Sacra.Wiki Engelbert Mühlbacher

Engelbert Mühlbacher

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Porträt von Engelbert Mühlbacher, Radierung(?) von A. Steininger,


Engelbert Mühlbacher, * 4. Oktober 1843 in Gresten (Niederösterreich), † 17. Juli 1903 in Wien, war Chorherr des Stiftes St. Florian und Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Wien.

Leben

Mühlbacher trat am 14. September 1862 in das Stift St. Florian ein, legte am 15. September 1866 die feierlichen Gelübde ab und empfing am 28. Juli 1867 die heilige Priesterweihe. Von September 1867 bis September 1868 war er Kaplan in Weißenkirchen, hierauf wirkte er als Hilfspriester. Im Dezember 1872 begab er sich an die Universität in Innsbruck, im Oktober 1874 an die in Wien, um sich in der Geschichtswissenschaft auszubilden. An der Innsbrucker Universität erwarb er sich das Doktorat der Philosophie. Im Mai 1878 wurde er außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität in Innsbruck, im April 1881 außerordentlicher und im September 1896 ordentlicher Professor für Geschichte des Mittelalters und für historische Hilfswissenschaften an der Universität in Wien. Zudem war Mühlbacher seit 1879 Mühlbacher Redakteur der Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung. Unter seiner Leitung wurde die Zeitschrift eines der führenden Publikationsorgane der historischen Hilfswissenschaften, der mittelalterlichen und österreichischen Geschichte.

Das Stift St. Florian hatte Mühlbacher bereits in den 1870er Jahren verlassen, ohne formal aus dem Stift bzw. dem Orden ausgetreten zu sein. Der unklare Status als Geistlicher dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass sich die Ernennung zum Ordinarius bis 1896 – kurz vor der Ernennung zum Direktor des Instituts für österreichische Geschichtsforschung in der Nachfolge von Heinrich von Zeißberg (1839–1899) – hingezogen hatte. Im Mai 1891 nahm ihn die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien unter ihre wirklichen Mitglieder auf, 1896 erfolgte seine Ernennung zum korrespondierenden Mitglied der Königlich-bayrischen Akademie der Wissenschaften in München, deren wirkliches Mitglied er späterhin wurde. Mühlbacher war auch Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica (MGH) in Berlin, ordentliches Mitglied des k. k. Archivrates in Wien und seit 1903 Ehrendoktor der Universität in Bern. Er starb überraschend am 17. Juli 1903 im Alter von 59 Jahren.

Mühlbachers Forschungsschwerpunkte waren die mittelalterliche Geschichte, insbesondere die Geschichte des Karolingischen Reiches, sowie die Diplomatik. Er verband in seiner Zeit als Institutsdirektor die diplomatische Tradition der sogenannten "Wiener Schule" Theodor Sickels mit neueren methodologischen Ansätzen der "Innsbrucker Schule" seines Lehrers Julius Ficker.

Sonstiges

Die sich im 13. Wiener Gemeindebezirk befindliche Mühlbachergasse wurde 1930 durch einen Gemeinderatsbeschluss nach Engelbert Mühlbacher benannt.[1]

Werke

Monografien und Regestenwerke

  • Die literarischen Leistungen des Stiftes St. Florian bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Innsbruck 1905. Ein Manuskript wurde auch in Linz 1874 gedruckt, das noch unvollendet war und zeitlich reicht bis zum Eintrag von Jodok Stülz reicht.
  • Die streitige Papstwahl des Jahres 1130. Innsbruck 1876. (Digitalisat)
  • Die Regesten des Kaiserreiches unter den Karolingern 751–918. Nach Johann Friedrich Böhmer neu bearbeitet von Ernst Mühlbacher. Band 1. Innsbruck 1889 (Regesta Imperii, I).
  • Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751-918 (926/962). Nach Johann Friedrich Böhmer neu bearbeitet von Ernst Mühlbacher. Nach Mühlbachers Tode vollendet von Johann Lechner. Band 1, 2. Auflage (Regesta Imperii, I). (Digitalisat)
  • Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Stuttgart 1896, Nachdrucke 1959, 1972, 1980, 1999.

