Stift Rottenmann
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Lage | Österreich |
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Datum von | 24.11.1455 |
Datum bis | 24.11.1785
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Frühere Bezeichnungen | 1455 Neuenstift unserer lieben Frau zu Rottenmann am Rain, 1467 Vnser neyen stüfft zu Rottenmann, 1478 Kloster vom h. Nikolaus der regulirten Canonici vom h. Augustin, 1480 Kloster zur h. Maria und der beiden Johannes außer Rottenmann, 1573 Propstej sannd Niclaß Gotshaus zw Rottenman, 1659 das khaiserliche Stifft St. Nikolay zu Rottenmann, 1684 Kayserl. Collegiat-Stifft Canon. Reg. bey St. Nicola zu RottenmannDer für das Attribut „Frühere Bezeichnungen“ des Datentyps Seite angegebene Wert „1455 Neuenstift unserer lieben Frau zu Rottenmann am Rain, 1467 Vnser neyen stüfft zu Rottenmann, 1478 Kloster vom h. Nikolaus der regulirten Canonici vom h. Augustin, 1480 Kloster zur h. Maria und der beiden Johannes außer Rottenmann, 1573 Propstej sannd Niclaß Gotshaus zw Rottenman, 1659 das khaiserliche Stifft St. Nikolay zu Rottenmann, 1684 Kayserl. Collegiat-Stifft Canon. Reg. bey St. Nicola zu Rottenmann“ enthält ungültige Zeichen oder ist unvollständig. Er kann deshalb während einer Abfrage oder bei einer Annotation unerwartete Ergebnisse verursachen. |
Patrozinium | Hll. Johannes der Täufer und Johannes Apostel, ab 1481 hl. Nikolaus |
Geschichtlicher Überblick
Gründung
Als älteste Grundbesitzer in und um Rottenmann lassen sich die Hochstifte Salzburg und Bamberg, aber auch der Landesfürst nachweisen. Obwohl 927 der Chorbischof Chotabert vom Salzburger Erzbischof u. a. ein Gut "ad Rotenmannun" erhielt, lag der unter den Babenbergern entstandene Markt auf landesfürstlichem Grund. Die Bedeutung als Mautstelle und Salzniederlage sowie die Ummauerung des Marktes während des Interregnums waren die Voraussetzung für den Aufstieg Rottenmanns zur Stadt, der mit der Anerkennung der Stadtrechte durch König Rudolf 1277 und 1279 seinen Abschluss fand. Das Chorherrenstift Rottenmann ist das zweitjüngste Stift nicht nur dieses Ordens in der Steiermark, sondern der steirischen Klöster überhaupt. Seine Errichtung erfolgte nicht, wie bei Klostergründungen üblich, durch den Landesfürsten, durch kirchliche oder weltliche Würdenträger, sondern geht auf den frommen Sinn des Rottenmanner Bürgers Wolfgang Dietz zurück. Dieser war einer der reichsten Bewohner der Stadt, heiratete eine vermögende Frau und hatte überdies das Glück, durch sechs Erbschaften und eine größere Anzahl vorteilhafter Ankäufe von Grundstücken, Kaufrechten, Diensten und Lehen schließlich ein so bedeutendes Vermögen zu besitzen, dass er sich, da kinderlos, an die Stiftung eines Klosters wagen konnte. Er dachte zuerst an ein Kloster für Karmeliter oder Minoriten bzw. ein Nonnenkloster, richtete aber dann sein Interesse auf den Orden der Augustiner-Chorherren, den er im Dorotheerstift in Wien kennengelernt hatte. Dieses Kloster war aus der Reformbewegung des Klosters Raudnitz entstanden und besaß allgemein ein so hohes Niveau, dass sich Dietz begeistert fühlte. Kein geringerer als Kardinal Nikolaus von Cusa hatte die Annahme der Raudnitzer Reform durch alle Chorherrenstifte in der Erzdiözese Salzburg verlangt. Über Vermittlung des Bischofs Ulrich von Gurk unterbreitete Dietz seinen Plan König Friedrich IV., als dem Landesfürsten und Stadtherren von Rottenmann, mit der Bitte, die Errichtung eines Chorherrenstiftes zu genehmigen, sich um einen Propst und Kanoniker aus dem Stift St. Dorothea in Wien zu bemühen und die Stadtpfarrkirche zum hl. Nikolaus der Neugründung einzuverleiben. Dietz war bereit, die Dotation des Stiftes in die Hände des Kaisers zu legen. Sitz des Stiftes sollte das in der Rottermanner Vorstadt "am Rain" gelegene Spital mit der Marienkirche sein. Dieser im Laufe der Zeit eher verwahrlosten Armenstiftung hatte sich Dietz bereits früher angenommen und sie dadurch vor dem wirtschaftlichen Ruin bewahrt. Als er erkannte, dass seine nicht geringen Mittel für eine tatsächliche Klostergründung doch nicht hinreichten, bat er den König, die Gründung zu übernehmen. Friedrich machte das Vorhaben zu seinem persönlichen Anliegen und trat als eifriger Förderer und Befürworter auf.
1451 waren die Verbesserungen an den Baulichkeiten des Spitals so weit fortgeschritten, dass sie sich zu einem Kloster eigneten. Friedrich, inzwischen Kaiser geworden, bemühte sich nun in Rom um die Bestätigung der Stiftung durch den Papst und um dessen Bewilligung, die Rottenmanner Stadtpfarre St. Nikolaus dem Stift zu inkorporieren. Der Heilige Stuhl ging auf die Wünsche des Kaisers ein und beauftragte den Propst von St. Dorothea, Stiftung und Ausstattung für Rottenmann zu prüfen, dieses dann mit Chorherren zu besiedeln und einen Propst einzusetzen. Gleichzeitig verfügte der Papst die Inkorporation der Stadtpfarre in das neue Stift.
Im Dezember 1454 meldete Friedrich III. dem Papst die Gründung des Stiftes, die im Mai 1455 die Bestätigung Papst Calixtus III. erhielt. Am 16. August 1455 kam die Gründung formell zum Abschluss. An diesem Tag wurde in Wiener Neustadt in der Wohnung des Bischofs von Gurk und in Gegenwart dreier geistlicher Zeugen die Stiftung der Kanonie Rottenmann vom Propst des Dorotheerstiftes in Wien, Niklas, im Namen des Papstes bestätigt, der Wiener Chorherr Mag. Johannes Jung aus Dinkelsbühl zum ersten Propst bestimmt und ihm fünf Mitbrüder von St. Dorothea beigegeben, die den ersten Rottenmanner Konvent bildeten. Am 18. August investierte Propst Niklas in Rottenmann persönlich den ersten Propst, indem er sein eigenes Birett dem vor ihm knienden Mag. Jung aufsetzte und ihm auf diese Weise die Leitung und Verwaltung des Klosters wie auch der Pfarre St. Nikolaus übertrug. Damit war die Gründung des Chorherrenstiftes "unserer lieben Frau am Rain zu Rottenmann" vollzogen.
1456 erklärte sich der Kaiser in seinem Namen und für seine Nachfolger im Landesfürstentum zum Vogt und Schirmherrn des Klosters, der Salzburger Erzbischof als kirchlicher Ordinarius behielt sich die Bestätigtigung jedes neu gewählten Propstes vor. Schon bald nach ihrer Ankunft in Rottenmann gerieten Stift und Konvent in erste Schwierigkeiten. Einerseits waren die meisten Bürger der Stadt und auch die Bauernschaft der Umgebung mit der Errichtung eines Klosters in ihrem Burgfried unzufrieden. Andererseits machte ein vom Kaiser mit einer Provision auf ein kirchliches Benefiz ausgestatteter Kleriker sein Recht ausgerechnet bei der Rottenmanner Stadtpfarre geltend, die eigentlich vom Salzburger Erzbischof zu vergeben war. Darüber kam es zu einem erbitterten Streit zwischen dem Konvent und der Pfarrgemeinde, die die Chorherren aus der Pfarrkirche vertrieb und diese besetzte. Friedrich III. ließ den Widerstand durch Söldner brechen, die Rädelsführer in Graz inhaftieren, worauf der städtische Magistrat einlenkte und zum Frieden mit dem Stift bereit war.
Transferierung des Klosters in die Stadt Rottenmann
Störend für die Entwicklung des jungen Stiftes wirkte sich das enge Zusammenleben der zölibatär lebenden Chorherren mit den zum Teil weiblichen Spitalsinsassen aus, welche Schwierigkeit man durch die Verlegung der Armen in ein anderes Gebäude beseitigte. Als Abgeltung für den Verlust ihrer bisherigen Bleibe hatten die Armen von den Chorherren ein Subsidium in Geld oder Getreide zu erhalten. Wesentlich ungünstiger für das Stift erwies sich seine ungeschützte Lage vor den Mauern der Stadt. Wegen der immer bedrohlicher werdenden Türkengefahr ordnete Friedrich III. 1478 die Verlegung des Stiftes in das Pfarrhaus der Stadt an, die am 17. August 1480 offiziell erfolgte und vom päpstlichen Legaten bestätigt wurde. Die St. Nikolaus-Kirche wurde nun auch Konventkirche. Die bisherigen Spital- und Stiftsgebäude mussten auf Befehl des Kaisers vom Magistrat der Stadt abgebrochen werden, um dem potentiellen Feind nicht als Verschanzung dienen zu können. Als kurz darauf tatsächlich türkische Streifscharen ins Paltental eindrangen, befand sich das Stift bereits hinter den Stadtmauern in Sicherheit.
Das erste Jahrhundert
Der Gründungspropst Johannes Jung blieb nur acht Jahre Vorsteher seines Konventes. 1463 bestimmte ihn der Salzburger Erzbischof zur Leitung der Propstei Au in Bayern, wohin Jung in Begleitung des Kanonikers Wolfgang abreiste. Da sie aber dort übel behandelt wurden, übertrug der Erzbischof Jung die Propstei St. Mauritz im kärtnerischen Friesach. Der personell schwache Rottenmanner Konvent erbat sich nun vom Mutterstift St. Dorothea einen neuen Propst und erhielt einen solchen in dem Professen Ulrich von Konstanz. Auch dieser sah sich wiederholten Anfeindungen von Seiten der Rottenmanner Bürgerschaft ausgesetzt, sodass der Kaiser seinen Pfleger in Wolkenstein, den Abt von Admont und den Magistrat von Rottenmann aufforderte, niemandem zu gestatten, Propst und Konventualen zu beschweren, unbillig zu behandeln oder aus dem Kloster zu vertreiben. Trotz großer finanzieller Opfer für die Türkenabwehr – 1471 zahlte das Stift dafür ein Drittel seiner Jahreseinkünfte – konnte Propst Ulrich einige Pretiosen für die Kirche, darunter eine kleine Silbermonstranz mit einem Dorn der Krone Christi, anschaffen. Auch Bücher, namentlich Frühdrucke, wurden um teures Geld gekauft. Als Propst Ulrich nach zwölfjähriger Regierung starb, machte der Konvent erstmals von seinem Recht der freien Propstwahl Gebrauch und wählte diesen aus seiner Mitte.
