Stift St. Dorothea in Wien: Unterschied zwischen den Versionen
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Da sich das Arbeitshaus nicht bewährte, verfügte Kaiser Joseph am 11. April 1787, dass das Versatzamt im Dorotheerkloster untergebracht werden solle. Die ohnehin unnütze Kirche der Dorotheer, welche in dieser Gasse gar nicht nothwendig ist, wie der Kaiser befand, wurde am 27. April 1787 exsekriert, die Gruft wurde geräumt, die Gebeine auf dem Matzleinsdorfer Friedhof beigesetzt. Nur die Gebeine des Gründers Andreas Plank konnten die Chorherren retten. Sie kamen zusammen mit den Archivalien nach Klosterneuburg und ruhen heute im Sockel der barocken Pieta von Lorenzo Mattielli im dortigen Kreuzgang. Die Einrichtung der Kirche wurde verkauft, die beiden Kirchtürme wurden abgetragen. Alle Gegenstände aus Edelmetall wurden eingeschmolzen. Der nördlich an die Kirche angrenzende Stiftshof, ein von Künstlern und Standespersonen bevorzugtes Wohnhaus, ging gegen eine beträchtliche Abfindungssumme an das Stift Klosterneuburg, mit der Verpflichtung, das alte Gebäude abzubrechen und an seiner Stelle zwei moderne Wohnbauten zu errichten (die heutigen Häuser Plankengasse 6 und 7, erbaut 1803 bis 1807 vom Hofarchitekten Johann Amann). Kirche und Kloster wurden als Versatzamt eingerichtet. An ihrer Stelle erbaute 1898 bis 1901 der Architekt Emil von Förster den neubarocken Prachtbau des heutigen "Dorotheums". Beim Abbruch der alten Gebäude kamen viele alte Steinfragmente zum Vorschein. Sie sind heute im Seitenhof des Versatz- und Versteigerungsamtes eingemauert. Sonst erinnert an Ort und Stelle nichts mehr an das einst so bedeutende Stift St. Dorothea. | Da sich das Arbeitshaus nicht bewährte, verfügte Kaiser Joseph am 11. April 1787, dass das Versatzamt im Dorotheerkloster untergebracht werden solle. Die ohnehin unnütze Kirche der Dorotheer, welche in dieser Gasse gar nicht nothwendig ist, wie der Kaiser befand, wurde am 27. April 1787 exsekriert, die Gruft wurde geräumt, die Gebeine auf dem Matzleinsdorfer Friedhof beigesetzt. Nur die Gebeine des Gründers Andreas Plank konnten die Chorherren retten. Sie kamen zusammen mit den Archivalien nach Klosterneuburg und ruhen heute im Sockel der barocken Pieta von Lorenzo Mattielli im dortigen Kreuzgang. Die Einrichtung der Kirche wurde verkauft, die beiden Kirchtürme wurden abgetragen. Alle Gegenstände aus Edelmetall wurden eingeschmolzen. Der nördlich an die Kirche angrenzende Stiftshof, ein von Künstlern und Standespersonen bevorzugtes Wohnhaus, ging gegen eine beträchtliche Abfindungssumme an das Stift Klosterneuburg, mit der Verpflichtung, das alte Gebäude abzubrechen und an seiner Stelle zwei moderne Wohnbauten zu errichten (die heutigen Häuser Plankengasse 6 und 7, erbaut 1803 bis 1807 vom Hofarchitekten Johann Amann). Kirche und Kloster wurden als Versatzamt eingerichtet. An ihrer Stelle erbaute 1898 bis 1901 der Architekt Emil von Förster den neubarocken Prachtbau des heutigen "Dorotheums". Beim Abbruch der alten Gebäude kamen viele alte Steinfragmente zum Vorschein. Sie sind heute im Seitenhof des Versatz- und Versteigerungsamtes eingemauert. Sonst erinnert an Ort und Stelle nichts mehr an das einst so bedeutende Stift St. Dorothea. | ||
==Konföderationen== | |||
Bedeutend intensiver als die auf der Zugehörigkeit zum Raudnitzer Reformkreis beruhenden Beziehungen zu anderen Klöstern waren die äußeren Kontakte durch die Gebetsverbrüderungen (Konföderationen), die St. Dorothea von Anfang an mit vielen anderen Klöstern schloss. Es waren dies in der Reihenfolge der Konföderationsurkunden: Wittingau (1416), St. Andrä an der Traisen (1416), Kartause Aggsbach (1418), Kartause Gaming (1418), Neunkirchen am Brand (Diözese Bamberg, 1419), Schottenstift Wien (1419), Dürnstein (1420), Melk (1420), Indersdorf (Diözese Freising, 1420), Kartause Mauerbach (1425), Mariazell im Wienerwald (1431), Herzogenburg (1435), Klosterneuburg (1436), St. Florian (1436), Kazimierz (Diözese Krakau, 1438), Rohr (Diözese Regensburg, 1439), Tegernsee (1448), Glatz in Schlesien (1456), Gran de Chartreuse (Diözese Grenoble, 1456), Generalkapitel von Windesheim (1458), Reichersberg (1466), St. Michael an der Etsch (1466), St. Ulrich in Wiener Neustadt (1470), Rottenmann (1495), Olmütz (1502), Pöllau (1520), Chorfrauenstift St. Laurenz in Wien (1607), Geras (1731), Heiligenkreuz (1738), Cluny (1738), Formbach (1738), Seckau (1738), Raitenhaslach (1739), Stainz (1739), Waldhausen (1739), Seitenstetten (1739), Säusenstein (1742), Altenburg (1746), Chorfrauenstift St. Joseph in Eisenstadt (1754). |
Version vom 12. Juli 2020, 13:10 Uhr
Kirchliche Topographie | Diözese Passau, seit 1465 zur Diözese (seit 1723 Erzdiözese) Wien |
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Politische Topographie | Stadt Wien |
Frühere Bezeichnungen | Sand Dorotheenstifft (1414), Monasterium Sancte Dorothee Canonicorum Regularium Sancti Augustini in Vienna (1414), Sand Dorothe Gotzhauß zu Wienn (1417)
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Geschichtlicher Überblick
Herzog Albrecht II. (1298–1358) stiftete in der damaligen Lederstraße eine Kapelle zu Ehren der hl. Dorothea und Katharina, die 1353 erstmals urkundlich erwähnt wird. Geweiht wurde die Kapelle erst 1360, bereits unter der Herrschaft Rudolfs IV. Der Anlass der Stiftung ist nicht überliefert. Vermutlich handelte es sich um die Hauskapelle eines landesfürstlichen Gebäudes - die Hofburg lag schließlich in unmittelbarer Nähe. Das Patronat über die Kapelle hatten die Herzöge von Österreich. Seit 1353 sind an ihr Kapläne nachweisbar, mehrere Urkunden bezeugen ansehnliche Güterschenkungen an die Dorotheenkapelle.
Die Gründung eines Klosters bei St. Dorothea geht auf einen Wunsch Herzog Albrechts IV. zurück, der 1395 bis 1404 regierte. Der Beweggrund für diesen Wunsch war wohl das Aufblühen der Raudnitzer Reform im Orden der Augustiner-Chorherren. Diese Reform entsprach dem allgemeinen Wunsch nach einer religiösen Erneuerung in Klerus und Volk. Der frühe Tod des Herzogs verhinderte zunächst diese Absicht. Wirklich vollzogen wurde sie erst durch seinen Kanzler Andreas Plank. Andreas Plank, ein Weltpriester, ist erstmals 1391 als Pfarrer in Maigen urkundlich fassbar. 1402 ist er Pfarrer in Mödling und herzoglicher Notar, 1403 erhielt er die reiche landesfürstliche Pfarre Gars-Eggenburg und wurde zugleich Kanzler Herzog Albrechts IV. Dieses Amt erlosch mit dem frühen Tod des Herzogs. Plank wurde nun Lehrer und Erzieher des siebenjährigen Albrecht V., dazu 1406 Rektor der Dorotheenkapelle, behielt aber weiterhin seine Pfarre, die er durch einen Vikar verwalten ließ.
Die heftigen Streitereien um die Vormundschaft des jungen Herzogs zwischen seinen Oheimen, den Herzögen Leopold und Ernst, die zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führten, veranlassten Andreas Plank, das Land zu verlassen. Er ging 1407 nach Padua und widmete sich an der dortigen Universität den Studien. Als 1409 der Friede zwischen den verfeindeten Habsburgern geschlossen wurde, kehrte Plank nach Österreich zurück und wurde 1411 von seinem ehemaligen Schüler Albrecht V. neuerlich zum Kanzler berufen. Seine Einkünfte verwendete er zur Vermehrung des Besitzes der Dorotheenkapelle, so dass er schließlich daran denken konnte, den Wunsch des verstorbenen Herzogs Albrecht IV. zu erfüllen und bei St. Dorothea ein Chorherrenstift zu gründen. In einer Urkunde vom 15. August 1414 bezeugt Herzog Albrecht V., dass sein Kanzler Andreas Plank, Pfarrer von Gars, an der Kapelle zu St. Dorothea ein Stift von Augustiner-Chorherren gründet, bestätigt diesem Kloster den umfangreichen Besitz, den die Dorotheenkapelle bisher innehatte, und gewährt dem Kloster alle üblichen Freiheiten.