Arbeiten in den Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 1880–1901

  • Band 1 (1880):
    • Ein Buch aus der Bibliothek von Baluze, S. 129–130. (Digitalisat)
    • Urkundenfund in Verona, S. 134. (Digitalisat)
    • Neue Arbeiten Joppis zur Geschichte Friauls und Istriens, S. 147–153. (Digitalisat)
    • Karl Foltz †, S. 170–173. (Digitalisat)
    • Unedirte Diplome aus Aquileja (799–1082). Mitgetheilt von V. Joppi und ergänzt aus dem Apparat der Monumenta Germaniae. Mit einer Einleitung von Mühlbacher, S. 261–278. (Digitalisat)
    • Neue Facsimilesammlungen, S. 309–310. (Digitalisat)
    • Ein angebliches Capitulare Karls des Grossen, S. 608–614. (Digitalisat)
    • Eine neue historische Zeitschrift, S. 621–623. (Digitalisat)
    • lnventaire des cartulaires conservés dans les bibliothèques de Paris et aux arch. nat. par M. Ul. Robert suivi d'une Bibliographie des cartulaires publiés en France depuis 1840 (par M. L. Delisle), S. 640–644. (Digitalisat)
  • Band 2 (1881):
    • Die Constantinische Schenkung in der deutschen Reichskanzlei, S. 115–116. (Digitalisat)
    • Zur Geschichte König Bernhards von Italien, S. 296–302. (Digitalisat)
    • Notizen, S. 304–309. (Digitalisat)
    • O. Kämmel, Die Anfänge des deutschen Lebens in Österreich bis zum Ausgange der Karolingerzeit, S. 340–343. (Digitalisat)
    • Unedirte Diplome. I. Aus Arezzo und Novara. Von August v. Jaksch. Mit einer Einleitung von Mühlbacher, S. 443–444. (Digitalisat)
    • O. Harnack, Das karolingische und byzantinische Reich in ihren wechselseitigen politischen Beziehungen, S. 642–643. (Digitalisat)
  • Band 3 (1882):
    • Rezension zu: Lörsch und Schröder, Urkunden zur Geschichte des deutschen Rechtes Band 1. 2. Auflage, S. 306–310. (Digitalisat)
  • Band 4 (1883):
    • Rezension zu Bernhard Endrulat, Niederrheinische Städtesiegel des 12. bis 16. Jahrhundert, S. 155–159. (Digitalisat)
    • Cesare Paoli, Programma di paleografia latina e diplomatica, S. 305–306. (Digitalisat)
    • In Sachen der Besprechung des "Urkundenbuches des Herzogthums Steiermark", S. 333–336. (Digitalisat)
    • Unedirte Diplome II. Mit einem Excurs über die Urkunden Ludwigs II. für Montamiata von A. Fanta. Mit einer Einleitung von Mühlbacher, S. 378–380. (Digitalisat)
    • A. Rhomberg, Die Erhebung der Geschichte zum Range einer Wissenschaft oder Die historische Gewißheit und ihre Gesetze, S. 473–475. (Digitalisat)
    • J. Delaville le Roulx, Les archives, la bibliothèque et le trésor de l'Ordre de Saint-Jean de Jerusalem à Malte, S. 633–634. (Digitalisat)
  • Band 5 (1884):
    • H. Prutz, Malteser Urkunden und Regesten zur Geschichte der Tempelherren und der Johanniter, S. 490–497. (Digitalisat)
    • R. Simson, Jahrbücher des fränk. Reiches unter Karl dem Großen, S. 650–655. (Digitalisat)
    • In Sachen der Redaction und Julius Ficker gegen G. Köhler, S. 349–352. (Digitalisat)
  • Band 6 (1885):
    • Ein Brief Gerhochs von Reichersberg, S. 307–310. (Digitalisat)
    • M. Thausing (Nekrolog), S. 198–202. (Digitalisat)
    • Erklärung der Redaction gegenüber Julius von Pflugk-Harttung, S. 515–520. (Digitalisat)
  • Band 7 (1886):
  • Band 8 (1887):
    • Ein Lied auf K. Odo von Westfrancien, S. 601–604. (Digitalisat)
  • Band 9 (1888):
    • Zwei ungedruckte Karolinger Diplome, S. 128–134. (Digitalisat)
    • Julius Wiesner, Die mikroskopische Untersuchung des Papiers mit besonderer Berücksichtigung der ältesten orientalischen und europäischen Papiere; Josef Karabaček, Das arabische Papier; Jos. Karabaček, Neue Quellen zur Papiergeschichte, S. 477–485. (Digitalisat)
    • Julien Havet, Questions Mérovingiennes IV. Les chartes de Saint-Calais; L. Froger, Cartulaire de l'abbaye de Saint-Calais, S. 485–489.(Digitalisat)
  • Band 10 (1889):
    • Codice necrologico-liturgico del monastera di S. Salvatore e S. Giulia in Brescia trascritto ed illustrato da Andrea Valentini, S. 469–479. (Digitalisat)
  • Band 14 (1893):
    • Felix Stieve, Der oberösterreichische Bauernaufstand des Jahres 1626, S. 164–168. (Digitalisat)
  • Band 15 (1894):
    • Diplomi imperiali e reali delle cancellarie d'ltalia. Publicati a facsimile della R. Società Romana di Storia patria. 1. Lieferung, S. 131–133.(Digitalisat)
    • Notizen, S. 167–168, 174–175, 182–183, 188–189. (Digitalisat)
  • Band 16 (1895):
  • Band 18 (1897):
  • Band 20 (1899):
  • Band 21 (1900):
  • Band 22 (1901):
  • Band 24 (1903):
  • Ergänzungsband 4 (1893):
  • Ergänzungsband 6 (1901):
    • Die Treupflicht in den Urkunden Karl des Großen, S. 871–883. (Digitalisat)