Die Wahl fiel auf Johann Kuglperger, unter dem das Kloster in die Stadt übersiedelte. Ihm gewährte der Heilige Stuhl einige Privilegien, die das Fasten zur Adventzeit auch bei Mehlspeisen, die Spendung der Sakramente der Kommunion, der letzten Ölung und der Ehe auch an auswärtige Pfarrkinder, die Verrichtung der Horen und des Gottesdienstes nach dem Brevier und den Vorschriften der Passauer Kirche u. a. betrafen. 1477 ging Rottenmann seine erste Konföderation ein: Wegen der Almosen für das Leobner Dominikanerkloster wurde das Stift aller frommen Werke und Verdienste der deutschen Provinz dieses Ordens teilhaftig gemacht. Die Regierungszeiten Propst Johann Kuglpergers (1475–1512) und seines Nachfolgers Magnus Praitenpaumer (1512–1539) währten zusammen über sechzig Jahre. Es waren anscheinend die besten Jahre, die das Stift in seiner Geschichte erlebte. In dieser Zeit wurden bedeutende Bauvorhaben durchgeführt. Die St. Nikolauskirche, deren Umbau gerade in Fertigstellung begriffen war, als die Chorherren sie übernahmen, erwies sich als zu klein für eine Klosterkirche. Wegen Geldmangels zog sich der Bau des Langhauses und Chors über Jahrzehnte hin und erst 1509 erfolgte die Fertigstellung des Gotteshauses. 1512 wurde der Hochaltar geweiht. Propst Praitenpaumer, groß an Gestalt und Geist, ergänzte die Ausstattung der Kirche durch eine Marmorkanzel. 1514 resignierte der Pfarrer von Irdning seine Pfarre zugunsten des Stiftes, wenn dieses die Inkorporierung der Pfarre durch den Papst erreichen sollte, was noch im selben Jahr tatsächlich über Intervention Kaiser Maximilians I. gelang. Im Jahr darauf glückte dem Propst auch die Inkorporierung der Pfarre Lassing in das Stift durch Papst Leo X. Propst Magnus fungierte bereits 1524 als Kommissär des Salzburger Archidiakonats im Ennstal.
Personeller und wirtschaftlicher Niedergang im 16. Jahrhundert
In den ersten Jahren der Regierung Ferdinands I. verschlechterte sich die finanzielle Lage der Propstei wegen fast ununterbrochener Geldforderungen seitens der Regierung zur Bekämpfung der Türken zusehends. Damals wurde der Grundstein für die spätere wirtschaftliche Notlage gelegt, unter der das Stift bis weit ins 18. Jahrhundert litt. Propst Magnus hatte während seiner Regierungszeit zehn Chorherren aufgenommen und verfügte noch über mehrere andere in der Seelsorge tätige Priester, deren Namen unbekannt blieben. Obwohl sich auch in der Obersteiermark schon die ersten Regungen des Protestantismus zeigten, lebte der Konvent 1528 genau nach der Regel seines Ordens, wie die Visitation dieses Jahres feststellen konnte. Die Bürgerschaft der Stadt war bereits weitgehend von reformatorischem Gedankengut durchdrungen:
"Wann der probst predig, so leutten sy auffzuhorn, machen in jerr. Das man aber lacht under der predig, sey nit wunder, dan der probst sag so khindisch ding, das man mueß lachen, er heb auch selb offt an zu lachen."
Nach dem Tod von Propst Magnus wurde 1540 Georg Ritzinger, Pfarrer in Irdning und Chorherr von Rottenmann, zum Nachfolger gewählt. Der Wahl wohnten die Äbte von Admont und St. Lambrecht bei. Ritzinger war ursprünglich Dominikaner gewesen, aber nach Rottenmann übergetreten. Fünf Jahre später wurde Ritzinger, nach den Worten König Ferdinands "wol belesen zu Predigen und Hawswirtschafft geschickht", zum Propst von Vorau berufen und verließ Rottenmann, worüber sich der Konvent beim Salzburger Erzbischof beschwerte, der dem Propst befahl, bei Strafe der Exkommunikation auf seinen früheren Posten zurückzukehren und das von Rottenmann mitgenommene Geld und die Kleinodien zurückzustellen. Ritzinger bestritt, etwas vom Kloster mitgenommen zu haben, verzichtete aber auf Rottenmann, und Sigmund Kleubenstein wurde neuer Propst. Am Rottenmanner Stiftsgebäude hatte Ritzinger, trotz finanzieller Engpässe, noch einige bauliche Verbesserungen vornehmen und etliche Grundstücke ankaufen können. Jedoch hat er nur zwei Konventualen eingekleidet.
Wegen des auch in der Obersteiermark immer stärker um sich greifenden Protestantismus nahm in der Folgezeit die Zahl der Konventualen dramatisch ab. Unter Propst Sigmund Kleubenstein (1546–1555) gab es 1552 nur noch zwei Chorherren, bei seinem Tod, drei Jahre später, war der Konvent bereits ausgestorben. In Ermangelung eines Konventes wurden alle weiteren Pröpste bis zu Bartholomäus Ferdinand Judex nicht gewählt, sondern postuliert. Auf Propst Kleubenstein folgte Georg Walcher, Chorherr in St. Zeno in Reichenhall, der aber schon 1557 das Kloster heimlich verließ, um dieses, wie er es gefunden hatte, ohne einen einzigen Chorherren, dafür aber noch höher verschuldet zu hinterlassen. 1558 ernannte Salzburg Johann David Panichner, Chorherr von Berchtesgaden, zum neuen Propst. Diesem gelang es zwar, Schulden des Stiftes in nicht geringer Höhe, zum Teil aus seinem eigenen Vermögen, zu tilgen, doch musste er auch wieder neue machen, nicht zuletzt deshalb, weil er das Kloster, das er baufällig vorgefunden haben soll, ordentlich wiederhergestellt hinterließ.
Seit 1562 war Panichner Archidiakon in der Ober- und Untersteiermark, zum untersteirischen Archidiakonat war ihm das Benefiz zur hl. Katharina der Pfarre Gratwein verliehen. 1571 hielt er eine Synode für den Klerus seines obersteirischen Archidiakonates ab, 1569 nahm er an einer Salzburger Synode teil und auch sonst nahm er erzpriesterliche Aufgaben wahr. Als erster Propst von Rottenmann erschien er regelmäßig auf den Landtagen in Graz und erwarb für seine dortigen Aufenthalte ein Haus in der Stadt. Zum Verhängnis wurde ihm nicht so sehr die schlechte Finanzgebarung des Stiftes, sondern seine privaten Verhältnisse. Er hatte seine Köchin öffentlich als seine Ehefrau bezeichnet und in Graz der Predigt eines evangelischen Prädikanten beigewohnt, die er vor allen Leuten lobte. Dies kostete ihn das Vertrauen des Erzherzogs, der ihn der Propstei entsetzte, auf die Panichner 1573 formell verzichtete. Kurz darauf starb er.
Erzherzog Karl designierte nun den Seckauer Chorherren Laurenz Reisacher, den der Erzbischof, weil nicht von ihm designiert, zuerst nicht anerkennen wollte, sondern Reisacher vielmehr seinerseits ernannte. Dieser war noch kein Jahr im Amt, als er 1575 unerwartet starb. Die Schulden des Stiftes waren mittlerweile auf 1.295 Gulden angewachsen. Konvent gab es weiterhin keinen. Neuer Propst wurde der Grazer Pfarrer Ulrich Lang, Baccalaureus der Theologie. Er betrieb energisch die Rekatholisierung seiner Pfarrangehörigen, stieß aber bei Richter, Rat und Bürgerschaft von Rottenmann auf erbitterten Widerstand, der von den protestantischen Freiherrn Hoffman noch unterstützt wurde. Als Besitzer der nahen Schlösser Strechau und Grünbühel waren die evangelischen "Könige des Ennstales", wie die Hoffman bezeichnet werden, die Förderer des Protestantismus im Palten- und oberen Eimstal schlechthin. Auf die vom Stift nicht mehr besetzten Pfarren hatten die Hoffman evangelische Prädikanten gesetzt und hielten einen solchen auch in Schloss Grünbühel, zu dem die Rottenmanner Bürger in Scharen liefen. Unmittelbar vor der Stadt, beim Thalhof, hatten die Hoffman 1578/79 eine evangelische Kirche als Begräbnisstätte für ihre Familie gebaut, in der auch Gottesdienste stattfanden. Als der Propst in Rottenmann nach langer Zeit wieder die Fronleichnamsprozession abhalten wollte und den Rottenmanner Magistrat zur Teilnahme aufforderte, erhielt er von diesem ein Mahnschreiben, keine Neuerungen einzuführen. Beschwerden des Propstes an den Erzherzog waren die Folge, konnten aber an der Situation vorläufig nichts ändern. Wegen dieser andauernden Streitigkeiten und der prekären wirtschaftlichen Lage des Stiftes wollte Lang nicht weiter Propst sein und resignierte 1578. Er verließ die Steiermark und wurde sofort Archidiakon des Patriarchats Aquileja in Kärnten. Der päpstliche Legat Felician Ninguarda nannte ihn eine "Ausnahme an gutem Betragen".
Als Nachfolger wurde von Salzburg der oberste Hofkaplan des Erzherzogs, Johann Muchitsch, Priester der Diözese Aquileja und 36 Jahre alt, in Aussicht genommen und, nach einigem Widerstreben des Erzherzogs, investiert. Bedingung für seine Einsetzung war, dass er in Seckau das Ordensgelübde abzulegen hatte. Muchitsch stammte aus ärmsten Verhältnissen und war als Student in Wien sogar gezwungen gewesen, um Suppe betteln zu müssen, hatte aber seine Studien aufs glänzendste zurückgelegt und war Hofkaplan Erzherzog Karls geworden. Während Muchitsch im Ringen um die Wiederaufrichtung der katholischen Religion in der Stadt Rottenmann erste Erfolge erzielte, wozu erzherzogliche Mandate an den Magistrat viel beitrugen, war die Macht der Freiherrn Hoffman ungebrochen. Die Bürger von Rottenmann mieden die katholische Pfarrkirche nach wie vor und strömten in die Hoffmann'sche Kirche beim Thalhof vor der Stadt oder nach Schloss Grünbühel. Pastor David Senger betreute nicht nur die Kirche beim Thalhof und die Schlosskapelle der Hoffman, sondern mit einem Diakon auch die Pfarren Lassing, Liezen und Oppenberg. Befehle des Erzherzogs an die Hoffman, die Pfarren Lassing und Oppenberg dem Propst zurückzustellen, wurden immer wieder ignoriert. Über diese Auseinandersetzungen soll Propst Muchitsch die Stiftsökonomie vernachlässigt, seit seinem Regierungsantritt keine Steuern gezahlt und darüberhinaus noch Schulden gemacht haben. Diese sollen 1581 eine solche Höhe erreicht haben, dass ihn der Erzherzog von der Propstei entfernte. So berichtet Propst Kendlmayr hundert Jahre später in seiner Chronik. Dies stimmt so nicht. Muchitsch hat, nach anderen Quellen, nichts veräußert, sondern noch zurückgekauft. Für Nuntius Germanico Malaspina aber war allein die Tatsache entscheidend, dass Muchitsch ein Mann "di scandalosa vita" war, der "enormi peccati" begangen hatte. Muchitsch musste zugeben, mit der verstorbenen Äbtissin der Judenburger Klarissen intime Spiele getrieben und im dortigen Kloster im Fasching getanzt zu haben. Mit seiner Dienerin hatte er schon lange ein Verhältnis. Deshalb setzte Malaspina den Propst kurzerhand ab und internierte ihn im Domstift Seckau, von wo er zweimal floh, bis er, nach Verbüßung seiner Haft, auf eine niederösterreichische Pfarre Seckaus abgeschoben werden konnte. An seiner statt wurde Christof Staindl zum Propst berufen.
