuser in Hartberg und zahlreiche Bergrechte bei Storcha, Windischpöllau und in der Pfarre Hartberg. Das Stift konnte sich im 16. Jahrhundert lange nicht erholen, zumal es durch die Reformation auch in seiner geistlichen Existenz gefährdet war, da es fast keinen Nachwuchs hatte.

Das 17. Jahrhundert, das Zeitalter der Gegenreformation und katholischen Restaura­tion, brachte dem Stift neuen Aufschwung, religiös wie auch wirtschaftlich. Unter Propst Perfall begannen wieder die Erwerbungen. 1604 kaufte Perfall von Hans Ruprecht von Saurau auf Festenburg eine Alm auf dem Wechsel, 1610 von demselben das Amt Pöll und acht Bürger zu Anger, nachdem er 1607 bereits den Edelmannssitz Klaffenau bei Hartberg angekauft hatte. Im Jahre 1605 erlitt die Stiftsherrschaft schwere Schäden durch die Haiducken, wobei 33 Untertanen abgebrannt und viele ausgeraubt wurden. 18 Per­sonen wurden weggeführt, weiters 46 Pferde und 140 Stück Hauptvieh. Perfalls Nach­folger Daniel Gundau kaufte 1616 von Andreas Siegmund Freiherrn von Saurau das Schloss und die Herrschaft Festenburg mit den Ämtern Festenburg, Schafferhof und Gallbrunn, 1620 von der Penkin den adeligen Sitz und Hof Vatersdorf (heute Lie­benau, 1648 wieder abgestoßen). Die bedeutendste Erwerbung war der Kauf von Schloss und Herrschaft Friedberg von den Saurauschen Erben im Jahre 1635 mit den Ämtern Wenigzell, Vorau und St. Lorenzen. 1637 wurde ein Haus in Graz erworben (Vorauer Hof). Beim Tode des Propstes Daniel Gundau, des "zweiten Gründers", im Jahre 1649 stand das Stift wirtschaftlich wieder in höchster Blüte. 1638 betrug die Gült bereits 637 Pfund 5 Schilling 17 1/2 Pfennig, also mehr denn je. Dieser Gültenstand wurde später nicht mehr erreicht, da wieder Besitz abgestoßen wurde, doch kaufte Propst Matthias Singer 1654 die große Herrschaft Peggau, die allein eine Gült von 261 Pfund 6 Schilling 1/2 Pfennig umfasste, aber gesondert im Gültbuch eingetragen war, weiters von Paul Hartmann von Eibiswald die Ämter Semriach und Breitenau, womit der absolute Höhe­punkt der Grundherrschaftliehen Ausdehnung des Stiftes erreicht war.Später gab es nur mehr geringfügige Änderungen.

Mit dem 17.Jahrhundert betrieb das Stift auch die Intensivierung des Weinbaues. Die nördliche Lage des Stiftes Vorau im unmittelbaren Einflussbereich der kalten Wechselwinde ließ im näheren Umkreis des Stiftes keinen Weinbau entstehen. Das nächstgele­gene Weinbaugebiet war um Hartberg, wo bereits für das Jahr 1147 Weinbau urkund­lich belegbar ist, widmete doch damals Markgraf Otakar dem Kloster Rein neben ande­ren Gütern einen Weingarten bei Hartberg, der im Jahr 1326 an das Stift Vorau fiel. Die früheste Zusammenstellung des stiftischen Weingartenbesitzes stammt erst aus dem Beginn der Neuzeit: Das im Auftrag Ferdinands I. erstellte Stiftsinventar von 1542 nennt 13 Weingärten in der Pfarre Hartberg, zwei Weingärten in der Pfarre Pöllau und vier, die im damaligen ungarischen Gebiet lagen, insgesamt also 19 Weingärten in noch rela­tiver Stiftsnähe. Um den regional eng zusammenliegenden Weingartenbesitz auch öko­nomisch rationell bearbeiten zu können, erwarb Propst Andreas von Pranpeck im Jahr 1446 einen Hof in Hartberg, von dem aus die Betreuung der Weingärten erfolgte.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war man bestrebt, in den Besitz der von Ertrag und Qualität weitaus besseren Weingärten um Radkersburg und Luttenberg zu kommen und kaufte dort nach Möglichkeit an. Zu diesen kamen noch der 1709 ange­kaufte große Weingarten in Straßgang bei Graz, einer in Gedersberg und einer am Leib­rutzer Kogel. Einen guten Ein- und Überblick über den stiftischen Weingartenbesitz bringt das nach dem Tod des Propstes Lorenz Josef Leitner am 13. Juni 1769 aufgestell­te Inventar, das neben der namentlichen Nennung der einzelnen Weingärten auch ihren damaligen Schätzwert angibt. Der Gesamtschätzwert aller Weingärten belief sich auf 13.025 Gulden.[8]

Erst die ab dem Jahr 1728 erhaltenen jährlich abgefassten und in Buchform gebunde­nen Rechnungsbücher des im Vorauer Hof in Graz amtierenden Hofmeisters, der auch die stiftischen Weingärten verwaltete, bringen einen näheren Einblick in die Erträge. Den Kellerrechnungen des Vorauer Hofes zufolge erreichte der Verkauf an versemede­nen Weinen in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts seinen höchsten Stand (1730 muss ein Rekordjahr gewesen sein), ging ab 1740 enorm zurück und spielte später nur noch eine unbedeutende Rolle.

Als das Stift angesichts der drohenden Aufhebung einem wirtschaftlichen Zusam­menbruch zusteuerte, wurden die um Hartberg liegenden Weingärten am 30. Mai 1785 durch Versteigerung abgestoßen. Am 16. Juni 1785 folgte der Verkauf der zwei Wein­gärten in Straßgang bei Graz und Gedersberg und am 23. März 1786 die Versteigerung und der Verkauf der zwei Weingärten in Radkersburg und Luttenberg. Das wenige, was noch verblieb, wurde bis 1802 verkauft. Der letzte Ankauf eines Weinberges erfolgte 1852 in Mellingberg bei Marburg. Infolge der politischen Veränderungen durch den Ersten Weltkrieg musste er 1933 verkauft werden.

Die Landwirtschaft im Stiftsbereich war bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts stabil, fast unverändert. Neben Korn und Hafer, Kraut und Rüben gab es auch etwas Weizen und Gerste, Erbsen und Bohnen, aber noch immer keine Kartoffeln. Vom Obstbau konn­te kaum gesprochen werden. Im Stift versuchte man Fischzucht in Forellen- und Karp­fenteichen, die aber bald wieder aufgelassen wurden. Die Chorherren aßen an ihren 144 Fasttagen des Jahres 10.000 Schnecken. Die Bauern hielten natürlich auch Hühner, das Stift darüber hinaus auch etwas Enten und Gänse. Eine für uns heute fast unvorstellba­re Bedeutung für die Ernährung hatten damals Rüben und Kraut. Sie kamen als eigene Richt oder Speise, mit Grammelschmalz gekocht und mit Hammelfleischstücken ver­mischt, auf den Tisch und wurden mit Brot gegessen. 1774 erntete das Stift 28 Fuhren oder 280 Wecht Rüben. An Kraut wurden im gleichen Jahr heimgeführt zehn Fuhren mit rund 4.600 Krautköpfen oder Göpeln. Davon wurde die Hälfte eingeschabt und in Bottichen aufbewahrt, die Hälfte aber wurde "überbrennt" und in die Krautaller (Krautallach) gepresst. Dieses in der ganzen Gegend sehr beliebte und gesunde "Grua­ benkraut" wurde bis nach dem Ersten Weltkrieg gegessen.

Die Kuruzzeneinfälle von 1704 bis 1707 brachten wieder große Schädigungen. Nach der Tabelle vom 3. Jänner 1708 wurden zwei Weingarthäuser abgebrannt, 58 Unterta­nen einmal, 15 dreimal abgebrannt, ebenso zwei untertänige Mühlen mit einem Urbarzins von 25 Pfund 15 Pfennig. Die Schäden der Herrschaft betrugen 149 Gulden 30 Kreuzer, die der Untertanen 4.026 Gulden. 13 Untertanen wurden erschlagen oder verschleppt, ebenso fünf Dienstboten, zwei wurden erschossen, ein Kind ver­brannte.

Beim Ableben des Propstes Webersberg (1736) besaß das Stift außer dem noch vor­handenen Stiftungsgut um Vorau die Herrschaften Festenburg, Friedberg und Peggau, das Gut Klaffenau, in Graz den Vorauerhof und das Rekreationshaus in Geidorf, vier Mühlen, 30 Weingärten, "Wildtpaann und Reissgejäder" um Vorau, Festenburg, Friedberg und Peggau, an "Fisch-Wässern" den Ferchenbach Vorau, ein Ferchnbächl bei Festenburg und das Fischwasser an der Murvon Badl bis Siebenbrunn, den Weintaz im Bezirk Vorau, Mautrechte in Vorau und Peggau sowie den Wein- und Getreidezehent in Söchau. An Mobilien sind im Inventar von 1736 u.a. erwähnt: über 250 "gemalene Bilder", von denen nur dürftige Reste noch vorhanden sind; das gleiche gilt für die aufgezählten kirchli­chen Geräte und Paramente, die barocken Zimmermöbel, das Küchengeschirr (1.525 Pfund aus Messing, Metall, Kupfer, Zinn, Eisen und Blech) und das "Silbergeschmeidt".[9] Die Pröpste Leisl, Webersberg, Leitner und auch noch Taufferer haben für die zeitgemäße Bereicherung des Bücherbestandes jederzeit volles Verständ­nis gehabt.

Obschon Propst Lorenz Josef Leitner (1737–1769) in wirtschaftlicher Hinsicht ein erfahrener und kluger Mann war, steuerte doch unter ihm das Stift langsam, haltsam einer Wirtschaftskrise zu. Der Türkenkrieg (1737–1739), der Österreichische Erb­folgekrieg sowie die Schlesischen Kriege (1740–1748) und der Siebenjährige Krieg (1756–1763) zwangen Kaiserin Maria Theresia, den Ländern und auch den Klöstern hohe Kriegssteuern aufzuerlegen. Schon 1737 musste das Stift 1.200 Gulden zahlen; die jähr­liche Steuersumme wurde später wesentlich höher und belastete schwer die Stiftskasse.

Die Stiftsherrschaft umfasste nach dem Theresianischen Kataster 1753 folgende Ämter: Markt Vorau (79 Untertanen), Schachen (53), Vornholz (56), Riegersbach (74), Puchegg (66), Rechberg (20), Wenigzell zum Kloster (46), Wenigzell auf Friedberg (76), Waldbach (29), Festenburg (37), St. Lorenzen zum Kloster (30), St. Lorenzen auf Friedberg (14), Rai­deggendorf (vier), Siebenbirken (30), Reibersdorf (45), Oberbuch (41), Unterbuch (36), Maierhofen (21), Hartl bei Fürstenfeld (19), Windischpöllau (25), Frutten (30), GaUbrunn (60), Schafferhof (23) und Pöll (zwölf). Diese Untertanen hatten damals folgende Lei­stungen zu erbringen:

a) an Herrenforderungen (Stift): 1.430 Gulden b) an Zinsgetreide: 3 Viertels Maßl Weizen, 56 Viertel 2 Maßl Korn, 148 Viertel 2 Maßl Hafer, 1 Viertel 1 3/4 Maßl Linsen c) an Kleinrechten: 92 Kälber (gegen 30 Kreuzer Vergütung), 207 Schafe (gegen 15 Kreu­zer Vergütung), 28 Lämmer, 208 Hennen, 129 Hendl, 9.657 Eier, 80 Kapaune, 226 Pfund Haar(= Flachs) d) an Robot: 2.292 Tage Fuhrrobot mit ein Paar Ochsen, 877 Tage mit zwei Paar Ochsen, 24 Tage mit drei Paar Ochsen, weiters 3.937 Tage Handrobot (teils mit, teils ohne Kost), 9.970 Tage widerrufliche Handrobot mit Kost (in Geld abgelöst), 40 Stück Sagbloche schneiden, 479 1/2 Pfund Flachs spinnen, 18 Gulden 45 Kreuzer Gespunstgeld, 128 Tage Jagdrobot, 68 Gulden Jagdgeld. Dazu kamen noch die Erträgnisse des Bergrechts und des Zehents.

Der Versuch, dem Stift durch Bergbau eine neue Einnahmequelle zu verschaffen, schlug fehl. Zwischen 1739 und 1770 wurden die Chorherren immer wieder von voreili­gen Fachleuten aufgemuntert, nach Erz zu graben. In der Hoffnung, ergiebige Gold-, Sil­ber-, Blei- und Eisenerze zu finden, wurden umfangreiche Grabungen bei der Trem­melmühle (heute Hummelmühle) und in der Rotleiten (Amt Puchegg), beim Kammer­holz (Amt Vorau), im Buchwald (Amt Riegersbach), am Prinzkogel bei Rettenegg und in der Taschen bei Peggau vorgenommen. Nach langem Schwanken gab man die Berg­bauversuche schließlich auf, die dem Stift keinen Gewinn gebracht, wohl aber 20.000 Gulden gekostet hatten.

Eine Geldquelle floss noch immer reichlich und hielt das Stift über Wasser: die Opfer der Ordenskandidaten, von denen viele bedeutendes Vermögen besaßen, das sie aus Liebe zur persönlichen Armut dem Stift vermachten. Auf diese Weise erhielt das Stift unter Propst Leitner über 100.000 Gulden. Doch auch diese Geldquelle musste versiegen, als 1771 ein staatliches Gesetz das Recht der Klöster, Vermögen zu erwerben, stark beschränkte und sich unter dem Einfluss einer klosterfeindlichen Zeitströmung immer weniger Kandidaten zur Aufnahme meldeten.

Nach Jahren der Unsicherheit vor der drohenden Aufhebung erhielt Propst Tauffe­rer 1785 das kaiserliche Dekret, das den Weiterbestand des Stiftes sicherte und jedem Chorherrn 220 Gulden 4 Kreuzer zum jährlichen Unterhalt zuwies. Der Propst, dem man nur mehr den Titel Administrator zuerkannte, erhielt von der Regierung den Auftrag, die Tilgung der Schulden ernstlich ins Auge zu fassen. Verschiedene mit den Kloster­aufhebungen zusammenhängende Gerüchte veranlassten die Gläubiger des Stiftes, ihre Kapitalien aufzukünden. Die Untertanen zeigten sich vielfach säumig in der Zahlung der Zinse, so dass das Stift bald große Rückstände einzufordern hatte, von denen aber der größte Teil ohne große Härte nicht eingefordert werden konnte. Durch das Robot­patent des Jahres 1778 war es den Untertanen möglich geworden, die Robotleistungen gegen Geldzahlungen abzulösen. Die dadurch notwendig gewordene Umstellung der Stiftswirtschaft misslang.

Um in dieser misslichen Lage Schulden zahlen und sich über Wasser halten zu kön­nen, entschlossen sich der Propst und das Kapitel, von der Regierung gedrängt, zu ver­kaufen, was sich, wie man meinte, am ehesten ohne schlimme Folgen für die Zukunft losschlagen ließ. So wurden von 1785 bis 1802 verkauft: alle 17 Weingärten, die das Stift noch besaß; an Vieh neun Pferde, 111 Stück Rinder, 52 Schweine; ferner das Silberzeug, die Rüstkammer, alle entbehrlichen Möbel und der größte Teil der Wirtschaftseinrich­tung in Vorau, Festenburg, Klaffenau, Peggau und im Vorauerhof zu Graz, das Garten­haus in Geidorf bei Graz, die 15 Joch messende Koglerauwiese an der Lafnitz, die Stifts­apotheke und das Stiftsspital im Markt Vorau, das sicher seit dem 17.Jahrhundert bestan­den und vielen alten Stiftsdienstboten als Altersheim und armen Vorauern als Armen­haus einen sorgenfreien Lebensabend gesichert hatte. Für die Stiftischen Dienstboten wurde vom Stift auch weiterhin gesorgt, aber die Armen mussten nun als Aushalter oder Einleger von Haus zu Haus gehen. Die Verpachtung der Stiftsgüter erwies sich als nachteilig. Man kehrte nach und nach wieder zur Selbstbewirtschaftung zurück, doch schenkte man den weltlichen Verwal­tern, die nicht immer uneigennützig das Wohl des Stiftes vor Augen hatten, zu viel Ver­trauen.

Nach sehr schweren Jahrzehnten brachte Propst Franz Sales Knauer (1811–1837) wie­der Ordnung in die Wirtschaftsführung. Dabei kamen ihm sein klares Urteil, sein unbeug­samer Wille, sein praktischer Sinn und seine große Erfahrung sehr zustatten. Mit fester Hand beseitigte er die Misswirtschaft einzelner Beamter und führte eine geordnete Ver­waltung der Stiftsgüter durch. Um die Schulden zahlen zu können, verkaufte er 1823 um 26.900 Gulden den Vorauerhof in der Rauhergasse in Graz. 1832 kaufte das Stift Vorau das Gut Mönichwald, das seit der Mitte des 12. Jahrhunderts dem Kloster Formbach in Bayern gehört hatte und nach der Aufhebung des Klosters im Jahre 1803 Staatsgut gewor­den war. So kamen die Herrschaftsrechte über Mönichwald, das sind die Katastralge­meinden Schmiedviertel und Karnerviertel, bis zur Grundentlastung an das Stift Vorau.

Sein Nachfolger Gottlieb Kerschbaumer (1838–1862) war wiederum ein so tüchtiger Ökonom, dass er den Stiftsbesitz vermehren und eine bedeutende Bautätigkeit entfalten konnte. Über 78.000 Gulden wurden unter ihm für Grundkäufe ausgegeben. So kaufte er 1842 das "Schlössl"in Friedberg (1905 verkauft), 1847 das Missarhaus in Pinggau (1873 verkauft), den "Pfarrhof" in Rainberg und die Geierwiese, 1851 den Rannachbauern bei Peggau, 1852 den Mellingbergweingarten bei Marburg (1933 verkauft) und die Hacken­schmiede samt Wohnhaus, die im 18. Jahrhundert verkauft worden war, 1854 den Rochettweingarten am Ring bei Hartberg (1905 verkauft) und 1861 die Festenburger Taverne.

Die Aufhebung der Grundherrschaften 1848 nahm dem Stift viele Sorgen und viel Ärger ab und brachte den Untertanen die ersehnte Freiheit, aber auch eine ganz neue Selbstverantwortung. Die Ablösung der Naturalgiebigkeiten, von Robot und Zehent sowie die Ablösung der Holzrechte (bis auf einen bescheidenen Rest von Waldservitu­ten) gingen ziemlich glatt vor sich, doch führten, wie Propst Gottlieb es voraussagte, die Zahlung der Grundablösungsquote und die wirtschaftlich notwendige Umstellung auch für die Bauern sehr schwere Jahre und Jahrzehnte herbei. Für die Herrschaft Vorau erhielt das Stift Vorau ein Entschädigungskapital von 147.030 Gulden 20 Kreuzer, für die Herrschaft Mönichwald 11.570 Gulden 20 Kreuzer, für die Herrschaft Peggau 56.628 Gulden, für die anderen Gülten kleinere Beträge. Dem Stift blieb wie allen anderen Grundherren nur die Eigenwirtschaft und der Waldbesitz.

Die im 19. Jahrhundert immer notwendigere Umstellung der Landwirtschaft wurde vom Stift durch die schon vor 1830 gegründete Filiale der Landwirtschaftsgesellschaft angeregt,die unter der Leitung des Stiftshofmeisters bis zum Ersten Weltkrieg viel Segen stiftete. Besonders Kartoffel- und Obstbau wurden gefördert. Dazu kam gegen Ende des 19. Jahrhunderts die vom Stift stark unterstützte Gründung der Sparkasse im Markt Vorau. Die Einführung des Kunst- und Mineraldüngers ermöglichte den Kleeanbau, den verstärkten Kartoffelanbau und damit den Übergang zur Fruchtwechselwirtschaft. Der vermehrte Getreideanbau bewirkte eine bessere Schonung des Waldes als Lieferanten von Waldstreu und eine gesunde Trennung der Landwirtschaft von der Forstwirtschaft wurde angebahnt. Es war ein bedeutsamer Fortschritt, als um 1900 das Stift neben dem Hofmeister oder Ökonom einen eigenen Forstmeister anstellte.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges endete eine florierende Wirtschaftsphase. Vollends drängten aber die Folgen des Krieges, der Rückgang der Einnahmen, vor allem aber die dem Krieg folgende Geldentwertung das Stift an den Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Das Stift verlor durch die vollständige Entwertung der Grundablö­sungskapitalien 57 Prozent seines jährlichen Einkommens. Die damit gegebene Krise erreichte um 1925 ihren Höhepunkt und führte wieder zum Verkauf von Kunstschät­zen und wertvollen Büchern. Erst der Ende der zwanziger Jahre von Propst Prosper Ber­ger durchgesetzte Anschluss des Wechselgaues an die Verkehrsstraßen bzw. Eisenbah­nen der Oststeiermark brachte neuen Aufschwung.

Zur neueren Wirtschaftsgeschichte

Die Jahre zwischen 1930 und 1940 brachten für das Stift nach den schweren Jahren 1927 bis 1929 eine wirtschaftliche Konsolidierung trotz geringer wirtschaftlicher Tätig­keiten (Errichtung des Sägewerks 1936).

Mit der Enteignung des Stiftes Vorau am 19. April 1940 und der Ausweisung der Chor­herren aus dem Stiftsgebäude wurden dem Orden der Chorherren alle wirtschaftlichen Grundlagen entzogen. Die Betreuung des ehemaligen Stiftsgutes erfolgte bis zum Kriegs­ende beamtenmäßig. Nach Kriegsende im Mai 1945 kamen die Chorherren aus den diver­sen Aufenthaltsorten wieder zurück und übernahmen mit großem Einsatz, aber ohne Geld, die Reste des zum Teil stark zerstörten, abgebrannten Stiftsgebäudes. Rechtlich wurde der Besitz 1947 an die Chorherren restituiert.

Die letzten Jahre der Amtszeit des Propstes Berger waren ausgefüllt mit dem Wie­deraufbau der Gebäude, der Beschaffung von Geldmitteln und einer Erneuerung der Ordensgemeinschaft. Es wurden in dieser Zeit auch viele Grundstücke um einen Sozi­alpreis an Mitarbeiter und andere Interessenten abgegeben. Propst Gilbert Prenner führ­te den begonnenen Wiederaufbau weiter und vollendete diesen im Jahre 1955.

Wirtschaftlich wurden kleinere Nutzungen der Gebäude vorgenommen, die jedoch außer einem Deckungsbeitrag kaum Erträge einbrachten. Gleichzeitig standen Reno­vierungsarbeiten an den Kirchen und denkmalgeschützten Objekten an. Die Landwirtschaft wurde als Viehwirtschaft betrieben. Gerade die Milchwirtschaft ist sehr personalintensiv, so dass die Kosten bald sehr hoch waren. 1969 wurden sowohl in Vorau als auch in Peggau die Rinder abverkauft und es ergab sich sehr bald die bes­sere Möglichkeit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen an Bauern: zuerst für eine Pachtperiode von fünf Jahren an auswärtige Interessenten, seit über 20 Jahren an die Bauern aus Vorau.

In den Anfängen der siebziger Jahre wurde ein besonderes Augenmerk auf die Pro­duktionsbetriebe gelegt. So wurde das Sägewerk in Bruck an der Lafnitz ausgebaut, die Arbeitsabläufe stark mechanisiert und der Einschnitt erhöht. In den darauffolgenden Jahren hat sich die Säge gut amortisiert und auch einen Gewinn und eine gute Auswer­tung des Holzes erbracht. Die Schnelllebigkeit in der Sägeindustrie überholte jedoch innerhalb von zehn Jahren die Erneuerung, und wurde, obwohl als einer der ersten Betriebe, so doch mindestens um zwei Jahre zu spät mit Ende 1984 das Sägewerk still gelegt. Inzwischen sind beinahe alle forsteigenen Sägewerke außer Betrieb.

Im forstlichen Bereich ist ab 1970 der Straßenbau im Sinne des Erschließungspro­grammes weiter vorangetrieben worden. Damals war als Ziel vielfach ca. 40 lfm pro Hektar angestrebt worden. Eine verstärkte und verfeinerte Erschließung der Waldfläche erfolgte erst in den Jahren nach 1992, als die Kahlhiebe im gesamten Betrieb eingestellt wurden.

Die Stiftskirche wurde in den Jahren 1960 bis 1963 zur 800-Jahr-Feier des Stiftes reno­viert. Hier wurden die Deckenfresken gereinigt, die Altäre teilweise neu gefasst und die Einheitsfarbe aus dem 19. Jahrhundert von den Säulen bei den Seitenaltären entfernt. In einem über zehn Jahre reichendem Konzept wurden die Fassaden der Gebäude saniert, wobei die Hauptfassade in der jetzigen Farbgestaltung im Jahre 1987 die Fassung erhielt. Untersuchungen an der Hauptfassade durch zwei vom Propst beauftragte Restaura­toren und durch das Denkmalamt sollten Klarheit schaffen über den Zustand der alten bzw. nach dem Krieg 1945 ausgebesserten Putzflächen. Der alte Putz und der Stuckde­kor sollten im wesentlichen nur konserviert und geschützt werden. Gleichzeitig war auch das früheste Farbkonzept der Fassade festzustellen. Der Farbbefund ergab, dass der Mörtelstuckdekor von ca. 1730 in Vierfarbigkeit angelegt wurde. So waren alle plasti­schen Architekturglieder in gebrochenem Weiß gefasst.

Die dazwischenliegenden Null­flächen an der Hauptfassade waren mit einem warmen Lichtgrau versehen. Die Null­flächen an den Außentürmen und vermutlich auch an den Kirchtürmen sowie an den Eckrisaliten neben der Kirchenfassade (erste Fensterachse) waren hingegen mit einem hellen Beige herausgefasst. Die Innenflächen der Hauptfriese (Bänder), die Flächen unter den Fenstern und Bandwerkgebilde zwischen den Fensterachsen waren mit einem kräf­tigen Rosa bemalt. Der Farbton Ockergelb (letzte Fassung) kam in der ursprünglichen Ausführung nicht vor.

Nach intensiven Gesprächen wurde folgende Vorgangsweise bei der Restaurierung beschlossen: Es sollte erstens der noch bestehende Originalstuck von allen Übermalun­gen und losen Kalkschichten mechanisch freigelegt und abgedeckt werden, zweitens die nicht mehr reparierbaren Nullflächen und Plomben vorsichtig abgeschlagen werden; dazu kamen noch Stuckergänzungen. Der Entscheidung für die historische Farbgebung gingen lange Diskussionen voraus. Da die beiden Außentürme bereits zuvor die gewohn­te ockergelbe Färbung erhalten hatten, wollte man hier nachträglich keine Änderung mehr vornehmen.

Das neue Gesicht der stiftischen Front bringt auch die Intention des Ordens zum Aus­druck. Die Rosabänder deuten das bin­dende und verbindende Element in diesem Hause an. Es wird der Versuch des Zusam­menhaltens, einer inneren Geschlossenheit veranschaulicht. Vor dem Schlussanstrich der Fassaden wurden die Nutzungen der Gebäude und Räume festgelegt und Umgestaltungen vorgenommen. Dies bewirkte eine Verbesserung der Wohnungen für die Mieter und der Zimmer für die Chorherren. In den Jahren 1975 bis 1977 wurde im Prälaturtrakt ein Bildungshaus eingebaut, das der pastoralen, der menschlichen, wissensmäßigen und kulturellen Weiterbildung dienen soll. Seit 20 Jah­ren ist dieses Haus in Betrieb und wird auch als Tagungshaus angenommen.

Die Erweiterung und der Ausbau der Haushaltungsschule mit Internat in einem vor­gelagerten Gebäudetrakt auf ca. 2.400 m2 Nutzfläche brachte eine langfristige Nutzungsmöglichkeit dieser Fläche. Fast 100 Schülerinnen besuchen diese Einrichtung, wobei über 60 auch im Internat wohnen können. Die Schule ist an das Land Steiermark vermietet und bringt für die Gebäudeerhaltung einen erfreu­lichen Deckungsbeitrag. Die Zahl der Dienstnehmer hat sich in den letzten 25 Jahren allerdings stark reduziert. Waren es im Jahre 1970 90 Personen, die im Stift ihre Arbeit verrichteten, im Jahre 1980 noch 78 Mitarbeiter, so sind 1995 nur noch 37 ständige Dienstnehmer beschäftigt.

Dies ist zum größten Teil auf die Schließung des Sägewerkes (1984) und auf die Ver­änderung des Arbeitsvorganges in der Forstwirtschaft zurückzuführen. Heute werden für die Schlägerung und Bringung Leistungen von Dritten zugekauft Das Diktat der all­gemeinen wirtschaftlichen Situation und hier vor allem die Gegebenheiten des schwan­kenden Marktes in der Forstwirtschaft macht sich im Stift Vorau besonders bemerkbar, da es in der Hauptsache von den Einnahmen aus der Forstwirtschaft abhängig sind.

Seit vielen Jahren wird versucht die Einnahmen aus der Gebäudeverwaltung best­möglich zu erhalten bzw. zu erhöhen. Die Bezüge aus der Tätigkeit in der Pastoral sind eine wichtige Einnahmsquelle, die nicht vernachlässigt werden kann. Erträge aus Bestandsverträgen mit Gemeinden, die Parkflächen, Sportplätze usw. betreffen, sind ebenfalls für das Stift notwendig. Erlöse aus Grundverkäufen für öffent­liche und private Bauten sind teilweise wieder in Grund und Wertpapiere veranlagt, teilweise auch in die Erhaltung der Bausubstanz investiert worden.Es wird für die Zukunft noch genauer als bisher geplant werden müssen, manches wird neu bzw. nicht mehr vom Betrieb finanziert werden können. Vor allem für die inkorporierten Pfarren werden die Beiträge gekürzt und so manche Arbeiten zurück­gestellt werden müssen.

Soziale Verhältnisse

Wenn hier ein Überblick über die zahlenmäßige Zusammensetzung des Vorauer Stifts­kapitels im Laufe der über 800 Jahre seines Bestehens versucht wird, sei darauf hinge­wiesen, dass ab 1500 nur die Religiosen mit Profess und Priesterweihe gezählt sind, also nicht die Novizen und Kleriker, die den Stand deutlich erhöhen würden.

Nach der 1163 erfolgten Gründung des Stiftes Vorau stellte das ebenfalls noch junge Chorherrenstift Seckau seinen Klosterdechanten Liupold von Traföß (bei Mixnitz) als ersten Propst zur Verfügung, während vier weitere Chorherren, höchstwahrscheinlich in Begleitung einiger Laienbrüder, direkt aus dem Domstift Salzburg an Vorau abge­treten wurden. Die erste genaue Zahl der Stiftsmitglieder ist aus dem Jahr 1267 bekannt, als nach der Resignation des Propstes Gebwin Dechant Berthold und die zwölf Chor­herren den Salzburger Domherrn Bernhard zum Propst ihres Stiftes postulierten. Über den Wahlakt wurde eine schriftliche Urkunde verfasst, die die Namen des ältesten bekannten Wahlkapitels überliefert.

Von den tiefgehenden Zeitstürmen des 14. Jahrhunderts - Avignonesisches Exil, Großes Schisma usw. - blieb auch das Stift Vorau nicht unberührt. Als Propst Marquard 1343 starb, hinterließ er 17 Chorherren, die Lorenz von Hofkirchen zum Nachfolger bestellten. Vermutlich ist der 1349/50 grassierenden Pest die Reduzierung der Kapitel­mitglieder zuzuschreiben, weil bei der am 23. August 1358 stattgefundenen Kapitelver­sammlung nur 14 Religiosen genannt werden. In diesem ältesten Kapitelprotokoll wer­den erstmals die Familiennamen der Chorherren mitgeteilt. Nach dem Tod des 1493 verstorbenen Propstes Leonhard zählte das verwaiste Kapitel 26 Chorherren, und Propst Virgil Gambs führt in seiner 1506 aufgestellten Gültenschätzung an, dass er 28 Religio­sen ("Professprueder") zu versorgen habe, eine Zahl, die zwei Jahre vorher noch wesentlich höher war, zogen doch 1504 sechs bis acht Chorherren in das neu gegründete Stift Pöl­lau.

Das Auftreten Martin Luthers durch das Anschlagen seiner Ablassthesen an der Schlosskirche zu Wittenberg (1517) brachte eine Bewegung ins Rollen, die auch im Stift innerhalb kurzer Zeit rege Auseinandersetzungen auslöste. Zu den 16 Chorherren und einem Diakon, die sich 1528 der Visitationskommission stellten, können noch vier weitere Kleriker gezählt werden, die erst kurz zuvor als Anhänger der Lehre Luthers das Stift verlassen hatten. Ihnen müssen in den nächsten Jahren weitere gefolgt sein, weil nun das Stift in Gefahr kam auszusterben und sich 1539 außer Propst Augustin Geyer nur mehr zwei Chorherren im Stift befanden. Propst Geyer erbat sich zwar die Erlaub­nis, Mitglieder anderer Orden aufzunehmen, doch niemand scheint sich gemeldet zu haben, denn als er 1542 starb, hinterließ er ein einziges Stiftsmitglied.

Diese für das Stift größte Personalkrise hielt die ganze zweite Hälfte des 16. Jahr­hunderts an - 1585 gab es vier Chorherren - und wurde erst durch die zielstrebige Arbeit des Propstes Benedikt von Perfall behoben, unter dem sich die Anzahl der Kapitelmit­glieder verdoppelte. Propst Benedikt hinterließ bei seinem Tod 1615 acht Chorherren, die aus ihrer Mitte den jungen Dechant Daniel Gundau zum neuen Propst wählten. Die­ser war um genügenden Ordensnachwuchs bemüht, weckte besonders in und um Vorau Berufe und ließ durch die Jesuiten in Graz für die richtige Vorbereitung auf das Ordens­leben sorgen. Unter ihm stieg die Zahl der Chorherren von acht auf 23 (im Jahre 1649), von denen schon 1635 die meisten gebürtige Vorauer waren. Bei der Propstwahl im Jahre 1681 zählte das Kapitel bereits 27 Mitglieder - eine Zahl, die in den nächsten Jahren unter Propst Philipp Leisl eine weitere Aufstockung erfuhr. Schon 1704 sah sich Leisl von 40, 1712 von 47 Stiftsmitgliedern, die Novizen mitgerechnet, umgeben. Immerhin zählten im Todesjahr Leisls (1717) 36 Chorherren zum Stiftskapitel. Unter seinem Nachfolger Sebastian Grafen von Webersberg stand das Stift auf dem Höhepunkt seines Ruhms, was sich auch in der Zahl der Stiftsmitglieder niederschlug: 1736 gehörten 46 Chorher­ren dem Stiftskapitel an, von denen noch im selben Jahr acht dem Stift Rottenmann gänz­lich abgetreten wurden. Rechnet man dazu noch die Novizen und Jungherren, so darf man die Zahl der Religiosen um 1735 mit etwa 55 annehmen. Propst Webersberg hin­terließ nach seinem Tod 37 Chorherren, die 1737 im ersten Wahlgang Lorenz Josef Leit­ner zum neuen Propst wählten. Dieser ließ 1754 einen Katalog aller Stiftsmitglieder (mit den wichtigsten Daten) drucken - der früheste derzeit bekannte -, nach dem das Stiftskapitel damals 42 Chorherren zählte. Der anlässlich der Propstwahl von Franz Sales Frei­herrn von Taufferer 1769 gedruckte "Catalogus" führt 35 Chorherren an.

Das durch mehr als 150 Jahre in ruhmvollem Glanz dastehende Stift erlebte unter Propst Taufferer (1769–1810) einen bedauerlichen Niedergang; eine Folge der josephi­nischen Zeitströmung, die sich in materieller und disziplinärer Hinsicht schädigend und zersetzend auswirkte und auch das Stiftskapitel schrumpfen ließ. Seit 1800 ist man über die Anzahl der Kapitelmitglieder aufgrund der jährlich aufgestellten Listen ("Effektiver Stand ...") und der gedruckten Personalschematismen der Diözese Graz-Seckau gut informiert. Im Zeitraum von 1803 bis 1900 stieg die Zahl von 21 auf 30 Mitglieder, bis 1990 sank sie auf 20, im Jahre 1997 zählt das Stift 20 Priester zuzüglich zwei Kleriker mit feierlicher und zwei mit einfacher Profess.

Außer den Anfängen in Salzburg und Seckau findet man im Archiv des Stiftes für die Zeit bis 1600 nur wenige Unterlagen über die Herkunft seiner Mitglieder. Seit 1600 lie­gen von allen Chorherren (mit Ausnahme dreier) genaue geographische Angaben vor, woher sie stammen. Eine Nachschau zeigt auf, dass das personelle Haupteinzugsgebiet des Stiftes Vorau die gesamte Oststeiermark bildete. Stiftischer Nachwuchs kam aus allen Bundesländern, außer Salzburg und Vorarlberg. Im selben Zeitraum haben in der Vorauer Gemeinschaft Chorherren aus acht Nationen gelebt. Das 19. Jahrhundert war das bunteste, bildeten doch Herren aus sechs Ländern die Stiftsgemeinschaft. Im 17. und 18. Jahrhundert waren im Haus jeweils fünf Nationalitäten vertreten, während es nur noch drei im 20. Jahrhundert sind.

Hoch ist die Anzahl der aus Graz stammenden Chorherren, im 18. Jahrhundert waren es sogar 40. Dies führt Pius Fank zum Teil auf die große Anziehungskraft zurück, die für die Grazer Jugend von den hochangesehenen, aus Graz stammenden Pröpsten Leisl und Webersberg ausging. Neben den Pröpsten spielt auf jeden Fall auch die Gemein­schaft der Mitbrüder - und da wiederum das Juniorat - eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Begegnungen, Bekanntschaften und Freundschaften mit den Vorauer Kleri­kern in Graz, wo sie bis 1932 studiert haben (seither in Innsbruck), hat die Gemeinschaft für so manchen Studienkollegen interessant werden lassen, so dass sich dieser um die Aufnahme in den Orden in Vorau beworben hat. Es sind vor allem jene Freundschaften, die es verständlich machen, weshalb Mitbrüder aus anderen Bundesländern oder anderen Nationen nicht in jene Klöster eingetreten sind, die ihrer Heimat näher lagen.

In einem gewissen Rahmen anziehend werden auch die Chorherren gewirkt haben, die neben der seelsorglichen Arbeit noch schriftstellerisch tätig waren und auch jene, die für besondere Aufgaben freigestellt waren. Hier ist eine ganze Reihe von Mitbrüdern anzuführen: Dr. Eusebius Kendlmayr (gest. 1716), Johann Zunggo (gest. 1771), Dr. Mar­cellin Simbinelli (gest. 1774), Dr. Julius Franz Gußmann (gest. 1776), Dr. Aquilin Julius Caesar (gest. 1792), Eduard Domainko (gest. 1850), Theophilus Kerschbaumer (gest. 1862), Gottfried Schreitter (gest.1872), Franz Sales Prugger (gest. 1887), Theodorich Lam­pel (gest. 1911), Augustin Rathafer (gest. 1916), Eberhard Höfler (gest. 1927), Dr. Otto­kar Kernstock (gest. 1928), Clemens Holzheu (gest. 1962) und Pius Fank (gest. 1976).

Aufschlussreich wäre auch eine Untersuchung, aus welchen sozialen Verhältnissen die Chorherren stammten. Den weitaus größten Teil nehmen dort die aus bäuerlichen Familien Hervorgegangenen ein.

Bau- und Kunstgeschichte

Die mittelalterliche Bau- und Kunstgeschichte des Stiftes ist infolge der geringen Quel­lenlage bis heute nicht hinreichend geklärt und bedarf noch ausführlicher Untersu­chungen.

Als die ersten Chorherren mit ihrem Propst Liupold 1163 in Vorau eintrafen, um die Klostergründung ins Werk zu setzen, fanden sie dort an sakralen Bauwerken ledig­lich das kleine Thomaskirchlein vor, welches 1149 vom Bischof Roman von Gurk geweiht worden war. Sie erbauten die für das klösterliche Gemeinschaftsleben nötigen Räum­lichkeiten. Dabei verwendeten sie ein Bauschema, das der Benediktinerorden im 9. Jahr­hundert entwickelt hatte und das bis ans Ende des Mittelalters beherrschend blieb. Dem­nach sind südlich der Klosterkirche um einen quadratischen Hof die Gebäude mit gemeinsamem Dormitorium, Refektorium, Kapitelsaal, Küche, Keller und Vorratsräu­men angelegt und durch einen den Hof einfassenden Kreuzgang miteinander verbun­den. Dazu gab es noch die Prälatur und Gebäude für die Klosterschule, die Kranken und die Klosterwirtschaft.

Hauptaufgabe der Chorherren war das Lob Gottes im feierlichen Chordienst mit Messe und Gebet. Dadurch wurde der Kirchenchor mit Altar und Allerheiligstem zum Mittelpunkt ihres klösterlichen Lebens und Wirkens. Hier versammelten sie sich allnächtlich zum officium nocturnum, sechsmal am Tag, um das Chorgebet zu ver­richten. Und schließlich bildete die Konventmesse am Vormittag den Höhepunkt der täglichen Gotteshuldigung. Verständlich, dass für einen so intensiven Chordienst ein ent­sprechend geräumiges Gotteshaus nötig wurde. Das kleine Thomaskirchlein konnte diese Anforderungen nicht erfüllen und schon 1170 begann man mit dem Neubau einer dreischiffigen romanischen Pfeilerbasilika mit flacher Holzdecke in der Art des Gurker Domes. Das Gotteshaus war 40 bis 50 m lang und hatte eine Zweiturmfassade im Westen.

Weil das Stift nicht reich dotiert war, konnte der Bau der Stiftskirche nur langsam vor­anschreiten. Um das fromme Bemühen des Propstes Liupold und seiner Brüder im neugegründeten Stift etwas zu unterstützen, schenkte Erzbischof Adalbert von Salzburg den Vorau­er Chorherren seinen Zehenthof in Grafendorf, der - offenbar samt dem Zehent, der dem Erzbischof zustand - ein jährliches Einkommen von 10 Mark sicherte. Zur Beförderung des Kirchenbaues (ad structuram basilice) überließ der Erzbischof im gleichen Jahr den Vorauern den Zehent, den sein Onkel Konrad II. dem Stift zum Unterhalt des Bischofs Ulrich von Halberstadt überlassen hatte. Dieser war papsttreu geblieben, beim Kaiser in Ungnade gefallen und darum nach Vorau geflohen. Zu Mariä Himmelfahrt 1172 weil­te der Erzbischof in Vorau, um die Krypta zu Ehren des hl. Paulus zu weihen. Sie muss ziemlich geräumig gewesen sein, weil sie später drei Altäre barg.

Am 6. Dezember 1202 weihte Bischof Markus von Beirut einen Magdalenenaltar, am 25. Dezember 1228 Bischof Karl von Seckau einen Altar zu Ehren des hl. Kreuzes und des Apostels Jakobus, beide in der Oberkirche. Diese ruhige Entwicklung wurde jäh unterbrochen durch den großen Stiftsbrand am 21. November 1237. Bei diesem Brand wurden Stift und Kirche schwerstens beschädigt und mussten mühsam wieder aufgebaut werden. Vermutlich dürfte bei der Eindeckung der Stiftskirche die alte Holzdecke durch Gewölbe ersetzt worden sein.

Dieser ersten, also jedenfalls noch dem romanischen Stile angehörenden Kirche folg­te ein gotischer Neubau, der unter Abt Gebwin am 25. Oktober 1257 durch Bischof Ulrich von Seckau eingeweiht wurde. Fertiggestellt wurde das Gotteshaus aber erst unter Geb­wins zweitem Nachfolger Konrad II. (1282–1300).[10] Das neu erbaute Münster besaß beim Regierungsantritte Konrads außer dem Hochaltare noch drei andere Altäre: je einen zur Rechten und zur Linken dessel­ben, am 9. September 1259, und einen dritten am Lettner, den 5. Oktober 1266 einge­weiht. Bis dorthin, also bis zum sogenannten Triumphtor, dem westlichen Chorschlus­s, von dessen Höhen ein Kruzifix herabhing, scheint die Kirche völlig eingewölbt und eingedeckt gewesen zu sein, während man das Schiff (a crucifixo usque ad finem), ver­mutlich aus Mangel an Geldmitteln, nur mit einem Notdach versehen hatte. Im Jahr 1266 war von Bischof Almerich von Lavant ein Kreuzaltar unter dem Predigtstuhl (sub pulpitu) geweiht worden.

Propst Konrad errichtete noch drei Altäre, die am 7. Dezem­ber 1298 durch Bischof Ulrich II. von Seckau konsekriert wurden: einen Petrusaltar zur Linken und einen Altar zu Ehren der beiden großen Salzburger St. Rupert und St. Vir­gil zur Rechten. Das können gewöhnliche Seitenaltäre gewesen sein, aber auch Altäre im Abschluss der Seitenschiffe. Der dritte Altar, St. Michael geweiht, befand sich inter turres, die Türme mussten also damals auch schon erbaut gewesen sein. Am 8. Dezem­ber 1298 wurde noch ein Annenaltar geweiht.

Damit war die Innenausstattung der Stiftskirche aber noch nicht zu Ende. Laut den Originaldedikationsschriften im Cod. 99 weihten weiterhin noch: Über besonderen Auftrag des Erzbischofs Friedrich III. Bischof Wocho von Seckau am 25. Oktober 1324 eine Kapelle mit dem Altar der hl. Elisabeth, zwei Tage später gleich drei Altäre in der Gruft, hier also wohl soviel wie Unterkirche, je einen zu Ehren der Apostel Andreas, Petrus und Paulus. Sodann am 14. Oktober 1330 Bischof Dietrich von Lavant eine Augustinuskapelle, am 14. Juli 1335 einen Hl.-Geist-Altar juxta sepulchrum fundato­ ris, am 7. April 1338 Bischof Rudolf von Waizen einen Speis- oder Sakramentsaltar (al­tare viaticum), am 18. November 1371 Bischof Blasius von Milo einen Altar zu Ehren der hl. Magdalena und einen Altar zu Ehren der hl. Bartholomäus, Nikolaus, Rupert und Virgil. Diese Weihen lassen den beständigen Ausbau des Stiftskomplexes erkennen.

Im Jahre 1384 wurde das Stift jedoch von einem neuerlichen Großbrand heimgesucht und teil­weise zerstört. Ein wirtschaftlicher aber auch disziplinärer Niedergang führte in den fol­genden Jahrzehnten zu einer Krise des stiftischen Lebens, die erst durch die Berufung des Andreas von Pranpeck aus Berchtesgaden als Propst nach Vorau (1433-1453) been­det wurde. Mit seinem mit Erlaubnis des Erzbischofs und des Stiftes Berchtesgaden mit­gebrachten bedeutenden väterlichen Erbe konnte er die ruinenhaft aussehenden Stifts­gebäude neu bedachen und ausbessern, sie mit der notwendigen Einrichtung versehen und die Schuldenlast, die er übernehmen musste, nach und nach tilgen. Neu aufgebaut wurden ein gewölbtes Dormitorium und die Infirmarie, vergrößert wurde die Prälatur. Keine Ausgaben scheute der Propst für die Verschönerung und würdige Ausstattung der Stiftskirche. Durch ihn erhielt sie wertvolle liturgische Gefäße, Gewänder und Bücher, darunter eine Monstranz im Wert von 170 Gulden, zwei große Fahnen und neue Ornate. Die heute noch am Turm hängende kleine Glocke kaufte Andreas 1447 laut Inschrift.[11]

Von seinem Nachfolger Leonhard von Horn (1453–1493) wurde das Kloster wegen der Ungarn- und Türkeneinfälle noch stärker befestigt und mit Wassergräben, Wehr­mauern und Basteien zur Fluchtburg für die Bevölkerung der Umgebung ausgebaut. Reste dieser Wehranlagen sind an der Südwestseite heute noch zu sehen. In dieser Zeit wurde auch der rechte Turm mit einem spätgotischen Uhrengeschoss und Keildach ver­sehen. Unter Propst Leonhard entstanden drei Altäre: ein Altar zu Ehren Mariä Heim­suchung an der Südseite der Kirche, ein Sebastianialtar auf der Nordseite unter der Front der Prälaturkapelle und ein Laurentiusaltar. Sie wurden im Juni 1466 geweiht. Propst Ulrich II. von Weiz (1496–1499) erbaute unter dem Turm eine Agneskapel­le und einen Allerheiligenal­tar, die Bischof Matthias Scheit von Seckau am 3. Okto­ber 1498 konsekrierte.

Auch unter Propst Virgil Gambs (1500–1507) gab es baulich keinen Stillstand, wie der Gültschätzung von 1506 zu entnehmen ist. Dieser schloss nämlich Propst Virgil die Bitte an, man möge doch den Umständen, dass das Stift Vorau an der ungarischen Grenze liege und es ihm auf­erlegt sei, Land und Bevölke­rung vor jeglichem Schaden zu beschirmen, Rechnung tragen und ihn, da er ohnehin trotz der Einnahmen mit der Verköstigung vieler Leute swärlich beladen sei, mit weite­ren Ausgaben verschonen. Derzeit habe er allein im Win­ter außer dem Konvent, bestehend aus 28 Chorher­ren, noch täglich 92 Perso­nen, vor allem Zimmerleute, Maurer, Roboter und Hilfsar­beiter, zu speisen, der in Sum­mer vil mer werden.

Im 16. Jahrhundert stürzte die von Martin Luther ausgehende Reformationsbewegung die katholische Kirche des Landes in eine schwere Krise. Auch Stift Vorau war davon betroffen; sein Ordensleben kam fast zum Stillstand und erholte sich erst am Ende des Jahrhunderts, als die katho­lische Gegenreformation, unterstützt von den habsburgischen Landesfürsten, den Erz­herzögen Karl und Ferdinand, dem Willen zur Erneuerung und zu neuen Ausdrucks­energien zum Durchbruch verhalf. Erster Beweis für den Aufschwung in Vorau war der Neubau des linken Kirchenturmes durch Propst Benedikt von Perfall (1594–1615) im Jahre 1597. Im Stiftsarchiv liegt noch ein Einnahmenverzeichnis für den Bau dieses Glockenturmes auf.[12]

Der Erbauer des Turmes verewigte sich an der Westfront ober dem gekoppelten Rund­bogenfenster mit den Buchstaben I. B. A. P. P. V.[13]. Die Nordseite trägt in gleicher Höhe die Jahreszahl 1597, und die an der Ostseite angebrachten Initialen I H O dürften sich auf den Namen des O(pifex) beziehen, über den leider keine Quelle Aufschluss gibt.

Mit seinem gekoppelten Rundbogenfenster und dem kräftigen Konsolgesims gehört der Glockenturm noch dem Stil der Spätrenaissance an. Künstlerisch verdichteten sich die neuen Energien, die zum glanzvollen Wiedererstarken der Kirche führten, im Barock­stil. Er wird zum Kunststil der katholischen Gegenreformation und erlangte darüber hinaus gerade im süddeutsch-österreichischen Raum nach und nach eine derart volks­tümliche Breitenwirkung, dass er das Aussehen der Städte und Märkte, Kirchen und Schlösser heute noch weitgehend prägt. Im Stift Vorau stellt sich diese Entwicklung beispielhaft dar. Innerhalb von nicht ganz 50 Jahren, der Regierungszeit der beiden tüchti­gen Pröpste Daniel Gundau und Matthias Singer, wurden Stift und Kirche fast völlig neu erbaut, wurde zum Teil bereits 400 Jahre Bestehendes abgebrochen und damit der mit­telalterliche Baubestand, ausgenommen nur den Uhrturm und die Wehranlagen, voll­ständig kassiert. Es ist dies die zweite große Bauphase des Stiftes. Damals entstand Vor­aus frühbarocker Baukörper.

Angesichts der Bedrohung aus dem Osten sah sich Propst Daniel Gundau (1619–1649) noch mehr genötigt, die aus dem Mittelalter stammenden, nicht mehr zeitgemäßen Klo­stergebäude zu einer starken Festung umzubauen. So ließ er 1619 das langgestreckte Vorgebäude in zwei Geschossen aufführen. Dieses Jahr nennt die Inschrift über dem Toreingang[14], desgleichen die zwei hofseitig datier­ten Portale. Südlich der Kirche ließ Propst Gundau zwischen 1625 und 1635 an der Stelle meh­rerer älterer Wohnbauten das dreigeschossige Klausurgebäude als völlig einheitlichen Neubau um einen quadratischen Innenhof errichten. Die drei Flügel der Klausur wer­den durch kreuzgewölbte und in den Hof offene, geräumige Bogengänge verbunden; an der Außenseite ist im Westen ein quadratischer, im Osten ein sechseckiger Eckturm angefügt. Die Klausurgitter stammen von den Vorauer Schlossern Georg Hollaus (1843) und Alfred Fast (1982). Den Hof schmücken eine um 1700 geschaffene Sandsteinplastik des hl. Augustinus an der Kirchenwand (in vollem bischöflichen Ornat mit Bischofsstab, Mitra und dem brennenden Herzen in der Hand) sowie der 1370 gegrabene, 15 m tiefe Brunnen mit sechseckiger Steineinfassung; die reich geschmiedete eiserne Brunnenlau­be wurde um 1635 aufgesetzt. Hier befinden sich die Wohnungen der Chorherren, der Kapitelsaal und das Refektorium.

Propst Gundaus Nachfolger Matthias Singer (1649–1662) ließ in der erstaunlich kur­zen Zeit von drei Jahren, nämlich 1660 bis 1662, die neue Stiftskirche anstelle der abge­brochenen alten aufführen. Ihr Baumeister war der Graubündner Domenico Sciassia aus Roveredo (gest. 1679 in Graz), die dominierende Persönlichkeit des Frühbarocks in der Steiermark. Unter Berücksichtigung der belassenen Turmbauten verbreiterte Sciassia die neue Anlage an der Nordseite, dort wo also nichts angebaut war, um 1,5 m, so dass sich dadurch der ganze Bau gegenüber der Eingangshalle etwas aus der Achse verschob. Die Maße betrugen 62,5 m in der Länge, 21 m in der Breite und 17 m in der Höhe. Vom Typus her ist der Bau eine Wandpfeilerkirche mit Emporen, das heißt eine geräumige ein­schiffige Halle mit flacher Stichkappentonne, die an beiden Seiten von je vier zwischen Wandpfeilern liegenden Kapellen mit darüber befindlichen Emporen begleitet wird. Das Grundmuster zu diesem in den katholischen Ländern sehr verbreiteten Bauschema bot die Kirche Il Gesu in Rom (1568 begonnen). Im süddeutschen Raum wurde es erstmals in der 1597 vollendeten Michaelskirche in München angewendet; für Österreich muss dazu der 1614 begonnene Salzburger Dom angegeben werden. Der Vorteil lag in einer wesentlichen Raumvereinheitlichung, die dennoch die Unterbringung mehrerer Altäre zuließ. Dem Langhaus fügt Sciassia eine Art Vierung an, die um vier Stufen erhöht liegt, aber von außen nicht erkennbar ist. Auf eine Kuppel verzichtete er; das Presbyterium schloss er gerade ab. Die Fassade, damals ja noch vom Prälaturumbau umschlossen und daher ohne vollgültige Schauseitenfunktion, beließ Sciassia sehr einfach und ungeglie­dert.

