Sacra.Wiki Johann Georg Wiesmayr: Unterschied zwischen den Versionen

Johann Georg Wiesmayr: Unterschied zwischen den Versionen

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|Quelle=Berthold Otto Cernik, Die Schriftsteller der noch bestehenden Augustiner-Chorherrenstifte Österreichs von 1600 bis auf den heutigen Tag (Wien 1905) S. 8-14.  
|Quelle=Berthold Otto Černik: Die Schriftsteller der noch bestehenden Augustiner-Chorherrenstifte Österreichs von 1600 bis auf den heutigen Tag. Wien 1905, S. 8–14. [https://archive.org/details/dieschriftstell00mittgoog/page/n29/mode/2up (Digitalisat)]
Mühlbacher, Die literarischen Leistungen des Stiftes St. Florian. (Als Manuskript gedruckt.) S. 51–53, 58, 60–62, 65–90; Stülz, Gesch. d. reg. Chorh.-Stiftes St. Florian, Linz 1835, S. 166–180; Pucher, Das Chorherrenstift St. Florian in Oberösterr.; Brunner, "Ein Chorherrenbuch", Würzburg 1883, S. 38–40; Pscharr, Catalogus ... Canonicorum Reg ... . Eccles. colleg. St. Florian. Mskr. in St. Florian, p. 153, 161.
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Johann Georg Wiesmayr, * 4. April 1695 in St. Florian, † 9.Juli 1755, trat am 29. Juni 1716 in das Stift [[St. Florian]] ein, legte ein Jahr später die Profess ab und feierte am 1. Oktober 1719 seine Primiz. Er wirkte 1722 bis 1730 gleichzeitig mit [[Leopold Wolfgang Treberer|Treberer]] als Kooperator an der Stiftspfarre, wurde dann Pfarrvikar in [[Ebelsberg (Pfarre)|Ebelsberg]] und am 19. Oktober 1732 wählten ihn die Chorherren von St. Florian fast einstimmig zum Propst. Er starb am 9. Juli 1755 nach einer Rückkehr von Bad Gastein, dessen Heilquelle er zur Heilung der Folgen eines Schlaganfalls und der Wassersucht aufgesucht hatte.
Johann Georg Wiesmayr, * 4. April 1695 in St. Florian, † 9. Juli 1755, trat am 29. Juni 1716 in das [[Stift St. Florian]] ein, legte ein Jahr später die Profess ab und feierte am 1. Oktober 1719 seine Primiz. Er wirkte 1722 bis 1730 gleichzeitig mit [[Leopold Wolfgang Treberer]] als Kooperator an der [[Liste der Pfarren des Stiftes St. Florian #St. Florian|Stiftspfarre]], wurde dann Pfarrvikar in [[Liste der Pfarren des Stiftes St. Florian #Ebelsberg|Ebelsberg]] und am 19. Oktober 1732 wählten ihn die Chorherren von St. Florian fast einstimmig zum Propst. Er starb am 9. Juli 1755 nach einer Rückkehr von Bad Gastein, dessen Heilquelle er zur Heilung der Folgen eines Schlaganfalls und der Wassersucht aufgesucht hatte.
   
