Sacra.Wiki Liste der Pfarren des Stiftes Reichersberg

Liste der Pfarren des Stiftes Reichersberg

Aus Sacra.Wiki



Die Annalen berichten, dass der Stifter Werner für seine Gründung auch das Pfarrecht erwarb – unter Entschädigung der Pfarre Münsteuer (simul cum iure parochiali totaque decimatione ipsius fundi et viculorum adtacentum!. quam videlicet ipse redemerat eidem loco ab ecclesia babenbergensi de ecclesia plebali in Munstuore in vicino.). In den Quellen finden sich aber kaum Hinweise auf die Pfarre Reichersberg. Wahrscheinlich handelte es sich nur um eine Personalpfarre für die Bewohner und die Bediensteten des Stiftes. Jedenfalls war das Pfarrgebiet bis 1788 sehr klein und zählte kaum 400 Seelen. Infolge der josephinischen Pfarregulierung erfuhr sie dann aus Teilen der Pfarre Münsteuer eine Vergrößerung.

Die Pfarre Münsteuer übergab der Bischof von Passau 1156 unter der Bedingung, dass der Propst dem Bischof für die Seelsorge verantwortlich sein sollte. Als erster namentlich genannter Chorherr scheint der spätere Propst Philipp um 1170 als Vikar von Münsteuer auf. Aus dem Pfarrgebiet Münsteuer löste sich um 1300 Ort als eigenes Vikariat heraus. Eine Filiale von Ort, Lambrechten, wurde 1783 selbständige Pfarre.

Aus wirtschaftlichen Erwägungen übergab der Bischof von Passau 1334 dem Stift die Pfarre Taiskirchen, die jedoch schon 1467 wieder entzogen wurde. Rund 200 Jahre lang, 1558 bis 1757, versahen Reichersberger Chorherren auch die Seelsorge in der zur Pfarre Obernberg gehörigen Filiale Mörschwang. Jedenfalls waren die Möglichkeiten zur Seelsorge im näheren Bereich des Stiftes beschränkt. Wenn man von der unbedeutenden Stiftspfarre absieht, hatten die Chorherren die Seelsorge nur in den beiden Pfarren Münsteuer und Ort inne, auch wenn gelegentlich Chorherren in anderen umliegenden Pfarren als Vikare genannt werden.

Eine weitere Seelsorgeaufgabe erschloss sich den Reichersberger Chorherren in der sogenannten Waldmark an der damaligen ungarischen Grenze. Im Jahr 1144 verlieh Erzbischof Konrad I. von Salzburg dem Stift, wohl um die ungenügenden Einkünfte aufzubessern, den Zehent in den Pfarren Pitten und Bromberg, wobei das Drittel des dem Pfarrer zustehenden Zehents ausdrücklich ausgeschlossen war. Die Chorherren errichteten in Pitten eine Niederlassung mit einer eigenen Kapelle, die 1149 von Erzbischof Eberhard die Weihe erhielt. An der Pfarre selbst waren noch Weltpriester angestellt. Die Kapelle war zwar von der Pfarre exemt, doch durfte das Pfarrvolk nur an gewissen Tagen dort den Gottesdienst besuchen und die Predigt hören (Notum sit ... quod ego ... in pede montis Putinensis consecravi capellam propter usus fratrum). Eigentliche Pfarrseelsorge übten die Chorherren um diese Zeit also nicht aus. Das änderte sich gut zehn Jahre später, als Erzbischof Eberhard den Chorherren gestattete, die Pfarrseelsorge in Bromberg zu übernehmen (Unde concessionem in Brambergensi ecclesia vobis verbo nostro factam scripto quoque nostro firmatam decernimus vobis vestrisque successoribus inviolabilem permanere, ut videlicet unus de vestris curam plebis administret, salva in omnibus iustitia nostra nostrorum successorum. AR 14). Vorerst mussten die jeweiligen Pfarrer vom Erzbischof oder seinem Archidiakon auf die Pfarre investiert werden, im Jahr 1233 erließ Erzbischof Eberhard II. dem Stift jedoch die Präsentationspflicht, die Pfarre Bromberg (und gleichzeitig auch Edlitz) wurde vollrechtlich inkorporiert. Der erste namentlich bekannte Pfarrer von Bromberg ist Aribo, der die Seelsorge von 1182 bis 1194 ausübte und dann zum Propst des Stiftes gewählt wurde. Die Reihe der Pfarrer lässt sich für die Nachfolger Aribos erst ab 1220 – danach aber lückenlos – erstellen; sie waren immer Chorherren. Aus einer Urkunde des Jahres 1203 wissen wir, dass dort außer den Laienbrüdern wenigstens drei Chorherren residieren mussten. Die Filialkirche Edlitz erhielt schon 1192 pfarrliche Rechte, da die Betreuung von Bromberg aus sehr beschwerlich war (quoniam ipsa ecclesia teminis ampliata sic excrevit, ut duos necessario habere pastores oporteat, volumus et statuimus unam plebesmalem ecclesiam esse Edelz, alteram Bramberge, quibus idoneos plebanos prepositus ... ordinare potestatem habea(n)t.).

Weitere Abtrennungen von Bromberg seien hier nur kurz dargestellt: Hochwolkersdorf 1203, Kirchschlag um 1250, Lichtenegg um 1250, Hollenthon um 1300, Wiesmath um 1300 und Schwarzenbach im 14. Jahrhundert. Von Edlitz lösten sich Aspang um 1210, Mönichkirchen um 1210, Krumbach um 1250, woraus sich wieder die Vikariate Schönau und Hochneukirchen entwickelten, ferner Zöbern um 1250 mit Schäffern um 1300. Am 20. März 1448 verlieh Erzbischof Friedrich IV. von Salzburg das Präsentationsrecht auf die Pfarre Pitten. Nach der Resignation des dortigen Pfarrers präsentierte Propst Paul Tellenpeck den bisherigen Pfarrer von Edlitz Erasmus Zachreis als ersten Reichersberger Chorherren auf die Pfarre Pitten. Die volle Inkorporation von Pitten erfolgte 1456 durch Erzbischof Siegismund. Gewöhnlich waren nur die drei großen Pfarren Bromberg, Edlitz und Pitten mit Chorherren besetzt. In der josephinischen Zeit kamen noch die ehemaligen Filialen Hollenthon, Thernberg, Scheiblingkirchen und Walpersbach dazu. Sie sind dem Stift inkorporiert. Die im Pfarrgebiet von Pitten gelegene Industriesiedlung Erlach war seit 1943 eine Pfarrexpositur und wurde ebenfalls von einem Chorherrn betreut. Nachdem die rechtliche Situation lange ungeklärt geblieben war, wurde die bisherige Expositur mit 1. Jänner 1991 von Kardinal Groer zur selbständigen Pfarre erhoben und erhielt wenig später mit einem Weltpriester einen eigenen Pfarrer. Die niederösterreichischen Pfarren schlossen sich 1955 zu einem Priorat zusammen. Der jeweils auf drei Jahre gewählte Prior ist praktisch der Verbindungsmann zwischen Propst und den Pfarrseelsorgern. Ein eigenes Prioratsstatut regelt die Kompetenzen. Die bis dahin mit Weltpriestern besetzten sogenannten Patronatspfarreien übernahm die Erzdiözese Wien im Jahr 1977 (mit Ausnahme von Schäffern, das im Bereich der Diözese Graz-Seckau liegt, deren Ordinariat den Patronatsverzicht des Stiftes nicht annahm. Erst mit Datum vom 10. Oktober 1991 erklärte Bischof Johann Weber das Patronatsrecht des Stiftes Reichersberg über Schäffern für erloschen).

Dem Stift sind zur Zeit elf Pfarren inkorporiert: In Oberösterreich Reichersberg, Münsteuer, Ort und Lambrechten; in Niederösterreich (Erzdiözese Wien) Bromberg, Edlitz, Pitten, Hollenthon, Thernberg, Scheiblingkirchen und Walpersbach.

Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von Sacra.Wiki. Durch die Nutzung von Sacra.Wiki erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern.