Sacra.Wiki Stift Ranshofen: Unterschied zwischen den Versionen

Stift Ranshofen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Sacra.Wiki
Zeile 178: Zeile 178:


===Bildende Kunst===  
===Bildende Kunst===  
Abgesehen von den kun stgeschichtlich wertvollen roma nischen Handschriften (Taf. 41-43; vgl. dazu das Kapit el über die Bibliothek) sind nur ganz wenige mittelalterliche  
Abgesehen von den kunstgeschichtlich wertvollen romanischen Handschriften sind nur ganz wenige mittelalterliche Denkmäler der bildenden Kunst aus Ranshofen erhalten geblieben. Zu nennen sind hier zunächst jene drei Medaillonbilder im sogenannten "Rollgang" an der südlichen Außenmauer des Chores der ehemaligen Stiftskirche vom Beginn des 14. Jahrhunderts. Sie wurden in der älteren Literatur als Apostelköpfe gedeutet, zuletzt wurde auch erwogen, ob man sie nicht mit einer Notiz Aventins in Zusammenhang bringen könnte, nach der die Bischöfe Reginbert von Passau und Heinrich von Regensburg auf Fresken dargestellt waren. Dem gleichen Zeitabschnitt sind stilistisch jene zwei säulentragenden Portallöwen aus Ranshofen zuzuordnen, die heute die Besuchergarderobe im Braunauer Bezirksmuseum behüten. In der Stiftskirche selbst ist noch die schön gestaltete gotische Grabplatte des Propstes Blasius Rosenstingl, die dem Salzburger Bildhauer Hans Valkenauer zugeschrieben wird, zu sehen. Rosenstingls Verehrung der Gottesmutter - er hat ja auch den Neubau der Marienkapelle durchgeführt - findet darauf in einer Darstellung der hl. Maria, die von zwei musizierenden Engeln begleitet wird, beredten Ausdruck.
Denkmäler der bildenden Kunst aus Ranshofen erhalten geblieben. Zu nennen sind hier zunächst jene drei Medaillonbilder im sogenannten „Rollgang" an der südlichen Außenmauer des Chores der ehemaligen Stiftskirche vom Beginn des 14. Jahrhunderts. Sie wurden in der älteren Literatur als Apostelköpfe gedeutet, zuletzt wurde auch erwogen, ob man sie nicht mit einer Notiz Aventins in Zusammenhang bringen könnte, nach der die Bischöfe Reginbert von Passau und Heinrich von Regensburg auf Fresken darge stellt waren. Dem gleichen Zeitabschnitt sind stilistisch jene zwei säulentragenden Portallöwen aus Ranshofen zuzuordnen, die heute die Besuchergarderobe im Braunauer Bezirksmuseum behüten (Abb. 23). In der Stiftskirche selbst ist noch die schön gestaltete gotische Grabplatte des Propste s Blasius Rosenstingl, die dem Salzburger Bildhauer Hans Valkenauer zuge schrieb en wird, zu sehen . Rosenstingls Verehrung der Gottesmutter er hat ja auch den Neubau der Marienkapelle durchgeführt- findet darauf in einer Darstellung der hl. Maria , die von zwei musizierenden Engeln begleitet wird, beredten Ausdruck (Abb. 25). Im Umkreis der Ranshofener Filialkirchen wären noch zwei qualitativ hervorra gende Holzreliefs mit Darstellungen des Marientode s in Hochburg (um 1490) und in Neukirchen/Enknach (um 1510) hervorzuheben sowie eine Monstranz aus dem ausgehenden 15. Jahrhund ert, die der heutigen Pfarrkirche in Hand enber g gehört, ferner der „Bäckeraltar" in der Braunauer Stadtpfarrkirche . Obwohl für die Zeit des beginnenden Barock mehrfach über Altarerneuerungen in Ranshofen berichtet wird, ist kaum etwas namhaft zu machen , was aus dieser Periode an kunstgeschichtlich Bedeutsamem erhalten wä re. In jüng erer Zeit hat allerdings Lipp die Herkunft einer im Braunauer Bezirksmuseum aufgestellten Holzplastik aus Ranshofen aus dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts von einem Ranshofener Altarwerk zur Diskussion gestellt. Diese wollte man auf Grund der Krone und der Reichsin signien früher als eine Darstellung des Kaisers Arnulf ansehen. Lipp deutete sie als den heiJiggesprochenen Kaiser Heinrich II., der ja im klostereigenen Geschichtsverständnis einen besonderen Stellenwert einnahm. Zusammenhänge mit einem Altarwerk der Stiftskirche werden auch für Holzplastiken des hl. Pankratius und vier Engelfiguren aus der zweite n Hälfte des 17. Jahrhundert s vermutet , die heute als Aufsatzfiguren der Orgel dienen. Zwei herau srage nde Stücke kun stgewerb licher Arbeit sind schließ lich noch die Monstranz und der Kelch, welche 1682 durch Propst Benno Meier bei dem Augsburger Goldschmied Georg Reischle in Auftrag gegeben wurden. Beide Geräte sind aus Silber gefertigt, teilweise vergoldet und mit Halbedel steinen geschmückt. Zahlreiche Emailmedaillons mit Szenen aus dem Leben Christi gehören zur künstlerischen Ausstattung des Ensembles. Dazu kommen weitere Medaillon s mit Grisaillebildern der Rosenkran zgeheimnis se, welche das herzförmige Fenster der Monstranz einrahmen. Das Erscheinungsbild, das heute den Besucher der ehemaligen Stiftskirche in Ranshofen empfängt, ist geprägt von der großzüg igen Umgestaltung, welche das Innere im  
 
Hinblick auf die 800-Jahr-Feier von 1699 erfahre n hat (Abb. 26). Dies gilt sowo hl von den damals neu aufgestellten Altären als auch von den Deckenfresken im Haupt- und im nördlichen Seitenschiff. Die Bilder des monumental wirkenden Hocha ltar s, die Enthaup tung des hl. Pankra z und darüber (als Aufsatzbild) die hl. Dreifaltigk eit dar stellend, stammen von dem in Braunau gebore nen bayerischen Hofmaler Johann Kaspar Sing. Sie werden von einem Aufbau aus gewundenen Säulen, Akanthu sranken und einer Reihe von Heiligenfiguren eingera hmt , der dem Braunau er BildhauerSeba stianHagena uerzugeschrieben wird. Ein genaueres Hinsehen verdient die Deckenge staltun g mit der Stukk aturverz ierun g und den beiden Freskenzyklen zur Pankrazvi ta (im Chor und im Haupt schiff) und zum Marienlebe n (im nördli chen Seitenschiff). Das Besondere daran sind eine Fülle kleiner Emblembild er, die um die erzählend en Haup tbild er herum gruppie rt sind und das dort dargestell te Gescheh en komm entieren bzw. erläut ern, eine Darstellun gsform, die sich im Hochb arock einer gew issen Beliebth eit erfre ute und der zahlreich e Handbüch er gewidm et waren.  
Im Umkreis der Ranshofener Filialkirchen wären noch zwei qualitativ hervorragende Holzreliefs mit Darstellungen des Marientodes in Hochburg (um 1490) und in Neukirchen/Enknach (um 1510) hervorzuheben sowie eine Monstranz aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert, die der heutigen Pfarrkirche in Handenberg gehört, ferner der "Bäckeraltar" in der Braunauer Stadtpfarrkirche. Obwohl für die Zeit des beginnenden Barock mehrfach über Altarerneuerungen in Ranshofen berichtet wird, ist kaum etwas namhaft zu machen, was aus dieser Periode an kunstgeschichtlich Bedeutsamem erhalten wäre. In jüngerer Zeit hat allerdings Lipp die Herkunft einer im Braunauer Bezirksmuseum aufgestellten Holzplastik aus Ranshofen aus dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts von einem Ranshofener Altarwerk zur Diskussion gestellt. Diese wollte man aufgrund der Krone und der Reichsinsignien früher als eine Darstellung des Kaisers Arnulf ansehen. Lipp deutete sie als den heilig gesprochenen Kaiser Heinrich II., der ja im klostereigenen Geschichtsverständnis einen besonderen Stellenwert einnahm.
Die Reihe der Pankrazbilder etwa beginnt im Chorraum über dem Hochaltar mit einem Mittelbild, das die Unterweisung des jungen Pankraz durch den Papst zeigt. In zwei kleineren, flankierenden Seitenbildern wird die Landung des aus Phrygien stammenden Jünglings mit seiner Begleitung in Ostia bzw. der Empfang der Reisegruppe am Tor des päpstlichen Palastes geschildert. Die dazugehörenden Emblembilder zeigen eine Uhr, eine Sonnenblume, eine Feuerwerksrakete und eine Nachteule. Die Uhr, deren im Gehäu se verborgenes Werk die Zeiger treibt, symbolisiert die geheime Kraft, die den jungen Pankraz auf seine Reise trieb. Die Sonnenblume, die sich soga r der hinter Wolken versteckten Sonne zuwendet, verweist auf den Weg zum Glauben, den er auch durch Hindernisse unbeirrt geht. Die brennend zum Himmel aufsteigende Feuerwerksrakete ist ein Bild für den Feuereifer, mit dem der jw1ge Mann seinen Weg zu Gott sucht. Die Nachteule schließlich, die von der aufgehenden Sonne vertrieben wird, zeigt seine Erleuchtung durch den päpstlichen Religion sunterricht an. Wer dieses komplizierte Bildprogramm entworfen hat, wissen wir nicht. Am ehesten ist an Prop st Ivo Kurzbauer selbst zu denken. Die Ausführung der Bilder schreibt Martin in der Kunsttopographie des Bezirkes Braunau auf Grund einer Eintragung in den Ehematriken der Ranshofener Kirche dem Laienbruder Christof Lehr! aus dem bayerischen Chorherrenstift Högelwörth zu. Lehrl wird dort zusammen mit zwei Stukkateuren als Trau zeuge bei der Hochzeit des Malers Josef Pöckl aus Teisendorf, der später in Uttendorf ansä ssig war, genannt. Daß dieser Pöckl auch an den Fresken mitgemalt haben dürfte , ist Martin entgangen. Eine Signatur ,,I.P." bei einem der Fresken des Seitenschiffs könnte aber mit „Iosephus Pöckl" aufzulösen sein. Dieses Monogramm findet sich übrigens auch bei einem der „Autorenbilder", mit denen zur gleichen Zeit die Decke der Bibliothek im Konventtrakt ausgeschmückt wurde, wieder. Unter Propst Augustin II. Pariser wurde um 1730 die Rosenkranzkapelle mit Fresken ausgeschmückt, in den letzten Jahrzehnten des Bestehens des Chorherrenstiftes ist dann noch die Ausgestaltung von Teilen des Prälatentraktes mit Stuckverzierung von Johann Baptist Modler aus Kößlarn hervorzuh eben.  
 
Zusammenhänge mit einem Altarwerk der Stiftskirche werden auch für Holzplastiken des hl. Pankratius und vier Engelfiguren aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vermutet, die heute als Aufsatzfiguren der Orgel dienen. Zwei herausragende Stücke kunstgewerblicher Arbeit sind schließlich noch die Monstranz und der Kelch, welche 1682 durch Propst Benno Meier bei dem Augsburger Goldschmied Georg Reischle in Auftrag gegeben wurden. Beide Geräte sind aus Silber gefertigt, teilweise vergoldet und mit Halbedelsteinen geschmückt. Zahlreiche Emailmedaillons mit Szenen aus dem Leben Christi gehören zur künstlerischen Ausstattung des Ensembles. Dazu kommen weitere Medaillons mit Grisaillebildern der Rosenkranzgeheimnisse, welche das herzförmige Fenster der Monstranz einrahmen.
 
Das Erscheinungsbild, das heute den Besucher der ehemaligen Stiftskirche in Ranshofen empfängt, ist geprägt von der großzügigen Umgestaltung, welche das Innere im Hinblick auf die 800-Jahr-Feier von 1699 erfahren hat. Dies gilt sowohl von den damals neu aufgestellten Altären als auch von den Deckenfresken im Haupt- und im nördlichen Seitenschiff. Die Bilder des monumental wirkenden Hochaltars, die Enthauptung des hl. Pankraz und darüber (als Aufsatzbild) die hl. Dreifaltigkeit darstellend, stammen von dem in Braunau geborenen bayerischen Hofmaler Johann Kaspar Sing. Sie werden von einem Aufbau aus gewundenen Säulen, Akanthusranken und einer Reihe von Heiligenfiguren eingerahmt, der dem Braunauer Bildhauer Sebastian Hagenauer zugeschrieben wird.
 
Ein genaueres Hinsehen verdient die Deckengestaltung mit der Stukkaturverzierung und den beiden Freskenzyklen zur Pankrazvita (im Chor und im Hauptschiff) und zum Marienleben (im nördlichen Seitenschiff). Das Besondere daran sind eine Fülle kleiner Emblembilder, die um die erzählenden Hauptbilder herum gruppiert sind und das dort dargestellte Geschehen kommentieren bzw. erläutern, eine Darstellungsform, die sich im Hochbarock einer gewissen Beliebtheit erfreute und der zahlreiche Handbücher gewidmet waren.
 