   
Wiesmayr war einer der verdienstvollsten Vorsteher des Stiftes St. Florian. Er versuchte seinen Ernst, seine Mäßigkeit und Frömmigkeit auf seine ganzen Umgebung, vorzüglich seine Kapitularen, zu übertragen. Er plädierte für Zucht und Ordnung, für die gewissenhafte Verwaltung der Seelsorge und Verrichtung des Gottesdienstes. Der päpstliche Nuntius am Wiener Hofe, der gelehrte [[Passionei]], äußerte nach einem Besuch des Stiftes im Jahre 1745: <span style="background-color: #FFFF00;">"Die Ordnung und Zucht der Kanoniker hat mich in Erstaunen gesetzt ..."</span> Besondere Sorgfalt widmete Wiesmayr der Einführung der Novizen und Kleriker in das geistliche Leben und in die Wissenschaft.  
Domenico Silvio Passionei, von 1730 bis 1738 päpstlicher Nuntius am Wiener Hof, äußerte nach einem Besuch des Stiftes im Jahr 1745: "Die Ordnung und Zucht der Kanoniker hat mich in Erstaunen gesetzt ..." Besonderes Engagement zeigte Wiesmayr bei der Einführung der Novizen und Kleriker in das geistliche Leben und in die Wissenschaft. So gilt er als Gründer der modernen Bibliothek des Stiftes: Im Haag, in Venedig, Lucca, Rom, Salzburg, Regensburg, München, Wien hatte er Agenten zum Ankauf seltener Werke; von 1736 bis 1754 wurden 11.888 fl. 36 kr. dafür verwendet.<ref>Die Kammeramtsechnungen des 16. und 17. Jahrhunderts in der Handschrift Cod. XI 684 geben keine Spezifikation der angekauften Bücher. Allerdings ist Wiesmayrs Buchführung sehr genau und bietet interessante Informationen über die damaligen Preise der Bücher. Ein Auszug bei Czerny, Die Bibliothek des Chorherrenstiftes St. Florian, S. 241f.)</ref>. Hatten frühere Erwerbungen größtenteils der Theologie gegolten, so fanden nun auch andere Wissensgebiete, vor allem aus der Geschichte, besondere Berücksichtigung. Die Corpora und Thesauri, die Scriptores und Opera, die Polyglottenbibeln und Maurinerausgaben der Kirchenväter ließ Wiesmayr ankaufen. Dabei korrespondierte er mit anderen Gelehrten, beispielsweise Eusebius Amort, Odo Schwarz, Professor und Rektor der Universität in Salzburg, holte er sich Rat. Zudem erhielt er die Werkausgaben von anderen befreundeten theologischen Gelehrten, wie etwa von Abt Gottfried Bessel oder Ludwig Debiel, welcher der erste Direktor der theologischen Fakultät in Wien nach der Universitätsreform sowie erste Rektor des Theresianums war. Auch die Zusendungen von den Abhandlungen Hanthalers oder P. Basil Hölzls, einem Wiener Serviten, veranschaulichen die umfangreichen Verbindungen Wiesmayrs zur damaligen katholischen Gelehrtenwelt.<ref>Darunter befand sich eine Ordnung der Bibliothek, welche im Jahr 1745 von [[Timer]], einem Chorherrn von St. Florian, Hölzl und dem Linzer Buchhändler Igler neu katalogisiert wurde.</ref> Außerdem gehen auf  Wiesmayr nach eigenen Angaben Aufzeichnungen in 91 Folio- und 12 Quartbände zurück, die er entweder selbst schrieb oder durch andere schreiben ließ.
Er ist nicht nur der Erbauer, sondern auch der eigentliche Gründer der Bibliothek. Im Haag, in Venedig, Lucca, Rom, Salzburg, Regensburg, München, Wien hatte er Agenten zum Ankauf seltener und wichtiger Werke; von 1736 bis 1754 wurden <span style="background-color: #FFFF00;">11.888 fl. 36 kr.</span> dafür verwendet. (Die Kammereirechnungen des 16. und 17. Jahrhunderts geben keine Spezifikation der angekauften Bücher. Wiesmayrs Buchführung <span style="background-color: #FFFF00;">(Ms. XI, 684)</span> ist sehr genau und bietet interessante Daten über die damaligen Preise der Bücher. Ein Auszug bei <span style="background-color: #FFFF00;"> Czerny, Die Bibliothek des Chorherrenstiftes St. Florian, Linz 1874, S. 241 f.)</span> Ihm verdankt die Bibliothek ihr wissenschaftliches Fundament. Hatten die früheren Erwerbungen größtenteils der Theologie gegolten, so fanden nun auch andere Gebiete des Wissens, namentlich die Geschichte, besondere Berücksichtigung; die sogenannten Corpora und Thesauri, die Scriptores und Opera, die Polyglottenbibeln und Maurinerausgaben der Kirchenväter wurden von ihm angeschafft. Bei hervorragenden Gelehrten, wie <span style="background-color: #FFFF00;">Euseb Amort, P. Odo Scharz, früher Professor und Rektor der Universität in Salzburg, holte er sich Rat, andere, wie Abt Bessel und P. Debiel (der erste Direktor der theologischen Fakultät in Wien nach ihrer Reform und der erste Rektor des Theresianums), sandten ihm als Beweise ihrer Achtung ihre Werke. Hanthaler und P. Basil Hölzl, Servit in Wien, lieferten ihm weitläufige Abhandlungen über die Ordnung der Bibliothek, welche auch 1745 von [[Timer]] (einem Chorherrn von St. Florian), Hölzl und dem Linzer Buchhändler Igler neu katalogisiert wurde.</span>