Am 15. November 1691 wurde, noch nicht ganz 30 Jahre alt, der aus Graz gebürtige Advokatensohn Johann Philipp Leisl zum neuen Stiftspropst gewählt. Mit Leisl setzt die dritte große Bauperiode in Vorau ein. Um 1700 wurde das Vorgebäude gegen Süden ausgebaut und insgesamt um einen Schüttboden erhöht. Die Flügel rechts und links vom Torturm verstärkte man durch je ein vortretendes Stiegenhaus mit Dacherker. Die zwei an den Ecken vorspringenden Sechsecktürme sind mit einer Zwiebelkuppel abge­schlossen (1980 neu mit Kupferblech eingedeckt). Um 1700 erhielt auch der Torturm sein achteckiges Obergeschoss aufgesetzt, das über einem Kuppeldach eine zierliche, kupferbeschlagene Laterne trägt, die wieder eine Zwiebelkuppel krönt. Mit seinen 38 Metern erreicht der Torturm die größte Höhe unter den noch erhaltenen 15 Türmen des Stiftes. Das mächtige, eisenbeschlagene Holztor (1679) und die Spitzen des Fallgitters sind die letzten Erinnerungen daran, dass hier eine bedrängte Grenzbevölkerung bei Einfällen kriegerischer Horden eine letzte Zufluchtsstätte finden konnte.

Weiters ließ Leisl an dem von seinem Vorgänger begonnenen Prälaturtrakt weiter­bauen. Für die Ausschmückung der Kirche verstand er es, Matthias Steinl, einen der besten Wiener Hofkünstler, zu engagieren. Er entwarf den prachtvollen Hochaltar, wofür der Hauptchor der Kirche um 10 m verlängert wurde. Der Hochaltar hat riesige Ausmaße, 17 m Höhe und 11 m Breite. Dass dieser kolossale Aufbau architektonisch über­sichtlich und gefällig gegliedert wurde, ist das Verdienst von Matthias Steinl, dass die einzelnen Teile jeder für sich ebenmäßig, edel, überzeugend ausfielen, das der aus­führenden Maler, Bildhauer und Tischler. Der Zentralgedanke liegt im Patroziniumge­heimnis: Mariens Aufnahme in den Himmel. Nach Art einer gotischen Schreingruppe füllen den rechteckigen Mittelraum über dem Tabernakel die zwölf Apostel, die ver­wundert den Sarg der Gottesmutter umstehen, denn er ist leer. Ein mächtiger freischwe­bender Engel über ihren Häuptern gemahnt, die Blicke aufwärts zu lenken, wo von Engelshänden getragen, von Rosen rahmend umwunden, Maria als Gemälde empor­schwebt, um von der wieder plastisch gestalteten Dreifaltigkeit ehrend, von seligen Gei­stern jubelnd empfangen zu werden. Das ganze Riesenwerk ist in Holz ausgeführt, in dunklen und helleren Tönen marmoriert und mit Vergoldungen der Ornamente an den Sockeln und sonstigen Flächen, der von Putten gehaltenen Blumenketten, der Vasen, Kapitelle und Säulenbasen verschwenderisch ausgestattet; mit Ausnahme der unbe­kleideten Körperteile sind auch alle figuralen Plastiken vergoldet,was selbstredend auch vom Tabernakel gilt. Das Gemälde der Assunta ist ein gelungenes Werk Anto­nio Belluccis.

Durch die Anlage der Seitenräume, den tiefen Bet- und Orgelchor und das teilweise Überdecken der Chorfenster durch den Hochaltar ist die Beleuchtung des Kirchenrau­mes eine gedämpfte, die den Glanz des Goldes keineswegs aufdringlich hervortreten läßt. Erinnert man sich außerdem der farbenreichen Malereien, welche alle Mauerflächen überziehen: würde an den plastischen Werken nicht das Gold die beherrschende Note sein, es müsste der Gesamteindruck in ein buntes Chaos zerflattern; so aber läßt das Gold in der milden Beleuchtung die Farben der Fresken zugunsten einer großzügigen, ein­heitlichen Wirkung zurücktreten und wird selbst andererseits durch die überwiegend warmen Töne der Wände und Wölbungen der satten koloristischen Grundstimmung eingefügt.

Der Hochaltar füllt den halbkreisförmigen Schluss des Presbyteriums zur Gänze aus. An beiden Seiten sind kleine Kredenzaltäre zur Aufstellung gekommen, welche den vollen, aufrauschenden Akkord des Hauptaltares leise abklingen lassen. Die Gemälde dieser Altäre stellen den Apostel Thomas und den Markgrafen Otakar dar; die Skulp­turen weibliche Personifikationen von Tugenden. In engem stilistischen Zusammenhang mit der Gruppe der drei Altäre stehen die in den Ecken des Vierungsraumes aufgestellten vier überlebensgroßen vergoldeten Holzstatuen von Bischöfen, die mangels anderer Attribute nicht näher benannt werden können.

Die ihrem Entwurf nach gleichfalls als ein Werk Steinls angesehene Kanzel wurde 1706 errichtet. An der geschweiften, mit vergoldetem Schnitzwerk übersponnenen Brüstung von rechteckiger Grundform sind ebenso wie an der Wandung der Treppe monochrome Malereien biblischer Szenen in Medaillons angebracht; an der Rückwand ist zwischen den allegorischen Verkörperungen der Heiligen Schriften des Alten und des Neuen Testamentes das von milder Hoheit verklärte Bild Christi als Weltenheiland zu sehen; auf dem Schall­deckel schwebt zwischen posaunenblasenden Engeln die Gestalt von Gottvater. Das Ganze ist von gesättigter Pracht und harmonischer Vollendung.

Um diese Zeit wimmelte es in den stiftischen Quellen nur so von Bildhauern und Malern, die man darin bislang vergeblich suchte. Die von Städten und Kunstzentren weit abgelegene Stiftung des Markgrafen Otakar wird beinahe ein von ernstzunehmen­den Künstlern belebter "Hof", der den Ruf von Admont, St. Lambrecht und Seckau über­strahlt. Eine lange Liste von Namen wie Andreas Straßgietl, Matthias Zisser, Gabriel Niedermayr, Franz Caspar, Servilian Haas, Karl Ritsch, Jakob Seer, Josef Graffenstein etc. könnte aufgezählt werden, die Vorau damals jenen Glanz verliehen, der noch heute erstrahlt. Nicht zuletzt muss noch der Name des Stiftsmalers Johann Cyriak Hackhafer (1685-1731) genannt werden, zählt er doch zu den bedeutendsten Freskanten der Stei­ermark. Als Hofmaler des Stiftes schuf er zwischen 1708 und 1731 eine Fülle von Kunst­werken, von denen die Sakristei als sein Meisterwerk gelten darf.

Auf den Wänden der Sakristei erscheinen in einfachen illusionistischen Rahmungen Szenen aus dem Leiden Christi, die wohl kaum von der Hand Hackhofers, sondern unter seiner Anleitung eher von seinen Schülern stammen: "Fußwaschung", "Letztes Abend­mahl","Jesus am Ölberg","Geißelung", "Dornenkrönung", "Jesus trägt das Kreuz"und "Kreuzigung". Einen verbindenden ruhigen Sockel für diese Darstellungen schafft die kunstvoll verzierte Vertäfelung aus Nussholz mit zart gravierten Zinneinlagen (1716). Der Darstellung der Leiden Christi auf Erden (Passionsszenen an den Wandfeldern) steht an der Decke die Verherrlichung Christi beim Jüngsten Gericht gegenüber. In der Mitte des östlichen, stark belichteten Deckenteiles thront Christus auf dem Regenbogen, der sich über einen ausgedehnten, kreisrunden Leerraum wölbt. Um diesen von einem Kranz golde­ner Wolken abgesteckten Frei­raum schließt sich der Kreis der streng radial angeordneten Schar der Heiligen des Alten und des Neuen Bundes sowie anbetender Engel. Je weiter sich das Auge die Decke entlang zur Westwand wendet, umso mehr verliert der Raum an natürlicher Helligkeit. Engel tragen die Leidenswerk­zeuge Christi und das Kreuz, das wie ein Pfeil zur westlichen Wand weist, und grelle Blitze zucken aus finsteren Gewitterwolken, die an der Westwand in das in eine rötlichbraune Dämmerung getauch­te Bild des "Höllenshuzes" über­gehen. Dieses wohl bekannteste Werk Hackhafers zeigt umgeben von Flammen, teuflischen Gestal­ten und anderen höllischen Unge­heuern den Sturz personifizierter menschlicher Laster wie Geiz, Unzucht, Unmäßigkeit, Hoch­mut, Trunksucht, Verleumdung etc.

Sicherlich war Steinl dem kunstsinnigen Propst Philipp Leisl bei der Auswahl der Freskenmaler für die Aus­schmückung der Kirche behilflich. Erstmals in der Steiermark wurde in dieser Kirche ab 1700 eine Freskenausschmückung sämtlicher Wände und Gewölbe ohne Felderstuck angewandt. Das umfassende Programm dieses überreichen Freskenschmuckes ver­herrlicht in drei einander ergänzenden Themenkreisen Jesus Christus als Erlöser der Welt und verdankt vier Künstlern seine Ausführung: Karl Ritsch, Josef Graffenstein, Johann Kaspar Waginger und Karl Unterhuber.

Es würde nicht überraschen, wenn Propst Leisl den Künstler Steinl auch mit der archi­tektonischen Neugestaltung des noch immer unfertigen Stiftskomplexes betraut hätte. Von der Prälatur war ja erst der Osttrakt aufgemauert. Tatsächlich existiert im Stiftsarchiv von Vorau ein Stich der ganzen Anlage, der Steinl als Erfinder angibt. Er zeigt eine im Sinne des Spätbarock völlig zentrierte Anlage mit der Kirche als Mittelachse, an ihrer Südseite die Klausur, im Norden die gleichgestaltete neue Prälatur und vor der barocki­sierten Westfront der Kirche die mit ihr einen inneren Vorhof bildende alte Prälatur. Die langgestreckten Vorgebäude mit dem äußeren Torturm lagen parallel zu diesem Kom­plex und umschlossen den großen äußeren Vorhof. Doch blieb dieser Stich ein Ideal­entwurf, der nicht zur Ausführung kam. Propst Leisls Nachfolger Graf von Webersberg (1717-1736) ließ das Prälaturgebäude von den Vorauer Baumeistern M. Zisser und A. Straßgietl fertigstellen und bezog in des­sen Westtrakt seine Wohnung. Man hielt sich dabei an die Größe und Bauweise der Klau­sur mit dreigeschossigen Pfeilerarkaden im Hof und einem geräumigen sechseckigen Eckturm. Das alte Prälaturgebäude aber ließ Webersberg abreißen. Auch eine Begradi­gung der Vorbauten erfolgte nicht mehr. Jedoch betrieb Webersberg die Ausgestaltung der Bibliothek des neuen Prälaturtraktes. Sie reicht mit einer Länge von 27 m über zwei Stockwerke und beherbergt heute 18.500 Bände. Vorauer Tischler fertigten die mit reichen Rocailleschnitzereien verzierten Schränke. Außerdem schmücken Malereien und zarter Stuck die Wände und Decken. Auch einige Zimmer und Gänge in der Prälatur und die gesamte Hoffront von Prälatur und Klausur wurden mit einer dezen­ten Stuckverzierung aus "Bandlwerk"-Arrangements versehen. So bot sich der breitge­lagerte Stiftkomplex nun endgültig in jener Ganzheit dar - spätere Bauten sind kaum erwähnenswert - wie sie dem Gestaltdenken des 18. Jahrhunderts entsprach und auch bei den anderen zahlreichen Klöstern Süddeutschlands und Österreichs angestrebt wurde: in symmetrischer Gleichgewichtigkeit um eine Mitte, in straffer Zusammenfas­sung der Baukörper als Sinnbild einer wohlgeordneten Welt, die sich wiederum als Spie­gelung jener höheren gottgewollten Ordnung versteht.

Bibliothek

Der im Nordtrakt des Prälaturhofes untergebrachte, freskengeschmückte 27 m lange und zwei Stockwerke hohe Bibliothekssaal zählt zu den attraktivsten Sehenswürdig­keiten für die Stiftsbesucher. Die Bibliothek besitzt 415 Handschriften, die seit dem Ankauf eines Handschriftenfragmentes im Jahr 1990 nun bis ins 9. Jahrhundert zurückreichen, 206 Inkunabeln und etwa 40.000 Drucke (ab 1500).

Von den 415 Handschriften sind nach dem Vorauer Handschriftenkatalog vier Fünf­tel mittelalterliche: eine fällt in das 9., zwei fallen in das 11., 40 ins 12., über 70 ins 13., über 50 ins 14., über 170 ins 15. Jahrhundert. Auch sind die mit Miniaturen versehenen Handschriften in der Minderzahl gegen jene, welche nur Initialen aufzuweisen haben. Das älteste Bücherverzeichnis entstand um das Jahr 1200 und ist in der Handschrift 17 (fol. 183 v) zu finden. Knapp vier Jahrzehnte nach der Klostergründung besaß das Stift rund ein halbes Hundert Bücher. Dazu kommen noch die privaten Bücher der Chorherren und die Handbibliothek des Propstes. In dem erwähnten Verzeichnis dominieren liturgische, biblische und theologische Bücher, Behelfe für die Seelsorge und das klösterliche Leben, Lebensbeschreibungen von Heiligen, aber auch offensichtliche Lernbehelfe wie Ovid, Cato und Boetius sind vertreten.

Beim großen Stiftsbrand im Jahre 1237 wurde die ganze romanische Anlage des Klo­sters ein Raub der Flammen. Der damalige Propst Bernhard II. (1235-1237) stürzte sich in die schon brennende Sakristei und warf Urkunden, Kodizes und andere Schätze durch das Sakristeifenster ins Freie. Er übersah in seinem Eifer, dass er von den Flammen ein­geschlossen wurde, und kam im Feuer um. Von den geretteten Handschriften nimmt der unter dem Namen "Vorauer Hand­schrift" bekannte Sammelband aus dem 12. Jahrhundert (Cod. 276) den ersten Platz ein. Es handelt sich um die älteste Sammelhandschrift deutscher Dichtungen, zusammen­gebunden mit den lateinischen Gesta Friderici Ottos von Freising. Der umfangreichere deutsche Teil der Handschrift bringt mit der Kaiserchronik die erste Weltchronik in deut­scher Sprache. Die Dichtung beginnt mit der Gründung Roms und wird dann in zwei Teilen zur biographischen Darstellung der Geschichte der römischen Kaiser von Caesar bis Konstantin VI. und der mittelalterlichen Kaiser von Karl dem Großen bis Konrad III. Mit der Kreuzpredigt des hl. Bernhard von Clairvaux bricht das Werk Ende 1146 ab. Im Anschluss an die 19.000 Verse umfassende Kaiserchronik und das Alexanderlied des Pfarrer Lamprecht bringt der Kodex zahlreiche Dichtungen geistlichen Inhalts aus der Zeit von 1050 bis 1150, darunter die Vorauer Genesis, die Vorauer Sündenklage, die Gedich­te der Frau Ava.