Staindl, 27 Jahre alt, war Angehöriger des Millstätter St.-Georgs-Ordens und Präfekt des Ordensgutes Pürgg. Er wird als feine, bescheidene und gelehrte Person, als guter Prediger beschrieben und eines exemplarischen Lebenswandels gelobt. In Salzburg, wohin sich der Propst zur Konfirmation begeben hatte, schilderte dieser dem Erzbischof die schwierige Lage des Stiftes und bat, den früheren Propst Muchitsch über den Verbleib der Stiftsgüter und den reichen Nachlass des Propstes Panichner zur Verantwortung zu ziehen. Um den drohenden Konkurs des Stiftes zu verhindern, verkaufte Propst Staindl 1582 dem Hofvizekanzler Wolfgang Schranz mit Bewilligung des Erzherzogs das Amt Strechau um 2.129 Gulden. Da Staindl die Ordensprofess nicht ablegen wollte, bei den Untertanen "in der geistlichkhait khain Hoffnung" sah und wirtschaftlich keine Besserung erreichte, resignierte er im Dezember 1584.
Nun bemühte sich der frühere Propst Johann Muchitsch bei Erzherzog Karl um seine Wiedereinsetzung in die Propstei und erhielt diese auch, jedoch unter strengen Bedingungen, die zu erfüllen er sich in einem Revers verpflichtete. Er gelobte, fortan ein untadeliges, klösterliches Leben zu führen, Sakramente und Predigt nach katholischem Brauch zu vollziehen, keine neuen Schulden zu machen, die alten abzuzahlen und die Wirtschaft des Klosters zu konsolidieren. Die Rückstellung der Pfarren Lassing, Liezen und Oppenberg unter die Jurisdiktion des Stiftes gelang Muchitsch vorerst nicht, weil die Freiherrn Hoffman dies immer wieder zu verhindern wussten. Durch den Tod des Erzherzogs 1590 verzögerte sich die Angelegenheit noch um weitere Jahre. In der Folge fiel Muchitsch in sein früheres Lotterleben zurück und sollte im Oktober 1598 auf Befehl des Erzbischofs vom Seckauer Bischof seiner Propstei neuerlich entsetzt werden, begab sich aber nach Graz und bat Erzherzog Ferdinand fußfallend, weiter in der Propstei belassen zu werden. Dies geschah auch, wahrscheinlich weil man keinen anderen fand, der das Amt übernehmen konnte oder wollte, sodass Muchitsch bis zu seinem Tod 1608 Propst blieb. Der Regierungsantritt Erzherzog Ferdinands II. als Herr der innerösterreichischen Erblande bedeutete für die evangelischen Bürger und Bauern auch in der Steiermark das Ende des öffentlich ausgeübten evangelischen Exerzitiums. 1599 kam die landesfürstliche Religionskommission nach Rottenmann. Die Bürgerschaft der Stadt wurde zwangsweise rekatholisiert, die evangelischen Bibeln und Bücher verbrannt und zuletzt auch die Hoffman'sche Kirche beim Thalhof in Brand gesteckt und gesprengt. Da die Rekatholisierung Rottenmanns nur eine scheinbare war, kam im nächsten Jahr Bischof Martin Brenner von Seckau nach Rottenmann und reformierte die Bürger der Stadt samt den Bauern der Pfarren Lassing, Liezen und Rottenmann neuerlich, dieses Mal jedoch nachhaltig.
Das Stift im 17. Jahrhundert
Nach dem Tod des Propstes Muchitsch folgte in der Propstei der Pöllauer Chorherr Martin Stromayr. Auf ihn setzte auch der Grazer Hof seine Hoffnung, was ein Aufenthalt des Erzherzogs im Stift ausdrückt. Es gab zwar wieder einen Konvent mit einigen Chorherren, aber die Disziplin im Kloster war noch sehr mangelhaft, denn der Seckauer Bischof musste den Propst ermahnen, seine Religiosen, die "scandalose" lebten, besser zu beaufsichtigen und gut zu halten, damit sie keinen Grund hätten, dem Stift fernzubleiben. Von den Wirren der Reformationszeit erholte sich das Stift nur langsam. Die im Auftrag Salzburgs vom Seckauer Bischof 1619 durchgeführte Visitation fand in Rottenmann außer dem Propst noch vier Chorherren und zwei Novizen vor. Der Propst war 40 Jahre alt, stammte aus Hartberg und war Kanoniker von Pöllau gewesen. Bei Antritt seiner Würde in Rottenmann gab es dort nur zwei Weltpriester, die verheiratet waren. Der Propst hatte sie sofort entlassen und an ihrer Stelle einen Mitbruder aus Pöllau berufen. Die Chorherren gaben Pöllau, Neudau in der Oststeiermark und Kärnten, die Novizen die Diözesen Freising und Mainz als Heimat an. Der älteste war 37, der jüngste 30 Jahre alt. Zwei Chorherren waren vor einem Jahr wegen innerklösterlicher Schwierigkeiten aus dem Stift entwichen und auch einer der verbliebenen hatte große Probleme mit dem Zölibat, die ihm den Klosterkerker bei Brot und Wasser eingetragen hatten.
1621 brannte der Ort Irdning nieder und auch die der Propstei inkorporierte Kirche erlitt großen Schaden. Im Herbst 1623 starb Stromayr und hinterließ vier Konventualen. Ihrer geringen Zahl wegen wollten sie keinen Propst aus ihrer Mitte wählen, sondern postulierten 1624 auf die Propstei den Seckauer Chorherren Mag. Andreas Pechinger, einen gebürtigen Leibnitzer. 1633 visitierte der Salzburger Konsistorialdirektor Johann Marcus von Aldringen die Kanonie und erließ strenge Anordnungen hinsichtlich des Lebens der Konventualen, das sonst den Statuten der Lateranensischen Kongregation unterworfen war. Tätliche Auseinandersetzungen zwischen dem Propst und einem Chorherren sowie Klagen über die schlechte Disziplin im Stift machten in der Folge die Intervention des Abtes von Admont und 1644 eine weitere Visitation im Kloster notwendig. Vor allem der Ausgang der Chorherren aus der Klausur durch die Kirche wurde verboten und die Pflege des gregorianischen Chorals vorgeschrieben. Propst Andreas starb 1645 in Graz und erhielt im Chorherren Bartholomäus Ferdinand Judex (Richter) nach langer Zeit wieder einen Nachfolger aus dem eigenen Konvent.
Neunzig Jahre hindurch hatte kein Rottenmanner Chorherr das Amt des Propstes bekleidet. In dieser für Rottenmann verworrenen Zeit war den Pröpsten auch die Würde des Archidiakons im Ennstal entzogen worden und als Salzburg 1648 dieses Amt dem Admonter Abt übertrug, fühlte sich der Rottenmanner Konvent gekränkt und trat in Opposition zu Admont, sodass die Kanonie zum Gehorsam gegen den Abt aufgefordert werden musste. Im Gegensatz zur Stadt Rottenmann, die 1661 in Grund verarmt und hoch verschuldet war, scheint es dem Stift unter diesem Propst allmählich besser gegangen zu sein, denn er konnte der niederösterreichischen Landschaft über 5.000 Gulden leihen, allerdings unter Konditionen, die sich später als sehr nachteilig erwiesen. Das erst wenige Jahre zuvor gekaufte Gut Aigen im Ennstal verkaufte der Propst wieder, um mit dem Erlös einen Hammer zu erwerben, womit man der Mode der Zeit folgte. Goldgrube dürfte das Unternehmen aber keines gewesen sein. 1663 und 1671 fanden wieder Visitationen im Stift statt, die das Konventleben der Chorherren regelten. Es wurde z. B. angeordnet, die Konventzellen mit Öfen zu versehen und einen guten Koch anzustellen. Als 1672 der Propst starb und eine Sperre des Stiftsvermögens notwendig war, kam es zwischen dem Admonter Abt als salzburgischem Kommissär und den kaiserlichen Kommissären zu einem Präzedenzstreit, wie er in jener Zeit auch in anderen Stiften bei solchen Anlässen auftrat. Äußerlich gesehen ging es um Fragen der Etikette, des Vortrittes der Kommissäre bei diversen Handlungen, im Prinzip aber um das Eingriffsrecht des Staates in Agenden, die bisher der Ordinarius allein beansprucht hatte. Bevor der Konvent aber zur Wahl schritt, wurden "Capitulationes" aufgesetzt, die alle wahlberechtigten Chorherren eigenhändig unterschrieben und überdies beschworen. Die ersten vier Punkte betrafen die Finanzsituation des Stiftes: Der Gewählte sollte ohne Zustimmung des Kapitels keine Kapitalien aufnehmen, hatte dem Kapitel über das Stiftsvermögen jährlich Rechnung zu legen, darauf bedacht zu sein, die Schulden des Klosters zu tilgen und keine weiten Reisen zu unternehmen.