Besondere Aufmerksamkeit widmete Wiesmayr dem Archiv. Hier gingen ihm besonders [[Hanthaler]] und [[Hieronymus Pez]] an die Hand. Er hatte auch einen seiner Geistlichen, [[Josef Pröller]] <span style="background-color: #FFFF00;">(s. d.)</span>, für diese Arbeiten in Aussicht genommen und sandte ihn darum nach St. Pölten, damit er <span style="background-color: #FFFF00;">"in ordine ad instruendam Bibliothecam et Archivum ain und andere Information die alten Codices zu lesen von H. Duellio einholen khönte". (Johann Georg an den Prälaten des Chorherren-Stiftes St. Pölten; 21. Sept. 1735 Konz.)</span> Timer wurde nach Wien geschickt, um sich in der französischen, italienischen und hebräischen Sprache sowie in der Bibliothekswissenschaft auszubilden; er benützte diese Zeit auch, um sich numismatische Kenntnisse zu erwerben.
Besondere Aufmerksamkeit widmete Wiesmayr der Ordnung des Archivs, bei der ihm Hanthaler und Hieronymus Pez berieten. Er hatte dafür auch einen seiner Geistlichen, [[Josef Pröller]] abgestellt und und sandte ihn nach St. Pölten, damit er "in ordine ad instruendam Bibliothecam et Archivum ain und andere Information die alten Codices zu lesen von H. Duellio einholen khönte".<ref>Johann Georg Wiesmayr an den Prälaten des Chorherren-Stiftes St. Pölten am 21. September 1735.</ref> Timer wurde von Wiesmayr wiederum nach Wien geschickt, um sich in der französischen, italienischen und hebräischen Sprache sowie in der Bibliothekswissenschaft auszubilden; er benützte diese Zeit auch, um sich numismatische Kenntnisse zu erwerben.
   
   
Wiesmayr erstand 1748 um den Preis von <span style="background-color: #FFFF00;">20.000 fl.</span> die Münzsammlung des berühmten Venezianers Apostolo Zeno (10.766 Stücke, davon 433 von Gold), nachdem sie der gelehrte Professor und Bibliothekar am Theresianum in Wien Erasmus Fröhlich <span style="background-color: #FFFF00;">"für eine der vorzüglichsten, dergleichen man in Deutschland nach den Münzsammlungen der höchsten Fürsten finden kann",</span> erklärt hatte. Auch das Naturalienkabinett und die Kunstsammlung fanden in ihm einen Gönner. Bedeutende Summen wurden für die Ausschmückung des eben vollendeten Hauses durch prachtvolle Gemälde von Altomonte und anderen erübrigt.  
Wiesmayr erstand 1748 um den Preis von 20.000 fl. eine 10.766 Stücke umfassende Münzsammlung des venezianischen Gelehrten Librettisten Apostolo Zeno(1668–1750), nachdem sie der gelehrte Professor und Bibliothekar am Theresianum in Wien Erasmus Fröhlich "für eine der vorzüglichsten, dergleichen man in Deutschland nach den Münzsammlungen der höchsten Fürsten finden kann" erklärt hatte. Auch das Naturalienkabinett und die Kunstsammlung fanden in ihm einen Förderer. Bedeutende Summen wurden für die Ausschmückung des eben vollendeten Hauses durch prachtvolle Gemälde von Altomonte und anderen erübrigt. Für die Stiftskirche ließ Propst Wiesmayr eine Kanzel von schwarzem Marmor aus einem Bruch bei Lilienfeld von dem Bildhauer Josef Resl in Wien anfertigen und von dem Hofjuwelier Johann Andre eine Monstranz aus Gold, deren innerer Wert auf 9500 fl. geschätzt wurde, außerdem mehrere, darunter zwei sehr wertvolle, Ornate.  
 
