Sacra.Wiki Martin Müller: Unterschied zwischen den Versionen

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|Quelle=Berthold Otto Černik: Die Schriftsteller der noch bestehenden Augustiner-Chorherrenstifte Österreichs von 1600 bis auf den heutigen Tag. Wien 1905, S. 277-278.
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Dr. Martin Müller (oder Molitor), * 1586, weihte sich 1608 bei den Regularkanonikern des Domstiftes zu Seckau dem Ordensstand. Sechs Jahre lang betrieb Müller am Collegium Germanicum zu Rom höhere theologische Studien, worauf er den Doktorgrad der Theologie erlangte. 1617 wurde er Dechant des Kathedralstiftes Seckau. Nachdem er dieses Amt vier Jahre hindurch auf das rühmlichste verwaltet hatte, berief in Kaiser Ferdinand II. an die Stelle des 1621 vom Kapitel einstimmig erwählten Propstes Nikolaus II. Hay in das Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg. Der Fürstbischof von Passau, Erzherzog Leopold, reichte zwar gegen diese Berufung zugunsten des von ihm bestätigten Propstes Nikolaus eine Beschwerdeschrift nach Wien ein, doch ohne Erfolg. Am 28. Juli 1621 kam die Antwort, der Kaiser habe dem Seckauer Dechant nur darum diesmal den Vorzug gegeben, weil die katholische Religion, die in der Gegend von Herzogenburg von protestantischen Herrschaftsbesitzern besonders bedroht sei, nur von einem "solchen subjectum so in Doctrina, Exemplarischen Leben und wandel, auch wirtschafft Sachen Excellirt", gehörig geschützt werden könne; und somit habe es bei der kaiserlichen Ernennung vom 27. Mai 1621 sein Verbleiben. Kaiserliche Kommissäre bewogen nun Propst Nikolaus II. zur Abdankung und sicherten ihm den lebenslänglichen Genuss der Pfarre Haizendorf zu. Von hier postulierten ihn die Chorherren zu Tirnstein (Dürnstein) 1628 als Propst.  
Martin Müller (oder latinisiert auch Molitor), * 1586 in Dietenheim (Schwaben, heute Baden-Württemberg), † am 4. Jänner 1640, war Propst des [[Stift Herzogenburg|Stiftes Herzogenburg]].  


Der Kaiser hatte sich in Martin Müller nicht getäuscht. Seine Berufung war für Herzogenburg von größtem Segen. Mit Recht rühmt ihn eine handschriftliche Chronik als den zweiten Gründer des Stiftes Herzogenburg. "Pater pauperum etiam ecclesiam, capitulum et Canoniam suam per rebellos rusticos devastatam ac spoliatam ex integro restauravit, ita ut quasi secundus fundator mereretur dici." Er schützte dem Hause bestrittene Rechte und gewann ihm auch neue. Die missliche Vermögenslage besserte er so, dass der Fortbestand des Stiftes gesichert war.  
==Leben==
===Dechant in Seckau und umstrittene Wahl zum Propst von Herzogenburg===
Müller weihte sich, nach dem er Jesuitenkonvikt gewesen war, 1608 bei den Regularkanonikern des [[Stift Seckau|Domstiftes Seckau]] dem Ordensstand. Sechs Jahre lang betrieb Müller theologische Studien an der Universität Graz, worauf er am 22. August 1618 den Doktorgrad der Theologie erlangte. 1617 wurde er Dechant des Kathedralstiftes Seckau. Nachdem er dieses Amt vier Jahre verwaltet hatte, berief in Kaiser Ferdinand II. an die Stelle des 1621 vom Kapitel einstimmig erwählten Propstes Nikolaus II. Hay in das Stift Herzogenburg. Der Fürstbischof von Passau, Erzherzog Leopold, reichte zwar gegen diese Berufung zugunsten des von ihm bestätigten Propstes Nikolaus eine Beschwerdeschrift nach Wien ein, diese blieb aber ohne Erfolg: Am 28. Juli 1621 kam die Antwort, der Kaiser habe dem Seckauer Dechant nur darum diesmal den Vorzug gegeben, weil die katholische Religion, die in der Gegend von Herzogenburg von protestantischen Herrschaftsbesitzern besonders bedroht sei, nur von einem "solchen subjectum so in Doctrina, Exemplarischen Leben und wandel, auch wirtschafft Sachen Excellirt", gehörig geschützt werden könne; und somit habe es bei der kaiserlichen Ernennung vom 27. Mai 1621 sein Verbleiben. Kaiserliche Kommissäre bewogen nun Propst Nikolaus II. zur Abdankung und sicherten ihm den lebenslänglichen Genuss der Pfarre von [[Liste der Pfarren des Stiftes Herzogenburg #Haitzendorf|Haitzendorf]] zu. Von hier postulierten ihn die Augustiner Chorherren von [[Stift Dürnstein]] 1628 als Propst.  