Die Reihe der Pankrazbilder etwa beginnt im Chorraum über dem Hochaltar mit einem Mittelbild, das die Unterweisung des jungen Pankraz durch den Papst zeigt. In zwei kleineren, flankierenden Seitenbildern wird die Landung des aus Phrygien stammenden Jünglings mit seiner Begleitung in Ostia bzw. der Empfang der Reisegruppe am Tor des päpstlichen Palastes geschildert. Die dazugehörenden Emblembilder zeigen eine Uhr, eine Sonnenblume, eine Feuerwerksrakete und eine Nachteule. Die Uhr, deren im Gehäuse verborgenes Werk die Zeiger treibt, symbolisiert die geheime Kraft, die den jungen Pankraz auf seine Reise trieb. Die Sonnenblume, die sich sogar der hinter Wolken versteckten Sonne zuwendet, verweist auf den Weg zum Glauben, den er auch durch Hindernisse unbeirrt geht. Die brennend zum Himmel aufsteigende Feuerwerksrakete ist ein Bild für den Feuereifer, mit dem der junge Mann seinen Weg zu Gott sucht. Die Nachteule schließlich, die von der aufgehenden Sonne vertrieben wird, zeigt seine Erleuchtung durch den päpstlichen Religionsunterricht an.
 
Wer dieses komplizierte Bildprogramm entworfen hat, wissen wir nicht. Am ehesten ist an Propst Ivo Kurzbauer selbst zu denken. Die Ausführung der Bilder schreibt Martin in der Kunsttopographie des Bezirkes Braunau aufgrund einer Eintragung in den Ehematriken der Ranshofener Kirche dem Laienbruder Christof Lehrl aus dem bayerischen [[Chorherrenstift Högelwörth]] zu. Lehrl wird dort zusammen mit zwei Stukkateuren als Trauzeuge bei der Hochzeit des Malers Josef Pöckl aus Teisendorf, der später in Uttendorf ansässig war, genannt. Dass dieser Pöckl auch an den Fresken mitgemalt haben dürfte, ist Martin entgangen.
 
Eine Signatur "I.P." bei einem der Fresken des Seitenschiffs könnte aber mit "Iosephus Pöckl" aufzulösen sein. Dieses Monogramm findet sich übrigens auch bei einem der "Autorenbilder", mit denen zur gleichen Zeit die Decke der Bibliothek im Konventtrakt ausgeschmückt wurde, wieder. Unter Propst Augustin II. Pariser wurde um 1730 die Rosenkranzkapelle mit Fresken ausgeschmückt, in den letzten Jahrzehnten des Bestehens des Chorherrenstiftes ist dann noch die Ausgestaltung von Teilen des Prälatentraktes mit Stuckverzierung von Johann Baptist Modler aus Kößlarn hervorzuheben.


==Musikpflege==
==Musikpflege==

Version vom 6. Mai 2020, 12:12 Uhr



Geschichte

Vorgeschichte

Die Errichtung des Augustiner-Chorherrenstiftes Ranshofen kurz vor oder im Jahr 1125 knüpfte an Voraussetzungen an, die durch eine damals schon Jahrhunderte währende Geschichte gegeben waren.

Ranshofen war zunächst ein Hof der bayerischen Agilolfingerherzöge, deren letzter, der unglückliche Tassilo III., im gleichen Jahr durch Karl den Großen seine Herrscherwürde einbüßte, in dem Ranshofen - als "Rantesdorf" - erstmals im Licht einer geschichtlichen Nachricht erscheint. Unter den Nachfolgern Karls des Großen wurde Ranshofen eine königliche Pfalz, ein Ort, der dem Herrscher als Aufenthalt und Verwaltungsstützpunkt diente. Kaiser Arnulf, einer der letzten ostfränkischen Karolinger, ließ hier zwischen 896 und 898 eine dem hl. Pankraz geweihte Kapelle erbauen und stattete sie mit Besitzungen, liturgischen Geräten, kostbaren Glasfenstern und Tapisserien sehr großzügig aus. Ein Priester Ellimprecht - wohl ein Mitglied der kaiserlichen Hofkapelle - erhielt die neu errichtete Pfalzkapelle zunächst als Lehen übertragen. Mit einer Urkunde vom 17. Oktober 898 wandelte Kaiser Arnulf dieses Lehen dann in ein freies Eigentum des Priesters Ellimprecht um. Nach dessen Tod sollte alles dem von Arnulfs Vater in Alt-Ötting gegründeten Säkularkanonikerstift zufallen.

Wenige Monate später hat Arnulf dann zugunsten der Ranshofener Pankrazkapelle eine weitere Urkunde ausgefertigt, die allerdings nur in mittelalterlichen Abschriften überliefert wird. An ihrem Text fällt auf, dass vom Priester Ellimprecht nun keine Rede mehr ist. Als Empfänger der gegebenen Güter erscheinen vielmehr "die Kleriker, die dort den Gottesdienst verrichten". Aus dieser Formulierung hat man auf die nachträgliche Gründung eines Säkularkanonikerstifts in Ranshofen schließen wollen, über dessen Bestand sonst jedoch keine Nachrichten existieren.

Das weitere Schicksal der Pfalz mit der dazugehörigen Pankrazkapelle ist dann nämlich über Jahrzehnte hinweg völlig ungewiss. Wir wissen nicht, ob schon Herzog Arnulf aus dem Geschlecht der Luitpoldinger, der nach dem Tod von König Ludwig ("dem Kind") 911 die Herrschaft über Bayern an sich gerissen hatte, im Zuge seiner Enteignungen von Kirchengütern die ursprünglich vorgesehene Schenkung der Ranshofener Kapelle an das Stift Alt-Ötting wieder rückgängig gemacht hat oder ob das Abhängigkeitsverhältnis erst später gelöst wurde. Auch über die Auswirkungen der Ungarneinfälle auf das Gebiet schweigen die Quellen. Erst gegen Ende des 10. Jahrhunderts finden wir hier unter Herzog Heinrich dem Zänker einen bayerischen Landtag versammelt, der die sogenannten "Ranshofener Landgesetze" beschließt. Dessen Sohn, der 1002 zum König gewählte und später zum Kaiser gekrönte Heinrich II. ("der Heilige") ließ am Weihnachtstag des Jahres 996 - noch als bayerischer Herzog - in der Pfalzkapelle den Mönch Gotthart von Niederaltaich zum Abt dieses Klosters weihen. Heinrichs Gemahlin Kunigunde schließlich verfügte 1025 über die Ranshofener Pfalz wie über familiären Privatbesitz, indem sie diese zusammen mit anderen Königshöfen gegen Güter des Bistums Freising abtauschen wollte. Der Nachfolger Heinrichs II., König Konrad II., scheint diesen Tausch aber nicht anerkannt zu haben. Jedenfalls gehörte das "praedium Ranteshoven" - so der neue Name der Siedlung seit dem ausgehenden 10. Jahrhundert - mit der dazugehörigen Kapelle weiterhin zum Reichsgut.

Auf die Gründung - oder Wiederbelebung - eines Kanonikerstiftes verweisen erst wieder zwei Urkunden, die Kaiser Heinrich III. im Jahre 1040 für Ranshofen ausgestellt haben soll. Auch sie sind nur in Abschriften überliefert und gelten der Urkundenforschung in ihrer vorliegenden Gestalt als Fälschungen. Man hat allerdings den Versuch unternommen, in beiden authentische Abschnitte von späteren Zusätzen zu trennen. Dabei begegnet im vermutlich echten Text die Angabe über eine Schenkung von Zehenten zugunsten der in Ranshofen "weilenden Priester ... , damit der Gottesdienst dort täglich gefeiert werde."

Deutet man dies als Hinweis auf eine Klerikergemeinschaft, so dürfte diese in den Wirren der Zeit des Investiturstreits wieder zerfallen sein. Jedenfalls begegnen in den ältesten Schenkungsnotizen des Ranshofener Traditionskodex, deren Textüberlieferung vor 1070 einsetzt, zunächst nur einzelne Priester der Pankrazkirche, die mehrfach auch als Pfarrer bezeichnet werden.

Gründungsgeschichte

Erste Anzeichen für die erneute Einrichtung einer Kanonikergemeinschaft kann man am Text der Ranshofener Traditionen seit etwa 1120 beobachten. Die hier aufgezeichneten Schenkungen erfolgen jetzt nämlich zugunsten der an der Pankrazkirche "für Gott streitenden Brüder (fratres Deo militantes)", eine Formulierung, die im Zusammenhang mit Regularkanonikern auch andernorts immer wieder begegnet, vereinzelt freilich auch für Angehörige eines weltlichen Kanonikerstiftes gebraucht wird.

Sicheren Boden gewinnen wir somit erst mit der Schenkungsurkunde des Bayernherzogs Heinrich IX. des Schwarzen (1120-1126) vom 30. Juli 1125, in welcher dieser zusammen mit seiner Gemahlin Wulfhilde in der Ranshofener Pfalz den "an der Pankrazkirche nach der Regel des hl. Augustinus Christus dienenden Brüdern Zehent im Gau" Ranshofen sowie verschiedene Güter übergibt. Auf dieser Urkunde basiert dann auch die Darstellung des bayerischen Historikers Aventin, der in seinem um 1520 geschriebenen "Chronikon Ranshofense" annimmt, Herzog Heinrich IX. habe hier im Jahre 1125 auf "Geheiß und Rat" des Salzburger Erzbischofs Konrad I. ein Augustiner-Chorherrenstift gegründet.

Aventins Annahme ist freilich nur mit gewissen Vorbehalten zu übernehmen, denn eine zu diesem Zeitpunkt erst beschlossene Neugründung eines Klosters wird im Urkundentext ebensowenig erwähnt wie ein Zusammenwirken oder Zusammentreffen mit dem Salzburger Erzbischof. Ein Regularkanonikerkloster wird vielmehr als bereits bestehend vorausgesetzt.

So ist die Einführung von Augustiner-Chorherren in Ranshofen vielleicht schon zwischen 1120 und 1125 erfolgt. Der weitere Ausbau des Stiftes zu einem Kloster für Chorherren, Chorfrauen und Konversen dürfte sich allerdings noch über die Zeit Heinrichs IX. hinaus bis in die Jahre der Herrschaft seines Sohnes Heinrich X. des Stolzen (1126-1139) erstreckt haben.

Mit der Einrichtung eines Augustiner-Chorherrenstiftes erfasste eine wichtige religiöse Erneuerungsbewegung des Mittelalters Ranshofen. Eine Schlüsselfigur ihrer weiteren Ausbreitung war zweifelsohne der Salzburger Erzbischof Konrad I. (1109- 1147). Er gilt als Gründer oder Erneuerer einer großen Zahl von Chorherrenstiften innerhalb und außerhalb seines engeren Diözesanbereiches. So ist seine Einflussnahme bei der Errichtung eines Chorherrenklosters in Ranshofen nicht auszuschließen. Quellenmäßig greifbar wird ein Zusammenhang mit ihm freilich erst um 1138/39. Damals hat Konrad I. zusammen mit Bischof Roman von Gurk in Ranshofen eine Schenkung von Besitzungen der Ministerialen von Rohr im Kremstal für das Kloster entgegengenommen.

Entwicklung im Hoch-und Spätmittelalter

Neben der Gestaltung der Liturgie in der Messfeier und beim Chorgebet war die Seelsorge ein wichtiges Anliegen des neuen Ordens. Da der Ranshofener Seelsorgesprengel sehr umfangreich war, wurden schon damals im weiten Umkreis Kirchen dafür neu gebaut oder vorhandene Kapellen übernommen.

In Ranshofen selbst baute man neben der Stiftskirche eine dem hl. Michael geweihte Pfarrkirche. Andere Aufgaben waren die Krankenpflege, die schulische Unterweisung und die wissenschaftlichen Studien. Für letztere benötigte man ebenso wie für den Gottesdienst Handschriften, die zu einem großen Teil in der Schreibstube des Klosters, dem "scriptorium", von den Chorherren selbst in mühevoller Arbeit hergestellt wurden. Aus Urkunden und Traditionsnotizen kennen wir einige Namen von Pröpsten des 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts. Genannt werden ein Manegold, der mit dem Magistertitel ausgezeichnet erscheint, nach ihm Meginhard, Altmann und Adelhard, unter dem 1.178 das berühmte Evangeliar angekauft wurde, danach Liutold - wohl identisch mit dem im Evangelienbuch bezeugten Schatzmeister gleichen Namens -, dann nochmals ein Adelhard, der mit dem ersten Propst dieses Namens eine Person sein könnte, schließlich noch Etticho und Wichard. In verschiedenen Totenbüchern der Salzburger Diözese wird außerdem ein Propst Liutfrid von Ranshofen verzeichnet, der nur schwer einzuordnen ist. Vielleicht gehört er an den Anfang der Reihe gestellt, anstelle des von Aventin aus der Urkunde Heinrichs IX. von 1125 übernommenen Raffold. (Letzterer war vermutlich kein geistlicher Propst, sondern einer der Verwalter des Pfalzgutes.)

Um 1140 kam es zu einer Kontroverse mit dem Passauer Bischof Reginbert um die Seelsorgerechte und die daraus erwachsenden Zehentforderungen. Im Zusammenhang damit hat der Passauer Ordinarius den Kanonikern einen ungenannten jugendlichen Propst aufgezwungen, gegen den sie sich mit Erfolg aufgelehnt haben. Freiheit der Propstwahl ist dann auch eines der wichtigsten Rechte, das Ranshofen immer wieder urkundlich zugesichert wird, zum ersten Mal in dem großen Schutzprivileg des Papstes Eugen III. von 1147.