Für die Stiftskirche ließ Propst Wiesmayr eine Kanzel von schwarzem Marmor aus einem Bruch bei Lilienfeld von dem Bildhauer Josef Resl in Wien anfertigen und von dem Hofjuwelier Johann Andre eine Monstranz aus Gold, deren innerer Wert auf <span style="background-color: #FFFF00;">9500 fl.</span> geschätzt wurde, außerdem mehrere, darunter zwei sehr wertvolle, Ornate.  


Er musste auch das Spital und das mit demselben verbundene Bruderhaus, welche 1746 abgebrannt waren, wieder aufbauen.
Er musste auch das Spital und das mit demselben verbundene Bruderhaus, welche 1746 abgebrannt waren, wieder aufbauen.
   
   
Da sich bezüglich der mit dem Anschluss an die Lateranensische Kongregation verbundenen Rechte und Privilegien Zweifel erhoben, erwirkte Wiesmayr eine Bestätigungsbulle des Papstes Benedikt XIV. mit spezieller Aufzählung der Privilegien (15. November 1741).
Wiesmayr bemühte sich, unklare oder streittige Rechtsverhältnisse zwischen dem Stift und dessen Nachbarn gütlich zu ordnen, um allen Prozessen zuvorzukommen. Ein derartiger Vergleich brachte auch das Patronat der von den Grafen von Starhemberg errichteten und dotierten Pfarrkirche zu [[St. Gotthard (Pfarre)|St. Gotthard]] an das Stift St. Florian, wogegen letzteres das Patronat von Guttau an den Grafen von Starhemberg, jenes von Heinrichsschlag im Viertel ober dem Manhartsberg in Niederösterreich an das Kloster Wilhering zur Entschädigung für mehrere Häuser abtrat, welche der [[Pfarre Grammastetten (Pfarre)|Grammastetten]] entzogen und St. Gotthard einverleibt wurden. Da sich bezüglich der mit dem Anschluss an die Lateranensische Kongregation verbundenen Rechte und Privilegien Zweifel erhoben, erwirkte Wiesmayr eine Bestätigungsbulle des Papstes Benedikt XIV. mit spezieller Aufzählung der Privilegien (15. November 1741).
 
Wiesmayr bemühte sich, schwankende oder streitige Rechtsverhältnisse zwischen dem Stift und dessen Nachbarn gütlich zu ordnen, um allen Prozessen zuvorzukommen. Ein derartiger Vergleich brachte auch das Patronat der von den Grafen von Starhemberg errichteten und dotierten Pfarrkirche zu [[St. Gotthard (Pfarre)|St. Gotthard]] an das Stift St. Florian, wogegen letzteres das Patronat von Guttau an den Grafen von Starhemberg, jenes von Heinrichsschlag im Viertel ober dem Manhartsberg in Niederösterreich an das Kloster Wilhering zur Entschädigung für mehrere Häuser abtrat, welche der [[Pfarre Grammastetten (Pfarre)|Grammastetten]] entzogen und St. Gotthard einverleibt wurden.  
 
Unter seinem Vorgänger, dem gutmütigen Propst [[Johann B. Födermayr]], entstanden in der Wirtschaft manche Missstände. Diese nahm Wiesmayr in Angriff und wachte mit großer Sorgfalt über Sparsamkeit und Ordnung in der Haushaltung.
 
Als Vorstand St. Florians nahm Wiesmayr auch an den Landesangelegenheiten tätigen Anteil, so 1748 als ständischer Vertreter an der Abschließung des sogenannten Dezennalrezesses, an der Zustandebringung der Steuerrektifikation, die infolge dieses Rezesses vorgenommen wurde, und als eine Hofentschließung vom 1. September und 17. Dezember 1749 den Ständen die freie Manipulation mit ihrer Kasse abnahm und eine Kasseadministration unter dem Präsidium des Grafen Andlern anordnete, wurde auch er zu einem der Beisitzer und Räte bei dieser Administration bestellt. Obgleich er einer der jüngsten Prälaten war, wurde er wiederholt zum Landtagskommissär ernannt und wohnte vielen Prälatenwahlen als kaiserlicher Kommissär bei. Zum Zeichen ihrer Gnade ließ ihm Maria Theresia bei ihrem Besuch des Stiftes am 26. Juni 1743 ein sehr schönes, mit Smaragden besetztes Kreuz überreichen.
 