Am 28. August 1414 bestätigte der Passauer Bischof Georg von Hohenlohe diese Stiftung. Die Gründungsmannschaft des Klosters bestand aus fünf Chorherren. Vier kamen aus dem Stift Dürnstein, einer aus St. Pölten. Am 14. Dezember traten sie zur Wahl zusammen und wählten ihren Mitbruder Aegydius aus dem Stift Dürnstein, der noch in Wittingau (Böhmen) Profess abgelegt hatte, zum ersten Propst. Als Prior wurde ihm sein Mitbruder Anselm beigegeben. Die Raudnitzer Observanz pflegte nämlich den zweiten Mann im Kloster "Prior" zu nennen. Erst die "Wiener Konstitutionen" von 1421 führten in Dürnstein und St. Dorothea die in Österreich übliche Amtsbezeichnung "Dechant" ein. Das Stift St. Dorothea war von Anfang an zum Reformkloster bestimmt. Mag Albrecht IV. und in seinem Sinne auch der Kanzler Andreas Plank zunächst nur an eine fromme Stiftung für den neuen, aufstrebenden Chorherrenzweig der Raudnitzer Reform gedacht haben, so setzte Albrecht V. das Vermächtnis seines Vaters gezielt im Rahmen seiner kirchlichen Reformen ein.
Das neugegründete Stift sollte ein Musterkloster werden und die Keimzelle bilden für die Erneuerung der österreichischen Chorherrenstifte. Um von vorn herein Abweichungen von den Raudnitzer Statuten und das Eindringen weltlicher Sitten im neugegründeten Kloster zu verhindern, räumte Andreas Plank im Notariatsinstrument vom 12. Dezember 1414 den Prioren der Kartausen in Gaming, Mauerbach und Aggsbach ein gewisses Aufsichtsrecht über den Konvent von St. Dorothea ein - die Kartäuser galten als Garanten für monastische Strenge -, auch wenn diese Verfügung dem heutigen Begriff von Exemption widerspricht. Die von Herzog Albrecht V. mit päpstlicher Bewilligung 1418 angeordnete Visitation erreichte im April 1421 das Stift St. Dorothea. Die Visitatoren stellten dem jungen Stift ein sehr ehrenvolles Zeugnis aus. Die Visitatoren ordneten auch an, dass zwei Dorotheer Chorherren gemeinsam mit zwei Dürnsteiner Mitbrüdern die Raudnitzer Statuten in eine für Österreich passende Form überarbeiten sollten. Das Ergebnis waren die oben erwähnten "Wiener Konstitutionen" von 1421.
Offiziell anerkannt wurden diese Konstitutionen erst 1450 vom Passauer Bischof. Ihre strengen Vorschriften wurden bei einer weiteren Visitation 1427 etwas gemildert. Nach dieser neuen Verfügung soll der Propst die Tagesordnung so gestalten, dass die Konventualen den theologischen Studien möglichst viel Zeit widmen könnten. Diese Förderung der Wissenschaft, die ganz im Sinn der Raudnitzer Reform lag, trug im Dorotheerstift bald Früchte. Schon unter den ersten Professen des jungen Stiftes waren zwei Lehrer der Wiener Universität, Heinrich Bovel von Haslach und Johann Röckl von Straßburg. Der spätere Propst Stephan von Landskron gehörte zu den bedeutendsten Schriftstellern seiner Zeit. Propst Nikolaus Corona (von Kronstadt) wurde gemeinsam mit Dr. Martin aus dem Stift Waldhausen zum Vertreter aller österreichischen Chorherrenstifte beim Konzil von Basel gewählt (1431). Als ihn die Österreicher 1433 vom Konzil zurückriefen, da er in der Heimat gebraucht wurde, wollten ihn die Konzilsväter nicht entlassen und stellten seiner Tätigkeit ein glänzendes Zeugnis aus. Trotzdem reiste er ab. Der herzogliche Kanzler Andreas Plank wohnte im Stift und nahm auch - so weit es sein Amt zuließ- am Leben des Konvents teil. Obwohl er nicht die Ordensgelübde abgelegt hatte und auch kein klösterliches Amt bekleidete, war er die dominierende Persönlichkeit des Konvents. Er trug auch unermüdlich zur finanziellen Unterstützung des Klosters bei, so dass St. Dorothea zum reichsten Kloster nach dem Schottenstift unter den Wiener Stadtklöstern wurde. Er starb am 9. Juni 1435 und wurde als Stifter vor dem Hochaltar der Klosterkirche bestattet, obwohl er in seinem Testament - worin er das Stift als Alleinerben seines beträchtlichen Vermögens eingesetzt hatte - alle Ehre der Stiftung Herzog Albrecht IV. zugeschrieben hatte.