Aus der Wahl, an der neun Chorherren teilnahmen, ging der Stiftsdechant Georg Christoph Mourat als neuer Propst hervor. Obwohl er nur elf Jahre regierte (1672–1683), wurde er der Barockpropst Rottenmanns, mit allen charakterlichen Vorzügen und Schwächen, die auszugsweise geschildert zu werden verdienen. Zu Mourats Zeit war die Propsteikirche mit Paramenten, Messbüchern und anderen kirchlichen Geräten wohl ausgestattet. Zum Klosterschatz gehörten ein silbernes Pastorale, drei vergoldete Pektorale, sechs Pontifikalringe und je vier kostbare und einfache Mitren. Dies war nicht wenig, wenn man die fast permanente finanzielle Krise des Stiftes bedenkt. Leider besaß diese Großzügigkeit keine finanzielle Deckung. Die von Propst Mourat in der Propstei- und Stadtpfarrkirche St. Nikolaus errichteten vier Kapellen samt Altären, wie auch die anderen von ihm vorgenommenen Bauten und Anschaffungen konnte sich das Stift eigentlich gar nicht leisten, denn die Ausgaben wurden mit Fremdgeld finanziert, wodurch die Verschuldung der Propstei neuerlich stieg. Das selbstherrliche Auftreten des Propstes gegenüber den Bürgern der Stadt hatte den Magistrat im Lauf der Zeit so erbittert, dass er sich gezwungen sah, dem Admonter Abt als Erzpriester seine Beschwerden in zehn Punkten vorzulegen und um Abhilfe zu bitten. Besonders erzürnte die Stadt der Umstand, dass vermögenslos verstorbene Bürger und Bauern nicht mehr am Stadtpfarrfriedhof bei der St. Nikolaus-Kirche bestattet werden durften, sondern nach St. Georgen getragen werden mussten, wo sie "sine luce et cruce" wie Ketzer, Türken oder Heiden begraben wurden. Nachdem der Streit vor die Regierung gekommen war, wurde 1677 ein Vergleich zwischen Stadt und Stift geschlossen. Auch im Konvent gärte es. 1680 fühlten sich der Dechant Johann Albert Kendlmayr, den der Propst seines Amtes enthoben hatte, und zehn Chorherren veranlasst, beim Salzburger Konsistorium eine viele Punkte umfassende Klageschrift gegen den Propst einzureichen. Sogar die innerösterreichische Regierung wurde davon informiert. 1681 wiederholte der Konvent seine Vorwürfe, die darin gipfelten, dass der Propst bereits Schulden in Höhe von 30.500 Gulden angehäuft und sich einiger "Scandala" schuldig gemacht habe, darunter solcher, dass er während der Pestzeit (1680) Frauen ins Stift eingeladen, mit ihnen in seiner Tafelstube Tänze veranstaltet und bei Tisch "liderlich gebuzte und geblöste Frauen" neben die Konventualen gesetzt habe. Mit der Köchin, die jetzt schwanger sei, habe er ein Verhältnis unterhalten. Den Konventualen habe er im Zorn gewünscht, der Blitz möge sie erschlagen oder der Teufel solle sie holen. Diese und andere Vorwürfe wurden im März 1681 bei einer vom Admonter Abt und zwei landesfürstlichen Kommissären vorgenommenen Visitation untersucht. Bei dieser wiederholte der Konvent seine Beschwerden. Vor allem die unnötigen Ausgaben für Bauten und "der zu große bracht in Raisen, wenigist mit 9 oder 10 Pferden" wurden dem Propst angelastet. Dieser bestritt die Vorwürfe im Einzelnen: die jetzige Wirtschaft sei kein "confusum chaos", sondern so, wie sie eben möglich sei. Wenn die jungen Konventualen sich beklagten, zu Fuß zu ihren geistlichen Verrichtungen gehen zu müssen, so sei dies nichts Neues, auch er habe früher zu Fuß gehen müssen. Ein Übereinkommen zwischen den Kommissären, Propst und Kapitel spezifizierte die Aufwendungen, die dem Propst vom Kapitel zu bezahlen waren. Damit waren die Probleme mit dem Propst aber noch nicht bereinigt, denn es gab ein höchst unerfreuliches Nachspiel. Abt Adalbert von Admont berichtete kurz nach Abschluss seiner Kommission dem Salzburger Konsistorium, dass viele Beschwerden gegen den Propst sehr wohl berechtigt seien. Er behandle die Konventualen mit groben Worten, es gebe keine Haus- und Stundenordnung und Kleidung sowie Küche ließen zu wünschen übrig. Die Kommissäre hätten deshalb dem Propst die Verwaltung der Temporalien abgenommen und dem Dechant übertragen. Salzburg war jedoch der Meinung, dass dem Propst die Temporalien nicht genommen werden könnten, außerdem habe er sich wegen Erkrankung nicht ausreichend verteidigen können. Der Abt möge mit Dr. Franz Dreer das Kloster nochmals "in spiritualibus" visitieren. Propst Mourat war unterdessen nach Salzburg gereist, hatte dort Befürworter gefunden und den Abt als den für seine "Bestrafung" Schuldigen geschildert, was dieser, als er davon erfuhr, übel aufnahm. Abt Adalbert war darüber so verärgert, dass er die Admonter Abtei und das Archidiakonat resignieren wollte, falls ihm schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden könnte. Er zeichnete ein tristes Bild von der Persönlichkeit des Propstes, der bereits Zisterzienser von Lilienfeld, Benediktiner in Scheyern und Chorherr in Rohrschach gewesen, aber überall entlassen worden sei. Abt Urban von Admont habe ihn in den Admonterhof in Graz aufgenommen und studieren lassen, doch habe Mourat mehr die Gasthäuser als die Kollegien besucht. Selbst in Rottenmann sei er als Kleriker schon einmal entlassen, aber wieder aufgenommen worden, dafür habe er seinem Vorgänger mit Steinen die Fenster eingeworfen. Der Abt verlangte für die Beleidigung durch Mourat Satisfaktion. Diese Vorgänge dürften Propst Mourat ziemlich mitgenommen haben. Anfang Jänner 1683 starb er, nicht ohne sich zuvor noch mit seinem Kapitel ausgesöhnt zu haben.
Sein Nachfolger stand schon vor der Wahl fest: Dechant Johann Albert Kendlmayr. Er war anscheinend der erste Propst, der in Rottenmann vom Seckauer Bischof benediziert wurde. Er wird als äußerst fromm, tugendhaft, der Wissenschaften kundig und in der Verwaltung tüchtig beschrieben. Zudem war er Verordneter des Prälatenstandes und Rat des Fürstbischofs von Bamberg. Beim Stift gründete er die Bruderschaft vom hl. Franz Xaver für Adelige und Priester und ließ eine Kapelle zu Ehren dieses Heiligen mit einer Gruft als Begräbnisstätte des Konventes errichten. Ein bleibendes Denkmal hat sich Propst Kendlmayr mit dem von ihm verfassten "Chronicon Rottenmannense" gesetzt, in dem er die Stiftsgeschichte bis zum Jahr 1592 beschrieb. 1690 ließ er den Pfarrhof in Lassing erbauen. Von Kaiser Leopold I. erhielt das Stift eine Beihilfe von 1.000 Gulden aus der Maut von Rottenmann und 1702 wurde dem Propst durch päpstliche Verfügung die obersteirische Pfarre Pöls samt der reichen Pfründe auf zehn Jahre verliehen. 1701 fand wieder eine Visitation der Propstei durch Admont statt, die diesmal wenig zu beanstanden fand. Das Verhältnis der beiden Klöster war mittlerweile ein nachbarlich gutes, was auch der Umstand beweist, dass der Propst 1686 in Frauenberg das Begräbnis des verstorbenen Admonter Abtes hielt. Als Kuriosum des Barockzeitalters kann man die Übersendung des Papageis "Paperl" an Kaiser Joseph I. betrachten, den ein Chorherr im Namen des Propstes in Wien dem Herrscher persönlich überreichte. Der Vogel war darauf abgerichtet, lateinische, patriotische Sprüche aufzusagen.
Stiftsbankrott
Kaum war Propst Kendlmayr 1702 gestorben und Chorherr Aquilin Hirmer zum Nachfolger gewählt worden, begann sich das alte Übel des chronischen Geldmangels und der Überschuldung des Stiftes wieder massiv bemerkbar zu machen. Kommissionen, Visitationen, Mandate und Dekrete vermochten keine Abhilfe zu schaffen. 1705 schlug eine staatliche Kommission erstmals vor, den Personalstand der Chorherren durch ihre Versetzung in andere Klöster des Ordens zu verringern, um solcherart Ausgaben zu sparen. Das jahrelange Tauziehen zwischen der Regierung, dem Admonter Abt als Archidiakon und damit Vertreter Salzburgs sowie dem Propst hinsichtlich geeigneter Maßnahmen zur Sanierung der Wirtschaft der Propstei ließ nur wertvolle Zeit verstreichen, ohne die notwendige Gesundung des Stiftes einzuleiten. Dessen Aktiva betrugen etwas mehr als 190.000 Gulden, die Passiva aber bereits 170.547 Gulden. Seltsam berührt die Weigerung der niederösterreichischen Chorherrenstifte, dem Bruderstift mit einer Beihilfe beizuspringen. Nur der Propst des weltlichen Stiftes Spital am Pyhrn wollte 40.000 Gulden gegen entsprechende Sicherstellung geben. Zuletzt tauchte seitens der geistlichen und weltlichen Behörden der Plan auf, mit der Rettung Rottenmanns das Stift Vorau zu befassen, das aber aus Sorge, durch die Gläubiger Rottenmanns selbst Schaden zu erleiden, lange zögerte. Widerstand gegen diese Option kam auch aus dem Rottenmanner Konvent. Propst Hirmer weigerte sich, abzudanken und nach Vorau zu ziehen. Andererseits wollte ihn auch kein anderes österreichisches Chorherrenstift aufnehmen. Nach einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen allen Beteiligten kam am 2. März 1711 durch Abt Anselm von Admont namens des Salzburger Erzbischofs ein Übereinkommen zustande, durch das Vorau die spirituelle und wirtschaftliche Leitung Rottenmanns übernahm und einige Vorauer Chorherren nach Rottenmann entsandte, von denen Maximilian Andrä Peraith Administrator wurde, während sich Propst Hirmer in den Pfarrhof nach Lassing zurückzog. Nach dem Ende der Vorauer Administration räumte man Propst Hirmer 1736 wieder die Temporalienverwaltung des Stiftes ein, doch wollte er dorthin nur dann zurückkehren, wenn man ihm auch die Spiritualia übergebe, was aber nicht sofort geschah. Über diese Verhandlungen ist Hirmer zwei Jahre später gestorben. Er war der 18. und letzte Propst der Kanonie Rottenmann.
Administration durch das Stift Vorau
Die Administration Voraus stieß in Rottenmann sofort auf vielfältige Schwierigkeiten und die Vorauer Chorherren hatten anfangs unter den ständigen Belästigungen, Verdächtigungen und Verleumdungen durch die Gläubiger des Stiftes sehr zu leiden. Diese reichten bei der Regierung ununterbrochen Klagen ein, die zu wiederholten Mahnungen, Drohungen und Untersuchungen durch die staatlichen Behörden führten. Propst Webersberg von Vorau suchte deshalb die Bürde der Administration loszuwerden, da auch der Plan Voraus, sämtliche Schulden von Rottenmann zu übernehmen, wenn dieses Vorau einverleibt werde, fehlschlug. Es dauerte bis 1735, dass Vorau von der unglaublich schwer gefallenen Versprech- und Zahlungsbürde befreit wurde. Damals waren vom ursprünglichen Rottenmanner Konvent nur noch zwei Chorherren am Leben. Es war daher notwendig, Chorherren aus Vorau ständig nach Rottenmann zu entsenden, um den Konvent wieder aufzufüllen und die Pfarrseelsorge gewährleisten zu können. Mittels eines Vertrages wurden am 24. April 1735 neun Vorauer aus ihrem Klosterverband entlassen und vom Admonter Abt feierlich und dauernd dem Stift Rottenmann inkorporiert. Einer von ihnen, Johann Albin de Apostolis, wurde als Administrator in spiritualibus und Dechant bestätigt. Auch alle folgenden Stiftsvorsteher führten den Titel Dechant und Administrator, sodass es von 1738 bis zur Aufhebung des Stiftes 1785 keinen Propst mehr gab. Für Rottenmann wäre die Inkorporation der obersteirischen Pfarre Pöls eine große finanzielle Hilfe gewesen. Obwohl Admont diese Einverleibung befürwortete, lehnte Salzburg ab. Man verlieh die Pfarre aber dem Chorherren Anian Stadler, der dadurch Erzpriester wurde, aber dem Stift von der Pfarre 1.000 Gulden jährlich abführen musste. Als man später von ihm immer höhere Summen verlangte und mit Pfändung drohte, verließ er Pfarre und Stift für immer. In dieser Zeit konsolidierte sich die wirtschaftliche Situation des Stiftes allmählich soweit, dass 1760/70 (1750) ein Flügel des Stiftsgebäudes neu errichtet werden konnte, der jetzt "Schloss" genannt wird. Auf Johann Albin de Apostolis – er war bereits der dritte Administrator – folgten noch vier weitere Dechante, von denen Matthäus Huszar und Joseph Anton Haring noch aus Vorau gekommen, Albin Patrizius Mayrhofer und Franz Xaver Ortner aber bereits in Rottenmann eingetreten waren. Ortner war von 1775 bis 1785 Dechant und erlebte in diesem Jahr die Aufhebung des Stiftes. Er wurde danach Säkular-Stadtpfarrer von Rottenmann und starb 1790.
Stiftsaufhebung
Am 15. Juli 1785 verkündete der Kreishauptmann von Judenburg Paul Purgstaller dem Dechant und Konvent die Aufhebung des Stiftes. Dechant und Konvent durften noch fünf Monate im Kloster bleiben. Als Jahrespension wurden dem Dechant 600 Gulden, dem Pfarrer 400 und den Chorherren je 300 Gulden angewiesen. Bei der Aufnahme des Inventars waren 2.007 Gulden Bargeld und 7.335 Gulden Aktivvermögen vorhanden. An Pretiosen fand sich im Stift nur wenig Bedeutendes. Das wertvollste Stück stellte ein altes (wohl spätgotisches) Pastorale aus vergoldetem Silber mit Statuen und falschen Steinen dar, das neben drei alten Mitren an die Zeit erinnerte, als noch Pröpste das Stift regierten, denn die Dechante ab 1735 waren nicht infuliert. Sonst gab es noch die überkommenen Silberbestecke und -becher, die samt allen anderen entbehrlichen Silbergeräten eingezogen wurden. Das Stiftsvermögen betrug einschließlich der Pfarren Lassing, Liezen und Irdning 150.333 Gulden, am wertvollsten war die Herrschaft Rottenmann. Sämtlicher Grund- und Gültenbesitz bildete ab sofort die Kammeralherrschaft Rottenmann, deren erster Verwalter Purgstaller wurde. Die zwölf ehemaligen Chorherren und der Dechant blieben noch fünf Monate im Stift. Die meisten übernahmen die Seelsorge auf den Stiftspfarren bzw. blieben weiter dort, wo sie schon bisher gewirkt hatten, bis der letzte von ihnen 1825 in Lassing starb. Die Michaelskapelle neben der Stadtpfarrkirche wurde profaniert und zum Wohnhaus gemacht. Die Spitalkirche (Maria am Rain), vom Abbruch bedroht, fand im Bürger Paul Egger einen großherzigen Retter, indem er sie kaufte und der Rottenmanner Pfarrgemeinde schenkte, mit der Verpflichtung, die Kirche stets im baulichen Zustand zu erhalten.
Wirtschaftliche, rechtliche und soziale Verhältnisse
Wirtschaftliche Verhältnisse
Das Kloster Rottenmann war von Wolfgang Dietz mit Eigengütern, Stücken, Gründen, Gülten, Zinsen und Diensten dotiert worden, die für den Unterhalt eines Klosters vorerst ausgereicht haben mochten, wenn ihnen noch weitere und nicht zu kleine Erwerbungen durch das Stift gefolgt wären. Die Einkünfte dieser Güter erbrachten nach dem "Stiftbrief" Friedrichs III. vom 19. November 1456 jährlich 70 Pfund Pfennige. Die gestifteten Güter waren folgende: zwei Huben zu Treglwang samt vier dazugehörigen Herbergen, zwei Huben im Dorf Gaishorn samt einer Herberge daselbst (beide Orte im Paltental), etwa sechzehn Dienste von Gütern in Bad Mitterndorf, im Hinterberg bei Rottenmann, Oberdorf und Reut, Zinse und Dienste von 16 Gütern oder Huben bzw. Almen in der Strechen bei Rottenmann, sowie Zinse und Dienste von einem Haus, Garten und Acker, mehreren Werk- und drei Hofstätten, gelegen am Rain bei Rottenmann, also unmittelbar beim Kloster. Diese Güter, die bereits in einem eigenen Urbar verzeichnet waren, übergaben Dietz und seine Frau Anna, samt der schon früher (1439) von ihnen auf den genannten Gütern zur Kirche Maria am Rain gestifteten Messe, dem Kloster. Dazu fügte die Rottenmanner Bruderschaft unserer lieben Frau noch die Stiftung des Adam Riedmarcher von 1456 an diese Bruderschaft hinzu, welche drei Schenkungen mit dem kaiserlichen Bestätigungsbrief von 1456 anerkannt wurden. Kurz vor seinem Tod beschenkte Dietz das Stift neuerlich. An dieses kamen dadurch die Bambergischen Lehen bei St. Georgen bei Rottenmann, bestehend aus fünf Bauerngütern samt den Zugehörungen, Wäldern, Äckern und Almen, die salzburgischen Lehen in der Pfarre St. Lorenzen im Paltental, der Anteil des Dietz am Eisenbergwerk in Liezen samt Hämmern und Blähhäusern, schließlich noch einzelne Stücke im Pyhrn, in der Strechen bei Rottenmann und ein Acker ober der Landstraße am Rain. Die Summe der davon einkommenden Dienste betrug fast 110 Pfund Pfennige jährlich. Drei Tage bevor Dietz starb, schenkte er die letzten fünf Güter samt Mühlen und anderen Zugehörungen an sein geliebtes Stift, ebenso seine Barschaft und Kleinodien, sein Silbergeschirr und Bettgewand. Auf einigen der gestifteten Güter lagen Verpflichtungen zu Messen oder Jahrtagen.
Schon 1455 war dem Kloster die Rottenmanner Pfarre St. Nikolaus inkorporiert worden, doch kam das Kloster nur unter Schwierigkeiten in deren faktischen Besitz. Die Einkünfte der Pfarre betrugen ca. 16 Mark Silber. In der Folge wurde das Stift von Privaten mit Schenkungen bedacht und kaufte auch selbst Güter an, darunter Anteile am Eisenabbau am Salberg bei Liezen und ein Gut in der Pfarre Haus im Ennstal. Kaiser Friedrich ordnete an, dass alle Erzschürfe in der Pfarre Rottenmann und in Oppenberg beim Propst angesucht werden müssten, und dem Pfleger von Wolkenstein trug er auf, die Wälder und Fischwässer des Klosters in der Strechen vor Übergriffen der Bevölkerung zu schützen. 1464 befreite Friedrich III. das Stift von allen Steuern auf seinen Gütern im Burgfried Rottenmann. Schon Kaiser Maximilian I. schrieb an den Heiligen Stuhl, dass das Kloster "valde pauper et exile in redditibus est." Dies blieb so bis zur Vorauer Administration.
Im 17. und 18. Jahrhundert gliederte sich der Besitz des Stiftes in folgende Ämter: Au, Donnersbach, Irdning, Lassing, Liezen, Oppenberg, Paltental, Perndorf (Bärndorf), Stadt Rottenmann, Schladming, Seiten, Strechau (Strechen), Treglwang, das Hofamt und das einverleibte Gösser Amt Rottenmann. Von 1675 bis 1754 besaß das Stift ein Haus in Graz, von 1652 bis 1667 das Gut Aigen im Ennstal. Dass das Stift niemals in den dauernden Besitz der einen oder anderen größeren Herrschaft gelangte, ist einer der Gründe für seine permanente wirtschaftliche Misere. Ein anderer ist die für das arme Stift viel zu hohe landesfürstliche Besteuerung unter Ferdinand I. Allein durch die Quart verlor das Stift 59 Pfund Herrengülten an Andreas Hoffman, dessen Familie die Güter auch dann nicht mehr herausgab, als das Stift sie zurückkaufen konnte. Die seitens der Landschaft erfolgte Einziehung der Stiftspfarren, deren Erträge stiftische Steuerschulden abdecken sollten, und die von den evangelischen Hoffman lange Zeit ausgeübte Vogtei über die Pfarren beraubte das Stift jahrzehntelang aller Einnahmen daraus. Häufiger Propstwechsel, wirtschaftliche Nachlässigkeit der oft nur kurz amtierenden Stiftsvorsteher und kostspielige Amtsführung einiger Pröpste des 17. Jahrhunderts ruinierten das Stiftsvermögen zusätzlich.
1692 machte der Konvent die Regierung in mehreren Punkten auf die finanzielle Notlage des Stiftes aufmerksam und begründete sie damit, dass Rottenmann von der seinerzeitigen Verleihung der Erzschürfrechte in den Pfarren Rottenmann und Oppenberg nichts habe, weil die Flöße unergiebig seien. Die Befreiung der Klostergüter von der Landessteuer sei erloschen und außer einigen Äckern müsse jetzt alles versteuert werden, sogar "jedes Ay". Die dem Stift seinerzeit geschenkten Weingärten und zwei Äcker habe man den Erben des Gebers teuer abkaufen müssen. Die staatlichen Steuern seien vom Stift trotz Befreiung durch Friedrich III. 1491 (recte: bis auf Widerruf!) immer wieder gefordert worden und hätten zuletzt 100.000 (?) Gulden betragen, wovon die derzeitige Verschuldung herrühre. Sogar die Pfarre Irdning habe 1525 zur Quart beitragen müssen. Die Pfarre Lassing hätten die Landstände 1563 dem Stift gewaltsam entzogen und evangelischen Prädikanten übertragen, weshalb das Stift 30 Jahre lang von der Pfarre nichts genossen habe, im Gegenteil, es hätte die Pfarrgülten durch Verkauf anderer Gülten ablösen müssen. Kaiser Leopold I., an den sich das Stift um Hilfe und Schutz wandte, vertröstete es 1692, auf bessere Zeiten zu warten.
Unter Propst Aquilin Hirmer erfolgte der offizielle Bankrott des Stiftes, der de facto schon längst eingetreten war. Der Stiftsbesitz umfasste 1702/03 den Stiftshof in Graz samt einem Garten, je einen Weingarten im Sausal (Weststeiermark) und in Pichl, je zwei Weingärten in Radkersburg und Luttenberg/Ljutomer, die neue Weinfechsung und die Weinvorräte in Graz und Rottenmann, den stiftischen Meierhof, zwei Gärten, eine Mühle, einen Hammer, vier Häuser und einen Garten in der Stadt Rottenmann, drei große Fischteiche, das Jagdrevier und die Wälder in der Strechen, die Holz- und Jagdgerechtigkeit "Creuzberg", das Jagdrecht in "Khüzsteug", Zehente in Liezen, Lassing, Oppenberg und Irdning sowie ganze 1.000 Gulden Bargeld. Die Untertanenausstände betrugen 1.505 Gulden. Das Inventar an Silbersachen weist neben vier Pektoralien an Goldketten und drei schönen Pontifikalringen das übliche Tafelgeschirr aus. Daneben werden im Inventar 28 Betten und drei Khobelwägen sowie sechs Schlitten angeführt. 1706 waren die Schulden des Stiftes auf über 170.000 Gulden angewachsen, denen Aktivwerte von 190.000 Gulden gegenüberstanden. Das Stift war am Ende seiner Zahlungsfähigkeit, während die zahlreichen Gläubiger ihr Geld forderten. Als Retter in höchster Not konnte das Bruderstift Vorau gewonnen werden. Die von 1711 bis 1734 dauernde Vorauer Administration stellte 1735 eine Kalkulation auf, der zufolge bei Übernahme der Verwaltung das Stiftsvermögen 134.153 Gulden, die Schulden aber 162.858 Gulden betragen hätten. Um die fast hundert Gläubiger wenigstens teilweise zu befriedigen, hatte man unfundierte Grundstücke, Weingärten sowie die Wein- und Getreideausstände abgestoßen, ebenso die kaiserlichen Subsidien aus der Rottenmanner Maut. Vorau konnte in der Zeit seiner Verwaltung 50.000 Gulden an reinem Schuldenkapital und weitere 30.000 Gulden Schuldenzinsen tilgen. Trotzdem blieb noch ein Schuldenrest von 71.847 Gulden, allerdings war auch das Vermögen des Stiftes durch die Verkäufe auf einen Wert von 85.721 Gulden gesunken. Während der letzten Jahrzehnte seines Bestandes erholte sich das Stift wirtschaftlich so weit, dass bei seiner Aufhebung Aktiva von 150.333 Gulden Schulden von nur 706 Gulden gegenüberstanden.
