Stift Eberndorf
Ansichten
Aktionen
Namensräume
Varianten
Werkzeuge
Geschichtlicher Überblick
Gründungsgeschichte
Das spätmittelalterliche Nekrologium des Stiftes Eberndorf nennt zum 16. Mai „Achacius comesfundator huius monasterii, Chunigundis vxor sua“, wobei über dem Namen Achacius von anderer (späterer) Hand „Gatzelinus" geschrieben wurde. An diesem Tag beging man im Stift den Jahrtag dieses und aller anderen Stifter mit einergetreidespende an die Armen, eines „Schinkens" und einer Urne Wein.
Bei „Achacius" handelte es sich um den in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts in Friaul begütertengraf Chazil, in der Literatur als Graf in Friaul, von Eberndorf und von Moggio bezeichnet. Chazil bzw. Kazelin ist die Kurzform von Kadalhoch, eines Namens, der in der Nachkommenschaft desgrafen Otakar (von Leoben, in Karantanien, 904) üblich war. Als Patriarch Sighard von Aquileja 1072 die Abtei Michaelbeuern bei Salzburg erneuerte, befand sich in seinem Gefolge auch sein Vasall Chazilide Mvosiza (= Moggio in Friaul). Der Patriarch und Kazelin waren miteinander entfernt verwandt. Kazelin war ein Urenkel Aribos und seiner Frau Adala (Adula), der Stifter von Göss, der Patriarch aber nach Heinrich Dopsch (1991) ein Enkel Adulas aus ihrer zweiten Ehe (diese von Plank 1981 bestritten). Diese Verwandtschaft und das Vasallenverhältnis Chazelins zu Aqileja bedingten enge Beziehungen zum Patriarchat. Aus ihn en erflossen nach Kazelins Tod zwei Klostergründungen.
Da Kazelin kinderlos war - seinegemahlin Kunigunde wird nur im Eberndorfer Nekrolog aus dem späten 15. Jahrhundert genannt - und auch der Letzte seiner Linie, übergab er um 1085 dem Patriarchen Friedrich II. von Aquileja (1084-1086) Eigengüter in Friaul, vor allem um Moggio an der Fella, zur Stiftung eines Klosters. Diese Dotation verwendete Patriarch Ulrich I. (1086 - 1121) zur Errichtung der Benediktinerabtei Moggio, deren Kirche 1119 geweiht wurde.
Kazelin hatte aber vor seinem Tod auch seinen in Unterkärnten gelegenen Allodbesitz der Kirche von Aquileja mit der Bedingung überantwortet, dass durch die an dem Ort, wo er begraben würde, lebenden Brüder immerfort mit gebeten gott gedient werde. Kazelin starb im oder bald nach dem Jahre 1090 und wurde zuerst in Gösseling (nichtgösselsdorf bei Eberndorf), unmittelbar bei St. Georgen am Längsee in Kärnten, wo 1002 - 1018 Adalas Schwester Wichburg ein Nonnenklostergestiftet hatte, begraben. Weil Gösseling im Bereich der Erzdiözese Salzburg lag, ordnete Patriarch Ulrich die Überführung des Leichnams Kazelins in die Kirche „sanctae Mariae Jun in Dobrendorf“ (= Eberndorf), die im Diözesansprengel des Patriarchats und auf Kazelins Eigengut lag, an und veranlasste deren Erweiterung. Die angebliche Anwesenheit von drei Suffraganbischöfen Aquilejas (Erhard von Pola, Riwin von Concorda, Hartwig von Triest) bei der Überführung und endgültigen Grablegung Kazelins fällt auf. Kurz vor 1106 soll Bischof Riwin von Concordia im Auftrag des Patriarchen die neue Kirche in Eberndorf geweiht haben.