Wiesmayrs begeisterte Liebe zum Haus lieh ihm nicht nur die Kraft, die äußeren und inneren Verhältnisse des Stiftes bis ins kleinste Detail zu ordnen, sondern wandte sein Interesse auch dem wissenschaftlichen Gebiet zu. Er erkannte, dass wissenschaftliches Streben eines der unerlässlichsten Fermente des klösterlichen Lebens sei, dass diesem ohne jenes einseitige Verflachung drohe. Wiesmayer war keiner jener großen Geister, welche durch ihre Arbeiten die Wissenschaft signifikant förderten; aber er hatte für sie ein großes Interesse und Verständnis; er besaß umfassende Kenntnisse und arbeitete unermüdlich. Er selbst zählt 91 Folio- und 12 Quartbände, die er entweder selbst schrieb oder durch andere schreiben ließ. (Einige sind <span style="background-color: #FFFF00;">in duplo</span>, ebenso sind einige Arbeiten [[Pachls]] <span style="background-color: #FFFF00;">(s. d.) eingerechnet.)</span>. Davon sind freilich die wenigsten unter die literarischen Leistungen im eigentlichen Sinne zu rechnen und ebensowenig als solche beabsichtigt; die meisten wurden nur durch praktische Zwecke veranlasst. Für die Öffentlichkeit war nichts bestimmt. Aber jene Aufzeichnungen und Sammlungen sind zu historischen Quellen geworden.  


Für die Zeit der Regierung Wiesmayrs ist umfassendes Material zur Geschichte St. Florians vorhanden; durch ihn ist das Archiv des Stiftes zum instruktivsten Privatarchiv für die Geschichte Oberösterreichs in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geworden.  
Als Propst St. Florians nahm Wiesmayr auch an den Landesangelegenheiten tätigen Anteil, so 1748 als ständischer Vertreter an der Abschließung des sogenannten Dezennalrezesses, an der Zustandebringung der Steuerrektifikation, die infolge dieses Rezesses vorgenommen wurde, und als eine Hofentschließung vom 1. September und 17. Dezember 1749 den Ständen die freie Manipulation mit ihrer Kasse abnahm und eine Kasseadministration unter dem Präsidium des Grafen Andlern anordnete, wurde auch er zu einem der Beisitzer und Räte bei dieser Administration bestellt. Obgleich er einer der jüngsten Prälaten war, wurde er wiederholt zum Landtagskommissär ernannt und wohnte vielen Prälatenwahlen als kaiserlicher Kommissär bei. Zum Zeichen ihrer Gnade ließ ihm Maria Theresia bei ihrem Besuch des Stiftes am 26. Juni 1743 ein sehr schönes, mit Smaragden besetztes Kreuz überreichen.


==Werke==
==Werke==

Version vom 12. April 2020, 15:11 Uhr




Johann Georg Wiesmayr, * 4. April 1695 in St. Florian, † 9. Juli 1755, trat am 29. Juni 1716 in das Stift St. Florian ein, legte ein Jahr später die Profess ab und feierte am 1. Oktober 1719 seine Primiz. Er wirkte 1722 bis 1730 gleichzeitig mit Leopold Wolfgang Treberer als Kooperator an der Stiftspfarre, wurde dann Pfarrvikar in Ebelsberg und am 19. Oktober 1732 wählten ihn die Chorherren von St. Florian fast einstimmig zum Propst. Er starb am 9. Juli 1755 nach einer Rückkehr von Bad Gastein, dessen Heilquelle er zur Heilung der Folgen eines Schlaganfalls und der Wassersucht aufgesucht hatte.