Arbeiten in anderen Zeitschriften und in Sammelwerken

  • Die Urkunde König Ludwigs III. für Drübeck. In: Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Alterthumskunde 11 (1878), S. 16–25. (Digitalisat)
  • Zur ältesten Kirchengeschichte des Landes ob der Enns. I. Die Christianisierung des Landes ob der Enns (auch unter dem Titel: Beiträge zur ältesten Kirchengeschichte des Landes ob der Enns. Separatabdruck aus der Linzer theologisch-praktischen Quartalschrift Jahrgang 1868. Linz 1868); II. Zur Kritik der Legenden des heiligen Florian. In: Theologisch-Praktische Quartalschrift 21 (1868), S. 95–149, 433–454. (Digitalisat)
  • Oberösterreichische Dialektdichter. I. Anton Schoßer. In: Theologisch-Praktischen Quartalschrift 22 (1869), Nr. 33, 34, 36–40.
  • Die Belagerung von Linz im Jahre 1626. In: Theologisch-Praktische Quartalschrift 23 (1870), Nr. 49–57, 59–65.
  • Gerhochi Reichersbergensis ad Cardinales de schismate Epistola. In: Archiv für österreichische Geschichte 47 (1871), S. 355–382.(Digitalisat)
  • Acht Briefe des Cardinal-Erzbischofes von Mailand Carl Cajetan Grafen von Gaisruck an F. Freindaller. Ein Beitrag zur mailändischen Kirchengeschichte in den Jahren 1818–1824. Aus dem Archive des Stiftes St. Florian mitgetheilt. In: Österreichische Vierteljahresschrift für katholische Theologie 11 (1872) S. 411–452. (Digitalisat; auch als Separatabdruck)
  • Die Datirung der Urkunden Lothar I. Wien 1877. In: Sitzungsberichte der Phil.-Hist. Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 85 (1877), S. 463–544.
  • Die Urkunden Karls III. Wien 1879. In: Sitzungsberichte der Phil.-Hist. Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 92 (1878), S. 331–516; Rezension Emil von Ottenthal. In: Mittheilungen d. Instituts für österreichische Geschichtsforschung 1 (1880), S. 142–144. (Digitalisat)
  • Allgemeine deutsche Biographie (ADB). Band 19 (1884):
  • Die Urkunde Ludwigs des Frommen für Halberstadt. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 18 (1892), S. 282–293. (Digitalisat)
  • Un Diplome Faux de Saint-Martin de Tours. In: Mélanges Julien Havet. Recueil de travaux d'érudition dédiés à la mémoire de Julien Havet (1853–1893). Paris 1895, S. 131–148. (Digitalisat)
  • Eine Urkunde Karls von Burgund. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 25/2 (1899), S. 636–651. (Digitalisat)
  • Die Urkunden der Karolinger. Band 1: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen. Hannover 1906 (Monumenta Germaniae Historica, Diplomata Karolinorum, 1).