Im Jahr 1106 kam Patriarch Ulrich I. persönlich nach Eberndorf und stellte dort eine Urkunde aus, durch die er dem Gotteshaus und den bereits am Ort lebenden Kanonikern zu ihrem Unterhalt folgende Güter, Einkünfte und Kirchen übertrug : die Dörfergösseling (Goztelich), Eberndorf (Dobrendorf) und wasgraf Kazelin in Köcking (Coken), Pribelsdorf (Prilep),gablern (Gablarn, alle drei bei Eberndorf) und anderen Dörfern besaß, die Hügel Kolm (Chulm), Krugl (Chrugel), auf dem das Stift liegt, und Unarach (Vnistiz) bei Eberndorf. Die Wälder mit Jagd- und Fischrechten zwischen dem Jaunberg (Jvnberch, jetzt Hemmaberg bei Jaunstein) und Zelach (Seelach bei St. Kanzian oder Sielach bei Sittersdorf?) und die Zehente zu Windischgraz/Slov.gradec (Graz) und Eberndorf (Ivn) samt den vier Pfarren (plebibus) und ihren Zehenten in Rosegg (im Rosental, Ras), St. Kanzian, St. Michael in Bleiburg und Windischgraz (Graz, eigentlich St. Pankraz in Altenmarkt).
Diese „Stiftungsurkunde" von 1106 Eberndorf (einegenauere Datumsangabe fehlt) ist nur als „Innovation" vom Jahre 1226 erhalten. An ihr hängt aber ein Siegel Patriarch Ulrichs I. (1086-1121), das an der Originalurkunde, nach der Sitte der Zeit, aufgedrücktgewesen wäre. Dieses Siegel ist übrigens das älteste authentische eines Patriarchen von Aquileja. Reinhard Härtel (dem ich hier für vielfache Hinweise aufrichtig danke)gab zu bedenken, dass es heute von Patriarch Ulrich I. keine einzige authentische Urkundegibt.
1154 bestätigte der Patriarch Pellegrino I. nach Errichtung des Augustiner-Chorherrenstiftes bei der Pfarre Eberndorf den dem Kloster zugewiesenen Besitz. Als solcher wird genannt: Die Pfarre Eberndorf samt Zehenten und sechs Kapellen, die Pfarre Leifling mit zwei Kapellen, ein Teil Zehent in der Pfarre Skalis bei Schönstein in der Untersteiermark und die Kapelle St. Georgen am Georgiberg bei Eberndorf. Die angeblich schon 1106 inkorporierten großen Pfarren St. Michael in Rosegg, St. Kanzian, St. Michael in Bleiburg undgraz werden 1154 nicht erwähnt.
Obwohl die Urkunde von 1106 angeblich in Eberndorf ausgestellt wurde, nennt sie als Zeugen der Rechtshandlung weder einen höheren oder niederengeistlichen in der Begleitung des Patriarchen, noch den ersten Propst - nach Marian hätte es der von ihm zu 1111genannte Hartwig (im Nekrolog von Eberndorf zum 3. August eingetragen ) sein können - oder einen der Kanoniker. Auch die weltliche Zeugenreihe beinhaltet nur Vornamen, was R. Härtel jedoch als Kriterium der Echtheit der Urkunde ansieht. Auch die zum Schluss der Urkunde ausgesprochene Commina cio spiritualis ist damals nicht unüblichgewesen und findet sich auch in anderen Urkunden dieser Zeit. In der päpstlichen Bestätigung für den Patriarchen Pellegrino I. von 1132 fehlt Eberndorf richtgerweise unter den zum Patriarchatgehörigen Klöstern, weil es einerseits immer im Herzogtum Kärnten lag, andererseits noch nicht als reguliertes Stift existiert hat.
Nach 1106 hört man fast fünfzig Jahre überhaupt nichts von Eberndorf. Erst 1149, 1151 und 1152 erscheint in „Leoprepositus Iunensis“ der erste auch durch Urkunden nachweisbare Vorsteher einer Priesterkommunität in Eberndorf. Dies hat W. Fresacher, J. Rainer, E. Webernig und andere bewogen, die Errichtung des Augustiner-Chorherren Klosters zwischen 1149 und 1154 anzusetzen. 1154, unter Leos Nachfolger Roman, war sie durch die Einführung der Augustinerregel für die Kanoniker seitens des Patriarchen Pellegrino I. bereits vollzogen und 1177 wird Eberndorf erstmals als Kloster aquilejischer Jurisdiktion bezeichnet.
Auffallend ist, dass Patriarch Ulrich I. die Gründung Eberndorfs als Säkularstift schon 1106 ins Werk setzte, während er sich bei Moggio länger Zeit ließ, dessen Gründung erst 1119 zum Abschluss kam. R. Härtel hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Ulrich I. der letzte seines Hauses (Eppenstein) war. Deshalb und seines zuletzt hohen Alters wegen könnte sein Interesse an der weiteren Verfügung über diegüter Kazelins erlahmt sein. Andererseits konnte er auch ohnegrößere Bedenken aus Eigenem für Klostergründungengeben. Wegen der Übergabe dergüter Kazelins und der Inkorporation der vier Pfarren wurde Ulrich im Ebendorfer Nekrolog als „Stifter" eingetragen. Ein besonderer Freund der regulierten Chorherren scheint er aber nicht gewesn zu sein, hat er doch das nach der Augustinerregel lebende Kloster Rosazzo im Patriarchat Aquileja um 1090 in ein Benediktinerkloster umgewandelt, das der Hirsauer Reformbewegung nahestand.
Die besondere Stellung Ulrichs I. (Alter, Letzter seines Hauses) könnte - nach Meinung Härtels - auch dafür verantwortlich sein, dass für beide Klöster aus ihrer Gründungszeit heute so wenig schriftliches Material vorhanden ist, vielmehr erst Patriarch Pellegrino I. die Verhältnisse sowohl in Moggio als auch in Eberndorf stabilisiert bzw.geordnet hat.Es herrscht die Meinung vor, Eberndorf sei die letzte Stiftsgründung in Kärnten gewesen, die in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der von Salzburg getragenen Reformbewegung in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gebracht werden könne. Denn die Chorherren waren, zum Unterschied von den Mönchen, auch in der Seelsorge tätig. Und um diese ist es Patriarch Pellegrino I. wohlgegangen. Erzbischof Konrad I. von Salzburg (1106- 1147) führte die Augustinerregel in den Dom stiften Salzburg und Gurk ein und errichtete eine stattliche Zahl von Chorherrenstiften in seiner Diözese. Eberndorf wird mit den Stiften Ranshofon, Waldhausen (Oberösterreich) und Klosterneuburg (Niederösterreich) als zur Salzburger Observanz gehörig bezeichnet.
Die Frage nach der Herkunft der Chorherren des Jahres 1154 ist momentan nicht zu beantworten. Im Falle einer „Umwandlung" des Säkularstiftes in ein reguliert es, erübrigt sich die Frage weitgehend. Die Meinung, es könnten (auch) Kanonik er aus dem oberbayrischen Kloster Rottenbuch nach Eberndorf gekommen sein, wurde widerlegt und statt diesem der eben erwähnte Salzburger Reformkreis in Vorschlag gebracht. Trotzdem gab es schon um 1170 enge Beziehungen zwischen Eberndorf und Rottenbuch, weil damals ein und derselbe Propst beiden Klöstern vorstand. Vogtei und Blutgericht über Eberndorf lagen ursprünglich bei den Herren von Trixen, dann wurde die Blutgerichtsbarkeit von den Herrschaften Sonnegg bzw. Rechberg als Sitze des Landgerichts Jauntal, seit 1454 aber vom herzoglichen Landgericht Stein im Jauntal ausgeübt. Die Niederegerichtsbarkeit über die Bewohner im Burgfried Eberndorf und über die stiftischen Untertanen hatte der Propst.