Das Stift St. Dorothea nahm rasch einen großen Aufschwung. Es wurde als Musterkloster angesehen. Das zeigt sich schon darin, dass der Vorauer Propst Andreas von Pranpeck 1433 zwei Dorotheer Chorherren zur Reform seines Stiftes erbat. Von St. Dorothea gingen auch Neugründungen aus: 1455 besiedelten Dorotheer Chorherren das Stift Rottenmann, 1459 das Chorherrenstift St. Ulrich in Wiener Neustadt und 1464 das Magdalenen- und Mauritiusstift in Friesach. Um die Ordensdisziplin aufrechtzuerhalten, schloss Propst Nikolaus mit dem Mutterstift Dürnstein, mit dem St. Dorothea schon seit 1420 in Gebetsverbrüderung stand, 1448 einen neuerlichen Vertrag, demzufolge die beiden Pröpste jährlich das andere Stift visitieren sollten. Die erste derartige Visitation durch den Dürnsteiner Propst fand sogleich statt und brachte ein für St. Dorothea sehr ehrenvolles Ergebnis, ebenso im folgenden Jahr 1449. Diese gewiss sehr nützliche Einrichtung hielt sich jedoch nicht lange. Propst Nikolaus wurde aber bis ins hohe Alter mit zahlreichen Klostervisitationen beauftragt, so von Kardinal Nikolaus von Kues 1451 und von Papst Nikolaus V. 1452. Das 1359 gegründete Chorherrenstift Glatz in Schlesien, das ziemlich heruntergekommen war, wurde 1456 durch Dorotheer Chorherren reformiert. Auch in Neustift bei Brixen führten auf Verlangen des Bischofs, Kardinal Nikolaus von Kues, 1457 Chorherren aus St. Dorothea die überarbeiteten Raudnitzer Statuten, die sogenannten "Wiener Konstitutionen" ein.
Dass sich St. Dorothea selbst als Reformstift verstand, zeigt sich auch darin, dass es sich von Anfang an mit den strengen Klöstern der Kartäuser und 1456 sogar ostentativ mit der Grande Chartreuse in Gebetsverbrüderung verband. Als der verdienstvolle Propst Nikolaus hochbetagt am 1. Juli 1458 starb, wählte der Konvent Stephan von Landskron zu seinem Nachfolger, einen Professen von St. Dorothea, der zuletzt auf Ersuchen des Stiftes Chiemsee dort Dechant gewesen war. Der neue Propst war nicht nur ein vorbildlicher Ordensmann, was er schon als Reformator einiger bayrischer Chorherrenklöster bewiesen hatte, sondern auch ein bedeutender Schriftsteller. Er verfasste mehrere theologische und asketische Traktate und auch einige deutsche Schriften. Propst Stephan erhielt von Kardinal Bessarion, der sich 1460 in Wien aufhielt, für St. Dorothea und die von diesem reformierten Klöster verschiedene Privilegien und Beichtvollmachten. Der Kardinal setzte Propst Stephan auch zum geistlichen Leiter der Wiener Chorfrauenstifte St. Jakob auf der Hülben, St. Laurenz und St. Magdalena ein. Neben Propst Stephan taten sich auch andere Chorherren des Stiftes St. Dorothea im Wiener Geistesleben hervor, so vor allem der Stiftsdechant Dr. Hieronymus Voglsank, ursprünglich Professe des Stiftes Olmütz und Gesandter am Basler Konzil, der bis zu seinem Tod 1467 der fähigste Mitarbeiter des Propstes war.