Mit dem zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts - inzwischen hatten die Wittelsbacher den durch Kaiser Friedrich Barbarossa abgesetzten Heinrich den Löwen in der Herrschaft über Bayern abgelöst - begann für Ranshofen einer der unruhigsten Abschnitte seiner Geschichte. 1233 plünderten Truppen des Babenbergerherzogs Friedrich des Streitbaren bei Kämpfen mit Herzog Otto II. von Bayern Neukirchen an der Enknach, wobei die dortige Filialkirche zu schwerem Schaden kam.

Einige Jahre danach, wahrscheinlich 1242, überfielen von der Burg Obernberg kommende Leute des Passauer Bischofs Ranshofen selbst und verbrannten zusammen mit der herzoglichen Pfalz auch die beiden Kirchen. 1250 drohten neue Gefahren. Bischof Rüdiger von Passau war durch den päpstlichen Legaten Albert Beham abgesetzt worden, und Berthold, ein gebürtiger Graf von Sigmaringen, sollte seine Stelle einnehmen. Doch Rüdiger leistete Widerstand und wurde dabei durch den bayerischen Herzog unterstützt. So durchzogen Soldaten des Gegenbischofs im November 1250 neuerlich plündernd den angrenzenden Weilhartsforst und verwüsteten das Land. Die Stiftskirche soll anschließend wieder aufgebaut und 1255 neu eingeweiht worden sein. Doch bald danach wurde das Gebiet um den unteren Inn im Zusammenhang mit Kämpfen zwischen Herzog Heinrich von Niederbayern - das Herzogtum war inzwischen nach dem Tod Ottos II. unter seinen Söhnen geteilt worden und König Ottokar von Böhmen neuerlich Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen.

Ranshofen wurde 1266 ein zweites Mal niedergebrannt und dabei fast zur Gänze zerstört. So klagte Propst Sifrid (1255-1277) in einer Bittschrift an Papst Klemens IV. darüber, dass im Kloster nur mehr drei Leute Unterhalt fänden, während davor 14 Priester und 50 weitere Stiftsangehörige mühelos versorgt werden konnten.

Nach der Resignation Sifrids erlebte Ranshofen aber dann unter seinem Nachfolger Konrad I. (1277- 1311) eine Zeit des Wiederaufschwungs. Neben den nun wieder günstigeren äußeren Verhältnissen ist diese Blüte vor allem in der Tatkraft und Zielstrebigkeit jenes Prälaten begründet. Bereits im Jahr seiner Erwählung begann er mit der Anlage eines Privilegienbuches, in das die Urkunden des Klosters in übersichtlicher Form eingetragen werden sollten. In dem angeschlossenen Urbar wurden die Stiftsgüter verzeichnet. Beide Teile hat Propst Konrad I. später in etwas abgewandelter Form nochmals redigiert.

Der schon unter seinem Vorgänger begonnene Neubau der Stiftskirche wurde 1283 abgeschlossen und in Gegenwart des bayerischen Herzogs durch den Bischof von Regensburg eingeweiht. Auch das Kanonissenstift wurde erneuert und Einrichtungen für die Krankenpflege geschaffen. Schon mit Konrads gleichnamigem Nachfolger Konrad II. (1311-1332) setzte allerdings neuerlich eine Zeit des Niedergangs ein. Später besserten sich die Verhältnisse wieder.

Das Stift wurde im 14. und 15. Jahrhundert vielfach durch Privilegien der Herzöge von Bayern und von Österreich ausgezeichnet. Auch Kaiser Ludwig der Bayer und später Maximilian I. reihten sich unter die Förderer ein. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts mehrten sich ganz allgemein die Versuche, dem damals drohenden Verfall der Klöster entgegenzuwirken. Erste Ansätze einer solchen Reform in Ranshofen unter den Pröpsten Erasmus Ridmund (1435-1444), Friedrich Gunderstorfer (1444-1448) und Thomas Wittel (1451-1462) zeigten jedoch keinen nachhaltigen Erfolg. Erst der aus dem niederösterreichischen Chorherrenstift Dürnstein berufene Propst Wolfgang konnte das Kloster im Sinne einer vom böhmischen Stift Raudnitz ausgehenden Reformbewegung erneuern.

Neuzeit

Nachdem Ranshofen im bayerischen Erbfolgekrieg trotz bedrohlicher Nähe des Kriegsgeschehens glimpflich davongekommen war, begann 1508 Propst Kaspar Türndl (1504—1529) mit dem Neubau der Stiftskirche. Gleichzeitig kam es zu einer Blütezeit humanistischen Geistes, die sich in den erhaltenen Handschriften und Frühdrucken aus der Klosterbibliothek spiegelt. Aber auch erste Anzeichen für eine beginnende Auseinandersetzung mit den Lehren Martin Luthers lassen sich von 1520 an beobachten. Eine Steigerung dieser Tendenzen ergab sich unter Propst Augustin I. Münich (1529—1560). Zeitgenossen rühmten ihn als Freund der Studien und Wissenschaften. Die Stiftsschule war unter seiner Herrschaft eine der größten Unterrichtsanstalten von ganz Bayern. Aus dem Protokoll einer Passauer Kirchenvisitation von 1559/60, der wichtigsten Quelle unserer Kenntnis über die Ausbreitung der Reformation im Innviertel, erfahren wir jedoch, dass die an dieser Schule wirkenden Schulmeister eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der protestantischen Glaubenslehren gespielt haben. Vielleicht steht die bald nach der Visitation erfolgte Resignation des Propstes im Zusammenhang mit seiner toleranten Einstellung gegenüber den Anhängern des neuen Glaubens. Unter seinem Nachfolger Adam Gensleitner (1560—1587) wurde jedenfalls sehr rasch die Gegenreformation voll zur Geltung gebracht, sodass der römische Kurienkardinal Commendone, der Ranshofen 1569 visitiert hat, den Zustand von Kirche, Kloster und Schule bereits als zufriedenstellend beurteilte.

Nach Jahren neuerlichen Verfalls an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert begann nach 1620 eine der glanzvollsten Perioden der Geschichte Ranshofens. Der klostereigenen Geschichtsschreibung gilt sie als das Werk von vier aufeinanderfolgenden Prälaten. Trotz wachsender Bedrohung durch den Dreißigjährigen Krieg erneuerte Propst Philipp Vetterl (1620—1634) nicht nur die schwer darniederliegende Disziplin des Gemeinschaftslebens, sondern begann auch einen frühbarocken Neubau der Klosteranlage. 1628 erhielt der Propst durch Papst Urban VIII. für sich und seine Nachfolger das Recht des Gebrauchs der Pontifikalien.

1634 kam der bayerische Kurfürst Maximilian I. mit seiner Familie und seinem Hofstaat auf der Flucht vor den schwedischen Truppen, die München besetzt hatten, nach Ranshofen und blieb hier bis zum Frühjahr 1635. Während des Aufenthalts im Kloster ist die Kurfürstin Elisabeth am 4. Jänner 1635 gestorben.

Der in Gegenwart des Kurfürsten gewählte Propst Simon Meier (1635—1665) kümmerte sich besonders um die Neuordnung der Bibliothek und um die wissenschaftlichen Studien der Stiftsangehörigen. Propst Benno Meier (1665—1687) - ein Neffe seines Vorgängers - ließ im Schloss Neukirchen eine theologische Studienanstalt einrichten. Besondere Sorgfalt widmete er dem Stiftsarchiv mit den alten Urkunden. Seinem Ordnungssinn ist es zu verdanken, dass wir für die Zeit seiner Regierung genaue Aufzeichnungen über die vorhandenen Kirchengeräte und einen Katalog der erworbenen Bücher besitzen.

Propst Ivo Kurzbauer (1687—1715) erneuerte schließlich Kirche und Kloster für ein 1699 gefeiertes "Acht-tägiges hochfeierliches Jubel-Fest" zum Gedächtnis der achthundertjährigen Geschichte der Pankrazkirche und krönte damit die Bestrebungen seiner Vorgänger, eine Entwicklung, die Augustin II. Pariser (1715—1741) zwar weiterführen, aber nicht mehr steigern konnte. Die barocke Glanzzeit des Stiftes hatte damit ihren Höhepunkt bereits überschritten.

Das Bild, das Ranshofen dann von der Mitte des 18. Jahrhunderts an bietet, ist eher uneinheitlich. Man kann es nur verstehen, wenn man die Erscheinungen von zwei Seiten her eingrenzt: vom Weiterführen überkommener Lebensformen des Barock einerseits und von der damals auch in Bayern bereits einsetzenden Aufklärungsbewegung andererseits. Mit dem Frieden von Teschen (1779) fiel das lnnviertel an Österreich. Dadurch wurden die vom Geist jener Zeit geprägten Reformen Kaiser Josephs II. alsbald auch in Ranshofen wirksam. Im Zusammenhang mit der Neuorganisation des Pfarrnetzes wurden verschiedene Filialkirchen in Pfarrkirchen umgewandelt, die Formen des Gottesdienstes reformiert, die Ranshofener Pfarrkirche St. Michael gesperrt und später abgetragen.

Die Abtrennung der Diözese Linz vom Bistum Passau löste altgewohnte Bindungen. Vor allem die Franzosenkriege brachten dann neuerlich große Unruhe in das Kloster. Das Stift wurde einmal von diesen und einmal von jenen Truppen als Militärspital beansprucht. Es kam zu Gewalttaten und Plünderungen. Aber auch die Klostergemeinde selbst war vom Geist der Aufklärung angekränkelt. Vor allem der letzte, 1784 gewählte Propst Johann Nepomuk Kierl gilt als schwach und verschwenderisch. Nach seinem Tod im Jahr 1809 kommt es innerhalb der zerfallenen und in sich gespaltenen Gemeinschaft zu keiner Neuwahl mehr. So findet die von der "Rieder Regierung" während der französischen Besatzung 1810 angekündigte Aufhebung Ranshofen bereits im Zustand der Krise. Der Übertritt in den Weltpriesterstand kommt den damals noch hier lebenden Chorherren eher gelegen. Vor der endgültigen Aufhebung am 28. Oktober 1811 brachte man die als wertvoll angesehenen Archivalien in das Hauptstaatsarchiv nach München und einen großen Teil der Bibliotheksbestände in die jetzige Bayerische Staatsbibliothek. Anderes wurde in der ganzen Welt verstreut.

Zusammen mit dem, was in Ranshofen selbst heute noch sichtbar ist, legen diese Dokumente ein beredtes Zeugnis ab von der Pflege von Religion, Wissenschaft und Kunst im Chorherrenstift Ranshofen im Verlauf seiner Jahrhunderte währenden Geschichte. Indirekt kann man aus ihnen aber auch ahnen, wie bedeutungsvoll dieses Wirken der Chorherren für jene Menschen gewesen sein muss, die im Umkreis des Klosters gelebt haben.

Nachgeschichte

Nach der Aufhebung erwarb der bayerische General Graf von Montjoie-Frohberg die Stiftsgebäude und den ausgedehnten Grundbesitz und wandelte einen Teil der ehemaligen Klosteranlage zum "Schloss Ranshofen" um. Anderes wurde abgetragen. Die frühere Stiftskirche blieb als Pfarrkirche erhalten.

Erster Pfarrer wurde der seinerzeitige Stiftsdechant Pankraz Hauser. Der Pfarrer war damals einige Jahrzehnte hindurch auch Repräsentant der weltlichen Verwaltung. Erst im Zuge der Reformen bekam Ranshofen im Jahr 1848 eine eigene Gemeindeverwaltung. Auch erhielten die bis dahin unfreien Bauern die Möglichkeit, den Grund und Boden, den sie vorher als Untertanen bewirtschaftet hatten, gegen ein geringes Entgelt als Eigentum zu erwerben. Im Jahr 1851 kaufte dann Ferdinand Wertheimer, der später als Abgeordneter dem oberösterreichischen Landtag angehörte, die "Herrschaft Ranshofen" und wandelte im Laufe der Jahre den immer noch beachtlichen Großgrundbesitz in einen landwirtschaftlichen Musterbetriebum. Nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland im März 1938 wurde der Wertheimersche Familienbesitz jedoch vom Deutschen Reich "abgelöst". Im Oktober des gleichen Jahres wurde die vorher selbständige Geme inde Ranshofen der Stadt Braunau einverleibt und ein Jahr später begann man bereits auf den Wertheimer-Gründen mit dem Bau eines Aluminiumwerkes.

Heute ist man bemüht, das noch Vorhandene zu erhalten und zu pflegen, wobei der Komplex von Kirche und ehemaligem Stift besitzmäßig auf die Diözese Linz, die Stadt Braunau und private Eigentümer verteilt ist. Die Kirche und der Bibliothekssaal im ehemaligen Konventgebäude werden - abgesehen von der liturgischen Verwendung des Gotteshauses - auch für kulturelle Veranstaltungen genützt.

Konföderationen

Konföderationen waren gleichsam ein Netz von geistlichen Hilfen, das sich von einem Kloster zum anderen spannte. Im Text eines Ranshofener Konföderationsbriefes für das in der Diözese Regensburg gelegene niederbayerische Augustiner-Chorherrenstift Rohr von 1445, den das "Antiquarium Ranshovianum " überliefert, wird besonders auf die Verpflichtung zur Abhaltung von wechselseitigen Vigilien und Messfeiern beim Tod eines Klosterangehörigen verwiesen, außerdem auf die Aufnahme des Verstorbenen in das "Martyrologium" und das jährliche Totengedächtnis innerhalb des Kapitels.