Domenico Silvio Passionei, von 1730 bis 1738 päpstlicher Nuntius am Wiener Hof, äußerte nach einem Besuch des Stiftes im Jahr 1745: "Die Ordnung und Zucht der Kanoniker hat mich in Erstaunen gesetzt ..." Besonderes Engagement zeigte Wiesmayr bei der Einführung der Novizen und Kleriker in das geistliche Leben und in die Wissenschaft. So gilt er als Gründer der modernen Bibliothek des Stiftes: Im Haag, in Venedig, Lucca, Rom, Salzburg, Regensburg, München, Wien hatte er Agenten zum Ankauf seltener Werke; von 1736 bis 1754 wurden 11.888 fl. 36 kr. dafür verwendet.[1]. Hatten frühere Erwerbungen größtenteils der Theologie gegolten, so fanden nun auch andere Wissensgebiete, vor allem aus der Geschichte, besondere Berücksichtigung. Die Corpora und Thesauri, die Scriptores und Opera, die Polyglottenbibeln und Maurinerausgaben der Kirchenväter ließ Wiesmayr ankaufen. Dabei korrespondierte er mit anderen Gelehrten, beispielsweise Eusebius Amort, Odo Schwarz, Professor und Rektor der Universität in Salzburg, holte er sich Rat. Zudem erhielt er die Werkausgaben von anderen befreundeten theologischen Gelehrten, wie etwa von Abt Gottfried Bessel oder Ludwig Debiel, welcher der erste Direktor der theologischen Fakultät in Wien nach der Universitätsreform sowie erste Rektor des Theresianums war. Auch die Zusendungen von den Abhandlungen Hanthalers oder P. Basil Hölzls, einem Wiener Serviten, veranschaulichen die umfangreichen Verbindungen Wiesmayrs zur damaligen katholischen Gelehrtenwelt.[2] Außerdem gehen auf Wiesmayr nach eigenen Angaben Aufzeichnungen in 91 Folio- und 12 Quartbände zurück, die er entweder selbst schrieb oder durch andere schreiben ließ.

Besondere Aufmerksamkeit widmete Wiesmayr der Ordnung des Archivs, bei der ihm Hanthaler und Hieronymus Pez berieten. Er hatte dafür auch einen seiner Geistlichen, Josef Pröller abgestellt und und sandte ihn nach St. Pölten, damit er "in ordine ad instruendam Bibliothecam et Archivum ain und andere Information die alten Codices zu lesen von H. Duellio einholen khönte".[3] Timer wurde von Wiesmayr wiederum nach Wien geschickt, um sich in der französischen, italienischen und hebräischen Sprache sowie in der Bibliothekswissenschaft auszubilden; er benützte diese Zeit auch, um sich numismatische Kenntnisse zu erwerben.

Wiesmayr erstand 1748 um den Preis von 20.000 fl. eine 10.766 Stücke umfassende Münzsammlung des venezianischen Gelehrten Librettisten Apostolo Zeno(1668–1750), nachdem sie der gelehrte Professor und Bibliothekar am Theresianum in Wien Erasmus Fröhlich "für eine der vorzüglichsten, dergleichen man in Deutschland nach den Münzsammlungen der höchsten Fürsten finden kann" erklärt hatte. Auch das Naturalienkabinett und die Kunstsammlung fanden in ihm einen Förderer. Bedeutende Summen wurden für die Ausschmückung des eben vollendeten Hauses durch prachtvolle Gemälde von Altomonte und anderen erübrigt. Für die Stiftskirche ließ Propst Wiesmayr eine Kanzel von schwarzem Marmor aus einem Bruch bei Lilienfeld von dem Bildhauer Josef Resl in Wien anfertigen und von dem Hofjuwelier Johann Andre eine Monstranz aus Gold, deren innerer Wert auf 9500 fl. geschätzt wurde, außerdem mehrere, darunter zwei sehr wertvolle, Ornate.

Er musste auch das Spital und das mit demselben verbundene Bruderhaus, welche 1746 abgebrannt waren, wieder aufbauen.

Wiesmayr bemühte sich, unklare oder streittige Rechtsverhältnisse zwischen dem Stift und dessen Nachbarn gütlich zu ordnen, um allen Prozessen zuvorzukommen. Ein derartiger Vergleich brachte auch das Patronat der von den Grafen von Starhemberg errichteten und dotierten Pfarrkirche zu St. Gotthard an das Stift St. Florian, wogegen letzteres das Patronat von Guttau an den Grafen von Starhemberg, jenes von Heinrichsschlag im Viertel ober dem Manhartsberg in Niederösterreich an das Kloster Wilhering zur Entschädigung für mehrere Häuser abtrat, welche der Grammastetten entzogen und St. Gotthard einverleibt wurden. Da sich bezüglich der mit dem Anschluss an die Lateranensische Kongregation verbundenen Rechte und Privilegien Zweifel erhoben, erwirkte Wiesmayr eine Bestätigungsbulle des Papstes Benedikt XIV. mit spezieller Aufzählung der Privilegien (15. November 1741).

Als Propst St. Florians nahm Wiesmayr auch an den Landesangelegenheiten tätigen Anteil, so 1748 als ständischer Vertreter an der Abschließung des sogenannten Dezennalrezesses, an der Zustandebringung der Steuerrektifikation, die infolge dieses Rezesses vorgenommen wurde, und als eine Hofentschließung vom 1. September und 17. Dezember 1749 den Ständen die freie Manipulation mit ihrer Kasse abnahm und eine Kasseadministration unter dem Präsidium des Grafen Andlern anordnete, wurde auch er zu einem der Beisitzer und Räte bei dieser Administration bestellt. Obgleich er einer der jüngsten Prälaten war, wurde er wiederholt zum Landtagskommissär ernannt und wohnte vielen Prälatenwahlen als kaiserlicher Kommissär bei. Zum Zeichen ihrer Gnade ließ ihm Maria Theresia bei ihrem Besuch des Stiftes am 26. Juni 1743 ein sehr schönes, mit Smaragden besetztes Kreuz überreichen.

Werke

  • Unter anderem verfaßte Wiesmayr 1744 einen "Catalogus Canonicorum Reg. Lat. Colleg. Ecclesiae ad S. Florianum", der mit dem Jahre 1600 beginnt und später fortgesetzt wurde, und 1748 ein Verzeichnis der Seelsorger der einzelnen stiftlichen Pfarreien seit dem Jahre 1600 unter dem Titel: "Rapulare seu Autographum Catalogi Vicariorum et Cooperatorum in parochiis Collegia S. Floriani incorporatis, recte ordine Succedentium." (Mskr. XI, 532. A, 56 BI. in 2°.)
  • Im "Subsidium ad Catalogum" brachte er reichlichere Daten über die Mitlebenden.
  • Sein "Informatorium domesticum" (Mskr. XCVII, 3 Bde.) enthält allerlei Fingerzeige für einen neugewählten Prälaten, Formulare, Roteln, Aktenstücke etc.
  • Das von ihm zusammengestellte "Directorium Decanale tripartitum Menstruale, Rituale, Disciplinale" (Mskr. XI, 513. A., XXIV und 530 S. 2°.) bietet Aufschluss über alle Angelegenheiten der Disziplin, des Ritus im Stifte St. Florian, über Gewohnheiten und Gebräuche des Hauses.
  • Im "Cophinus Statutorum" sammelte er die Statuten der Augustiner-Chorherrenstifte St. Pölten, Herzogenburg etc.
  • Er verfasste auch Statuta domestica (Solche erließen in St. Florian auch die Pröpste: Leopold Veit (1600–12), Leopold I. (1612–46), Franz (1700–16), Matthäus II. (1766–77), Leopold II. (1777–93) [Mskr. XI, 513. B., p. 1–10], Friedrich (1854–58). Die Statuten aus dem Jahre 1855 sind gedruckt.) und das "Rituale seu Caeremoniale pro Induitione, Professione et Primitiis pro Ecclesia S. Floriani."
  • Zu Nutz und Frommen der wissenschaftlichen Sammlungen des Stiftes legte Propst Wiesmayr 1753 die "Collectanea pro adornando Cimelio, Technophysiotameo, Bibliotheca et Archivo" (Mskr. XC) an; für das Münzenkabinett ließ er die dreibändigen "Catalogi in rem numariam" anfertigen und ein Buch Hölbling's über das päpstliche Münzenkabinett ("Notwendige Einleitung in das neuaufgerichtete päpstliche Münzkabinett") kopieren.
  • Von großer Bedeutung sind Wiesmayrs umfangreiche historische Sammlungen, die bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts reichen und eine Fülle von kaiserlichen Patenten, Resolutionen auf die Beschwerden der ober- und niederösterreichischen Stände, Gutachten namentlich in puncto religionis, von Dokumenten zum Bauernkriege, Schriften in betreff der Besteuerung der geistlichen Güter, ständischen Schlüssen, Schriften über militärische Organisation, über die Leistungsfähigkeit des Landes ob der Enns, über und gegen die Säkularisation des Kirchengutes, von Verordnungen der preußischen Regierung etc. enthalten.