1473 konnte die Weihe der umgebauten und vergrößerten Stiftskirche durch Kardinal Markus Barbo, Patriarch von Aquileja, festlich begangen werden. Stephan von Landskron starb am 29. November 1477. Sein Nachfolger Gregor Teyninger fühlte sich wie er für die Tochtergründungen des Dorotheerklosters verantwortlich. Der Konvent umfasste zu seiner Zeit 28 Professen, wozu noch acht Chorherren kamen, die in die Tochterklöster zur Festigung der Observanz gesandt worden waren. Die misslichen Verhältnisse in diesen kleinen, unzureichend dotierten Häusern zehrten an den spirituellen und materiellen Ressourcen des Dorotheerstiftes. Dazu kamen noch die politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten, unter denen Österreich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts litt. Da erschien dem Stift ein unerwarteter Helfer in der Person des Bischofs Ludwig Ebner von Chiemsee. Er war Professe des Domstifts Salzburg, wurde 1470 Propst des Chorherrenstiftes St. Zeno in Reichenhall und wurde 1495 zum Bischof von Chiemsee berufen. 1502 resignierte er auf dieses Amt, und als Chorherrenprofesse suchte er um Aufnahme ins Stift St. Dorothea an. Dort nahm man ihn mit Freuden auf. Er war nun Mitglied des Konvents, genoss aber als Bischof verschiedene Freiheiten. So war ihm beispielsweise freigestellt, Ordenstracht oder bischöfliche Gewänder zu tragen. Er war nicht nur insofern Nachfolger des Stifters Andreas Plank als er dessen ehemalige Wohnung bezog, sondern auch im Hinblick auf dessen materielle Leistungen. Aufgrund päpstlichen Indultes standen Ebner weiterhin die Einkünfte einiger Herrschaften des Bistums Chiemsee zu, und die kamen nun zu seinen Lebzeiten dem Stift St. Dorothea zugute, ebenso wie das große Barvermögen, das er mitbrachte. Mit Recht wurde er deshalb als zweiter Stifter bezeichnet. Er starb am 4. Dezember 1516 und wurde in der Stiftskirche beige setzt.
Dass am Beginn des 16. Jahrhunderts in St. Dorothea ein guter Ordensgeist herrschte, beweist die Tatsache, dass der Propst von Vorau 1508 einige seiner Mitbrüder ins Wiener Stift sandte, um die dortige Ordensdisziplin zu lernen, und das 1504 gegründete Chorherrenstift Pöllau erbat sich im selben Jahr einen Professen aus St. Dorothea, damit er die Brüder in dem neuen Kloster in der rechten Observanz unterweise. Die offensichtliche Blüte des Ordenslebens in St. Dorothea welkte jedoch rasch. In Wien fasste die Reformation Martin Luthers relativ früh Fuß und wirkte sich bald auf die Disziplin in den Klöstern aus. Eine Visitation des Wiener Bischofs Johann de Revellis im Jahr 1525 deckte in St. Dorothea zahlreiche Missstände auf, vor allem Zwistigkeiten im Konvent. Außerdem fanden die Visitatoren lutherische Bücher. Mit der Resignation des Propstes Bernhard Zechmann im Jahre 1526 ging die Blütezeit des Stiftes zu Ende. Wie anderwo ging auch hier der spirituelle Niedergang mit dem wirtschaftlichen Hand in Hand. Propst Hieronymus Schmidl wurde 1533 wegen Vergeudung des Klostergutes abgesetzt. Es drohte sogar die Aufhebung des Stiftes, das Ferdinand I. den Augustiner-Eremiten übergeben wollte. Der Wiener Bischof Johannes Fabri konnte dies jedoch verhindern. 1544 hatte das Stift außer dem Propst nur drei Konventualen. Da der Klosterneuburger Hof vor dem Schottentor bei der Türkenbelagerung von 1529 zerstört worden war und die Klosterneuburger Pröpste bisher vergeblich ein Absteigquartier in Wien gesucht hatten, bot sich nun eine andere Lösung an.
Das Stift St. Dorothea war Klosterneuburg die ansehnliche Summe von 400 fl. schuldig, und da es diese Schuld nicht zu bezahlen vermochte, stellte es dem Stift Klosterneuburg 1547 einen Stock des Klostergebäudes zur Verfügung. Ob dies die ehemalige Wohnung der Stifter Andreas Plank und Ludwig Ebner war, ist nicht bekannt. Jedenfalls investierte das Stift Klosterneuburg ansehnliche Summen in den Ausbau dieser Wohnung, in der Propst Leopold Hintermayr von Klosterneuburg 1577 starb. Nachdem Klosterneuburg 1580 ein eigenes Haus am Minoritenfreithof erwerben konnte, verpflichtete sich St. Dorothea 1587 zur Rückzahlung des Betrages von 350 fl. Damit erlosch dieses Klosterneuburger Intermezzo. Welchen Geistes der zusammengeschmolzene Konvent von St. Dorothea war, zeigte sich, als 1552 der Klosterneuburger Chorherr Johann Weiß zum Propst postuliert wurde, denn gerade jener Johann Weiß war es, der in Klosterneuburg 1548 als erster protestantische Lehren verkündet hatte. Als Weiß 1563 starb, fand eine Visitation im Dorotheerstift fünf Konventualen, drei Konkubinen und sieben Kinder vor.