Die Kirche ließ er gründlich restaurieren und mit neuen Altären ausstatten. Ohne Zweifel führte er auch eine geistliche Reform seines Hauses durch.
===Katholische Konfessionalisierung und Tätigkeiten als Propst===
In seiner Amtszeit ließ Müller sowohl das Klosterleben durch die Einführung neuer Statuten 1633 reorganisieren als auch die Kirche renovieren und mit neuen Altären ausstatten. Er unterstützte auch gegenreformatorische Bestrebungen und Maßnahmen des habsburgischen Kaiserhauses. Es gelang ihm als Reformationskommissär, die [[Liste der Pfarren des Stiftes Herzogenburg #Hain|Pfarre Hain]], wo ein protestantischer Prediger angestellt war, dem Stift zu unterstellen. In der Schlosskirche von Walpersdorf und in der Pfarrkirche von [[Liste der Pfarren des Stiftes Herzogenburg #Inzersdorf ob der Traisen|Inzersdorf]] führte er ebenfalls den katholischen Gottesdienst wieder ein. Müller förderte auch religiöse Laienbewegungen, insbesondere Barbarabruderschaften. Am 1. November 1637 begründete er in Herzogenburg eine Bruderschaft zu Ehren der Hl. Barbara und fungierte wie alle nachfolgenden Pröpste von Herzogenburg als Präses der Konfraternität.
Eines seiner größten Verdienste war die Förderung der Gegenreform. Es gelang ihm als Reformationskommissär, die Pfarre Hain, wo ein protestantischer Prediger angestellt war, dem Stift zu gewinnen. In der Schlosskirche von Walpersdorf und in der Pfarrkirche von Inzersdorf führte er den katholischen Gottesdienst wieder ein.  


Propst Müller starb nach 18jähriger Regierung am 4. Jänner 1640 zwischen 11 und 12 Uhr mittags. Sechs Jahre hindurch war er auch Deputierter der niederösterreichischen Landesstände und zehn Jahre lang kaiserlicher Rat gewesen, als welcher er von den Kaisern oft mit wichtigen Geschäften betraut wurde.  
In einer handschriftlichen Chronik wird Müller als der zweite "Gründer" des Stiftes Herzogenburg bezeichnet: "Pater pauperum etiam ecclesiam, capitulum et Canoniam suam per rebellos rusticos devastatam ac spoliatam ex integro restauravit, ita ut quasi secundus fundator mereretur dici." Propst Müller starb nach achtzehnjähriger Regierung am 4. Jänner 1640. Sechs Jahre hindurch war er zudem Deputierter der niederösterreichischen Landesstände und zehn Jahre lang kaiserlicher Rat gewesen, als welcher er von den Kaisern oft mit wichtigen Geschäften betraut wurde.


==Werke==
==Werke==
* Elogia et icones sanctorum ex ordine canonicorum regularium. Viennae 1636. [Sie ist dem Fürstbischof von Passau, Erzherzog Leopold Wilhelm, gewidmet und wird in der erwähnten, im Stifte Herzogenburg aufbewahrten handschriftlichen Chronik als "liber quidem mole parvus sed pietate ac eruditione plenus" bezeichnet.]
* Elogia et icones sanctorum virtute et sapientia illustrium, qui e divi Aurelii Augustini inclyto canonicorum regularium ordine prodierunt. Wien 1636. [http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11228178-8 (Digitalisat)]
 
==Literatur==
* Ferdinand Hutz: Styriaca aus dem Stiftsarchiv Herzogenburg. In: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 50/51 (2001), S. 379–389, hier: 388. [https://www.landesarchiv.steiermark.at/cms/dokumente/11683551/955c7df9/379%20bis%20390%20aus%20Mitteilungen%2050-51-Styriaca%20aus%20dem%20Stiftsarchiv%20Herzogenburg.pdf (Digitalisat)]
* Wolfgang Payrich: Das Stift Herzogenburg. Die 875jährige Geschichte des Augustiner-Chorherrenstiftes St. Georgen-Herzogenburg von 1112–1987. Dipl.-Arb. Univ. Linz. Linz 1987, S. 80–83.
* Martin Scheutz: Bruderschaften als multifunktionale Dienstleister der Frühen Neuzeit. Das Beispiel der vereinigten Barbara- und Christenlehrbruderschaft Herzogenburg (1637/1677–1784). In: 900 Jahre Stift Herzogenburg. Aufbrüche – Umbrüche – Kontinuität. Tagungsband zum wissenschaftlichen Symposium vom 22.–24. September 2011. Hg. von Günter Katzler / Victoria Zimmerl-Panagl. Innsbruck 2013, S. 283–315. [https://homepage.univie.ac.at/martin.scheutz/website/wp-content/uploads/2010/01/119_Scheutz_Bruderschaften.pdf (Digitalisat)]
 
==Weblinks==
Erwähnung von [https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAHe/HerzogenburgCanReg/fond Martin Müller] im Vorwort von Karl Heinz auf monasterium.net (letzter Zugriff am 22. Mai 2020)
 
[[Kategorie:Geboren in Schwaben]]
[[Kategorie:Stift Seckau]]
[[Kategorie:Stift Herzogenburg]]
[[Kategorie:Doktor (Theologie)]]
[[Kategorie:Universität Graz]]
[[Kategorie:Propst]]
[[Kategorie:Dechant]]
[[Kategorie:Kaiserlicher Rat]]
[[Kategorie:Deputierter (Niederösterreichsche Landstände)]]

Aktuelle Version vom 13. Dezember 2021, 17:58 Uhr




Martin Müller (oder latinisiert auch Molitor), * 1586 in Dietenheim (Schwaben, heute Baden-Württemberg), † am 4. Jänner 1640, war Propst des Stiftes Herzogenburg.

Leben

Dechant in Seckau und umstrittene Wahl zum Propst von Herzogenburg

Müller weihte sich, nach dem er Jesuitenkonvikt gewesen war, 1608 bei den Regularkanonikern des Domstiftes Seckau dem Ordensstand. Sechs Jahre lang betrieb Müller theologische Studien an der Universität Graz, worauf er am 22. August 1618 den Doktorgrad der Theologie erlangte. 1617 wurde er Dechant des Kathedralstiftes Seckau. Nachdem er dieses Amt vier Jahre verwaltet hatte, berief in Kaiser Ferdinand II. an die Stelle des 1621 vom Kapitel einstimmig erwählten Propstes Nikolaus II. Hay in das Stift Herzogenburg. Der Fürstbischof von Passau, Erzherzog Leopold, reichte zwar gegen diese Berufung zugunsten des von ihm bestätigten Propstes Nikolaus eine Beschwerdeschrift nach Wien ein, diese blieb aber ohne Erfolg: Am 28. Juli 1621 kam die Antwort, der Kaiser habe dem Seckauer Dechant nur darum diesmal den Vorzug gegeben, weil die katholische Religion, die in der Gegend von Herzogenburg von protestantischen Herrschaftsbesitzern besonders bedroht sei, nur von einem "solchen subjectum so in Doctrina, Exemplarischen Leben und wandel, auch wirtschafft Sachen Excellirt", gehörig geschützt werden könne; und somit habe es bei der kaiserlichen Ernennung vom 27. Mai 1621 sein Verbleiben. Kaiserliche Kommissäre bewogen nun Propst Nikolaus II. zur Abdankung und sicherten ihm den lebenslänglichen Genuss der Pfarre von Haitzendorf zu. Von hier postulierten ihn die Augustiner Chorherren von Stift Dürnstein 1628 als Propst.

Katholische Konfessionalisierung und Tätigkeiten als Propst

In seiner Amtszeit ließ Müller sowohl das Klosterleben durch die Einführung neuer Statuten 1633 reorganisieren als auch die Kirche renovieren und mit neuen Altären ausstatten. Er unterstützte auch gegenreformatorische Bestrebungen und Maßnahmen des habsburgischen Kaiserhauses. Es gelang ihm als Reformationskommissär, die Pfarre Hain, wo ein protestantischer Prediger angestellt war, dem Stift zu unterstellen. In der Schlosskirche von Walpersdorf und in der Pfarrkirche von Inzersdorf führte er ebenfalls den katholischen Gottesdienst wieder ein. Müller förderte auch religiöse Laienbewegungen, insbesondere Barbarabruderschaften. Am 1. November 1637 begründete er in Herzogenburg eine Bruderschaft zu Ehren der Hl. Barbara und fungierte wie alle nachfolgenden Pröpste von Herzogenburg als Präses der Konfraternität.

In einer handschriftlichen Chronik wird Müller als der zweite "Gründer" des Stiftes Herzogenburg bezeichnet: "Pater pauperum etiam ecclesiam, capitulum et Canoniam suam per rebellos rusticos devastatam ac spoliatam ex integro restauravit, ita ut quasi secundus fundator mereretur dici." Propst Müller starb nach achtzehnjähriger Regierung am 4. Jänner 1640. Sechs Jahre hindurch war er zudem Deputierter der niederösterreichischen Landesstände und zehn Jahre lang kaiserlicher Rat gewesen, als welcher er von den Kaisern oft mit wichtigen Geschäften betraut wurde.

Werke

  • Elogia et icones sanctorum virtute et sapientia illustrium, qui e divi Aurelii Augustini inclyto canonicorum regularium ordine prodierunt. Wien 1636. (Digitalisat)

Literatur

  • Ferdinand Hutz: Styriaca aus dem Stiftsarchiv Herzogenburg. In: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 50/51 (2001), S. 379–389, hier: 388. (Digitalisat)
  • Wolfgang Payrich: Das Stift Herzogenburg. Die 875jährige Geschichte des Augustiner-Chorherrenstiftes St. Georgen-Herzogenburg von 1112–1987. Dipl.-Arb. Univ. Linz. Linz 1987, S. 80–83.
  • Martin Scheutz: Bruderschaften als multifunktionale Dienstleister der Frühen Neuzeit. Das Beispiel der vereinigten Barbara- und Christenlehrbruderschaft Herzogenburg (1637/1677–1784). In: 900 Jahre Stift Herzogenburg. Aufbrüche – Umbrüche – Kontinuität. Tagungsband zum wissenschaftlichen Symposium vom 22.–24. September 2011. Hg. von Günter Katzler / Victoria Zimmerl-Panagl. Innsbruck 2013, S. 283–315. (Digitalisat)

Weblinks

Erwähnung von Martin Müller im Vorwort von Karl Heinz auf monasterium.net (letzter Zugriff am 22. Mai 2020)

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