Literatur

  • Otto Brunner: Das österreichische Institut für Geschichtsforschung und seine Stellung in der deutschen Geschichtswissenschaft. In: Mitteilungen des österreichischen Instituts für Geschichtsforschung 52 (1938), S. 385–416, hier: 397.
  • Friedrich Buchmayr: Mühlbacher, Engelbert. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 15 (1999), Sp. 1037–1041.
  • Fritz Fellner: "...ein wahrhaft patriotisches Werk": die Kommission für Neuere Geschichte Österreichs. Unter Mitarbeit von Franz Adlgasser / Doris Corradini. Köln / Weimar / Wien 2001.
  • Walther Höflechner: Das Fach "Geschichte". Vertretung und Institution von den Anfängen bis zur Gegenwart. Mit Bemerkungen zu Wien und Prag. Graz 2015 (Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz, 43/1), S. 461–463.
  • Josef Lenzenweger: Art. Mühlbacher, Engelbert (1843–1903). In: Lexikon für Theologie und Kirche 7 (1962), Sp. 670.
  • Christine Ottner: Die Entwicklung von Fachzeitschriften in der historischen Quellenforschung des 19. Jahrhundert. In: Christine Ottner / Gerhard Holzer / Petra Svatek: Wissenschaftliche Forschung in Österreich 1800–1900. Spezialisierung, Organisation, Praxis. Göttingen 2015 (Schriften des Archivs der Universität Wien, 21), S. 171–196.
  • Christine Ottner: Zwischen 'Referat' und 'Recension'. Strukturelle, fachliche und politische Aspekte in den Literaturberichten der MIÖG (1880–1900). In: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 121 (2013), S. 40–62.
  • Irenze Ranzmaier: Die Philosophie um 1900. In: Universität – Forschung – Lehre. Themen und Perspektiven im langen 20. Jahrhundert. Band 1: 650 Jahre Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert. Hg. von Friedrich Stadler / Katharina Kniefacz / Herbert Posch / Elisabeth Nemeth. Göttingen 2015, S. 143.
  • Oswald Redlich: Engelbert Mühlbacher (Nekrolog). In: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 25 (1904), S. 201–207. (Digitalisat)
  • Martin Ruf: Mühlbacher, Engelbert. In: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 270–271. (Digitalisat)
  • Daniela Saxer: Die Schärfung des Quellenblicks: Forschungspraktiken in der Geschichtswissenschaft 1840–1914. München 2014
  • Daniela Saxer: Geschichte im Gefühl. Gefühlsarbeit und wissenschaftlicher Geltungsanspruch in der historischen Forschung des späten 19. Jahrhunderts. In: Rationalisierungen des Gefühls. Zum Verhältnis von Wissenschaft und Emotionen 1880-1930. Hg. von Uffa Jensen / Daniel Morat. München 2008, S. 79–98.
  • Michael Tangl: Engelbert Mühlbacher. Ein Nachruf. In: Neues Archiv 29 (1904), S. 266–274.
  • Max Vancsa: Engelbert Mühlbacher. In: Monatsblatt des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1 (1902/1903), S. 231.
  • Thomas Winkelbauer: Das Fach Geschichte an der Universität Wien: Von den Anfängen um 1500 bis etwa 1975. Göttingen 2018 (Schriften des Archives der Universität Wien, 24), S. 103–108, 244.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mühlbachergasse. (26. März 2017). Wien Geschichte Wiki, abgerufen am 31. März 2020, 10:26 von https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/index.php?title=M%C3%BChlbachergasse&oldid=263985.
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