Im Vergleich zu anderen bedeutenden Klosterbibliotheken Österreichs besitzt Vorau eine erstaunlich große Zahl an mittelalterlichen Handschriften und Textfragmenten in deutscher Sprache. Erstaunlich deshalb, weil bis tief in die Neuzeit hinein das religiöse und wissenschaftliche Schrifttum die tragenden Säulen einer klösterlichen Bücher­sammlung der lateinischen Sprache vorbehalten sind. Bei den Textus germanici und den Poemata ger­manica (Fank, Catalogus, 1936, 249 u. 269) findet der Germanist, was ihn besonders angeht: Das Büchlein von der Liebhabung Gottes (Cod. 155 u. 163), das Gedicht Frewt euch liebe Seelen (Cod. 6), die Nibelungenbruch­stücke aus Cod. 138 etc. Cod. 118 A ent­hält die 1877 von Schönbach veröffentlichten Wigaloisfragmente und Cod. 178 des Zister­ziensers Andreas Kurzmann deutsche Übersetzung des Speculum humanae salvationis. Nicht unerwähnt bleiben darf in die­sem Zusammen­hang die Vorauer Novelle (Cod. 412). Diese Erzählung handelt von zwei Jünglingen, die aus den bergenden Klostermauern aus­brechen, sich der schwarzen Kunst verschreiben und fortan ein Sündenle­ben führen. Während der eine beim Herannahen seines Todes verstockt bleibt, will der andere Buße tun. Er bit­tet deshalb den unbelehr­baren Freund, er möge ihm nach dem Tod erscheinen und von seinen Erlebnissen im Jenseits berichten­ - eine erste Gestaltung des Faust-Stoffes?

Zahlreiche der frühen Handschriften sind her­kunftsmäßig nach Seckau zu verweisen, von wo aus die Besiedlung der neuen Stiftung teilweise erfolgte. Die Handschriften sind überhaupt reich an Eintra­gungen und Hinweisen, die das Anwachsen der Sammlung erkennen las­sen. Man kann allerdings, wenn auch gelegentlich vereinzelte Stücke angefer­tigt worden sein mochten, bis ins 15. Jahrhundert für Vorau keine Schreibschule nachweisen. Die meisten Handschriften gelangten durch Kauf oder Schen­kung in die Bibliothek. Vom Markgrafen Otakar IV., dem späteren ersten Herzog der Steiermark und Sohn des Stiftsgründers, rührt ein Psalterium (Cod. 261) her. Durch das Vermächt­nis des Pfarrers Ulrich von Hartberg kamen Ende des 12. Jahrhunderts die Handschrif­ten 4 (2 Bde.) und 341 in die Bibliothek, und der Priester Wernher von Lind bei Zeltweg gab das Missale Cod. 21. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren die Pröpste Bernhard III. (1267–1282) und Konrad II. (1282–1300) besonders an der Vermehrung der Bibliothek interessiert. Beide Pröpste waren vor ihrer Berufung Domherren in Salzburg und brachten einzelne Handschriften von dort mit und ließen andere in Salzburg herstellen.

"Multos comparavit libros et scribi fecit" berichtet der Biograph Konrads. Um 1300 legte der Kustos und spätere Propst Dietrich in Cod. 342 abermals ein Inventar des Kirchen­schatzes und der Bücher an. Sicher handelte er dabei im Einvernehmen mit dem Propst, der bald danach resignierte. Ein Vergleich der beiden Verzeichnisse zeigt eine Zunahme um etwa 60 Handschriften, wobei noch zu berücksichtigen bleibt, dass der 1200 ausgewiesene Bestand durch den Stiftsbrand im Jahre 1237 sicherlich dezimiert worden ist. Noch heute trägt Cod. 274 deutliche Brandspuren. Übertroffen aber wird die prächtige Ausstattung der Paulusbriefe von den herrlichen Evangelistenbildern des "Vorauer Evangeliars", das dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts angehört (Cod. 346). Diese Kostbarkeit steht als einzige aller Handschriften noch heute in Verwendung: sie dient den Vorauer Klerikern bei der Ablegung der Gelüb­de, wenn sie die Schwurfinger auf den Johannesprolog legen. Ein Salzburger Missale (Cod. 332) vermachte Ende des 13. Jahrhunderts Pfarrer Konrad von Birkfeld dem Stift, und dem Pfarrer Heinrich von Wenigzell ist die Handschrift 174 zu verdanken. Im Jahr 1332 vollendete der Vorauer Chorherr Gottfried das von ihm verfasste Lumen animae (Cod. 130).

Nach den Vermerken lassen sich nur wenige Erwerbungen des 14. Jahrhun­derts feststellen, umso zahlreicher und vielfältiger werden diese Nachrichten im 15. Jahr­hundert. Unter Propst Andreas von Pranpeck (1433–1453) wurde die Bibliothek durch Kauf und Anfertigung besonders liturgischer Handschriften bereichert. Drei Handschriften (Cod. 1,3,7) die Erhard Grutsch de Marchegg, Kaplan in Hainburg, dem Stift St. Doro­thea in Wien vermacht hatte, kaufte der Propst im Jahre 1446. Es gelang ihm weiters, eine Schreib- und Buchmalschule ins Leben zu rufen, deren künstlerisch bedeutendsten Leistungen die Handschriften 254, 255 und 260 darstellen. Mit seinem Namen bleibt auch das kunsthistorische Hauptstück aus dem 14. Jahrhundert, das vierbändige Riesenanti­phonar (Cod. 259) verbunden, das eine der interessantesten Odysseen in der Vorauer Buchgeschichte aufweist. Dieses gewichtige Stück im Sinne des Wortes (jeder Band ist 59 cm hoch, 16 cm dick und wiegt 22 kg) wurde 1363 im Kloster Vysehrad bei Prag geschrieben. Als das Kloster in den Hussitenkriegen zerstört wurde, kam die Hand­schrift nach Wien, wo sie auf dem Jahrmarkt zum Kauf angeboten wurde. Dort erwarb Propst Andreas um 1435 um billiges Geld dieses Riesenwerk und brachte es unter vie­len Mühen nach Vorau. Nach Jahren wollten die Vorauer Chorherren das Werk den ursprünglichen Besitzern zurückerstatten, doch ließen diese durch einen Boten erklären, dass sie es im Stift belassen. Nun schritt man in Vorau zu einer Umarbeitung des Textes, um ihn für die Benützung am Ort brauchbar zu machen, gehörte doch Vorau zur Salz­burger Erzdiözese. An diesem Verbesserungswerk, das zwei Jahre (1496–1498) in Anspruch nahm und ein Unikum darstellt, beteiligten sich mehrere Chorherren. Viele Seiten wurden herausgenommen, dafür andere eingefügt, Initialen herausgeschnitten und auf neu beschriebene Blätter geklebt, vieles sorgsam ausradiert und neu über­schrieben.

Einige Handschriften (134, 366, 367, 145) gelangten durch Wolfgang Voitländer in die Bibliothek und Pfarrer Petrus Pranpek aus Böheimkirchen hinterließ die Handschriften 152, 176 und 282. Vorbesitzer der Handschriften 59, 138, 150 und 131 war Caspar Flew­ger, der uns in Cod. 150 das Verzeichnis seiner Büchersammlung hinterlassen hat. Die angeführten Stücke kamen durch den Odenburger Kaplan Johann Nef nach Vorau. Eine Reihe von Handschriften spendete Leonardus Frisching vel Rasoris de Leoben im Jahre 1476 (Cod. 112, 127, 199, 221, 250, 306, 313, 362, 373).

Der Nachfolger von Propst Andreas, Leonhard von Horn (1453–1493), hatte das Inter­esse seines Vorgängers an Buch und Wissenschaft übernommen; unter ihm wurden ungefähr 50 Kodizes geschrieben bzw. gekauft. In diese Zeit fällt auch die im Jahre 1467 fertiggestell­te Vorauer Volksbibel, die mit ihren insgesamt 559 Miniaturen nicht nur die mit Abstand reichst bebilderte Vorauer Handschrift, sondern im Vergleich mit den noch rund 100 erhaltenen deutschsprachigen Historienbibeln mit dieser gewaltigen Fülle von Bildern die am umfangreichsten ausgestattete ist und als ein hervorragendes Beispiel der urwüchsig fri­schen, volkstümlichen Illustrationskunst Beachtung verdient. Nicht unerwähnt bleiben mögen in diesem Zusammenhang die zahlreichen, vom Vorauer Buchbinder Jacobus in den Jahren 1474 bis 1478 angefertigten gotischen Blindstempeleinbände. An fremden Handschriften besitzt Vorau nur zwei, die beide dem 14. Jahrhundert angehören: eine italienische Dekretalenhandschrift mit hübschen kleinen Miniaturen (Cod. 153) und eine französische Bibel (Cod. 59).

Die revolutionären Folgen der Erfindung des Buchdruckes schränkten die Herstel­lung von Handschriften auf ein Minimum ein, ja waren vielfach sogar der Anlass, bereits Bestehendes zu zerstören. So manche Vorauer Handschrift ist uns nur deshalb erhalten geblieben, weil sie im 15. bis 17. Jahrhundert als Makulatur zum Neubinden von Büchern verwendet wurde, wofür viele Bände in der Stiftsbibliothek Zeugnis geben. Nicht unbe­gründet schrieb deshalb ein verständiger Bibliothekar des 17. Jahrhunderts in den Cod. 275, aus dem über 40 Folioblätter herausgeschnitten wurden: Quid fecisti, frater idiota, quod hunc librum Decretalium glossatum ita perdideris?

Weitere Verluste erlitt die Samm­lung durch Abgänge in andere Bibliotheken: 1549 gelangten vier Handschriften durch Wolfgang Lazius in die Wiener Hofbibliothek, weitere Kodizes liegen unter anderem in Budapest, in der Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek in Graz, im Stift Reichersberg, eine Papierhandschrift in der Studienbibliothek in Klagenfurt. Der im Laufe der Jahrhunderte stark angewachsene Bücherschatz des Stiftes machte den Neubau eines Bibliothekssaales notwendig, den man im Nordtrakt des unter Propst Franz Sebastian Graf von Webersberg (1717–1736) aufgeführten Prälaturtraktes unter­brachte. 1730 wurde mit künstlerischem Feingefühl mit der Ausstattung des 24 m langen und zwei Stockwerke hohen gewölbten Raumes begonnen. Bereits 1731 war der Handschriftenraum vollendet, der nur ein Stockwerk hoch und vom Bibliothekssaal über eine an der Westwand geschickt angebrachte Doppelwendeltreppe erreichbar ist. Die­ser Raum, in dem bis 1912 die Handschriften und Inkunabeln aufgestellt waren - aus Sicherheitsgründen hat man sie damals in einen feuer-und einsturzsicheren Raum ver­lagert - wurde von J. B. Bistoli stuckiert, von Josef Georg Mayr, einem jugendlichen Vor­auer Künstler, ausgemalt und erhielt vornehme Bücherschränke.

Der Bau des Bibliothekssaals gab Anlass zur Neuaufstellung, Nummerierung und erst­maligen Beschreibung der Handschriften durch den Bibliothekar Julius Franz Gußmann, eine Arbeit, die im Jahre 1733 abgeschlossen wurde. Durch den vom Vorauer Chorherrn Pius Fank in zehnjähriger umfassender Arbeit erstellten Handschriftenkatalog, den das Stift 1936 aus Eigenmitteln drucken ließ, ist seither der Vorauer Handschriftenbestand für alle Welt erschlossen. Seine Drucklegung ist letztlich auch die Ursache dafür, dass diese Sammlung von Manuskripten Gegenstand intensiver Forschung geworden ist.

Der Bearbeitung und Erschließung des mittelalterlichen Handschriftenschatzes sei­ner Bibliothek widmete das Stift Vorau gerade in den letzten Jahrzehnten sorgfältige Aufmerksamkeit durch die Faksimilierung mehrerer Kodizes. So wurde bereits im Jahr 1953 die in der Vorauer Handschrift (Cod. 276) enthaltene Kaiserchronik in Faksimi­le (gegenüber dem Original um ein Drittel verkleinert) aufgelegt, ihr folgten 1958 die deutschen Gedichte aus demselben Kodex. 1983 wurde von Ferdinand Hutz der künst­lerisch kostbarste Schmuck des "Vorauer Evangeliars" (Cod. 346), die vier ganzseitigen Evangelistenbilder und die dazugehörigen Incipit-Seiten, mit zwölf Faksimile wieder­gaben und einführendem Text allgemein zugänglich gemacht, vom gleichen Autor erschien 1986 eine Faksimilewiedergabe aller 51 Seiten des Buches Exodus aus der "Vor­auer Volksbibel" von 1467 (Cod. 273). Das große Interesse, das dieses Werk hervorge­rufen hat, bewog das Stift Vorau zur Faksimilierung der ganzen Volksbibel, die in vier Teilbänden erschien.

Wer immer aber die Vorauer Stiftsbibliothek besucht oder als Forscher Einblick in die Vorauer Handschriftensammlung nimmt, möge sich von jenem Chronogramm (1731) leiten lassen, das im Kreuzgang des Prälaturhofes über dem mächtigen Portal des Biblio­thekseinganges angebracht ist: IngreDere absqVe MorIs, pLaCltls Laetaberis horIs. Vt sapIens fIas saepIVs Ito VIas

Archiv

Über die Frühzeit des Archives ist so gut wie nichts bekannt. Der heutige Bestand reicht bis in die Gründungszeit zurück, doch sind zahlreiche Archivalien bei Bränden und verschiedenen Unglücks­fällen verloren gegangen. So wurde infolge der Stiftsbrände von 1237 und 1384 der größ­te Teil der Prälatur zerstört. 1584, ein Jahr vor dem Tod des Propstes Oswald Rei­benstain, brach in der Prälatur neuerlich Feuer aus, das wiederum wertvolle Urkunden und Akten vernichtete. Sein Nachfolger Zacharias Haiden ersuchte den Salzburger Erz­bischof im März 1588 um eine neuerliche Bestätigung der Privilegien, da dieselben Pri­vilegia aber vor etlichen Jaren in ainer Prunst undergangen. Auch der Neubau der Prälatur 1727 und die drohende Aufhebung des Stiftes unter Joseph II. 1782 bis 1784 setzten dem stiftischen Aktenbestand zu. Nachdem die Aufhebung des Stiftes als unumgänglich erschienen war, vernichtete Propst Taufferer sämtliche Akten des Archives. Bereits 1765 waren ein etliche Kisten "mit alten Schriften" nach Wien abgeliefert worden. Nur die Hand­schriften und Urkunden des Archives, die Taufferer ordnen ließ, entgingen der Vernichtung.