  • Das größte dieser Sammelwerke ist das "Informatorium Provinciale", das 14 Bände umfasst und in drei Abteilungen – Sectio oeconomica, politica, militaris – eine Unzahl von Aktenstücken, Anschlägen, Verzeichnissen für die ständische Finanzgebarung, eine Sessions- und Exekutionsordnung, Dokumente über den Einfall der Bayern nach dem Tode Karls VI., Reglements über die Verpflegung der Truppen, die Landmiliz, Nachweise über Kriegskosten und Befestigungen etc. birgt.
  • Von Propst Wiesmayrs Leitung der verschiedenen öffentlichen Geschäfte, welche ihm anvertraut wurden, zeugen die in seinem "Verordneter-Raths Protocholl" (Mskr. XLVII, 6 Bde.), welches alle ständischen Verordnungen von 1735–44 enthält in den "Praeparatoria ad decennalem Recessum" (Mskr. XLIV, 2 Bde. 1752), im dreibändigen Manuskript XLV "Fasciculus Myrrhae oder bittere Samblung aller bey Ausarbeithung des anbefolchenen Steur-Rectifications-Plan commissionaliter gepflogenen Beratschlagungen, eingeholter in- und auswärtiger Bericht, Guettachten und Reflexionen" und im "Ordinari Ausschuss-Raths-Protocholl von Anno 1745 bis 1750" (Mskr. LI) vorhandenen Aufzeichnungen samt den als Beleg dienenden Aktenstücken, Gutachten, Vorschlägen, Entwürfen, Berichten etc.
  • Während die bisher angeführten Manuskripte Wiesmayrs viel treffliches Material zur Geschichte, aber nicht Geschichte selbst, enthalten, finden wir in den von ihm 1745 verfassten "Flebile pro Memoria id est Funesta Imago Austriae ex Invasione Galli ac Bavari Depravatae oder Diarium, wass sich bey französisch- und Chur-Bayrischen Einfahl, lnnhabung und Abzug aus unserem lieben Vaterland, sonderheitlich bey unseren lieben Stüfft St. Florian annis 1741 et 1742 zugetragen" (Mskr. LXXI, p. 143, 2°.), bereits eine Verarbeitung des historischen Stoffes.
  • 1752 ging er daran, zur Verteidigung gegen den Vorwurf, dass die Klöster Oberösterreichs auf die Pfarreien nur unfähige Leute schickten, und dass diese am Weitergreifen des Protestantismus schuld trügen, eine weitläufige Schrift: "Vindiciae Regularium seu Motiva contra Regularium Parochiarum Austriae superiores invasores et aggressores" zu verfassen, die aber nur Entwurf blieb. (Mskr. LXXV p. 163–217.)
  • Von Wiesmayrs theologischen Schriften seien die Festtagspredigten (Mskr. XI, 378, 402 S. in 4°.), seine "Manuductio ad Perfectionem Religiosam in IV Partes et LV Paragraphos divisa pro Directione Novitiorum Magistri ipso umque Novitiorum Canoniae San Florianensis" (Mskr. XI, 174, XXXII und 687 S., 4°., dat. Ex Praelatura nostra 11. Julii 1747) und sein "Tractatus canonico moralis de voto religiosae paupertatis" erwähnt. Das "Manuale Singularis Pietatis Exertia Continens Quotidiano Usui Dedicatum" (Mskr. XI, 184. A., 100 BI. in 8°.) dürfte ebenfalls Wiesmayr zum Autor haben. Dessen "Synopsis Theologiae moralis cum regulis conscientiae directivis" ist nicht mehr vorhanden.
  1. Die Kammeramtsechnungen des 16. und 17. Jahrhunderts in der Handschrift Cod. XI 684 geben keine Spezifikation der angekauften Bücher. Allerdings ist Wiesmayrs Buchführung sehr genau und bietet interessante Informationen über die damaligen Preise der Bücher. Ein Auszug bei Czerny, Die Bibliothek des Chorherrenstiftes St. Florian, S. 241f.)
  2. Darunter befand sich eine Ordnung der Bibliothek, welche im Jahr 1745 von Timer, einem Chorherrn von St. Florian, Hölzl und dem Linzer Buchhändler Igler neu katalogisiert wurde.
  3. Johann Georg Wiesmayr an den Prälaten des Chorherren-Stiftes St. Pölten am 21. September 1735.
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