Rechtliche Verhältnisse
Als 1475 zum ersten Mal ein Propst aus dem Rottenmanner Kapitel gewählt wurde, geschah dies noch im ersten Stift in St. Maria am Rain vor einer Reihe von geistlichen Zeugen, darunter der ehemalige erste Propst Jung. Der Gewählte willigte nach dem üblichen Einwand der Unwürdigkeit in die Übernahme des Amtes ein, worauf ein "Tedeum" gesungen und der Erwählte unter Glockengeläute vor den Altar der hl. Maria geführt wurde, wo er sich auf sein Angesicht warf und die vorgesehenen Gebete über ihn gesprochen wurden. Dann verkündete man die Wahl dem versammelten Volk. Ein Kleriker der Passauer Diözese, der als öffentlicher Notar dem Wahlakt beigewohnt hatte, verfasste eine Urkunde, die von allen Kapitularen unterschrieben, mit dem Konventsiegel versehen und dann an den Salzburger Erzbischof gesandt wurde, mit der Bitte, die Wahl zu bestätigen und den Gewählten persönlich zu konfirmieren. Die Konfirmierung erfolgte bald darauf in Salzburg, indem der Neuerwählte den Treueid auf die Salzburger Kirche ablegte, worauf ihm der Ring angesteckt wurde. Noch Propst Magnus Praitenpaumer reiste 1512 persönlich zur Konfirmation nach Salzburg, sein Nachfolger Propst Walcher erhielt seine Investituren 1555 aber schon in Rottenmann durch den Salzburger Domdechant. Propst Reisacher wurde 1574 wieder in Salzburg konfirmiert.
In der Zeit der Reformation kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Salzburg und dem Landesfürsten über das Recht der Ein- und Absetzung der Pröpste. Schon der Postulation von Propst Ritzinger nach Vorau durch König Ferdinand I. hatte Salzburg nicht zugestimmt und auch gegen die Absetzung von Propst Panichner durch den Erzherzog verwahrte sich Salzburg entschieden. Propst Muchitsch war 1581 vom Grazer Nuntius kraft päpstlicher Vollmacht seines Amtes entsetzt worden, worauf er Christof Staindl zum Propst berief. Dessen Resignation wollte Salzburg zunächst nicht annehmen und befahl ihm, auf seinem Posten zu bleiben, um eine Neubesetzung der Propstei durch den Nuntius oder Landesfürsten zu verhindern. Allein die Namen der mit dieser Angelegenheit von Salzburg wie dem Landesfürsten befassten Persönlichkeiten zeigen das hohe Interesse beider Seiten, kein Präjudiz entstehen zu lassen. Dass Muchitsch neuerlich zur Propstei berufen wurde, hatte er allein dem Willen des Erzherzogs zu verdanken. Propst Pechinger wurden 1624 die Spiritualia von zwei salzburgischen Kommissären, dem Erzpriester Georg Hammer und dem Pfarrer von St. Dionysen bei Bruck, die Temporalia aber von diesen gemeinsam mit kaiserlichen Kommissären eingeantwortet. Dazu hatten letztere alles Recht, denn Rottenmann war ein kaiserliches Stift und der Landesfürst seit jeher sein Vogt. Diese rechtlich geteilte Zuständigkeit hatte für die Kanonie bis zur Aufhebung Geltung. Eine Auszeichnung durch Salzburg bedeutete für Propst Johann Kuglperger seine Berufung zum Archidiakon im Ennstal (1494), welche Bürde er, trotz Bitte um Enthebung, bis ans Lebensende tragen musste. Sein Nachfolger Magnus Praitenpaumer wird 1524 Kommissär des Salzburger Archidiakonates genannt. Propst Panichner war, ungeachtet seiner persönlichen Verhältnisse, seit 1562 zugleich Archidiakon der Ober- und Untersteiermark. Nach seiner Resignation 1573 kam kein Rottenmanner Propst mehr zur Würde des Archidiakons. Diese wurde im 17. Jahrhundert an die Äbte von Admont übertragen, was zu Spannungen Admonts mit Rottenmann führte, das sich bei der Besetzung dieses Amtes, das früher die Pröpste innegehabt hatten, übergangen fühlte.
Zu großen rechtlichen Auseinandersetzungen kam es im Verlauf des 16. Jahrhunderts mit den Eigentümern der nächst der Stadt Rottenmann gelegenen Herrschaft Strechau, den Freiherrn Hoffman. Diese griffen nach der Vogtei der Pfarren Irdning und Lassing und maßten sich unter diesem Titel die Inventur der Güter verstorbener Pfarrer sowie die Investitur der neuen Pfarrer an. 1539 sah sich das Stift gezwungen, mit Hans Hoffman einen Vertrag abzuschließen, der – entgegen den kaiserlichen Privilegien für das freie Besetzungsrecht des Stiftes – die Mitwirkung der Herrschaft bei der Besetzung der Pfarre Lassing festlegte. 1564 entzog die mehrheitlich evangelische Landschaft dem Stift die Pfarren Lassing, Liezen und Oppenberg unter dem Vorwand stiftischer Steuerschulden, und Hans Friedrich Freiherr Hoffman zu Strechau, prominentester Sprecher der evangelischen Landstände, besetzte die Pfarren mit Prädikanten aus dem Reich. Das Stift konnte dagegen auch deshalb nichts unternehmen, weil es nicht in der Lage war, die Pfarren mit eigenen katholischen Seelsorgern zu versorgen. Versuche des Stiftes, die Pfarren von den Hoffman zurückzubekommen, scheiterten trotz mehrerer landesfürstlicher Mandate am Widerstand der Hoffman und der evangelischen Bevölkerung. Dieser wurde erst 1599 durch die von Erzherzog Ferdinand mit Hilfe des Seckauer Bischofs Martin Brenner und militärischer Gewalt durchgeführte Gegenreformation endgültig gebrochen. Seit die Prälaten auf dem steirischen Landtag eine eigene Kurie bildeten, gehörten die Rottenmanner Pröpste diesem Gremium an. Propst Andreas Pechinger (1624–1645) war anscheinend der erste Rottenmanner Propst, der vom Prälatenstand in das Verordnetenkollegium entsandt wurde, denn das mit 1644 datierte Tor des damals fertiggestellten Grazer Landeszeughauses trägt – neben den Wappen der übrigen Verordneten – die kombinierten Wappen des Stiftes und des Propstes. Am 2. März 1711 wurde ein Vertrag unterzeichnet, der die Bedingungen enthielt, unter denen das Stift Vorau die Rettung des überschuldeten Klosters Rottenmann übernehmen wollte. Vorau gab acht Chorherren für Rottenmann ab, die formell in dieses Stift übertraten, damit die Seelsorge auf den Stiftspfarren gewährleistet werden konnte. Salzburg bestellte aber weiterhin keinen Propst mehr, sondern ein vom Erzbischof ernannter Dechant leitete das Stift bis zu dessen Aufhebung. Für die Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit des Stiftes wird bereits 1473 ein Hofrichter erwähnt, der mit dem Gerichtsstab "in offenen Hoffrecht" namens des Propstes zu sitzen pflegte. Die Blutgerichtsbarkeit besaß das Kloster nicht.
Soziale Verhältnisse
Der erste Rottenmanner Propst Johannes Jung kam mit fünf Mitbrüdern vom Augustinerkloster in St. Dorothea in Wien nach Rottenmann. Jung stammte aus Dinkelsbühl, war 1431 an der Wiener Universität zum Doktor der Theologie promoviert worden und Dechant in Vorau und St. Dorothea gewesen. Die anderen fünf Konventualen Georg Kastner, Stefan Tengkh aus Eggenburg, Jakob von Luttau, Mag. Wolfgang von Wilhelmsburg und der Konverse Andreas Prunlechner stammten zum Teil aus Niederösterreich. Jung sollte 1463 Propst des Bayrischen Klosters Au werden, wohin er mit Wolfgang von Wilhelmsburg abreiste, doch waren die Verhältnisse dort so unleidlich, dass sie der Erzbischof auf die Propstei St. Mauritz im kärtnerischen Friesach postulierte. Auch Wolfgang von Wilhelmsburg war ehedem Chorherr in Vorau. Er und Jung waren vom Vorauer Propst zwecks Reform von St. Dorothea nach Vorau geholt worden, werden als gelehrt und ihr Wirken für Vorau als segensreich beschrieben. Der 1475 erwähnte Chorherr Jakob Smuzer dürfte der erste gebürtige Rottenmanner gewesen sein, der in das Stift eintrat, denn in Rottenmann gab es eine gleichnamige Bürgerfamilie, die 1446 den Stadtrichter stellte. Auch der zweite Propst wurde aus dem Mutterkloster erbeten und hinterließ 1475 acht Chorherren sowie den bereits erwähnten Konversen Andreas. Später sind in Rottenmann keine Konversen mehr nachzuweisen.
Bei der Wahl des Propstes Johann Kuglperger, dessen Heimat Frankenmarkt in Oberösterreich war, befanden sich außer ihm noch sieben Kanoniker und der Laienbruder Andreas im Konvent. Der 1512 verstorbene Propst Kuglperger hat elf Chorherren aufgenommen, darunter seinen aus Kirchdorf in Oberösterreich gebürtigen Nachfolger und einen gewissen Martin Hartlieb aus Rottenmann. Alle Chorherren waren bürgerlicher Herkunft.
Propst Georg Ritzinger gehörte ursprünglich dem Orden der Dominikaner an, war aber 1535 als Chorherr aufgenommen worden. Er wechselte nach einigen Jahren nach Vorau, musste aber auch dort resignieren und starb als Chorherr dieses Stiftes. Er hatte in Rottenmann nur zwei Chorherren aufgenommen, darunter einen Verwandten namens Rupert Ritzinger. 1552 gab es außer dem damaligen Propst Sigmund Kleubenstein nur noch zwei Priester im Konvent, als der Propst drei Jahre später starb, überhaupt keinen Kanoniker mehr. Dieser Zustand dauerte mehr als vierzig Jahre, weshalb es ein Jahrhundert lang keine gewählten, sondern nur noch designierte Pröpste gab. Diese waren vor ihrer Berufung Mitglieder der Augustiner-Chorherrenklöster St. Zeno in Reichenhall, Berchtesgaden und Seckau. Ihnen folgte in der Würde Johann Muchitsch aus Cilli/Celje, Pfarrer von St. Ägidius in Graz, Hofkaplan und Almosenier Erzherzog Karls. Er sollte das feierliche Ordensgelübde im Seckauer Kloster ablegen, wurde aber vom Grazer Nuntius abgesetzt.
Der nächste Propst war eigentlich Angehöriger des St.-Georgs-Ordens in Millstatt, nach seinem Weggang wurde wieder der schon vorher Propst gewesene Johann Muchitsch eingesetzt, dessen Bruder Georg der bekannte Erzpriester, Pfarrer von Gratwein und Propst von Pöllau war. 1633 befanden sich außer dem Propst wieder sechs Chorherren in Rottenmann, von denen zwei aus Graz, einer aus Rottenmann, einer aus Augsburg und einer aus Böhmen stammte. Nach dem Tod des Propstes Pechinger 1645, der ein gebürtiger Leibnitzer war, wählten neun Chorherren den neuen Propst Bartholomäus Ferdinand Judex, einen Minoriten aus Graz, der aus der Diözese Prag stammte. Bei seinem Tod 1672 lebten außer dem zum Nachfolger gewählten Dechant Georg Christoph Mourat noch weitere acht Chorherren, sieben Priester und ein Diakon, im Stift. Der Senior war 58 Jahre alt, ein Chorherr zählte 49 Jahre, sechs waren zwischen 32 und 38 Jahre alt, bei einem fehlt die Altersangabe. Das Durchschnittsalter des Konventes betrug ca. 40 Jahre. Als Klosterämter werden 1659 ein "inspector culinae", ein "cellarius", ein "sacristanus", 1663 ein "vicedecanus" und ein "vestiarius" sowie ein "rector musices et bibliothecarius" erwähnt. Die Funktionen des "sacristanus", "cathechista" und "cellarius" waren damals in einer Person besetzt und alle stiftischen Seelsorgestationen hatten ihren Vikar.
1681 war die Zahl der Konventualen, einschließlich des Propstes, auf 16 Herren gestiegen, sank aber dann bis 1736 infolge ausbleibender Eintritte rasch ab. 1711 kamen die ersten Vorauer Chorherren nach Rottenmann, wo schon 1685/86 Dr. Eusebius Kendlmayr aus Vorau, Bruder des Rottenmanner Propstes, als Novizenmeister gewirkt hatte. Da die Aushilfe der Vorauer in der Seelsorge der Rottenmanner Pfarren anfangs nur interimistisch gedacht war, wurde eine dauerhafte Regelung des Personalproblemes notwendig. 1735 traten folgende Chorherren von Vorau nach Rottenmann über: Johann Albin de Apostolis (Administrator und Dechant, verstorben 1757), Michael Schrottmiller (Pfarrer in Liezen, verstorben 1745), Matthäus Huszar (Administrator und Dechant, verstorben 1757), Anton Marcellin Simbinelli (Stadtpfarrer in Rottenmann 1724–1774), Anian Stadler (Pfarrer von Pöls, Archidiakon, aus dem Orden ausgetreten), Martin Posaucko (verstorben 1758), Johann Caspar Kern (verstorben 1772), Theoderich Kalchegger (verstorben 1748) und Joseph Anton von Haring (Pfarrer in Irdning, dann Dechant 1757–1764). Simbinelli war der letzte aus Vorau gekommene Chorherr Rottenmanns. Mit dem Tod des letzten Propstes Aquilin Hirmer und seines Mitbruders Johann Anton Külnprain im Jahr 1738 war der ursprüngliche Rottenmanner Konvent ausgestorben.
Die mit Vorauer Herren besiedelte Kanonie musste nun selbst für ihren personellen Fortbestand sorgen und tatsächlich konnten bis 1782 immer wieder Kandidaten für den Eintritt in Rottenmann gewonnen werden. Bei der Aufhebung des Stiftes 1785 war der Konvent zahlenmäßig gleich stark wie er hundert Jahre zuvor gewesen war. Im Stift lebten zuletzt außer dem Dechant und gleichzeitigen Administrator Franz Xaver Ortner noch sieben Chorherren, fünf weitere versahen die Seelsorge auf den Stiftspfarren. Sieben der dreizehn Chorherren kamen aus der Steiermark, drei aus dem Erzstift Salzburg und je einer aus Kärnten, Linz und Böhmen. Das Durchschnittsalter des Konventes betrug knapp 42 Jahre. Der letzte ehemalige Chorherr Rottenmanns dürfte Johann Ev. Neuhofer gewesen sein, der 1825 als Pfarrer von Lassing starb.
J. Wichner hat eine Liste der Chorherren von 1455 bis zur Aufhebung des Stiftes zusammengestellt, die erkennen lässt, dass der Konvent während der 330 Jahre seines Bestehens hauptsächlich von bürgerlichen, möglicherweise sogar aus dem Bauernstand stammenden Chorherren besetzt war. Adelige sind im Konvent nur vereinzelt nachzuweisen, wie z. B. Propst Johann David Panichner, der hohe Adel war in Rottenmann überhaupt nie vertreten. Wegen ihrer so lange Zeit wirtschaftlich zerrütteten Lage und des dadurch angeschlagenen Ansehens bot die Kanonie für Söhne des hohen Adels, vor allem im 17. und 18. Jahrhundert, zu wenig Attraktivität, um dort einzutreten. Söhne aus prominenten Familien bevorzugten für ihren Eintritt die besser situierten und renommierten Stifte des Landes. Rottenmann kann daher als ein von der vermögenden Oberschicht während der Barockzeit gemiedenes Kloster gelten, das deshalb der gerade in jener Zeit reichlich fließenden Mittel und Protektion dieser sozialen Gruppe entbehren musste, was sich für die Wirtschaftsgebahrung des Stiftes nachteilig auswirkte. Vielleicht sollte die 1684 an der Kanonie erfolgte Errichtung der "Congregatio Nobilium et Sacerdotium" zum hl. Franz Xaver dem angeschlagenen Prestige des Klosters aufhelfen, denn unter ihren Mitgliedern befanden sich Personen aus den höchsten Ständen, wie einzelne Äbte von St. Paul im Lavanttal und Vorau, Landeshauptmann Carl Weikhard Graf Breuner, Fürstin Maria Charlotte Eggenberg, Grafen, hohe Offiziere und zahlreiche Kanoniker der steirischen Stifte sowie Priester von bedeutenden Pfarren, bis hin zum Pfarrer von St. Johann in Tirol, aber auch der bekannte Vorauer Barockmaler Johann Cyriak Hackhofer. Die Bruderschaft gab ihre Mitgliederlisten stets aktualisiert, sogar gedruckt, heraus, diese sind aber zugleich mit dem Stift untergegangen.
Bau- und Kunstgeschichte
Sakralbauten
Über die Entstehung der Nikolaus-Kirche ist nichts bekannt. Angeblich soll 1249 der Hauptaltar geweiht worden sein, 1266 folgte die Weihe eines Bartholomäus-Altares. Die Kirche gehörte als Filiale zur Pfarre Lassing. Mit der Zuerkennung des Stadtrechtes drehte sich das Verhältnis der Rottenmanner St.-Nikolaus-Kirche zur Mutterpfarre um. 1323 erscheint bereits ein Pfarrer in Rottenmann. 1398 spendete der damalige Pfarrer eine Turmuhr und die Stadt die Uhrglocke dazu. Aus der Zeit 1341/55 werden bereits mehrere Altäre in der Kirche erwähnt, die der Jungfrau Maria, dem hl. Andreas und dem hl. Leonhard geweiht waren. Für die wachsende Stadtbevölkerung wurde die Pfarrkirche bald zu klein, sodass 1446 mit dem Umbau der romanischen Kirche begonnen wurde.
Die Inkorporierung von Pfarre und Kirche in das Stift Rottenmann verlief nicht reibungslos, besonders seit die Chorherren 1480 in das Pfarrhaus eingezogen waren. Denn bisher hatte die Stadt den Kirchenbau betrieben, und am massiven Kirchturm, der der Stadt gehörte, prangte das Stadtwappen. Nun übernahm das Stift den weiteren Ausbau der Pfarr- und Kollegiatkirche. Diese erhielt ein fast quadratisches neues Langhaus, das 1479 vom Rottenmanner Baumeister Christoph Marl baulich abgeschlossen wurde. Marl hatte aus der geplanten vierjochigen dreischiffigen Halle eine dreijochige Anlage gemacht, indem er statt der notwendigen sechs nur vier Pfeiler errichtete, weshalb er mit neun Gewölbejochen auskommen musste. Dies führte zu der eigenartig verzerrten Rippenlegung des Gewölbes.
1489 weihte der Lavanter Bischof Erhard das Langhaus und fünf Altäre: einen in der Mitte zu Ehren der Jungfrau Maria, die anderen den hl. Bartholomäus/Augustin, Andreas, Florian und Leonhard. Hatte schon die Errichtung des 40,2 m langen und fast 16 m breiten Langhauses das mit Gütern nicht gerade übermäßig gesegnete Stift viel Geld gekostet, konnte die Vollendung des Chores nur mit Hilfe von Spenden, Privatstiftungen und Grundverkäufen finanziert werden. Der Chor ist fast ebenso lang wie das Kirchenschiff, aber nur 13,5 m breit. Auch er ist durch ein Säulenpaar in drei Schiffe geteilt. Am 12. Juni 1512 konsekrierte Bischof Berthold Pürstinger von Chiemsee die fertiggestellte Kollegiatkirche samt weiteren vier Altären. Der Hochaltar war den hl. Nikolaus, Rupert und Virgil dediziert, der zweite Altar der hl. Anna, der dritte dem hl. Stefan, der vierte dem hl. Bischof Dionysius. Außerdem weihte der Bischof eine über der Sakristei gelegene Kapelle mit einem Altar zu Ehren der vier Kirchenlehrer und des hl. Bischofs Martin. Das Kirchweihfest wurde auf den Sonntag nach Michaelis, das Fest der Weihe des Hochaltars auf den Sonntag "Cantate" festgelegt.
1513 wurde der in der Mitte der Kirche stehende Lieb-Frauen-Altar abgebrochen, weil er, nach Vermutung Kohlbachs, wahrscheinlich ein Lettneraltar gewesen ist und die Sicht auf den neuen Hochaltar verstellte. Die Ausgestaltung des Chores übernahm der berühmte Maler und Bildschnitzer Lienhard Astl, der dafür 1521 die hohe Summe von 111 Pfund erhielt, wobei es sich möglicherweise um den Preis für einen Flügelaltar handelte. Für die Stiftskirche schaffte Propst Magnus Praitenpaumer auch eine aus rotem Salzburger Marmor gearbeitete Kanzel an, die noch vorhanden ist und sein und des Stiftes Wappen sowie die Jahreszahl 1513 trägt.
Ebenfalls in diese Zeit gehört der 1514 entstandene und aus Zirbenholz geschnitzte Betstuhl zu Ehren Friedrichs III. und seiner Gemahlin Leonora, der 1977 vom Leobner Bildhauer Josef Veiter restauriert wurde. Der Datierung nach dürfte der Betstuhl eine Widmung Kaiser Maximilians I. an seine Eltern sein, denn der Kaiser hielt sich mehrmals in Rottenmann auf.
Propst Bartholomäus Ferdinand Judex (1645–1672) ist der Auftraggeber des Chorgestühls mit seiner reich intarsierten Wandvertäfelung, und unter Propst Mourat erfolgte 1675 der Anbau der vier barocken Seitenkapellen, von denen drei Altarblätter von der Hand des Kremser Schmidt (um 1770/1777) schmücken. Sie stellen die Heiligen Antonius von Padua, Josef und Franz Xaver dar, der vierte Altar ist der hl. Maria geweiht. Nach dem 1686 in Graz gedruckten Buch über die St.-Xaver-Bruderschaft am Stift Rottenmann wird Propst Kendlmayr als derjenige bezeichnet, der die Kapelle des hl. Franz Xaver erbaut und darunter die Gruft der Chorherren angelegt hat.
1679 wurde der Musikchor errichtet. Aus derselben Zeit stammt das Gehäuse der Orgel, die 1794 von Franz Xaver Chrismann ein neues, noch vorhandenes Werk erhielt, das nach Chrismanns Tod (Rottenmann 1795) von seinem Schüler vollendet wurde. Im 18. Jahrhundert wurde der Hochaltar der Pfarr- und Kollegiatkirche im Rokokostil erneuert und mit einem Altarblatt des Kirchenpatrons Nikolaus von Philipp Carl Laubmann versehen (1760). Zahlreiche Heiligenstatuen der Kirchenaltäre datieren ebenfalls aus jener Zeit. Sämtliche Kirchenglocken stammen aber aus neuerer Zeit. In den Kirchen, die einst zum Seelsorgebereich des Stiftes gehörten, befinden sich zahlreiche sakrale Kunstwerke, deren Herkunft aber nicht immer auf das Mäzenatentum des Stiftes zurückgeführt werden kann. Einzelnes davon stammt aus der Zeit vor der Stiftsgründung bzw. Inkorporation dieser Kirchen in die Kanonie, anderes dürfte von der betreffenden Pfarrgemeinde angeschafft worden sein. Für die St.-Georgs-Kirche fertigte der schon erwähnte Lienhard Astl um 1520 einen 5 m hohen Altarschrein an, der neben der Statue des hl. Georg noch mehrere andere Figuren besaß, die 1966/68 mit Ausnahme des Hauptheiligen alle gestohlen wurden und bisher nicht mehr auftauchten. Die Malereien der Flügel werden dem Meister der Madonna II des Abtes Valentin Pierer (von St. Lambrecht) zugeschrieben.
Stiftsgebäude
Über die Baugeschichte der ehemaligen Stiftsgebäude, deren jüngster Teil heute "Schloss" genannt wird, fehlen eingehende Untersuchungen, was mit dem Mangel an Quellen zusammenhängt. Auch Kendlmayrs Chronik bietet zur baulichen Entwicklung des Stiftes nur wenige Andeutungen, außerdem schließt sie mit 1592. Historisch gesichert ist, dass die Chorherren vom ursprünglichen Stift bei der Spitalkirche in den Pfarrhof der St. Nikolauskirche übersiedelten. Die ältesten drei Abbildungen des Stiftes stammen aus den Jahren 1679 und 1681. Die erste ist ein Votivbild im ehemaligen Redemptoristenkloster von Mautern im Liesingtal, entstanden anlässlich eines Stadtbrandes von Rottenmann. Die anderen beiden Darstellungen sind Kupferstiche aus der "Topographia Ducatus Stiriae" des G. M. Vischer von 1681. Als ältester Teil der damals bereits mehrflügeligen Anlage gilt der südlich der Kirche gelegene Trakt mit dem Verbindungsflügel zur Kirche (Kern 15. Jahrhundert), jetzt als Pfarrhof genützt. Er wird auf einem Stich von Vischer mit z. T. zweigeschossigen Arkaden abgebildet, was nicht der Wirklichkeit entspricht.
Im 16. Jahrhundert wurde der Stiftsbereich baulich sukzessive ausgeweitet. Propst Magnus Praitenpaumer (1512–1539) baute 1520 den Kornspeicher neben der Propstei, dann ein Haus daran. Im übernächsten Jahr folgte ein "Neubau" im Garten gegen das Bad zugekehrt, dann errichtete er eine (neue) Küche und Claffter. Sein Nachfolger Georg Ritzinger (1539–1545) baute einen Weinkeller, verschiedene Gewölbebogen für den Getreidekasten, eine Krankenstube, die Gartenmauer, ein Bad mit Brunnen und sanierte noch die Dächer des ganzen Klosters, alles mit ungeheuren Kosten verbunden. Von Propst David Panichner (1558–1573) schließlich heißt es nur lapidar, er habe das Kloster in Ruinen vorgefunden, aber wohnhaft hergerichtet hinterlassen, wobei für Bauten 1.500 Gulden aufgegangen seien. Aus dieser Zeit muss das Renaissance-Tor östlich der Pfarrkirche stammen. Dann scheint am Stift für viele Jahre nichts mehr gebaut worden zu sein.
Erst in der Barockzeit wurde die Bautätigkeit am Stift wieder aufgenommen. Besonders Propst Mourat (1672–1683) huldigte einer kostspieligen Bau- und Repräsentationslust, denn es wurde ihm vom Konvent u. a. vorgeworfen, sein "Zimber und Khamber" neu gebaut, im nächsten Jahr aber wieder umgeändert, die Stube des Stiftsschaffers überbaut, den Getreidekasten baulich verändert und überhaupt manches "unnotwendige Gebey" aufgeführt zu haben. Der Propst bestritt die überstürzten Bauänderungen nicht, sondern meinte nur, der Konvent habe ihn selbst dazu "angeraizt", da sonst kein Novize mehr "in dieses zerissene Closter" käme. Ob Propst Mourat oder noch sein Vorgänger das Stiftshaus in Graz an der Bastei beim Eisernen Tor (heute Hans-Sachs-Gasse 10) erbauen ließ, ist unklar. Es war 1674 schon im Besitz des Stiftes, wurde "Rottenmanner Hof" genannt und hatte 1706 einen Wert von 4.000 Gulden.
1675 wurde dem Propst für die dortige Hauskapelle die Errichtung eines Altares bewilligt, auf dem "supra portatili" Messen gelesen werden durften. Zwecks Schuldentilgung verkaufte die Vorauer Administration das Haus 1711. Um 1700 wurde der älteste Stiftstrakt umgebaut und erhielt teilweise Stuckdecken mit Laub- und Bandlwerk. Als Baumeister des Stiftes dürfte der i. ö. Hof- und Kriegsmaurermeister Bartlme Ebner (verstorben nach 1708) tätig gewesen sein. Der Stiftskomplex, von einer Mauer umgeben, wurde in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts im Osten um einen Torbau und angeblich 1750 um zwei weitere Trakte außerhalb der Stiftsmauer erweitert, wobei Wichner wohl eher Recht hat, wenn er schreibt, dass 1760/70 nur ein Flügel gebaut wurde. Ob und wie diese Nachrichten mit dem bei Vischer baulich bereits abgeschlossen dargestellten Stift übereinstimmen bzw. zu ergänzen sind, muss der kunstgeschichtlichen Lokalforschung vorbehalten bleiben. Heute sind manche der auf dem Vischer-Stich abgebildeten Stiftsgebäude nicht mehr vorhanden.
Bibliothek
Eine erste Ausstattung der Bibliothek erfolgte durch das Mutterkloster, die einen Grundstock an Büchern beisteuerte. Die ersten Chorherren waren äußerst gebildet: Propst Jung besaß das Doktorat der Universität Wien, Stephan Tenk von Eggenburg war 1433 deren Rektor gewesen und Wolfgang von Wilhelmsburg hatte 1454 Sonntagspredigten verfasst, die sich noch in Vorau befinden. Unter Propst Jung (1455–1463) wurden vier Messbücher und drei Psalter in Pergament angeschafft, auch sein Nachfolger Ulrich von Konstanz (1463–1475) investierte in die Erweiterung der Bibliotheksbestände. Es entsprach den hohen wissenschaftlichen Ansprüchen des Konventes, dessen Mitglieder in Wien Theologie studierten, schon in den ersten Jahrzehnten des Bestehens ein Skriptorium einzurichten, wodurch das Stift von Bücherspenden aus dem Mutterkloster oder Ankäufen etwas unabhängiger wurde. Insbesonders der Rottenmanner Chorherr Bernhard Faber und Sigmund Kuglperger, Chorherr in St. Dorothea, haben verschiedene Bücher auf Pergament zum Gebrauch der Rottenmanner Chorherren geschrieben, darunter ein großes Buch für die Vespern.
Propst Kuglperger hinterließ eine Bibliothek gedruckter Bücher, darunter wertvolle Pergamenthandschriften und wohl auch Inkunabeln. Beim Weggang von Propst Georg Ritzinger nach Vorau 1545 war in Rottenmann bereits ein schener grosser Vorrath mit allerlay Puechern. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erfuhr die Bibliothek kaum eine nennenswerte Vergrößerung. Trotzdem konnte man 1591 einige Bücher an das Stift Pöllau verleihen, die aber erst 1674, nach einem ergangenen richterlichen Urteil, an Rottenmann zurückgestellt wurden, wobei nur die Zahl, nicht aber die Art der Bücher genannt wird. Hinweise auf die Bibliothek und deren Benutzung sind in weiterer Folge selten: 1643 heißt es, die in zu geringer Anzahl vorhandenen Bücher dienten zwar dem Gebrauch der Konventualen, seien aber weder gut noch nützlich. 1663 wird ein Chorherren als Bibliothek genannt.
Da das Stift in dieser Zeit schwer verschuldet war und dies bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts blieb, dürfte für den Ankauf neuer Bücher nur hin und wieder Geld vorhanden gewesen sein. Nur wenige Mitglieder des Konvents haben sich wissenschaftlich oder schriftstellerisch betätigt. Eine Ausnahme stellt Propst Kendlmayr dar, der Chronicon Rottenmannense verfasst hat. Der Chorherr Anton Marcellin Simbinelli erstellte dum 1760 eine Abschrift der "Cillier Chronik", die er seinem Vorauer Mitbruder Aquilinus Julius Caesar übergab, zugleich veranlasste er durch einen anderen Mitbruder eine Aufstellung aller vorhandenen Rottenmanner Urkunden.
Ob im Jahr 1785, zum Zeitpunkt der Stiftsaufhebung, der vorgefundene Bibliotheksbestand noch aus der Zeit der Pröpste oder erst unter den Administratoren ins Kloster gekommen ist, lässt sich nicht beurteilen. Der Schätzwert der Bibliothek betrug 400 Gulden, wobei unklar ist, was mit der Büchersammlung nach der Aufhebung geschah. Nur ein einziger Nürnberger Frühdruck (Fortalicium fidei contra iudeos saracenos aliosque fidei inimicos, gedruckt bei Anton Koberger) von 1494 konnte in der Admonter Stiftsbibliothek nachgewiesen werden. Trotz fehlendem Katalog konnte die Aufhebungskommission eine Bibliothek mit einer beträchtlichen Anzahl an Büchern sicherstellen. Mehrere hundert Werke wurden in 764 Bänden erfasst, dazu kamen 890 Quartbände, 3.014 Bände in Quart- und Oktavformat sowie 800 minderwertige Bücher in verschiedenen Formaten, einige davon noch ungebunden. Die Sammlung umfasste hauptsächlich theologische und historiographische Werke, wie etwa die Scriptores Rerum Germanicarum, die Historia Friderici III. von Eneas Silvius Piccolomini oder die Japonische Geschichte von Jean Crasset.
Archivalien
Im Stiftsarchiv befanden sich 1785 fast ausschließlich Urkunden, welche die Gründung des Klosters und des Spitals am Rain sowie die Stiftsgeschichte bis etwa 1500 betrafen. Allein diese Urkunden erachtete die Aufhebungskommission der Inventarisierung für erhaltenswert, alle Urkunden späteren Datums fehlen. Aus dem Rottenmanner Urkundenbestand ging in der Allgemeine Urkundenreihe des Steiermärkischen Landesarchivs auf, wo auch Aktenmaterial im Umfang von 33 Kartons lagert, darunter ein Kopialbuch mit über 300 Urkunden. Ein weiterer Aktenbestand von fünf Kartons befindet sich Grazer Diözesanarchiv. Das Chronicon Rottenmannense von Propst Kendlmayr befindet sich in der Handschriftenabteilung der Grazer Universitätsbibliothek, wohin auch eine kleinen Anzahl an Büchern aus der ehemaligen Stiftsbibliothek gebracht wurde. Akten zur Aufhebung des Stiftes bewahrt auch das Allgemeine Verwaltungsarchiv in Wien ("Alter Kultus"), das Fundationsurbarium ist als Handschrift im Wiener Haus-, Hof-und Staatsarchiv vorhanden.
Da die Äbte von Admont in Rottenmann in unterschiedlichen Angelegenheiten intervenierten, befindet sich im dortigen Stiftsarchiv von Archivalien zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, die Rottenmann betreffen und Jacob Widmer in sein Manuskript eingearbeitet hat. Bezüglich der Vorauer Administration ist Aktenmaterial auch im Stiftsarchiv Vorau vorhanden. Aus Rottenmann stammt eine umfangreiche handschriftliche Notensammlung von Vokal- und Instrumentalmusik, die um 1740/60 im Stift angelegt wurde und über das Pfarrarchiv Bad Aussee ins Diözesanarchiv Graz gelangte. Sie enthält Werke von Carl Ditters von Dittersdorf, Christoph Willibald Gluck, Leopold Mozart und Joseph Haydn sowie zwei Eigenkompositionen des letzten Rottenmanner Dechants Franz Xaver Ortner.
Literatur
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