Als früheste Gebetsverbrüderung Ranshofens wird eine mit dem Salzburger Domstift aus dem Jahre 1203 angeführt. Die folgende - auf Grund der unzureichenden Überlieferung nur unvollständige - Liste zeigt aus dem 14., 15. und beginnenden 16. Jahrhundert eine Reihe weiterer Konföderationen, vor allem mit Chorherrenstiften, aber auch mit Klöstern der Benediktiner: Chiemsee (1346), Baumburg (1353), Vornbach (OSB, 1355), Reichersberg (1356), Au am Inn (1357), Niederaltaich (OSB, 1359), Suben (1363), St. Florian (1446), Neustift bei Brixen (1501).

Ohne Angabe des Jahres des Konföderationsabschlusses werden noch genannt: Herzogenburg, Klosterneuburg, Neunkirchen in Oberfranken (Diözese Bamberg). Eine Einschränkung der vom Stift eingegangenen Verpflichtungen verfügte um die Mitte des 17. Jahrhunderts Propst Simon Meier. In einem Schreiben vom 1. Mai 1649 teilte er allen Klöstern, mit denen eine Gebetsverbrüderung bestand, mit, dass in Zukunft für jeden Konföderierten, dessen Tod angezeigt werde, nur zwei Messen gelesen würden, für einen Propst aber noch eine dritte. Die verbündeten Klöster sollten sich ebenso verhalten.

Begründet wurde die Maßnahme mit der Zunahme der Verpflichtungen für das Stundengebet und andere religiöse Übungen, außerdem mit der stark angewachsenen Mitgliederzahl der Rosenkranzbruderschaft, deren Angehörigen von den Chorherren die Beichte abgenommen werden musste. Im Hintergund darf man aber wohl auch als Ursache der Veränderungen die Beschwernisse, welche dem Kloster durch den Dreißigjährigen Krieg auferlegt waren, und die Pest, welche 1649 im Raum von Braunau und Ranshofen wütete und einen vermehrten Einsatz in der Krankenbetreuung erfordert haben wird, vermuten. Dass die Konföderationen grundsätzlich weiterbestanden, kann man aus einer Reihe von Ranshofener Totenroteln erkennen, wie sie etwa in der Rotelsammlung der Staatlichen Bibliothek Regensburg erhalten sind.

Wirtschaftliche, rechtliche und soziale Verhältnisse

Wirtschaftliche Verhältnisse

Will man sich ein Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Chorherrenstiftes Ranshofen im Mittelalter machen, wird man zunächst von der Urkunde Herzog Heinrichs IX. von Bayern aus dem Jahre 1125 ausgehen müssen. Sie gilt in der Literatur ja als "Stiftbrief" des Klosters. Als geschenktes Gut werden darin Güter in Handenberg, Braunau und einem - nicht mehr bestimmbaren - Dürrnberg nördlich der Donau, sowie verschiedene kleinere Liegenschaften angeführt. Letztere wurden den Regularkanonikern teils als Eigenbesitz, teils als Lehen überlassen. Dazu kamen die herzoglichen Zehenten "im Gau" Ranshofen und die Kirche Enknach ("Enkinacha") - vermutlich am Ort oder in der Nähe des heutigen Neukirchen an der Enknach gelegen - mit dem dazugehörigen Besitz.

Offensichtlich erst nach Ausfertigung der Urkunde wurde an einer bestimmten Stelle nachträglich noch ein Hinweis eingefügt, dass jene Hörigen, die vorher in der Hand des Herzogs oder des Kämmerers bzw. des - herzoglichen - Propstes gewesen seien, nun auch dem Kloster unterstellt würden. So reichhaltig diese Schenkung gewesen ist, so wird damit keineswegs der gesamte wirtschaftliche Besitz Ranshofens zur Zeit der Gründung des Chorherrenstiftes umschrieben. Die Einrichtung des mittelalterlichen Klosters erfolgte ja nicht in der Einöde eines unerschlossenen Gebietes, sondern knüpfte an eine Jahrhunderte währende Vorgeschichte an. Schon Kaiser Arnulf hatte ja die von ihm erbaute Pfalzkapelle reich mit Gütern ausgestattet.

Den umfangreichsten Einblick in die Ranshofener Besitzverhältnisse im hohen Mittelalter gewähren jedoch die Notizen des Traditionskodex, deren Inhalte den Zeitraum von etwa 1070 bis 1250 umspannen, also auch schon vor 1125 einsetzen. Die Texte bezeugen die Übergabe von Gütern im näheren und weiteren Umkreis von Ranshofen, darüber hinaus die Schenkung von 5-Pfennig- Zensualen, sowie von Knechten und Mägden. Wie in anderen Klöstern machen auch in Ranshofen die Selbstübergaben von ehemals freien Personen, in der Absicht sich unter dem Schutz des Stiftes gegen Übergriffe von Mächtigeren abzusichern, einen beträchtlichen Teil der Zensualenschenkungen aus.

Eine weitere wichtige Quelle zur mittelalterlichen Wirtschaftsgeschichte Ranshofens ist dann das "Registrum" des Propstes Konrad I. Die Handschrift enthält neben zwei Kopialbüchern zwei Urbare, welche 1277 beziehungsweise 1303 angelegt wurden. Da im älteren Urbar die erste Lage der Handschrift verlorengegangen ist, kann man nur aus dem jüngeren erkennen, dass der Grundbesitz sich damals auf acht Urbarämter verteilte, die im Innviertel (Haselbach, Überackern, Neukirchen/Enknach, Nonsbach und Ranshofen), im oberösterreichischen Kremstal (Rohr) und in den jetzigen bayerischen Landkreisen Rottal-Inn und Alt-Ötting gelegen waren (Kollbach und "Trans Enum"). Dazu kamen noch Weingärten in der Wachau. Im Abgabenverzeichnis über die im Dorf Ranshofen ausgegebenen Lehen werden auch zwei Schuster, ein Schneider, ein Fleischer, ein Koch und ein Bader angeführt.

Die Einkünfte Ranshofens stiegen in der Folgezeit dann noch durch die Stiftung von Jahrtagen in Form von "Seelgeräten", das sind Schenkungen zugunsten von jährlich, manchmal sogar wöchentlich zu lesenden Messen für das Seelenheil von Verstorbenen. Ähnliche Stiftungen begegnen auch in den Filialkirchen des Klosters, unter denen die Braunauer Stephanskirche durch die Befestigung der Siedlung und die Stadterhebung im Jahr 1260 bald eine Sonderstellung einnehmen sollte. Kaiser Ludwig der Bayer (1314–1347) stiftete 1345 eine täglich zu lesende Messe für sich und seine Vorfahren und Nachkommen. Gleichzeitig schenkte er dem Kloster jene Güter im Dorf Ranshofen, die bis dahin noch herzoglicher Besitz gewesen waren.

Für den Schiffstransport des Klosterweins aus den Weingärten in der Wachau auf Donau und Inn erhielt das Chorherrenstift verschiedentlich Privilegien über die Mautfreiheit, so 1287 vom österreichischen Herzog Albrecht I., die er 1295 und sein Sohn Friedrich der Schöne 1314 nochmals bekräftigten. Eine Bestätigung dieser Privilegien durch Kaiser Maximilian I. erbaten der Propst und das Kapitel von Ranshofen schließlich noch 1498. In einzelnen Fällen hat das Kloster aber auch ältere Besitzungen, die schwer zu bewirtschaften waren oder den erwarteten Ertrag nicht erbrachten, wieder abgestoßen. Ein wertvolles Dokument solcher wirtschaftlicher Veränderungen ist eine von Propst Benno Meier 1670 verfasste "Relation von den Ranshoverischen in Österreich gelegenen Höf und Weingärten". Darin verzeichnete der Prälat zunächst alles, was er aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen über die niederösterreichischen Besitzungen Ranshofens in Erfahrung bringen konnte. Es handelte sich um Höfe und Weingärten in Schwallenbach, Spitz, Loiben, Stein, Krems und Gobelsburg in der Wachau und um Weingärten in Kritzendorf bei Klosterneuburg. Zu seiner Zeit waren davon fast nur mehr die Weingärten in Unterloiben - ihre Riednamen sind vielfach bis heute in Gebrauch - dem Stift verblieben. Ihr Zentrum war ein großer Lesehof in Unterloiben nahe der Kirche, der als der heutige "Loibnerhof" identifiziert werden kann. Weil die Kosten-Nutzen-Rechnung des Propstes auch darüber negativ ausfiel, hat er ein Jahr später den ganzen Komplex an das Kloster Tegernsee verkauft.

Einen guten Überblick über den Stiftsbesitz und die Untertanen im Bereich von Ranshofen selbst in der Zeit des beginnenden 18. Jahrhunderts gibt ein im Auftrag des Propstes Ivo (1687–1715) durch den bayerischen Geometer Matthäus Paur im Jahre 1714 angelegtes Mappenwerk ("Gruntrys mit angehengter Beschreibung", in der Literatur im allgemeinen als "Grundriss-Libell" bezeichnet). Der davon erhaltene Teil besteht aus Plandarstellungen aller Besitzungen im Bereich der sogenannten "Hofmark" Ranshofen mit darauf bezogenen Erläuterungen. Diese umfasste damals 81 Häuser, von denen die meisten vom Stift auf Erb- oder Leibrechtsbasis verliehen waren. Etwa die Hälfte davon wurde landwirtschaftlich genutzt. Der Rest war an Gewerbetreibende vergeben, unter denen sich auch ein Saitenmacher, ein Sattler, ein Bierbrauer und ein Metzger aus Braunau finden.

In der Folge der Abtrennung des Innviertels von Bayern durch den Frieden von Teschen ergaben sich während der letzten Jahrzehnte des Bestandes des Klosters Probleme mit der Verwaltung der bei Bayern verbliebenen Besitzungen jenseits des Inn. So wurden etwa im Verlauf der napoleonischen Kriege - Bayern kämpfte damals auf der Seite der Franzosen gegen Österreich - die Erträgnisse von Grundherrschaften, die auf bayerischem Gebiet gelegen waren, für das Stift gesperrt. 1810 schließlich begann man im Zuge der Auflösung die beweglichen Güter und die Wertsachen zu versteigern. Die Einnahmen betrugen 13.000 Gulden, die nach Salzburg, von wo aus kurzzeitig auch das Innviertel verwaltet wurde, abgeliefert werden mussten. Das 400 Joch große Stiftsgut, bestehend aus Äckern, Wiesen, Auen, Gärten und anderem, kaufte am 17. August 1812 der bayerische General und königliche Adjutant Graf Montjoie-Frohberg um 54.000 Gulden. Nur den unteren Teil des Lachforstes und ein Haus in Dietfurt (unterhalb von Braunau) behielt der bayerische Staat für sich zurück.

Rechtliche Verhältnisse

Die rechtliche Lage der Ranshofener Pfalz war vom ausgehenden 11. bis um die Mitte des 12. Jahrhunderts eine eher wechselhafte. Dies findet auch in der damals beginnenden Geschichte des Chorherrenstiftes seinen Niederschlag. Die Pfalz und die dazugehörende Pankrazkapelle waren ja seit der Karolingerzeit Reichsgut und als solches der Verfügungsgewalt des Königs unterstellt. Den Bayernherzögen war zwischendurch zwar die Nutzung überlassen, sie wurden gegen Ende des 11. Jahrhunderts wegen ihrer reichsfeindlichen Politik im Zusammenhang mit dem Investiturstreit aber wiederholt durch Kaiser Heinrich IV. abgesetzt: zuerst Otto von Nordheim und später Welf I.

So begegnet in einer vermutlich 1074 anzusetzenden Traditionsnotiz Kaiser Heinrich IV. selbst als Eigentümer von Ranshofen ("cuius praedium erat, quod Ranshovin vocatur"). Erst seit 1096 wurden die Welfen wieder mit Bayern belehnt und waren damit innerhalb bestimmter Grenzen über das Land am Inn verfügungsberechtigt. Die schwankende Rechtslage von Ranshofen kommt dann besonders in der "Gründungsurkunde" Herzog Heinrichs IX. von 1125 zum Ausdruck. Ihre Textform und ihre Ausstattung schließen sich in vielem dem Vorbild königlicher Siegelurkunden an. Dem Stil der Herrscherurkunden entspricht wohl auch der Hinweis auf die Mitwirkung und Zustimmung von Heinrichs Gemahlin Wulfhilde. Gerade dies ist allerdings rechtlich höchst fragwürdig, da es sich bei den geschenkten Gütern ja nicht um welfischen Eigenbesitz, sondern um dem Herzog überantwortetes Reichsgut gehandelt hat, für dessen Vergabe viel eher die Zustimmung des Königs erforderlich gewesen wäre. (Freilich war im Juli des Jahres 1125 nach dem Tod Kaiser Heinrichs V. Lothar III. noch nicht gewählt.) Die Strafformel, welche eine Bußzahlung von 60 Gulden an die Kammer des Königs bzw. des Kaisers bei Eingriffen in das Schenkungsgut vorsieht, bestätigt diese Auffassung. Dennoch versuchte Herzog Heinrich der Löwe später die Meinung durchzusetzen, Ranshofen sei ein Eigenstift seiner Familie, so vor allem, wenn er die dort dienenden Regularkanoniker als zu seiner Kapelle gehörig bezeichnet und die Gründung insgesamt fälschlicherweise mit seinem Vater Heinrich dem Stolzen in Verbindung bringt.

1139 hatte nach dem Tod Heinrichs des Stolzen zunäch stder Babenberger Leopold IV. zusammen mit dem Herzogtum Bayern das Reichsgut um Ranshofen erhalten. Er ist jedoch bereits zwei Jahre später verstorben. Damals behielt König Konrad III. dann für kurze Zeit Bayern selbst in der Hand. In diesen Zeitabschnitt fällt das große Schutzprivileg Konrads von 1142, in dem der König die Besitzungen des Chorherrenstiftes, das er eine Gründung seines Urgroßvaters, des Kaisers Heinrich III., nennt, bestätigt. Eine Erwähnung einer Erneuerung durch die Welfen wurde in der Urkunde - offensichtlich aus politischen Gründen - unterdrückt.

