Sacra.Wiki Johann Michael I. Ziegler

Johann Michael I. Ziegler

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Sitzporträt von Johann Michael I. Ziegler, Kupferstich von Josef Abell


Johann Michael I. Ziegler, * 29. April 1743 in Linz (Oberösterreich), † 5. Mai 1823 in St. Florian (Oberösterreich), war Chorherr und von 1793 bis 1823 der 47. Propst des Stiftes St. Florian.

Leben

Ausbildung und frühen Jahre in St. Florian

Ziegler absolvierte in Linz die klassischen Studien und Philosophie, empfing am 29. September 1761 im Stift St. Florian das Ordenskleid und legte am 2. Oktober 1762 die Profess ab. Ein Jahr später wurde er für das Theologiestudium ins Collegium Germanico-Hungaricum nach Rom geschickt. Dort blieb er vier Jahre (bis 1766), erlangte den Doktorgrad der Theologie und Philosophie und wurde in St. Peter in Rom zum Priester geweiht, wo er auch am 30. März 1766 sein erstes heiliges Messopfer feierte. Nach seiner Rückkehr aus Rom studierte er noch 1766-1769 Rechtswissenschaften (Natur- und Zivilrecht) und Bibliothekskunde an der Universität Wien. Von 1773-1782 lehrte Ziegler Theologie an der Hauslehranstalt in St. Florian; 1771 wurde er, nachdem er schon zwei Jahre die Stellung eines Subbibliothekars bekleidet hatte, zum wirklichen Bibliothekar (Stiftsbibliothekar bis 1793), 1773-1775 und 1778-1793 wirkte er als Novizenmeister, 1778-1793 als Custos ecclesiae (Kustos der Stiftskirche). Am 11. September 1793 wurde Ziegler zum Propst gewählt.

Tätigkeiten außerhalb des Stiftes und Bemerkenswertes aus der Regierungszeit des Propstes

1794 bewirkte Michael I. Ziegler die Wiedererrichtung der theologischen Studien in Linz unter finanzieller und personeller Beteiligung des Stiftes St. Florian, 1795 die Errichtung eines Ziehbrunnens in Schitteraichet/Markt St. Florian. 1797 wurde ein Denkmal für Propst Leopold Trulley (1777-1793) vom Tiroler Bildhauer Franz Gassler in der Marienkapelle aufgestellt, welches 1863 in die Gruft versetzt wurde. 1798 besuchte Michael Haydn (1737-1806) das Stift St. Florian.

In den Jahren 1799-1805 nahm er als ständischer Deputierter (Abgeordneter des Prälatenstandes) an den Landesangelegenheiten tätigen Anteil. 1800, 1805 und 1809 wurde das Stift St. Florian durch französische Truppen besetzt und das Gebäude als Militärspital genutzt. 1802 ließ Propst Michael eine Muschelsammlung für das Stift ankaufen und 1807 die erste steinerne Bogenbrücke über die Ipf errichten. 1808-1814 lebte Bischof Johann Baptist Duchilleau aus Chalon-sur-Saône im Exil im Stift St. Florian.

1808 verlieh ihm Kaiser Franz I. das Ritterkreuz des Leopoldordens, welcher erst in diesem Jahr eingerichtet worden war, zwei Jahre zuvor hatte ihn der Kaiser mit dem Direktorat des Linzer Gymnasiums betraut (1807-1815) und ihm das durch den Tod des Bischofs Anton Gall erledigte Bistum Linz antragen lassen, welches er ablehnte.[1] Ziegler setzte sich noch vor seiner Erhebung zum Prälaten als Bevollmächtigter des Stiftes in Verbindung mit den Prälaten des Landes, um die Errichtung einer theologischen Lehranstalt in Linz voranzutreiben. Der jährliche Zuschuss eines Betrags in der Höhe von 1200 fl. von jedem einzelnen Kloster Oberösterreichs ermöglichte schließlich die Gründung einer theologischen Lehranstalt.

1813 wurden bei einem Großbrand im Markt St. Florian 39 Häuser zerstört, 1815 kam es unter Propst Michael I. zu einem Neubau des Einfahrtstores zum äußeren Stiftshof anstelle der barocken Toranlage. 1816 und 1817 wurden aufgrund einer Hungersnot Geld und Getreide an die notleidende Bevölkerung verteilt.

1821 wurde Ziegler zum Mitglied der k. k. Landwirtschaftsgesellschaft in Graz. Er erweiterte die Bestände der Stiftsbibliothek durch den Ankauf zahlreicher wissenschaftlicher Werke und weckte bei seinen Mitbrüdern nachhaltiges Interesse für Geschichtsforschung (St. Florianer Historikerschule).

Das geteilte Schild des persönlichen Wappens des Propstes Michael zeigt im unteren Feld drei Berggipfel, im oberen drei Sterne. Bekrönt wird es von einem geflügelten Spangenhelm und den drei Bergen.

Propst Michael I. starb – als Stiftssenior und Jubilarpriester – nach langwieriger Krankheit am 5. Mai 1823 im Alter von 80 Jahren und wurde auf dem Pfarrfriedhof St. Florian begraben.[2]

Bibliothekarische Arbeiten

Ziegler, "ein schöner, geist- und gemütreicher Mann, voll römischer Gravität und attischen Salzes, ein Menschenkenner wie wenige", wie Hormayr ihn schildert,[3] schrieb nicht nur Latein und beherrschte die italienische und französische Sprache sehr gut, sondern er war auch "Kenner der Literatur der gebildeten Nationen Europas, voll Liebe für die Wissenschaft, voll Enthusiasmus für die bessere humane Aufklärung".[4] Großes Anliegen Zieglers galt den Beständen der Stiftsbibliothek, besonders den Werken der deutschen Literatur, der Philosophie, sowie den Klassikern und auch den Schriften der protestantischen Theologie.[5] Er selbst verfasste als Bibliothekar einen Katalog zu den Mittelalterlichen Handschriften und den Inkunabeln, die in St. Florian verwahrt werden. Außer diesen Katalogen erhielten sich von Ziegler noch die "Statuten für die in Linz studierenden Kleriker des Stiftes St. Florian" aus dem Jahr 1803. Mskr. XI, 542. A. 4 Bl. in kl.-2°. Diese Statuten sind auch von Propst Michael II. unterfertigt (1. Dezember 1828), von dem die Schlussbemerkung stammt.)

Wissenschaftliche Nachwuchsförderung

Zieglers Bedeutung liegt in der nachhaltigen Förderung der Wissenschaft im Stift und des Nachwuchses auf diesem Gebiet. Schon Zieglers Amt als Novizenmeister gab ihm die Gelegenheit, der wissenschaftlichen Tätigkeit eine Basis zu geben und sie zu fördern. Propst Leopold Trulley unterstützte seine Bestrebungen in dieser Hinsicht. Die Ziegler anvertrauten Jungherren wurden wissenschaftlich beschäftigt und die Zeit für literarische Unternehmungen verwendet. Auf Zieglers Anregung und unter seiner Leitung entstanden mehrere Übersetzungen theologischer Werke aus dem Französischen, von denen der Prälat zwei – jeweils ein Werk von Antoine Albert (1717–1804)[6] und Nicolas Jamin (1730–1782)[7] – veröffentlichen ließ.

In um so größerem Maß konnte Ziegler seinen Plan, dem Stift St. Florian eine wissenschaftliche Bedeutung zu sichern, verwirklichen, als das Vertrauen der Mitbrüder ihn an die Spitze des Hauses gestellt hatte. Einzelne Chorherren wurden zum Studium an die Universität Wien geschickt. Fast jeder unter den Klerikern erhielt und fand eine wissenschaftliche Beschäftigung. Während der eine etwa die 1802 von einem Herrn van der Nüll angekaufte prachtvolle Konchiliensammlung studierte, ordnete ein anderer die Kupferstichsammlung; die einen lasen unter Karl Eduard Klein Klassiker, die anderen widmeten ihre freie Zeit anderen Zweigen des Wissens. So gilt Propst Ziegler als der Begründer des literarischen und wissenschaftlichen Rufs von St. Florian im frühen 19. Jahrhundert. Chorherren wie Franz Kurz, Josef Chmel, Franz Xaver Pritz, Josef Gaisberger und Jodok Stülz traten aus seiner Schule hervor und beeinflussten ihrerseits durch ihre zahlreichen Publikationen und Aktivitäten in den verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen die Landesgeschichte und österreichische Geschichtsforschung.

Werke

Handschriften in der Stiftsbibliothek St. Florian

  • Cod. XI 676: Catalogus Codicum manuscriptorum saeculo XVI. vetustiorum, qui in bibliotheca St. Floriani asservantur. – Leider verzeichnet der Handschriftenkatalog nur 297 Handschriften.
  • Cod. XI 677: Catalogus Incunabulorum Bibliothecae sancti Floriani.

Literatur

  • Friedrich Buchmayr: Wissenschaftliche Initiativen des Stiftes Sankt Florian im 19. Jahrhundert. In: Monotheismus. Interreligiöse Gespräche im Umfeld moderner Gottesfragen im Anschluss an Hermann Stieglecker. Hg. von Petrus Bsteh / Brigitte Proksch. Boston 2021, S. 72–87.
  • Albert Pucher: Das Chorherrenstift St. Florian in Oberösterreich. In: Ein Chorherrenbuch. Geschichte und Beschreibung der bestehenden und Anführung der aufgehobenen Chorherrenstifte: Augustiner und Prämonstratenser in Österreich-Ungarn, Deutschland und der Schweiz. Hg. von Sebastian Brunner. Würzburg / Wien 1883, S. 23–90.
  • Jodok Stülz: Geschichte des regulierten Chorherren-Stiftes St. Florian. Ein Beitrag zur Geschichte des Landes Österreich ob der Enns. Linz 1835. (Digitalisat)
  • Constantin Wurzbach: Art. Ziegler, Michael. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Band 60 (1891), S. 62. (Digitalisat)

Einzelnachweise

  1. Pucher, Chorherrenstift St. Florian, S. 43.
  2. Nekrolog in der Linzer Zeitung vom 16. Mai 1823.
  3. Joseph von Hormayr: Lebensbilder. Der Geschichtsforscher Franz Kurz. In: Taschenbuch für die vaterländische Geschichte N. F. 16 (1845), S. 9–81, hier: 12. (Digitalisat)
  4. Stülz, Geschichte des regulierten Chorherrn-Stiftes St. Florian, S. 186.
  5. Czerny, Die Bibliothek des Chorherrnstiftes St. Florian, S. 118.
  6. Antoine Albert: Neue Beobachtungen über die verschiedenen Arten zu predigen. Aus dem Französischen übersetzt von den Domicellarn des Collegiatstifts der Regulirten Chorherren zu St. Florian. Augsburg 1779. (Digitalisat)
  7. Nicolas Jamin: Theologische Gedanken in Rücksicht auf die Irrtümer unserer Zeit. Aus dem Französischen übersetzt von einigen der jüngern Chorherren des reg. lat. Kollegialstiftes zu St. Florian in Oberösterreich. Steyr 1782. (Digitalisat) Überdies erschien auf seine Anregung hin ein Werk von Michael Scheer: Assertiones ex universa theologia deputationi. Steyr 1782. (Digitalisat)
VorgängerFunktionNachfolger
Leopold II. TrulleyPropst des Stiftes St. Florian
1793–1823
Michael II. Arneth
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