Das Kriegsjahr 1945 fügte auch der Urkundensammlung einen schmerzlichen Verlust zu. Alle Urkunden waren seit der Neuordnung des Archives im Jahr 1924 durch Pius Fank in speziell angefertigten, tragbaren und verschließbaren Urkundenkästen aus Holz sorgfältig unterge­bracht. Die SS, die damals das Stift besetzt hielt, schaffte im April 1945 alle Urkun­denkästen aus Sicherheitsgründen nach Birkfeld, wo sie im Schlosshof von Birkenstein vor den herannahenden Russen liegengelassen wurden. Als man sie nach Kriegsende wieder fand, war eine Lade samt Inhalt dem Feuer zum Opfer gefallen. Der Inhalt die­ser Lade umfasste immerhin alle 57 Stück Originalpergamenturkunden und eine Papier­kopie für den Zeitraum von 1541 bis 1599. Was für diese Zeit an Urkundentexten noch vorhanden ist, entstammt Abschriften und Kopialbüchern.

Um den Aufbau des Archives machten sich mehrere Vorauer Chorherren als Archi­vare verdient; so Aquilin Julius Caesar (gest. 1792), Franz Stierl (gest. 1835), der junge Ottokar Kernstock in den Jahren 1872 bis 1877 und besonders Augustin Rathafer (gest. 1916). Pius Fank ordnete von 1920 bis 1924 provisorisch das Archiv und legte einen Katalog an. Eine Neuordnung nach den durch Kriegsereignis­se bedingten Schäden konnte Pius Fank 1969 zum Abschluss bringen. Ferdinand Hutz, von 1974 bis 2006 als erster Laie Archivar und Bibliothekar des Stiftes Vorau, ordnete 1979 das von Propst Prosper Berger (1920–1953) angelegte sogenannte Prälaturarchiv in das Stiftsar­chiv ein und und ordnete 1987/88 den umfangreichen Kernstocknachlass. Zudem wurden die Räumlichkeiten des Archivs während des Ausbaus des Bildungshauses 1976/77 neu adaptiert und zeitgemäß unter Belassung des noch guten alten Mobiliars einge­richtet. Zu den wichtigsten Beständes des zählen:

  1. Urkunden
    Die rund 950 Urkunden - davon ca. 350 Originalpergamenturkunden - erstrecken sich über den Zeitraum von 1161 bis 1863. Die älteste ist eine auf das Jahr 1161 datierte Gründungsurkunde der Pfarre Dechantskirchen. Auf einer Urkunde von 1451 findet sich eigenhändige Unterschrift von Johannes Capistran. Der Text vieler im Original verlorener Urkunden blieb in mehreren frühneuzeitlichen Kopialbüchern sowie im Protocollum antiquissimum erhalten, die Urkundenab­schriften vom 15. bis 18. Jahrhundert enthalten.
  2. Akten
    Die große Fülle der vorhandenen Akten ist in Schubern und Laden untergebracht und durch den von Pius Fank abgefassten Katalog zeitsparend zugänglich. Sehr umfangreich ist der Aktenbestand zum Pfarrschulwesen im Dekanat Vorau und zur 1654 angekauf­ten Herrschaft Peggau (nördlich von Graz).
  3. Handschriften
    Die vielen historischen Handschriften wie Inventare, Urbare, Zinsregister, Steuerbücher, Chroniken usw. beinhalten alle Bereiche und dokumentieren die Geschichte seit dem 15. Jahrhundert. Hervorzuheben sind die Vorauer Zinsregister aus den Jahren 1445, 1450 und 1497, das alte Gerichtsprotokoll (ab 1604) sowie die von Augustin Ratho­fer abgefassten Chroniken, Urkunden- und Gedenkbücher.

Literatur

Namensgebung

  • Franz Eiselt: Mittelalterliche Flurnamen im Markt Vorau. In: Vorauer Heimatblätter 8 (1986), S. 32–34.
  • Franz Eiselt: "Vorau"- ein deutscher Name. In: Vorauer Heimatblätter 13 (1991), S. 15–17.
  • Franz Eiselt: Vorau und Stiefing. Zur Frage slawischer Namen im Wechselgebiet. In: Blätter für Heimatkunde 65 (1991), S. 5–12.
  • Ferdinand Hutz: Der Name Vorau in Österreich. In: Vorauer Heimatblätter 13 (1991), S. 18–19.

Geschichte

  • Pius Fank: Das Chorherrenstift Vorau und sein Wirken in Vergangenheit und Gegenwart. Graz 1925.
  • Gilbert Prenner: Das Chorherren­stift Vorau in den Jahren 1938 bis 1945. In: 800 Jahre. 1963, S. 118–131.
  • Pius Fank: Wer hat das Stift geret­tet? In: 800 Jahre. 1963, S. 132–141.
  • Pius Fank: Singendes Beten im Stift Vorau. In: Singende Kirche 11 (1964), S. 133-135.
  • Helmut Mezler-Andelberg: Aquilin Julius Cae­sar und die Anfänge der steirischen Landesgeschichtsschreibung. In: Zeitschrift des Historischen Verei­nes für Steiermark 57 (1966), S. 27–58.
  • Anton L. Schuller: Das Dekanat Vorau. Die Entwicklung seiner Pfarren von ihren Anfängen. Diss. Univ. Graz. Graz 1971, S. 197–221, S. 469–479.
  • Alois Pötz: Die kultur­geographische Bedeutung des Stif­tes Vorau. maschinengeschriebene Hausarbeit. Univ. Graz. Graz 1977.
  • Ferdinand Hutz: Das Augustiner-Chorherrenstift Vorau in der Zeit der Reformation und Gegenreformation. Diss. Univ. Graz. Graz 1977.
  • Ferdinand Hutz: Stift Vorau. Drehscheibe der oststeirischen Erwachsenenbildung. In: Steirische Berichte 2 (1978).
  • Wolfgang Fank: Das Stift Vorau - seine Bedeutung für die heutige Zeit. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner (1980), S. 39-47.
  • Franz Rechberger: Das Stift Vorau - eine Herausforderung. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner (1980), S. 48-49.
  • Peter Riegler: Das Bildungshaus. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner (1980), S. 50-53.
  • Gilbert Prenner: 19. April 1940. Zur Aufhe­bung des Stiftes Vorau vor 40 Jahren. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner (1980), S. 74–77.
  • Gerhard Pferschy: Wissen­schaftspflege im Stift Vorau. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner (1980), S. 78–86.
  • Ferdinand Hutz: Zacharias Haiden und das Ringen um die Vorauer Propstwürde. In: Blätter für Heimatkunde 55 (1981), S. 2–9.
  • Ferdinand Hutz: Das Gymnasium im Stift Vorau 1812-1817. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 75 (1984), S. 143–152.
  • Hartmann Lorenz: Erinnerungen an die letzten Tage des Krieges in Vorau im April und Mai 1945. 2 Teile. In: Vorauer Heimatblätter 6 (1984), S. 34–39, 7 (1985), S. 3–8.
  • Ferdinand Hutz: Reformation. 1986.
  • Ferdinand Hutz: Reformation Pfarren. 1987.
  • Karl Amon: Die Chorherrenstifte der Steiermark. In: In Unum Congregati Mitteilungen der Österreichischen Chorherrencongregation Heft 3/4 (1988), S. 21–33.
  • Ferdinand Hutz: Zur Gründung und Gründungsurkunde des Stiftes Vorau. In: Floreat canoni Voravii - 825 Jahre Chorherrenstift Vorau 1163-1988 (1988), S. 6–16.
  • Ferdinand Hutz: Die Gründungssage des Stiftes Vorau. In: Floreat canoni Voravii – 825 Jahre Chorherrenstift Vorau 1163-1988 (1988), S. 17–20.
  • Gerhard Rechberger: 20 Jahre Vorauer Bibelwoche. In: Floreat canoni Voravii – 825 Jahre Chorherrenstift Vorau 1163-1988 (1988), S. 61.
  • Peter Riegler: Das Bildungshaus Vorau. In: Floreat canoni Voravii – 825 Jahre Chorherrenstift Vorau 1163-1988 (1988), S. 66–71.
  • Rupert Kroisleitner: Orden und Stift in unserem Jahrhundert. In: Floreat canoni Voravii - 825 Jahre Chorherrenstift Vorau 1163–1988 (1988).
  • Fer­dinand Hutz: Der Streit um die Vorauer Propstwürde 1542–1546. In: Forschungen zur Landes- und Kirchengeschichte. Festschrift Helmut J. Mezler-Andelberg zum 65. Geburtstag. Graz 1988, S. 237–243.
  • Ferdinand Hutz: Ottokar Kernstock. 1989.
  • Ferdinand Hutz: Briefmarke "Stift Vorau". In: In Unum Congregati. Mitteilungen der Österreichischen Chorherrencongregation 38/ Heft 1/2 (1991), S. 63.
  • Ferdinand Hutz: Klöster- und Ordensgeschichte der Steiermark. In: Kirchengeschichte der Steiermark. Hg. von Karl Amon / Maximilian Liebmann. Graz 1993, S. 59f., S. 63, S. 165f. etc.
  • Markus Johann Riegler: Das Stift Vorau in der Zeit des Nationalsozialismus. Dipl.arb. Univ. Innsbruck. Innsbruck 1994.
  • Maximilian Liebmann: Ottokar Kernstock, der mißbrauchte Dichter. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 85 (1994), S. 381–393.
  • Franz Rechberger: Propst Rupert Kroisleitner. Zum silbernen Propstjubiläum. In: Vorauer Heimatblätter 17 (1995), S. 14–16.

Wirtschaftsverhältnisse

  • Fritz Posch: Siedlungsgeschichte der Oststeiermark. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband XIII/ 4. Innsbruck 1941.
  • Fritz Posch: Der Rodungsblock der 100 Huben zwischen Masenberg und Wechsel. In: Zeitschrift des Historischen Ver­eines für Steiermark 49 (1958), S. 83-110.
  • Pius Fank: Das Chorherrenstift Vorau. Vorau 1959.
  • Fritz Posch: Das Ausstattungsgut des Stiftes Vorau. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 51 (1960), S. 27-36.
  • Fritz Posch: Gun­tarn-St. Leonhard. Zur ältesten deutschen Besiedlung des Grazer Bodens. In: Siedlung, Wirtschaft und Kultur im Ostalpenraum. Festschrift zum 70. Geburtstag von Fritz Popelka. Hg. von Fritz Posch. Graz 1960, S. 141-156.
  • Fritz Posch: Burg und Herrschaft Reinberg. In: Mitteilungen des Steirischen Burgenvereins 9 (1960), S. 33-38.
  • Fritz Posch: Nochmals der Rodungsblock der 100 Huben zwischen Masenberg und Wech­sel. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 52 (1961), S. 155-161.
  • Fritz Posch: Die historische Landschaft des südwestlichen Wechselgebietes. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 54 (1963), S. 312-343.
  • Fritz Posch: Vorau und die Wechsellandschaft. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für die Steiermark, Sonderband 13 (1967), S. 83-88.
  • Pius Fank: Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Vorauer Landschaft aus dem Blickfeld des Stiftes. In: Blätter für Heimatkunde 43 (1969).
  • Fer­dinand Hutz: Die ältesten urbarialen Aufzeichnungen aus dem Stiftsarchiv Vorau. In: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 26 (1976), S. 33-39.
  • Fer­dinand Hutz: Die Vorauer Stiftshöfe in Graz. In: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz 9 (1977), S. 45-71.
  • Fer­dinand Hutz: Zur Forstwirtschaft des Stiftes Vorau. In: Steiermarks Wald in Geschichte und Gegenwart. Hg. von Franz Hafner. Wien 1979, S. 348-351.
  • Fritz Posch: Die Grundherrschaft des Chorherrenstiftes Vorau. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner 1980, S. 89-95.
  • Fritz Posch: Die ältesten Siedlungszen­tren des Vorauer Beckens. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 77 (1986), S. 59-66.
  • Karl Reiss: Einkommensfunktion des Forstbetriebes für das Stift Vorau und Analyse des forstlichen Produkti­onsbereiches. maschinengeschriebene Diplomarbeit. Universität für Bodenkultur Wien. Wien 1988.
  • Karl Reiss: Das Stift Vorau als Wirtschaftsbetrieb. In: Vorauer Heimatblätter 10 (1988), S. 14-20.
  • Ferdinand Hutz: Das Stift Vorau und der Weinbau. In: Wein­kultur. Katalog der Landesausstellung Steiermark (1990), S. 167-176.
  • Franz Eiselt: Von Krautgärten, Krautsiedlern und "Krautallern". Der Einfluß klösterlicher Agrarkultur am Beispiel des Stiftes Vorau. In: Blätter für Heimat­kunde 68 (1994), S. 105-118.

Soziale Verhältnisse

  • Catalogus ornnium D. D. Canonicorum in collegiata regulari ecclesia Yoraviensi existentium ad anno MDCCLIV.
  • Catalogus collegii canonicorum regularium Lateranensium ordinis S. P. Augustini Voravii in Stiria. Graecii 1871.
  • Catalogus collegii canonicorum regularium Lateranensium ordinis S. P. Augustini Voravii in Stiria. Graecii 1908.
  • Ferdinand Hutz: Liste der verstorbenen Vorauer Chorherren seit 1900. In: Vorauer Heimatblätter 5 (1983), S. 16-17 und in: fUC Heft 3/4 (1988), S. 53-55.
  • Ferdinand Hutz: Die numeri­sche Zusammensetzung des Vorauer Stiftskapitels. In: Vorauer Heimatblätter 6 (1984), S. 30-33.
  • Ferdinand Hutz: Schematismus der Vorauer Chorherren. In: Vorauer Heimatblätter 10 (1988), S. 28-29.
  • Ferdinand Hutz: Nekrolog der Vorauer Chorherren seit 1950. In: Vorauer Heimatblätter 10 (1988), S. 34.
  • Nor­bert Allmer: Zur geographischen Herkunft der Vorauer Chorherren von 1600 bis zur Gegenwart. In: Vorauer Hei­matblätter 10 (1988), S. 30-33.
  • Nor­bert Allmer: Woher bist Du? Zur geographischen Herkunft der Vorauer Chorherren von 1600 bis zur Gegenwart. In: Floreat canonia Voravii - 825 Jahre Chorherrenstift Vorau 1163-1988 (1988), S. 45-52.

Bau- und Kunstgeschichte

  • Robert Meeraus: Das Chorherrenstift Vorau. Wien 1928 (Österreichische Kunstbücher, 58).
  • Robert Meeraus: Johann Cyriak Hackhofer. Graz 1931 (Beiträge zur Kunstgeschichte Steiermarks und Kärntens, 4).
  • Rochus Kohlbach: Die Stifte Steiermarks. Ein Ehrenbuch der Heimat. Graz 1954.
  • Grete Lesky: Barocke Embleme in Vorau und anderen Stiften Österreichs. Vorau 1963.
  • Leonore Pühringer-Zwanowetz: Matthias Steinl. Wien 1966.
  • Pius Fank: Das Chorherrenstift Vorau. Vorau 1959 2.
  • Pius Fank: Stift Vorau. Werden und Wirken (Stiftsführer). Vorau 1968.
  • Günter Brucher: Die barocke Deckenmalerei in der Steiermark. Versuch einer Entwicklungsgeschichte. Graz 1973.
  • Ferdinand Hutz: Ein Verzeichnis alter Glasgemälde und kirchlicher Altertümer aus dem Stift Vorau. In: Kunsthistorisches Jahrbuch Graz 17 (1981), S. 153-156.
  • Ferdinand Hutz: Johann Cyriak Hackhofer. Ausstellungsführer. Vorau 1981.
  • Peter Krenn: Die Oststeiermark. Salzburg 1981.
  • Ferdinand Hutz: Ignaz Gottlieb Kröll. In: Blätter für Heimatkunde 57 (1983), S. 113-118.
  • Ferdinand Hutz: Die Sehenswürdigkeiten und Sammlungen des Stiftes Vorau. Wien 1984 (Österreichs Museen stellen sich vor, 18). (Digitalisat)
  • Christine Weeber: Der Vorauer Stiftsmaler Johann Cyriak Hackhafer 1675-1731. Diss. Univ. Graz. Graz 1987.
  • Anton Allmer: Das Freskenprogramm der Stiftskirche Vorau. Beschreibung und Versuch einer Deutung. Dipl.-Arb. Univ. Innsbruck. Innsbruck 1987.
  • Rupert Kroisleitner: Zur Stiftsfassade 1987/88. In: Vor­auer Heimatblätter 10 (1988), S. 40.
  • Peter Krenn: Zur Baugeschichte des Stiftes Vorau. In: Vorauer Heimat­blätter 10 (1988), S. 9-14.
  • Ferdinand Hutz: Zum Bau des Vorauer Glockenturmes. In: Blätter für Heimatkunde 65 (1991), S. 27-30.
  • Roland Schäffer: Das Vorauer "Kaiserbild" Friedrichs III. Zur Datierung und Deutung. In: Blätter für Heimatkunde 65 (1991), S. 31-38.
  • Ferdinand Hutz: Johann Philipp Leisl, Propst von Vorau (1691-1717). In: Lust und Leid. Katalog Landesausstellung Steiermark (1992), S. 265-270.

Bibliothek

  • Matthias Pangerl: Die Handschriftensammlung des Chorherrenstiftes Vorau. In: Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen 4 (1867), S. 85-137.
  • Ottokar Kernstock: Die älteren Chorbücher des Stiftes Vorau. In: Der Kirchenschmuck 7 (1876), S.6ff.
  • Theoderich Lampel: Ein Antiphonar aus dem Chorherrenstift Vorau. In: Der Kirchenschmuck (1900), 113ff. und 32 (1901), S. 14ff.
  • Theoderich Lampel: Die Incunabeln und Früh­drucke bis zum Jahre 1520 der Bibliothek des Chorherrenstiftes Vorau. Wien 1901.
  • Theoderich Lampel: Ein Evangeliar aus dem Stift Vorau. In: Der Kirchenschmuck 33 (1902), S. 62-71.
  • Paul Huberl: Die illumi­nierten Handschriften in Steiermark. I. Teil: Die Stiftsbibliotheken zu Admont und Vorau. Leipzig 1911, S. 161ff.
  • Johann Köck: Handschriftliche Missalien in Steiermark. Graz 1916.
  • Benno Roth: Die Seckauer und Vorauer Osterliturgie im Mittelalter. Seckau 1935 (Seckauer Geschichtliche Studien, 4).
  • Pius Fank: Catalogus Voraviensis seu codices manuscripti bibliothecae canoniae in Vorau. Graecii 1936.
  • Die Kaiser-Chronik des regulierten Chorherrenstiftes Vorau in Steiermark (Hs. 276/1). Vollständige Faksimile-Ausgabe. Graz 1953.
  • Die deutschen Gedichte der Vorauer Handschrift (Kodex 276 - 11. Teil). Faksimile-Ausgabe. Graz 1958.
  • Gerlinde Möser-Mersky: Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs. III: Steiermark. Graz 1961, S. 93ff.
  • Otto Mazal: Gotische Blindstempeleinbände aus dem Augustiner-Chorherrenstift Vorau. In: Gutenberg-Jahrbuch 1967, S. 252-260.
  • Pius Fank: Die Vorauer Handschrift, ihre Entstehung und ihr Schrei­ber. Graz 1967.
  • Ferdinand Hutz: Katalog der Drucke von 1520 bis 1600 im Chorherrenstift Vorau. 6 Teile. In: Gutenberg-Jahrbuch 1977-1983.
  • Ferdinand Hutz: Zwei unbekannte Handschriften des Seckauer Bischofs Ulrich von Albeck in der Stiftsbibliothek Vorau. In: Codices manuscripti 6 (1980), S. 59-60.
  • Ferdinand Hutz: Das Vorauer Evangeliar. Mit 12 Faksimile-Wiedergaben. Graz 1983.
  • Ferdinand Hutz: Codex 582 der Österreichischen Nationalbibliothek Wien ein Vorauer Nekrolog? Eine Richtigstellung. In: Codi­ces manuscripti 9 (1983), S. 89-90.
  • Ferdinand Hutz: Ein bisher unbekanntes Druckwerk eines Burgenländers in der Stiftsbibliothek Vorau. In: Burgenländische Heimatblätter 46 (1984), S. 135-138.
  • Ferdinand Hutz: Eine neu aufgefundene Vorauer Handschrift. In: Codices manuscripti 10 (1984), S. 149-152.
  • Kurt Schacks (Hrsg.): Die Dichtungen der Frau Ava. Wiener Neudrucke. Neuausgaben und Erstdrucke deutscher literarischer Texte 8. Graz 1986.
  • Ferdinand Hutz: Die Vorauer Volksbibel. Faksimile-Wiedergabe aller 51 Seiten des Buches Exodus aus dem Codex 273. Graz 1986.
  • Ferdinand Hutz: Die Handschriften des Chorherren­stiftes Vorau. In: Imagination 1/ 1 (1986), S. 17-20.
  • Ferdinand Hutz: Faksimile aus dem Stift Vorau. In: In Unum Congregati. Mitteilungen der Österreichischen Chorherrencongregation 35/ 3/4 (1988), S. 75-77.
  • Friedrich Mielke: Die Zwillingswendeltreppe im Augustiner-Chorherren­stift Vorau. In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 79 (1988), S. 167-186.
  • Helga Hensle-Wlasak: Der Bilderschmuck im Codex 259 der Vorauer Stiftsbibliothek. Diss. Univ. Graz. Graz 1988.
  • Ferdinand Hutz: Geburt und Kindheit Jesu in der Vorauer Volksbibel. Graz 1989.
  • Vorauer Volksbibel Vollständige Faksimileausgabe im Originalformat des Codex 273 aus dem Besitz der Stiftsbibliothek Vorau. 4 Teile. Interimskommentare von Ferdinand Hutz. Graz 1989-1993.
  • Ferdinand Hutz: Gibt es eine "Vor­auer" Osterfeier? In: Sursum corda. Variationen zu einem liturgischen Motiv. Für Philipp Harnoncourt. Graz 1991, S. 472-476.
  • Ferdinand Hutz: Ein in der Stiftsbibliothek Vorau neu aufgefundenes Votivbild von Maria Rain von 1688. In: Carinthia 182 (1992), S. 383-387.

Archiv

  • Gerhard Pferschy: Wissenschaftspflege im Stift Vorau. In: Und neues Leben blüht. Festschrift Rupert Kroisleitner (1980), S. 78-86.
  • Ferdi­nand Hutz: Ottokar Kernstock als Historiker und Gelehrter. In: Blätter für Heimatkunde 63 (1989), S. 33-37.
  • Ferdi­nand Hutz: Der Verlust an Pergamenturkunden des Stiftsarchives Vorau im Kriegsjahr 1945. In: Geschichts­forschung in Graz. Festschrift 125-Jahr-Jubiläum des Instituts für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz. Graz 1990, S. 305-310.

Einzelnachweise

  1. Wir haben daher aus Gottesfurcht und Liebe zu Gott im Hinblick auf unser und unserer geliebten Gattin Kunigunde Seelenheil sowie auf jenes unseres teuersten Sohnes Otakar und aller unserer Vorfahren unser Gut, Vorau genannt, kraft unserer Herr­schaftsgewalt an den Stuhl von Salzburg übergeben und mit Rat unseres Herrn Eberhard, des ehrwürdigen Erzbischofs, auf ebendem Gut nach der Regel des heiligen Augustinus lebende Ordensmänner für alle Zeiten angesiedelt.
  2. Nämlich, dass "das Closter Vorau, so wol in geistlichen als weltlichen Sachen wol disponirt seie, das daselbst der Dechandt, auch noch drey oder mehr Subiecta geeignet seien und gewählt werden könnten".
  3. Es ist wohl das höchste Lob, das die Stifts­chronik einem Ordensobern spenden kann, wenn sie von Propst Matthias schreibt: "Unter diesem Prälaten blühten empor Frömmigkeit und Wis­senschaft, besonders aber die Liebe." Wie sehr dem Propst daran gelegen war, dass der Geist der Frömmigkeit im Stift herrsche, zeigt schon die Tatsache, dass er gleich nach seiner Wahl den heiligmäßi­gen Michael Toll zum Stifts­dechanten ernannte, dem die Überwachung der Disziplin anvertraut war.
  4. Zeitgenossen ließen unter sein von Johann Cyriak Hackhofer gemaltes Porträt schreiben: "Virtutum et doctrinae omnium antecessorum suorum compendium,a pietate temp­lum vivum, a doctrina viva bibliotheca."
  5. In einem Kapitel des Jahres 1760 ermahnte er seine Untergebenen eindring­lich zu einem gewissenhaften Ordensleben und beklagte am Schluss seiner Rede diese für den Ordensstand so traurigen Zeiten, in denen die Religiosen ebenso häufig wie offen als faule Bäuche und nutzlose Landeslasten ausgegeben werden und ihr Verschwinden herbeigesehnt wird.
  6. Von ihm erschien 1691 das Exerzitienbuch Canonica reformatio homi­nis veteris, dem er 1707 in Wien die Schrift Devotio in honorem passionis et mortis Jesu Christi und dann noch Epitome viri ecclesiastici, quid ei cavendum et agen­dum folgen ließ.
  7. Der damalige SS-Obersturmbannführer vermerkte am 19. April 1940 im Goldenen Gedenkbuch des Stiftes: Nun ist aber Schluss. Dafür bürgt der Treuhänder des Stiftes Vorau Hubert Erhart, SS-Obersturmbannführer.
  8. Danach vermerkten die Schätzkommissäre: "Bei den Weingärten läßt sich deshalb kein Ertrag bestimmen, weil deren Ertrag jährlich viel zu ungleich ist und die Weingär­ten in den letzten Jahren eher einen Schaden als einen Nutzen gebracht haben, weshalb sie nur nach der Schätzung der Herrschaft, zu der sie dienstbar sind,angeschlagen wurden."
  9. Von der Bibliothek heißt es: "An solcher ist nicht nur nichts abgängig, sondern es seynd viele neue Bücher geschafft worden".
  10. Von ihm berichtet die Stiftschronik "Gebürtig aus Salzburg, tat er viel Gutes in der Kirche,er kaufte viele Bücher und ließ sie schrei­ben." Der Chronist fährt dann etwas dunkel fort: "Monasterium a crucifixo usque ad finem testudine texit."
  11. O Rex glorie Jesu Christe veni cum pace MCCCCXLVII
  12. Die Kosten für den Turmbau beliefen sich auf 712 Gulden, wovon 457 - rund zwei Drit­tel - von den stiftischen Untertanen aufgebracht wurden und das letzte Drittel zu Lasten des Stiftes ging, das zusätzlich noch die Kost bereitzustellen hatte. Zieht man die Beschaf­fung des Baumaterials mit den damals möglichen Transportmitteln und die Zahl der am Turmbau beschäftigten Personen sowie die uns leider unbekannte Länge der Bauzeit in Betracht, dann kann der Aufwand für die Kost nicht gerade gering ausgefallen sein. Auch das Visitationsprotokoll von 1617 hält seine Erbauung von Grund auf im Jahre 1597 fest: "Anno 1597 turrim novam,in qua campanae, magnis sumptibus ex fundamentis con­struxit."
  13. Aufgelöst: l(ohannes B(enedictus) a P(erfall) P(raepositus) V(oraviensis)
  14. 16 D(aniel) P(ropst) Z(u) V(orau) 19
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