Im folgenden Jahr belehnte der König den Babenberger Heinrich "Jasomirgott" mit Bayern. Das ist wohl jener "Heinricus Dux Bawariae", welcher in einer anderen Tradition das an den Obstgarten der Regularkanoniker angrenzende Land am Altar des hl. Pankraz übergibt. Auch erscheint er in dem großen Privileg des Papstes Eugen III. von 1147 als Fürsprecher des Stiftes. Darin wird unter anderem erwähnt, dass der Vogt ("advocatus") über das Herzogsgut gleichzeitig der Vogt des Klosters Ranshofen sei. Diese Bestimmung wird dann auch im Privileg des Papstes Hadrian IV. von 1158 wiederholt. Diesmal ist jedoch bereits Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, der Schirmherr des Klosters. Friedrich Barbarossa hatte ihn inzwischen 1154 mit dem von ihm zurückgeforderten Bayern belehnt. Schon 1157 hatte Heinrich der Löwe in einer Urkunde verfügt, dass der Vogt nicht nur die herzogliche Pfalz mit deren Untertanen, sondern auch die Stiftsleute an seiner Stelle beschützen und beschirmen sollte. Er habe auch die Klagen der Kanoniker und ihrer Eigenleute anzuhören und ihnen gebührend Recht zu verschaffen. Geld sollte er dafür nicht von ihnen fordern, sondern nur von des Herzogs Kammer nach altem Herkommen seinen Lohn empfangen. Darüber hinaus solle er keine Verfügungsgewalt über das Kloster oder dessen Eigenleute und Besitzungen haben und auch keine Steuern von ihnen eintreiben.

Vögte begegnen bereits mehrfach in den frühen Ranshofener Schenkungsnotizen aus der Zeit um 1100. Sie waren damals wohl vom König eingesetzt und hatten die Aufgabe, die unfreien Untergebenen vor Gericht zu vertreten, konnten aber auch selbst Streitigkeiten schlichten und Strafen verhängen. Bei Schenkungen an die Kirche fungierten sie als wichtige Zeugen. In späteren Traditionsnotizen wird fallweise der Herzog selbst als Vogt des Klosters angesprochen, so nach 1180 der Wittelsbacher Otto I. ("tune temporis dux Bawariae et eiusdem loci advocatus"). Nach dem Zeugnis der beiden angeführten päpstlichen Privilegien ließen sich aber schon zuvor die Herzöge in dieser Funktion durch von ihnen bestellte Untervögte vertreten. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts werden diese dann meistens als Richter ("judex") angesprochen. Ob die Ranshofener Untervögte ihre Stellung - wie etwa in Reichersberg - zur persönlichen Besitzerweiterung und Bereicherung missbraucht haben, ist aus den Quellen nicht mehr zu erkennen.

Im weiteren Verlauf verschiebt sich die rechtliche Verfügungsgewalt mehr und mehr zugunsten des Landesfürsten. Der ehemalige Pfalzbereich wird dem herzoglichen Amt Burghausen zugeordnet. Einen Höhepunkt erreicht diese Entwicklung mit Kaiser Ludwig dem Bayern, der in sich ja Königs- und Herzogsamt vereinigte. Von ihm erhielt der Propst 1345 das Recht der niederen Gerichtsbarkeit über alle Stiftsuntertanen. Vögte des Chorherrenstiftes Ranshofen treten in der Folgezeit nicht mehr in Erscheinung.

Soziale Verhältnisse

Von den Chorherren, die in der frühen Zeit dem Stift Ranshofen angehört haben, kennen wir nur einzelne Namen, die außerdem meistens wenig über ihre soziale Herkunft aussagen. Ein im Traditionskodex vor 1120 mehrfach genannt er Pfarrer Erenbert wird anlässlich der Schenkung seines Gutes Pfaffing in einer der Notizen als "canonicus s. Pancratii mart." bezeichnet, was ihn als Säkularkanoniker charakterisieren könnte. Ob er später auch noch dem Regularkanonikerkonvent angehört hat, ist ebenso fraglich, wie die - in der Literatur vielfach angenommene - Übernahme der ältesten Augustiner-Chorherren aus dem Salzburger Domstift.

Auch für die ersten Pröpste gibt es vereinzelte Hypothesen ihrer Herkunft, sowohl in genealogischer wie in geistlicher Hinsicht, die freilich einer kritischen Überprüfung kaum standhalten. Einen Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage nach dem sozialen Umfeld der ältesten Ranshofener Regularkanoniker gewinnen wir aus jener Traditionsnotiz von 1138/39, nach welcher der Reichsministeriale Friedrich von Rohr und seine Gemahlin Berta in Anw esenheit des Salzburger Erzbischofs Konrad I. und des Bischofs Roman von Gurk ihr ganzes Gut in Rohr (im oberösterreichischen Kremstal) übergaben, als sie ihren Sohn Richer dem Kloster zur geistlichen Ausbildung anvertrauten. Und in unmittelbarer Nachbarschaft zu dieser Notiz lesen wir im Traditionskodex von der Schenkung eines Eginbert, eines Neffen des Kadelhoch von Rohr, anlässlich seines Eintritts in das Stift ("tradidit semetipsum ad aram s. Pancratii secundum regulam communis vitae ibidem degendum").

Dazu passen auch die spärlichen Angaben, die wir aus einem - nur im "Antiquarium Ranshovianum" des Hieronymus Mayr auszugsweise überlieferten - Ranshofener Nekrolog dieses Zeitabschnitts schöpfen können. Als verstorbene Chorherren wurden darin Konrad von Retenbach, Bernhard von Hut, Hartwig von Sattelbogen, Heinrich von Loitzenkirchen, Heinrich von Braunau, Friedrich von Weilhart, Pabo von Ering und Wilhelm von Mattsee genannt. Es sind vorwiegend Familienangehörige der Ministerialen, die aufgrund ihrer Dienste für den König oder den Herzog unfreie Bauernhöfe, Lehengüter, manchmal auch Eigenbesitz im engeren oder weiteren Umfeld Ranshofens, bewirtschafteten und das Kloster von seinen Anfängen an immer wieder beschenkten. Manche dieser Familien - sie werden in den Urkundentexten einmal als Reichsdienstmannen ("ministeriales regni") und einmal als Herzogsdienstleute ("ministeria les ducis") bezeichnet, was wiederum mit der schwankenden Rechtslage der Ranshofener Pfalz zusammenzusehen sein dürfte - hatten im Kloster auch ihre Grablege.

Das gleiche Bild zeigen die in das Totenbuch eingetragenen Namen der Chorfrauen, aber auch der Laienbrüder und -schwestern, die im Stift Aufnahme gefunden hatten. Aus der - schon oben erwähnten - Supplik des Propstes Sifrid an den Papst Clemens IV. wissen wir, dass vor den kriegerischen Ereignissen, durch die Ranshofen um die Mitte des 13. Jahrhunderts großen Schaden genommen hatte, vierzehn Priester versorgt worden waren, während zu seiner Zeit der Konvent auf drei Angehörige zusammengeschmolzen war. Auch das Chorfrauenstift war den Zerstörungen zum Opfer gefallen. Unter Propst Konrad I. wurde es jedoch erneuert. Es sollten aber nicht mehr als sechs Frauen aufgenommen werden, von denen eine zur Vorsteherin ("magistra") bestellt wurde.

Was die Herkunft der Chorherren anlangt, so begegnen in der Folgezeit weiterhin viele Angehörige von Ministerialenfamilien aus dem Umkreis Ranshofens. Mit dem Ausgang des Mittelalters ändert sich dieses Bild. Zunächst verschwinden die Chorfrauen aus den Quellen. Die überlieferten Namensformen der Chorherren lassen erkennen, dass die in das Stift eingetretenen Personen jetzt mehr und mehr bürgerlicher Herkunft waren und daran änderte sich auch in der Neuzeit nichts. Die Unterlagen, die darüber Auskunft geben, sind vor allem der Visitationsbericht von 1559/60, ferner zwei Namenskataloge der Ranshofener Chorherren von 1665 und 1687 im "Inventarium" des Propstes Benno Meier und schließlich zwei Nekrologaufzeichnungen, die von 1619 bis 1771 reichen (Bayerische Staatsbibliothek München, Clm. 12721, fol. 135-141).

Bei der Aufhebung im Jahr 1811 traten die verbliebenen Chorherren in den Weltpriesterstand über. Der St. Florianer Historiker Franz Xaver Pritz schreibt dazu: Einer der Chorherren weinte über dieses Schicksal, die Anderen verließen das Stift ohne Leid und Freude. Jeder erhielt eine Pension von 600 Gulden Reichs-Währung, die später um 100 Gulden vermindert wurde.

Bibliothek

Der Bücherbestand der Ranshofener Klosterbibliothek wurde durch die Aufhebung des Augustiner-Chorherrenstiftes in alle Winde verstreut. Dies gilt zunächst für die alten Handschriften, von denen der größte Teil 1811 nach München abtransportiert und in der jetzigen Bayerischen Staatsbibliothek untergebracht wurde. Andere Ranshofener Kodizes sind während des 19. Jahrhunderts vorwiegend über den Antiquariatshandel in verschiedene andere Bibliotheken gelangt: drei liegen - nach derzeitigem Wissensstand - in der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin, drei in der Bodleian Library in Oxford, zwei in der russischen Staatsbibliothek in St. Petersburg, um die zwanzig schenkte ein Augsburger Antiquar nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 der Straßburger Universitätsbibliothek, Einzelstücke wurden schließlich noch in Linz (OÖ. Landesbibliothek), in Paris, in Budapest und in New York (Library of Saint Bonaventura College) festgestellt.

Während die Provenienz der Handschriften bei der Katalogisierung soweit wie möglich erfasst wurde, ist es bei den gedruckten Büchern meistens schwieriger, ihre Ranshofener Herkunft nachzuweisen. Eine Reihe von Inkunabeln und Frühdrucken aus dem 16. Jahrhundert kamen bereits 1784 anlässlich der Abtrennung der Diözese Linz vom Passauer Bistum im Zusammenhang mit der Errichtung eines Priesterseminars an die jetzige Bibliothek der Katholisch-theologischen Hochschule in Linz. Nur wenige Einzelstücke verblieben im Raum von Ranshofen und Braunau. Erst mit der breiteren Überlieferung von Ranshofener Handschriften aus dem 12. und 13. Jahrhundert wird eine verhältnismäßig sichere Beantwortung der Fragen nach dem Skriptorium und der Bibliothek des Chorherrenstiftes im hoh en Mittelalter möglich.

Ausgangspunkt der diesbezüglichen Überlegungen war dabei zunächst jenes Ranshofener Evangeliar, das die Bodleian Library in Oxford aus dem Nachlass des venezianischen Ex-Jesuiten Luigi Canonici 1817 erworben hat (Canon . Bibi. Lat. 60). Den vier Evangelien sind jeweils ganzseitige Deckfarbenminiaturen der einzelnen Evangelisten vorangestellt; im Zusammenhang mit der Passionsgeschichte begegnet innerhalb des Johannesevangeliums auch eine ganzseitige "Kreuzigung Christi". Zur künstlerischen Ausgestaltung gehören weiters die Kanontafeln und kunstvolle Initialen von verschiedener Form und Größe. Den reichsten Schmuck zeigen hier die zu Zierseiten ausgestalteten Textanfänge. In einer Eintragung am Schluss der Handschrift werden der Propst Adelhard von Ranshofen und der Schatzmeister Liutold im Zusammenhang mit der Bezahlung des 1178 vollendeten Buches erwähnt.

Georg Swarzenski hat als erster die große Stilverwandtschaft der Deckfarbenminiaturen des Ranshofener Kodex mit denen eines Evangeliars, das bei der Aufhebung des Benediktinerstiftes Mondsee in die Österreichische Nationalbibliothek gelangt ist (Cvp. 1244), aufgezeigt. Da nun im Mondseer Evangeliar ein "Liutoldus monachus" von sich sagt, er habe die Handschrift geschrieben und seinem Können gemäß ausgeschmückt , hat Swarzenski erwogen, den Mönch Liutold mit dem Ranshofener Thesaurar gleichen Namens zu identifizieren. Diese These verfestigte sich dann zur Annahme einer Ranshofener Schreib- und Malschule, als deren Mittelpunkt man den von Mondsee nach Ranshofen übergewechselten Liutold ansehen wollte. In den letzten Jahrzehnten setzte sich jedoch mehr und mehr die Meinung durch, das Ranshofener Evangeliar sei mit einem Salzburger Skriptorium (am ehesten im Benediktinerstift St. Peter) in Verbindung zu bringen.

Salzburger Herkunft wird heute auch für eine dreiteilige lateinische Bibelhandschrift angenommen, von der bis vor kurzem nur die beiden ersten Bände mit Texten aus dem Alten Testament, die bei der Aufhebung Ranshofens nach München kamen (Clm. 23039, Clm. 12601), bekannt waren. Erst im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zur Reichersberger Chorherrenausstellung von 1984 fand Kurt Holter heraus, dass sich der dazugehörige dritte Teil mit dem Psalter und den Schriften des Neuen Testaments ebenfalls in Oxford befindet (Canon. Bibi. Lat. 76). Jeder der drei Bände ist mit verschieden gestalteten Federzeichnungs- oder Deckfarbeninitialen ausgeschmückt. Leider wurden einzelne von ihnen durch nachträgliche Übermalungen entstellt.

Von den zahlreichen übrigen Ranshofener Handschriften des hohen Mittelalters (mit Werken der Kirchenväter Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und Gregor dem Großen, ferner Schriften des Kirchenlehrers Isidor von Sevilla, der Symbolisten Rupert von Deutz, Hugo von St. Victor und Bernhard von Clairvaux sowie des der Frühscholastik nahestehenden Honorius Augustodunensis) hat Elisabeth Klemm die der Bayerischen Staatsbibliothek gehörenden eingehend untersucht und genau beschrieben. Für eine Reihe von ihnen nimmt sie mit Sicherheit eine Entstehung in Ranshofen an (Clm. 12608, Clm. 12613-12616, Clm. 12631, Clm. 12633, Clm. 12641 und Clm. 23603), für andere gilt ihr das zumindest als wahrscheinlich. So lässt dies auf den Bestand eines Skriptoriums seit der Einrichtung des Regularkanonikerstiftes schließen, in dem die meisten der weniger anspruchsvollen Gebrauchshandschriften hergestellt worden sein dürften. Nur für besonders repräsentative Kodizes scheint man auf qualitativ leistungsfähigere Werkstätten zurückgegriffen zu haben.

Einen Hinweis auf den frühen Verlust von Büchern erhalten wir aus einem Bericht der "Mattseer Annalen" über einen Überfall von Kriegsleuten des Passauer Bischofs auf Ranshofen, der dort zwar zum Jahr 1250 überliefert wird, höchstwahrscheinlich aber auf das Jahr 1242 anzusetzen ist. Damals sei das Kloster geplündert und die Pfarrkirche St. Michael in Brand gesteckt worden. Missalien und Bücher, welche der schulischen Unterweisung gedient haben, seien dabei zugrunde gegangen.

Einen freilich nur unvollständigen Überblick über den alten Ranshofener Bücherschatz vermittelt ein um die Mitte des 14. Jahrhunderts geschriebenes Fragment eines Bibliothekskatalogs, der nachträglich in einen Kodex mit der "Legenda aurea" des Jacobus de Voragine eingebunden worden ist (Clm. 12643, fol. 356). Die verzeichneten Handschriften sind in zwei Gruppen aufgegliedert. Zuerst wird eine Reihe von 89 Kodizes aufgezählt, von denen es heißt, sie würden oberhalb der Sakristei des Prälaten aufbewahrt, womit ein Hinweis auf die Lage der Bibliothek während des Mittelalters gegeben erscheint. Die zweite Gruppe wird als in einem langen Kasten befindlich beschrieben. Hier bricht die Reihe allerdings mitten im 21. Titel ab. Das folgende Blatt mit der Fortsetzung ist verlorengegangen.

Das bedeutendste Denkmal humanistischen Geistes, welches Ranshofen hervorgebracht hat, war wohl das über Anregung des Propstes Kaspar Türndl bereits 1517 hier begonnene "Chronikon Ranshofense" des bayerischen Historikers Aventin. Aventin selbst kennzeichnet seinen Versuch einer auf die Quellen zurückgehenden Geschichtsdarstellung im Sinne seines Lehrers Konrad Celtis in der Vorrede durch den Hinweis auf sein Studium der alten Urkunden, des Traditionsbuches und der Kodizes der Stiftsbibliothek. Dass seine Ergebnisse einer kritischen Überprüfung nicht immer standhalten, steht außer Frage. Dennoch war seine Arbeit maßgeblich für alle späteren Darstellungen der Geschichte Ranshofens. Eine Handschrift des Werkes gelangte nach der Aufhebung des Klosters in das OÖ. Landesarchiv nach Linz, eine weitere Abschrift als Geschenk des letzten Stiftsdechants Pankraz Hauser nach Reichersberg.

Die humanistische Gesinnung von Propst Augustin I. Münich bezeugt die Widmungsschrift an den Propst zu den in Sophonias Pämingers "Poematum libri duo" von 1557 veröffentlichten Elegien seines Bruders Balthasar Päminger. Den reformatorischen Tendenzen der Zeit entsprechend nimmt es nicht wunder, wenn im Bericht der Passauer Diözesanvisitationskommission von 1559/60 am Büchervorrat Kritik geübt wird. Zwar fand man in der "Liberei" viele "guete katholische Authores"; aber in einem Stüblein wurden neben unverdächtigen Büchern auch elf Schriften mit protestantischem Inhalt entdeckt.

Im Zusammenhang mit dem Neubau des Konventgebäudes unter den Pröpsten Philipp Vetterl und Simon Meier Mitte des 17. Jahrhunderts wurde ein neuer Bibliotheksraum im Südtrakt des Klosters eingerichtet. Der Ranshofener Stiftsdechant Hieronymus Mayr verfasste damals sein "Antiquarium Ranshovianum", ein zweibändiges Geschichtswerk über Ranshofen. Der erste Band ist in vier Teile gegliedert. Enthalten sind Angaben über den hl. Pankraz, über Gründer und Wohltäter von Kirche und Kloster, über die Lebensweise der Chorherren, aber auch Verzeichnisse der Konventsmitglieder aus älterer und jüngerer Zeit. Der abschließende vierte Teil bringt eine nach den Pröpsten geordnete Stiftsgeschichte bis 1634. Die Titelseite zeigt in Form einer Federzeichnung das Aussehen des Klosters nach der Erneuerung. Dieser Band ist heute im Besitz des OÖ. Landesarchivs. Die Fortsetzung dazu über die Jahre von 1635 bis 1665 befindet sich in der Bibliothek des Chorherrenstiftes St. Florian.

Die wichtigste Quelle für unsere Kenntnis der Ranshofener Bibliotheksgeschichte während des ausgehenden 17. Jahrhunderts ist ein "Inventarium der geistlichen Sachen des Stiftes Ranshofen", das Propst Benno Meier anlässlich seiner Resignation 1687 anfertigen ließ. Es enthält neben Inventaraufschreibungen und zwei Namenskatalogen der Ranshofener Chorherren vor allem eine katalogartige Liste sämtlicher unter seiner Herrschaft angekauften Druckwerke ("Libri comparati"). Einige der genannten Bücher befinden sich heute in der Braunauer Studienbibliothek. Ranshofener Herkunft ist wohl auch für den dort ebenfalls vorhandenen Bericht über die Ranshofener 800-Jahr-Feier von 1699 ("Saeculum octavum", Augsburg 1702) vorauszusetzen. Nach der Widmung an Propst Ivo Kurzbauer werden im ersten Teil die Texte der Predigten, die während des "Acht-tägigen hoch-feyerlichen Jubel-Festes" von verschiedenen Kanzelrednern gehalten wurden, abgedruckt.

Bau- und Kunstgeschichte

Baugeschichte

Der älteste Kirchenbau in Ranshofen war die zwischen 896 und 898 durch Kaiser Arnulf errichtete und dem hl. Pankraz geweihte karolingische Pfalzkapelle. Eine in der älteren Forschung diskutierte noch frühere Marienkapelle ist quellenmäßig nicht zu belegen. Diese Pfalzkapelle wurde dann mehr als zwei Jahrhunderte später zur ersten Klosterkirche des Augustiner-Chorherrenstiftes umgewandelt. Bei seiner Einrichtung überließ der damals hier herrschende Bayernherzog den Regularkanonikern seine Kapelle für den Gottesdienst. Als Seelsorgekirche wurde daneben eine dem hl. Michael geweihte Pfarrkirche gebaut. Leider ist von der alten Pfalzkapelle - ebenso wie von der Königs- beziehungsweise Herzogspfalz, zu der sie gehört hat - kaum mehr etwas erhalten geblieben.

Grabungen, die der um die Archäologie der Umgebung von Braunau bemühte Maler Hugo von Preen zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Auftrag der k.u.k. Zentralkommission durchführte, blieben ohne nennenswerte Ergebnisse. Nur in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Stiftskirche stieß er auf Reste alter Grundmauern, die man mit der Pfalz in Verbindung bringen konnte. Im Zusammenhang mit einer Nachricht aus den „Mattseer Annalen" über die Zerstörung Ranshofens zum Jahr 1242, aus der hervorgeht, dass die Pfalz damals zwischen dem Kloster und der Pfarrkirche St. Michael gestanden war, hat Schiffmann dann aufgrund dieser Grabungen die Hypothese abgeleitet, die Pfalz sei westlich von der Pfalzkapelle, etwa an der Stelle, wo das Hauptschiff und der Turm der heutigen Kirche stehen, gelegen gewesen. Die Pfalzkapelle selbst aber - damals noch nicht größer als das jetzige Presbyterium - habe den Ostabschluss des Pfalzgebäudes gebildet.

Ein Neubau des Chorherrenklosters oder eine Erweiterung des vorher ja schon anzunehmenden Säkularkanonikerstiftes nach 1125 ist naheliegend. Höchst fragwürdig erscheint allerdings eine Kirchweihnotiz für das Kloster und den "Pankrazaltar" ("monasterium et altare s. Pancratii") von 1135. Sie nennt nämlich neben dem weihenden Bischof Reginbert von Passau den Kaiser Heinrich II., eine Reihe von Bischöfen und einen Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen als Anwesende. Reginbert wurde allerdings erst 1138 Passauer Bischof (sein Vorgänger hieß Reginmar) und der Kaiser und die übrigen Bischöfe scheinen aus der verfälschten Urkunde Kaiser Heinrichs III. von 1040 übernommen zu sein. Nur Herzog Heinrich X. (der Stolze) von Bayern, der allerdings auch erst 1137 zusätzlich mit Sachsen belehnt worden war, käme als "Zeitzeuge" in Betracht.

Nach schweren Schäden, die Kirche und Kloster bei den kriegerischen Überfällen von 1242, 1250 und 1266 erlitten hatten, wurden beide wiederhergestellt und schließlich 1283 durch den Regensburger Bischof Heinrich neu eingeweiht. Die kunstgeschichtliche Forschung vermutet für die Kirche einen Bau im Stil der frühen Gotik. Reste von zwei säulentragenden Steinlöwen und drei Medaillonbilder an der südlichen Außenmauer des Chores, die stilistisch zu dieser Bauperiode gehören, lassen jedenfalls erkennen, dass beim spätgotischen Kirchenbau zu Beginn des 16. Jahrhunderts zumindest ein Teil des Mauerwerks übernommen wurde.

1337 stiftete der Braunauer Bürger Ulrich Schön eine Friedhofskapelle (Karner), die dem Hl. Geist und dem hl. Oswald geweiht wurde. Sie ist als achteckiger Tuffsteinbau mit spitzbogigem Portal und drei Fenstern erhalten geblieben. Im Inneren enden die von verschieden gestalteten Konsolen ausgehenden Rippen in einem Schlussstein mit großer Rose.

Für die Seelsorgekirche wurde 1474 von Propst Wolfgang der Grundstein zu einem gotischen Neubau gelegt. Auf den ältesten erhaltenen Abbildungen ist ihr Turm noch mit einem spitzzulaufenden Helm gedeckt. Als ältestes Element des Um- bzw. Neubaus der Stiftskirche ist die unter Propst Blasius Rosenstingl (1494-1504) neu gestaltete Marienkapelle ("Rosenkranzkapelle") anzusehen, die später - als ostseitiger Abschluss des nördlichen Seitenschiffs - in die Konstruktion der Kirche einbezogen wurde. Von diesem unter Propst Kaspar Türndl (1504-15 26) errichteten spätgotischen Bau ist freilich heute kaum mehr etwas zu erkennen, wenn man von der schlichten Außenerscheinung mit den glatt geputzten Wänden, dem Tuffsockel und den dreifach gestuften Stützmauern des Langhauses absieht.

Im Inneren ist die gotische Baukonstruktion fast zur Gänze durch die Umformungen der Barockzeit verdeckt. Nur das einfache Kreuzrippengewölbe des oberen Konventchores oberhalb der Sakristei ist vom Kirchenschiff aus noch sichtbar. Im Hinblick auf die der gleichen Bauperiode angehörenden Bauten der Ranshofener Filialkirchen in Neukirchen/Enknach und Hochburg, vor allem aber der Bürgerspitalskirche in der nahen Stadt Braunau, die als inkorporierte Pfarre ja ebenfalls an das Stift gebunden war, spricht Brucher in seiner Darstellung der "Gotik in Österreich" von einer Innviertler Bautengruppe, die nachhaltig im künstlerischen Ausstrahlungsbereich des Hans von Burghausen stand. Eine Nähe solcher Tendenzen wird man für die Stiftskirche selbst zumindest hypothetisch voraussetzen dürfen, auch wenn der Nachweis dafür nur schwer zu erbringen ist.

Das Bild der baulichen Entwicklung Ranshofens ist in den folgenden Jahren von der Barockisierung geprägt, die in mehreren Phasen vor allem dem Innenraum der Stiftskirche ein völlig neues Aussehen verlieh. Die ersten Ansätze dazu sind schon für die Zeit von Propst Hilarius Steyrer (1610-1620) überliefert. Zu großen Veränderungen kam es unter seinem Nachfolger, Propst Philipp Vetterl (1620-1634). 1621 war der Turm der Stiftskirche eingestürzt. In der Folge ließ der Propst - er wird in der Grabinschrift als "architectus insignis" gerühmt - einen neuen bauen, der allerdings weiter nach Westen verlagert wurde, da man zwischen Turm und Kirchenschiff eine halbrunde Westkonche einschob. Diese diente der Errichtung einer Musikempore, auf der eine damals neu angeschaffte Orgel aufgestellt wurde.

1624 begann Propst Philipp auch noch mit der Erneuerung des Stiftsgebäudes, wofür er aus Italien Maurer berief ("ex Italia murarios conducens"). Im Stadium seines vollen Ausbaus, wie es Ansichten aus der Zeit nach 1700 sichtbar machen, bestand das Kloster mit seinen Nebengebäuden aus drei in Nord-Süd-Richtung aneinander anschließenden Gevierten: dem Konventgebäude mit der Prälatur, der Dekanei und der Bibliothek, einem verbindenden Zwischengebäude und dem Meierhof mit dem Bräuhaus. Nach Osten zu waren verschiedene Gärten angelegt (der Blumengarten, der Konventgarten, der Baumgarten und der sogenannte "Kuchelgarten"). Das Ganze wurde von einer Einfriedungsmauer mit einem Torturm umschlossen.

Um 1650 standen davon nur der unter Propst Philipp erbaute Konventtrakt und der Meierhof, den Propst Philipps Nachfolger, Propst Simon Meier (1634-1665), neu errichten ließ. Als Baumeister hat Martin dafür einen Bartolomeo Viscardi ausfindig gemacht, der sich in einem Kommissionsprotokoll der Jesuitenkirche in Burghausen als "Stift Ranshofenscher Baumeister" bezeichnet. Schon vorher nannte Schiffmann einen Kaspar Regeton, der 1624/25 auch am Stiftsneubau in Reichersberg beteiligt war. Ulm hat ihn als einen Kaspar Righettoni aus Castenada im Misoxtal in Graubünden identifiziert.

Der Verbindungstrakt zwischen Konventgebäude und Meierhof entstand erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts, ebenso ein westlich von der Stiftskirche ausgeführter Gasttrakt. Die umfangreichsten Veränderungen an der Stiftskirche wurden unter Propst Ivo Kurzbauer (1687-1715) im Hinblick auf die 800-Jahr-Feier von 1699 vorgenommen. Abgesehen von der großzügig erneuerten Innenausstattung kam es zu zahlreichen Eingriffen in die Bausubstanz der Kirche, die alle dem Zweck dienen sollten, den Innenraum in Einklang mit dem barocken Gesamtbild zu bringen. Dazu gehörten vor allem eine Erweiterung der Fensterflächen, das Abtragen einiger Pfeiler, die von außen das Kircheninnere verfinsterten, und schließlich im Chor die Konstruktion einer in den Dachraum hineinragenden Kuppel, um so dem neuen Hochaltar eine entsprechende Höhenausdehnung zu ermöglichen. Propst Ivo begann auch noch mit dem Bau eines neuen Turmes mit barockem Helm für die Pfarrkirche St. Michael, der unter seinem Nachfolger, Propst Augustin II., nach 1715 fertiggestellt wurde. 1799 wurde diese Kirche jedoch zur Gänze abgetragen. Das dabei freigewordene Material verwendete man zum Ausbau der Festung Braunau.

Im 19. Jahrhundert wurden nach der Aufhebung und der damit verbundenen Profanierung des Stiftes der nördliche und der östliche Teil des Konventgebäudes abgetragen. 1859 brannte der Turm der ehemaligen Stiftskirche aus, wobei die Barockorgel völlig zerstört wurde. Die spitze Helmform, welche der Turm beim Wiederaufbau erhielt, könnte als unbeholfener Versuch einer Regotisierung gemeint gewesen sein.

Bildende Kunst

Abgesehen von den kunstgeschichtlich wertvollen romanischen Handschriften sind nur ganz wenige mittelalterliche Denkmäler der bildenden Kunst aus Ranshofen erhalten geblieben. Zu nennen sind hier zunächst jene drei Medaillonbilder im sogenannten "Rollgang" an der südlichen Außenmauer des Chores der ehemaligen Stiftskirche vom Beginn des 14. Jahrhunderts. Sie wurden in der älteren Literatur als Apostelköpfe gedeutet, zuletzt wurde auch erwogen, ob man sie nicht mit einer Notiz Aventins in Zusammenhang bringen könnte, nach der die Bischöfe Reginbert von Passau und Heinrich von Regensburg auf Fresken dargestellt waren. Dem gleichen Zeitabschnitt sind stilistisch jene zwei säulentragenden Portallöwen aus Ranshofen zuzuordnen, die heute die Besuchergarderobe im Braunauer Bezirksmuseum behüten. In der Stiftskirche selbst ist noch die schön gestaltete gotische Grabplatte des Propstes Blasius Rosenstingl, die dem Salzburger Bildhauer Hans Valkenauer zugeschrieben wird, zu sehen. Rosenstingls Verehrung der Gottesmutter - er hat ja auch den Neubau der Marienkapelle durchgeführt - findet darauf in einer Darstellung der hl. Maria, die von zwei musizierenden Engeln begleitet wird, beredten Ausdruck.

Im Umkreis der Ranshofener Filialkirchen wären noch zwei qualitativ hervorragende Holzreliefs mit Darstellungen des Marientodes in Hochburg (um 1490) und in Neukirchen/Enknach (um 1510) hervorzuheben sowie eine Monstranz aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert, die der heutigen Pfarrkirche in Handenberg gehört, ferner der "Bäckeraltar" in der Braunauer Stadtpfarrkirche. Obwohl für die Zeit des beginnenden Barock mehrfach über Altarerneuerungen in Ranshofen berichtet wird, ist kaum etwas namhaft zu machen, was aus dieser Periode an kunstgeschichtlich Bedeutsamem erhalten wäre. In jüngerer Zeit hat allerdings Lipp die Herkunft einer im Braunauer Bezirksmuseum aufgestellten Holzplastik aus Ranshofen aus dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts von einem Ranshofener Altarwerk zur Diskussion gestellt. Diese wollte man aufgrund der Krone und der Reichsinsignien früher als eine Darstellung des Kaisers Arnulf ansehen. Lipp deutete sie als den heilig gesprochenen Kaiser Heinrich II., der ja im klostereigenen Geschichtsverständnis einen besonderen Stellenwert einnahm.

Zusammenhänge mit einem Altarwerk der Stiftskirche werden auch für Holzplastiken des hl. Pankratius und vier Engelfiguren aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vermutet, die heute als Aufsatzfiguren der Orgel dienen. Zwei herausragende Stücke kunstgewerblicher Arbeit sind schließlich noch die Monstranz und der Kelch, welche 1682 durch Propst Benno Meier bei dem Augsburger Goldschmied Georg Reischle in Auftrag gegeben wurden. Beide Geräte sind aus Silber gefertigt, teilweise vergoldet und mit Halbedelsteinen geschmückt. Zahlreiche Emailmedaillons mit Szenen aus dem Leben Christi gehören zur künstlerischen Ausstattung des Ensembles. Dazu kommen weitere Medaillons mit Grisaillebildern der Rosenkranzgeheimnisse, welche das herzförmige Fenster der Monstranz einrahmen.

Das Erscheinungsbild, das heute den Besucher der ehemaligen Stiftskirche in Ranshofen empfängt, ist geprägt von der großzügigen Umgestaltung, welche das Innere im Hinblick auf die 800-Jahr-Feier von 1699 erfahren hat. Dies gilt sowohl von den damals neu aufgestellten Altären als auch von den Deckenfresken im Haupt- und im nördlichen Seitenschiff. Die Bilder des monumental wirkenden Hochaltars, die Enthauptung des hl. Pankraz und darüber (als Aufsatzbild) die hl. Dreifaltigkeit darstellend, stammen von dem in Braunau geborenen bayerischen Hofmaler Johann Kaspar Sing. Sie werden von einem Aufbau aus gewundenen Säulen, Akanthusranken und einer Reihe von Heiligenfiguren eingerahmt, der dem Braunauer Bildhauer Sebastian Hagenauer zugeschrieben wird.

Ein genaueres Hinsehen verdient die Deckengestaltung mit der Stukkaturverzierung und den beiden Freskenzyklen zur Pankrazvita (im Chor und im Hauptschiff) und zum Marienleben (im nördlichen Seitenschiff). Das Besondere daran sind eine Fülle kleiner Emblembilder, die um die erzählenden Hauptbilder herum gruppiert sind und das dort dargestellte Geschehen kommentieren bzw. erläutern, eine Darstellungsform, die sich im Hochbarock einer gewissen Beliebtheit erfreute und der zahlreiche Handbücher gewidmet waren.

Die Reihe der Pankrazbilder etwa beginnt im Chorraum über dem Hochaltar mit einem Mittelbild, das die Unterweisung des jungen Pankraz durch den Papst zeigt. In zwei kleineren, flankierenden Seitenbildern wird die Landung des aus Phrygien stammenden Jünglings mit seiner Begleitung in Ostia bzw. der Empfang der Reisegruppe am Tor des päpstlichen Palastes geschildert. Die dazugehörenden Emblembilder zeigen eine Uhr, eine Sonnenblume, eine Feuerwerksrakete und eine Nachteule. Die Uhr, deren im Gehäuse verborgenes Werk die Zeiger treibt, symbolisiert die geheime Kraft, die den jungen Pankraz auf seine Reise trieb. Die Sonnenblume, die sich sogar der hinter Wolken versteckten Sonne zuwendet, verweist auf den Weg zum Glauben, den er auch durch Hindernisse unbeirrt geht. Die brennend zum Himmel aufsteigende Feuerwerksrakete ist ein Bild für den Feuereifer, mit dem der junge Mann seinen Weg zu Gott sucht. Die Nachteule schließlich, die von der aufgehenden Sonne vertrieben wird, zeigt seine Erleuchtung durch den päpstlichen Religionsunterricht an.

Wer dieses komplizierte Bildprogramm entworfen hat, wissen wir nicht. Am ehesten ist an Propst Ivo Kurzbauer selbst zu denken. Die Ausführung der Bilder schreibt Martin in der Kunsttopographie des Bezirkes Braunau aufgrund einer Eintragung in den Ehematriken der Ranshofener Kirche dem Laienbruder Christof Lehrl aus dem bayerischen Chorherrenstift Högelwörth zu. Lehrl wird dort zusammen mit zwei Stukkateuren als Trauzeuge bei der Hochzeit des Malers Josef Pöckl aus Teisendorf, der später in Uttendorf ansässig war, genannt. Dass dieser Pöckl auch an den Fresken mitgemalt haben dürfte, ist Martin entgangen.

Eine Signatur "I.P." bei einem der Fresken des Seitenschiffs könnte aber mit "Iosephus Pöckl" aufzulösen sein. Dieses Monogramm findet sich übrigens auch bei einem der "Autorenbilder", mit denen zur gleichen Zeit die Decke der Bibliothek im Konventtrakt ausgeschmückt wurde, wieder. Unter Propst Augustin II. Pariser wurde um 1730 die Rosenkranzkapelle mit Fresken ausgeschmückt, in den letzten Jahrzehnten des Bestehens des Chorherrenstiftes ist dann noch die Ausgestaltung von Teilen des Prälatentraktes mit Stuckverzierung von Johann Baptist Modler aus Kößlarn hervorzuheben.