Der Nachfolger Klemens Staffelsteiner erhielt aber - ob sich die Verhältnisse besserten, ist nicht bekannt - von Papst Pius IV. am 3. Oktober 1564 das Recht zum Gebrauch der Pontifikalien. Eine Visitation im Jahre 1566 erbrachte ein sehr trauriges Ergebnis, und eine folgende fand es 1571 nicht besser. Daher wurde von der Regierung 1572 ein Weltpriester, der bisherige Almosenier Kaiser Maximilians II. Georg Premler, als Propst in St. Dorothea eingesetzt. Er blieb jedoch nicht lange in diesem Amt, denn schon 1578 wurde er als Propst nach Herzogenburg versetzt. Auch sein Nachfolger in St. Dorothea war Weltpriester, der bisherige Pfarrer von St. Michael in Wien, Martin Radwiger. Er war ein eifriger Verfechter der katholischen Sache und wurde daher 1586 zum Bischof von Wiener Neustadt ernannt, starb jedoch, bevor er dieses Amt antreten konnte. Nun wurde 1587 endlich ein Professe von St. Dorothea, der Chorherr Christoph Thutt, zum Propst eingesetzt. Er war ein tüchtiger Wirtschafter, schaffte für das Stift kostbare Paramente und Geräte an, strebte jedoch nach Höherem, nämlich nach der Prälatur von Klosterneuburg, was ihm trotz vieler Bemühungen und Intrigen nicht gelang.
Es wirkt daher wie ein Witz der Geschichte, dass sein Nachfolger ausgerechnet ein Klosterneuburger Chorherr wurde: Andreas Mosmiller. Dieser wurde sechs Jahre später wieder nach Klosterneuburg zurückgewählt, durfte allerdings St. Dorothea erst nach zwei weiteren Jahren verlassen. Ihm gelang es in seiner kurzen Amtszeit, die wirtschaftliche Situation des Dorotheerstiftes erheblich zu verbessern und die enorme Schuldenlast zu verringern. Sein Nachfolger Hieronymus König, wieder ein Professe von St. Dorothea, setzte diese Politik erfolgreich fort. Es gelang ihm, zahlreiche Stiftungen für St. Dorothea zu gewinnen, deren Kapital er gut verzinslich anlegte. Er neigte zu Prachtentfaltung. Die Feierlichkeiten bei seiner Amtseinführung 1618 kosteten die gewaltige Summe von 426 fl., wobei die Kosten für die Musik nicht eingerechnet waren. Propst Hieronymus und sein Bruder David, gleichfalls ein Konventmitglied, wurden am 4. Februar von Kaiser Matthias in den Adelsstand erhoben. 1624 wurde der Propst von Ferdinand II. zum Kaiserlichen Rat ernannt, starb aber bald dar auf.
Nun wählte der Konvent seinen leiblichen Bruder David König, bisher Stiftsdechant, zum Nachfolger. Eine Visitation im Jahr 1637 verzeichnete zehn Professen im Stift. Die wirtschaftliche Lage besserte sich zusehends, und das Stift St. Dorothea erfreute sich sowohl am kaiserlichen Hof wie beim Wiener Bischof hohen Ansehens. 1662 stiftete Propst Jakob Niernberger eine tägliche Messe für die Erhaltung des Erzhauses Österreich (diese Stiftung ging nach der Aufhebung des Dorotheerstiftes an das Stift Klosterneuburg, wo bis heute - allerdings nur einmal im Jahr - diese Messe gefeiert wird). Die Belagerung durch die Türken im Jahre 1683 brachte dem Stadtkloster viele Schwierigkeiten und Schäden, besonders auf seinen Besitzungen außerhalb der Stadt. Die niedergebrannten Kirchen in Rauchenwarth und Liesing mussten wiederhergestellt werden, die meisten Weingärten waren verwüstet. Dem Geschick des Propstes Hieronymus Hayden ist es jedoch zu verdanken, dass die Schäden in erstaunlich kurzer Zeit behoben wurden. Er konnte sogar dem Kaiser eine beträchtliche Summe für die Kriegsausgaben vorstrecken. Im Laufe seiner 27-jährigen Amtszeit erhöhte sich die Zahl der Konventmitglieder von acht auf zwanzig. Zweimal war er Rector magnificus der Wiener Universität. Sein Nachfolger, Ferdinand Nolthaeus von Ottendorf, war dreimal Rector. Er ließ die Stiftskirche durch Matthias Steinl im Barockstil neu ausgestalten, so dass sie zu einer der schönsten in Wien wurde.
Auch der Stiftsbibliothek galt seine besondere Sorge. Er ließ einen neuen Bibliothekssaal errichten und sorgte für die Vermehrung der Bücherbestände. Sein Nachfolger Ferdinand Adler setzte die Bemühungen um Verschönerung der Kirche und Erweiterung der Bibliothek fort. Nach seinem Tode wurde bei der Propstwahl am 2. September 1734 schon im ersten Wahlgang einstimmig der Stiftsdechant Joseph Rosner zum Propst gewählt, was den bei der Wahl anwesenden Weihbischof zur Bemerkung veranlasste, dass man so etwas noch nie erlebt habe. Propst Rosner wirkte im Sinn seiner Vorgänger weiter für die Verschönerung des Stiftes. Besondere Sorgfalt wandte er auf die Neuordnung des Archivs, auch legte er eine Münzensammlung an. Die Verwaltung der Stiftsgüter wurde genau organisiert. Der 1760 wiederum einstimmig gewählte Propst Ignaz Müller nahm eine führende Stellung im geistigen Leben Wiens ein. Er war ein gebildeter Mann, Doktor der Theologie und 1744/45 Dekan der Theologischen Fakultät der Wiener Universität. Er verkehrte in dem jansenistischen Kreis um Ambros Simon von Stock und Gerhard van Swieten und kam dadurch Kaiserin Maria Theresia nahe, besonders seit er ihr während ihrer Blattern-Erkrankung 1767 hilfreich zur Seite gestanden war. Schon 1769 ist er im Gefolge der Kaiserin, 1773 wird er ihr ordentlicher Beichtvater. Er gehörte auch der Jesuiten-Aufhebungs-Kommission an, die über die Folgen der päpstlichen Aufhebung des Ordens zu entscheiden hatte. Da ging es sowohl um die fernere Verwendung der ehemaligen Ordensleute, als auch um die durch ihren Abgang nötigen Reformen im Unterrichtswesen. Schon als 1760 die Studienhofkommission gegründet wurde, das oberste Gremium für das gesamte Unterrichtswesen, zählte Ignaz Müller zu ihren Mitgliedern.
Die Träger des geistigen Lebens in Wien waren in die Parteien der Jesuiten und Jansenisten gespalten, und als Wortführer der letzteren galt der Propst von St. Dorothea. Bei den Abendgesellschaften, die sich jeden Sonntag in seinem Stift versammelten, waren die führenden Köpfe des jansenistischen Wien vereint. Das Inventar seiner Privatbibliothek, das nach seinem Tod aufgenommen wurde, weist eine große Zahl jansenistischer und indizierter Bücher auf. Als der Propst im Mai 1780 an Rotlauf erkrankte, besuchte ihn Kaiserin Maria Theresia und weilte zwei Stunden an seinem Krankenbett. Wenige Monate später konnte Ignaz Müller diesen Liebesdienst erwidern und der Kaiserin in ihrer Todeskrankheit beistehen. Am 25. November nahm er ihr die Beichte ab und harrte bis zu ihrem Tode bei ihr aus. Am 26. November erteilte er ihr die Krankensalbung, und am nächsten Tag schied sie in den Abendstunden im Beisein ihrer Kinder und des Propstes Müller bei vollem Bewusstsein aus dem Leben. Dem Propst vermachte sie ein Legat von 500 Dukaten und einige persönliche Gegenstände. Ignaz Müller überlebte seine hohe Schutzbefohlene nicht lange. Er starb am 31. August 1782 im 70. Lebensjahr. Er hinterließ ein sehr gutes Andenken, und die Wiener Zeitung hob in einem ehrenden Nachruf hervor, dass er das große Vertrauen der Kaiserin nie für persönliche Zwecke missbraucht habe.
Der Tod des Propstes bedeutete zugleich das Ende des Stiftes. Eine Neuwahl wurde von der Regierung untersagt. Kaiser Joseph II. verfügte persönlich die Vereinigung des Stiftes St. Dorothea mit dem Stift Klosterneuburg. Dieses Stift sollte zunächst die Vermögensverwaltung des aufzulassen den Dorotheerstiftes übernehmen. Dank der guten Wirtschaftsführung des verstorbenen Propstes Ignaz Müller war der Besitz des Dorotheerstiftes sehr ansehnlich. Die Chorherren sollten vorerst noch im Kloster bleiben.[1] Sah es erst so aus, als sollte das klösterliche Leben weitergehen, wenn auch unter der Administration Klosterneuburgs, so stellten sich bald schlimmere Aussichten heraus. Am 11. August 1785 wurde verfügt, dass die Gegenstände aus anderen aufgehobenen Ordenshäusern im Dorotheerstift zu deponieren seien. Am 20. Februar 1786 verfügte ein Regierungsdekret, dass die noch dort wohnenden Chorherrren das Stift zu verlassen hätten, da dort ein Arbeitshaus eingerichtet werden sollte. Am 18. April 1786 versammelten sich die Chorherren zum letzten gemeinsamen Mahl. Es wurde ihnen nahegelegt, in das Stift Klosterneuburg zu übersiedeln, aber nur zwei (Engelbert von Augusti und Franz Demuth) gingen in das strengere Kloster. Die übrigen zogen es vor, in den Weltpriesterstand zu treten. Zwei bedeutende Gelehrte, Franz Neumann und Andreas Stütz, wurden in den Staatsdienst übernommen. Neumann wurde Direktor des kaiserlichen Münzkabinetts, Stütz Direktor des Hofnaturalienkabinetts.
Da sich das Arbeitshaus nicht bewährte, verfügte Kaiser Joseph am 11. April 1787, dass das Versatzamt im Dorotheerkloster untergebracht werden solle. Die ohnehin unnütze Kirche der Dorotheer, welche in dieser Gasse gar nicht nothwendig ist, wie der Kaiser befand, wurde am 27. April 1787 exsekriert, die Gruft wurde geräumt, die Gebeine auf dem Matzleinsdorfer Friedhof beigesetzt. Nur die Gebeine des Gründers Andreas Plank konnten die Chorherren retten. Sie kamen zusammen mit den Archivalien nach Klosterneuburg und ruhen heute im Sockel der barocken Pieta von Lorenzo Mattielli im dortigen Kreuzgang. Die Einrichtung der Kirche wurde verkauft, die beiden Kirchtürme wurden abgetragen. Alle Gegenstände aus Edelmetall wurden eingeschmolzen. Der nördlich an die Kirche angrenzende Stiftshof, ein von Künstlern und Standespersonen bevorzugtes Wohnhaus, ging gegen eine beträchtliche Abfindungssumme an das Stift Klosterneuburg, mit der Verpflichtung, das alte Gebäude abzubrechen und an seiner Stelle zwei moderne Wohnbauten zu errichten (die heutigen Häuser Plankengasse 6 und 7, erbaut 1803 bis 1807 vom Hofarchitekten Johann Amann). Kirche und Kloster wurden als Versatzamt eingerichtet. An ihrer Stelle erbaute 1898 bis 1901 der Architekt Emil von Förster den neubarocken Prachtbau des heutigen "Dorotheums". Beim Abbruch der alten Gebäude kamen viele alte Steinfragmente zum Vorschein. Sie sind heute im Seitenhof des Versatz- und Versteigerungsamtes eingemauert. Sonst erinnert an Ort und Stelle nichts mehr an das einst so bedeutende Stift St. Dorothea.
Konföderationen
Bedeutend intensiver als die auf der Zugehörigkeit zum Raudnitzer Reformkreis beruhenden Beziehungen zu anderen Klöstern waren die äußeren Kontakte durch die Gebetsverbrüderungen (Konföderationen), die St. Dorothea von Anfang an mit vielen anderen Klöstern schloss. Es waren dies in der Reihenfolge der Konföderationsurkunden: Wittingau (1416), St. Andrä an der Traisen (1416), Kartause Aggsbach (1418), Kartause Gaming (1418), Neunkirchen am Brand (Diözese Bamberg, 1419), Schottenstift Wien (1419), Dürnstein (1420), Melk (1420), Indersdorf (Diözese Freising, 1420), Kartause Mauerbach (1425), Mariazell im Wienerwald (1431), Herzogenburg (1435), Klosterneuburg (1436), St. Florian (1436), Kazimierz (Diözese Krakau, 1438), Rohr (Diözese Regensburg, 1439), Tegernsee (1448), Glatz in Schlesien (1456), Gran de Chartreuse (Diözese Grenoble, 1456), Generalkapitel von Windesheim (1458), Reichersberg (1466), St. Michael an der Etsch (1466), St. Ulrich in Wiener Neustadt (1470), Rottenmann (1495), Olmütz (1502), Pöllau (1520), Chorfrauenstift St. Laurenz in Wien (1607), Geras (1731), Heiligenkreuz (1738), Cluny (1738), Formbach (1738), Seckau (1738), Raitenhaslach (1739), Stainz (1739), Waldhausen (1739), Seitenstetten (1739), Säusenstein (1742), Altenburg (1746), Chorfrauenstift St. Joseph in Eisenstadt (1754).
- ↑ Der Hofmeister schrieb: Bei diesem unserem Unglück ist noch ein Trost, dass wir in dem jetzigen h. Prälaten von Klosterneuburg einen discreten und vernünftigen Oberen haben.