Musikpflege

Die einzige zur Gänze erhaltene mittelalterlich e Musikhandschrift aus dem Chorherre nstift Ranshofen , ist ein „Breviarium sive ordo" genannter Kodex des 13. Jahrhunderts in München (Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 12635 B ). Sie verzeichnet und erläu tert die Reihenfolge der Gesänge für das Stundengebet und die Messe für die einzelnen Festtage im Verlauf des Kirchenjahres. Als Vorlage des Ranshofener Kodex ist ein „Ordinarium" des Salzburger Domstiftes aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhund erts anzu sehen (Universitätsbibliothek Salzburg, Cod. M II 6). Über weite Strecken textgleich mit der Ranshofen er Hand schrift ist außerdem der Vorauer Cod. 99, der ebenfalls dem 13. Jahrhund ert angehört. Besonderes Intere sse seitens der Wissenschaft fand in diesen miteinander verwand ten Handschriften die Aufzeichnung der „Visitatio sepulcri", eines gesungenen geistlichen Spiels innerhalb der Osternachtsliturgie, in dem der Besuch der Frauen am Grabe Jesu, ihre Botschaft an Petru s und Johanne s und deren Wettlauf zum leeren Grab in einer sehr zeremoniösen Weise darge stellt werden. Den Schluß bildet das vom Volk gesun gene deutschsprachige Oster lied „Christ ist erstanden". Man sieht in dieser sogenannten „Liturgischen Osterfeier" eine wesentliche Wurzel für die Entwicklung des mittelalterlichen Drama s. Aus inzwi schen verlorengegangenen mittelalterlichen Liturgiebüch ern hat schließlich noch im 17. Jahrhundert Hieronymus Mayr die Texte einer Sequenz (,,Ante thronum majestatis") und eines spätmittelalterlichen Reimoffizium s zum Pankrazfest in sein ,,Antiquarium Ranshovian um" kopiert. Schon für diesen Zeitraum ist eine inten sive Musikpflege innerhalb der Stiftsschule vorauszuse tzen. Neben der mu sikalischen Theorie, die im Rahmen der Unterweisung aus den „Sieben freien Künsten" verm ittelt wurde, erfuhren die Klosterschüler eine gründ liche Schulung in der Praxis des Singens, sodaß sie beim Gottesdienst die Chorherren unter stüt zen, manchm al sogar vertreten konnt en. Seit dem 16. Jahrhundert lassen sich dann auch für die Musikpflege in Ranshofen Erscheinungen beobachten, die mit der Ausbreitung der humani stischen Bewegung in Zusammenhang stehe n. So traten in der Klosterschule an die Stelle des geistlichen „Scholastic us" weltliche Lehrer, die zusammen mit ihren Schülern auch in der Kirche sange n, wobei die mehrstimmigen Musikformen der Renaissance rasch in das Repertoire eindra ngen. Die Wurzeln dafür kann man bis in die Regieru ngszeit des Propstes Kaspar Türndl zu rückverfo lgen . Er ließ für die „Präbend isten" - die auf Kosten des Stiftes ausgebildeten Sängerknaben - eine eigene Unterkunft erbauen. Unter seinem Nachfolger, Propst Augustin Münich, wirkte hier vor 1550 ein Magister Johann Kappenstill als Lehrer, der spä ter als Stadtschreiber in Passau im Umkreis des dortigen Humanismus große Wertschätzung genoß und zum Freundeskreis um Leonhard Päminger gehört hat. Seinem Nachfolger, Magister Stephan Vokenrieder, hat Päminger sogar zwe i Spruch mot etten gewidme t, die später in die gedruckt e Ausgabe der Pämingerschen „Cantiones ecclesiaticae" aufgenommen wurde n. Ein umfa ssend es Bild der schuli schen Verhältnisse in Ranshofen um die Mitte des 16. Jahrhundert s vermittelt das Passauer Visitationsprotokoll von 1559 / 60. Der cantor hielt sich zur Zeit der Kirchenvisitation überhaupt von den Musikaufführungen fern (singt nicht zu Chor). Mit den Schülern, welche er unt errichtete, sang er jedoch regelmäßi g vor Beginn des Unterrichts das „Veni, sancte Spiritus" und das „Veni creato r". Über den scholasticus erfahren wir, daß er mit den Schülern eine „Comoed ia de coena Domini" (,,Spiel vom Herrenmahl") au fgeführt hab e: ein Hinweis auf die Pflege des Schultheaters in Ranshofen. Die Größe der Stiftsschule wird daran erkennbar, daß neben dem Schulmeister und dem Kantor noch ein Magister Thomas Winter genannt wird. Er wird als ludirector bezeichnet, hatt e also wohl neben dem Schuldienst auch noch die Leitung der Kirchenmusik zu versehen. Über da s Mu sikrepertoire sind wir leider nur sehr bruchstückhaft informiert. Vorauszusetzen ist die fortl aufen de Pflege des Gregorianischen Chorals. Danebe n werden verschieden e prote stantische Gemeindelieder genannt, die zunächst wohl einstimmig, fallweise verm utli ch von der Schulkantorei in mehrstimmi gen Sätzen gesungen wu rden , in denen sie schon sehr früh Verbreitung gefund en hatt en. Gewiß sang man daneben aber auch mehr stimmi ge lateinische Meßkompositionen. Eine Orgel hat es dam als hier ebenfalls schon gege ben, denn im Visitationsbericht wird berei ts ein Organist unter den Klosterdi enern aufgezählt. Die noch in den letzten Jahr zehnt en des 16. Jahrhund erts einsetzen de Gegenreformation beginnt dann das Erscheinungsbild des Schul wesens und der Mu sikpflege alsbald zu verändern. In einer staatlic hen Schulordnung von 1569 wurde für die Lateinschul en wieder das Singen der alten Choral weise n vorgeschriebe n. Die gefälschten Psalmen und Lieder - geme int sind die protestantischen Kirchenlieder - wur den aus Kirche und Schule verbannt. Ein Zeugnis dieser vorerst nur zöge rnd einsetze nd en Entwicklung ist für Ranshofen der Visi ta tionsbericht des römischen Kurienkardinals Commendone aus dem Jahre 1569. Nach ihm unt erric htet en damals imm er noch dr ei Lehrer etwa achtz ig Schül er aus Grammatik und Musik. Die Chor herren sangen das Offizium schön und mit Andacht auf dem alten Konventchor ober halb der Sakristei. Während der Woche wurde die Messe nur gelesen. An Sonn- und Feiertage n jedoch sange n sie die Chorknaben in der Pfarrkirche St. Michae l. Eine we itere wichti ge Umstellun g des Schu lwesens erfolgte zu Beginn des 17. Jahrhund erts . Nach dem Vorb ild der Jesuitengymnasien übern ahm jetzt wieder ein Geistlicher die Leitung der Schu le und das Amt des regens chori. Weltliche Lehrer sind fortan nur noch in unt ergeordneter Stellung anz utr effen . Der erste geist liche Chorregent in Ranshofen, den wir dem Namen nach kennen, ist der spätere Prop st Philip p Vetter!. Das „An tiqu arium Ranshovian um" berichtet von argen Mißständ en, die damals im Kloster geherrscht hätten. So habe Frater Philippus das Offizium, besonders die aben dlich e Vesper, häufig mit den Chorkn aben allein gesungen, während sich die übri gen Stiftsangehörigen in Wirtshäusern und Spelunk en herumgetrieben hätten. Nach seiner Wahl zum Propst begann er jedoch zielstrebig das .Kloster zu erneuern . 1622 wurd e auf der neu gebau ten Musikempore der Stiftskirc he eine neue Orgel aufgestellt. Noc h die Grabin schrift des Propstes rühm t das Werk wegen der Größe der Pfeifen und der Lieblichk eit seines Klanges. Um die Mitte des 17. Jahr hund erts wirkte Sebastian Widerstain als Stiftso rganist in Ranshofen. Nach einem Musikalienkatalog des Münch ener Buchhändlers Paul Parsdorffer gab er eine Sammlung von „Miserere" für vier bis acht Singstimmen, zwei Violinen und Orgel im Druck heraus, denen noch eine „Lauretanisc he Litanei" hin zugefügt ist. Die Besetzung der leider nir gend s erhaltenen Samml un g Wider stains zeigt, daß damals bereit s Musikformen des Frühbarock mit selbständi g gefü hrt en inst rum entalen Begleits timm en in unserem Raum verbreitet waren. 1699 wurde zum 800-Jahr-Fest des Bestehens der Pankr azka pelle im oberen Konventchor eine kleine Chororg el aufgeste llt. Das musikalische Programm der Gottesdienste, die im Verlauf der eine Woche dauernd en Festlichkeiten stattfanden, ist leider nicht im Detail überliefert. Von Biber ist in Kremsmünster die Abschrift einer „Missa Sti. Henrici" erha lten. Es ist nicht auszusc hließen, daß sie in diesem Zusammenha ng von Ranshofen in Auftrag gegeben worden ist, verehrt e man doch damals den heiligen Kaiser Heinrich II. - wenn auch nur irrtümlich - als einen der Gründ er des Stiftes. Ein Vierteljahrhundert später begegnet in Wilhelm Ganspeckh (1687- 1770) der erste und gleichzeitig einzige Ranshofener Chorh err, der nachweisbar auch als Komponist tätig gewese n ist. Der Vater und zwe i seiner Brüd er waren unter Kurfürst Max Emanuel Musiker an der Bayeri schen Hofmusikkapelle. Nach seine n Studi en und der Priesterweihe war er lange Zeit Chorregent im Kloster. Von seinen mu sikalischen Werken ist einzelnes erhalten geblieben, vor allem ein Dru ck mit acht Messen und einem Requ iem, der 1724 unt er dem Titel „Octiduu m sacrum" erschienen ist. Als zwei ter Teil sind noch zwö lf Offertorien angehängt. Die Messen sind nach den Altarheiligen der Stiftskirche benann t. Zur Sekundi z des letzten Ranshofener Propstes Johann Nepo muk Kierl wurde 1805 noch eine eigens dafür komponierte Kantate (,,Heut möge jede Brust das mächtige Gefüh l der Freud e schwe llen") eines unbekannt en Komponisten aufgefü hrt, deren Partitur erhalten ist. Sie ist das letzte Zeug nis der Mus ikpflege im Kloster.

Archivalien

Das Ranshofener Stiftsarchi v enthi elt seinerzeit eine große Zahl von Originalurkun den, dazu mehr ere Kopialbüch er, andere Hand schriften und sonstige Akten. Das meiste davon kam bei der Aufhebung 1811 nach München in das jetzige Bayerische Hauptstaatsa rchiv. Kleinere Aktenbestände befanden sich außerdem im Staatsarchiv in Land shut, wurd en von dort aber in der Zw ischenzeit ebenfalls an das Hauptstaatsarchiv in Mün chen abgegeben. Nur weniges ist im Ranshofener Pfarrh of zurückgeblieben. Die älteste erhaltene Urkunde ist die von Kaiser Arnulf über die „Verleihu ng" der Pfalzkapelle an den Priester Ellimpr echt (Bayr. HStA München, Kaiserselekt 87 = Ranshofen Urk. 1) aus dem Jahre 898. Sie muß seit der Karolingerzeit dur chgehe nd an der Pankra zkirche aufbewahrt worden sein. Im Bayerischen Hauptstaa tsarchiv befindet sich auch die Urkunde Herzog Heinrich s IX. von 1125, der sogenannte „Stiftbrief" des Augustiner-Chorherrenklosters (Ranshofen U rk. 2, Abb. 20), neben weiteren Königs- und Herzogsur kund en. Auch päp stliche Privilegien für Ranshofen liegen dort auf. Von den Hand schriften des Archivs ist jene des alten Traditionskodex seit der Aufhebung des Klosters leider ver schollen. Die einzige auf das Originalmanuskript zurückgehend e Textedition ist die der Monum enta Boica von 1764. Diese Textform wurd e dann 1852 im ersten Band des Urkund enbuche s des Lande s ob der Enns neu erlich abgedruckt. Etwa gleichzeitig fand der St. Florianer Chorherr Jodok Stülz im „Antiquarium Ranshovianum " des Hieronymus Mayr (Abb. 22) eine große Zahl von Traditionen , die Mayr um 1650 aus dem Tradition skodex kopiert hatte. Ein Reihe von weiter en Notizen sind darin in regestenartig er Form wiedergegebe n. Diese Überlieferu ng wertete Konrad Schiffmann 1905 in einer Neuedition aus und erläut erte seine darau s abgeleiteten Erkenntnisse in einer ausfüh rlichen Einh:itung. Zum einen kann man nämlich aus dem Vergleich der verschiedenen Überliefe rung en erkennen , daß im Monumenta-Boica-Text eine Reihe von Noti zen ausgelassen wurd en. Zum anderen lassen sich aus den von Mayr gemac hten Angaben über die Folien, auf denen er die einzelnen Traditi onen gefunden hatt e, wertvolle Hin weise auf die ursprün gliche Zusamm ensetzung des Kodex gewinn en. Dabei wird deutlich , daß die Handschr ift aus mehreren vorerst voneina nder unabhän gig bestehend en Lagen schließlich zu einem Kodex verbund en wurde. Einzelne Lagen erscheinen hin sichtlich der Chronologie falsch aneinand ergereiht. Au ßerdem begegn en die Notizen der ersten Lage in einem spä teren Teil ein zweites Mal, wobe i die älteste Lage mit der Notiz über die vom Bayernherzog Welf II. getätigte Schenkung von Besitzun gen in Handenberg an die Pankrazkirche und die als zugehörige Filialkirch e zu denkende Jakobikap elle in Handenb erg (Schiffmann II 1, um 1110) eröffnet worden sein dürfte. Von den erhalten geblieb enen Handschriften des Archivs ist das „Regist rum " des Propste s Konrad I. von 1277 / 1303 die wichtigste (Bayerisches Hau ptstaa tsarch iv, Ransh. Lit. 1). Sie enth ält neben den beiden - bereits oben im Abschni tt über die wirtschaftliche Entwicklung gestreiften - Urbaren zwei Kopialbü cher mit wichtigen Urkund enabschriften. Die vier Teile wurd en vermutli ch erst im 17. Jahrhund ert zu einem Kodex zusamm engebund en. Die beiden Kopialbücher enth alten wertvo lle Zeugnisse zum Ranshofener Urkund enwe sen, darunt er Kopien von heute verschollenen Originalurkunden , wie etwa die Abschriften jener beiden Urkund entexte, die als verfälschte Fassungen eines Diploms Kaiser Heinrichs III. für Ranshofen anzuse hen sind. Auf fol. 47ff. finden sich Angaben über verschiedene Altarweih en, die Schiffmann im Anhang seiner Ranshofener Baugeschichte publi ziert hat (,,Die Kirchweih-Chronik von Ranshofen"). Zwei weitere Kopialbü cher schrieb am Beginn des 15. JaJuhu nderts der Chorherr Christian Perger aus Eggenf elden (Ransh. Lit. 4 bzw. 3). Ein von Prop st Philipp Vetterl 1623 angeleg tes Urkund enbu ch befindet sich im Braunauer Stadtpfarrkirch enarchiv. Es enthält zunäch st Kopien von Urkund en, die sich auf die Braunauer Stadtpfarr e St. Stephan beziehen, im weiteren Verlauf sind auch andere Stiftungen zugunsten des Klosters oder seiner Filialkirch en in den Text aufgenommen. Zum Archivbes tand hab en wohl auch der Bericht des Prop stes Benno Meier über die niederösterreichischen Besitzungen von 1670 und das von ihm angelegte „Inventarium " von 1665 / 1687 gehört (vgl. oben die Abschnitt e „ Wirtschaftli che Verhältni sse" w1d ,,Bibliothek").

Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von Sacra.Wiki. Durch die Nutzung von Sacra.Wiki erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern.