Stift Schrattenthal
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Frühere Bezeichnungen | Schratental (1220), Srettentall (1290), Schretental (1340), Schraettental (1441), Schratntal (1501), Schrattenthal (1652), Schrättentaal (1672) |
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Benannt nach | slaw. "Creta" (Sumpfwiese, Au) und dt. "Tal"; volkstümliche Deutung des Namens als Tal der Schreteln oder Schratteln (Irrlichter, Sumpfgeister, Kobolde) |
Patrozinium | hl. Augustinus (ab 1784), hl. Dreifaltigkeit (bis ca. 1850), hl. Berhardin von Siena (1450-?; ab 1980 erneut) |
Geschichtlicher Überblick
Vorgeschichte
Ulrich von Eitzing, aus einem bairischen Rittergeschlecht stammend (der Ort Eitzing liegt nahe bei Ried im oberösterreichischen Innviertel), erwarb 1434 die von den Hussiten zerstörte Burg und das Dorf Schrattenthal, die er 1448 zu freiem Eigen erhielt. In der Folge ließ Ulrich - neben dem Wiederaufbau und Ausbau der Wehranlagen zu einer Wasserburg - die ebenfalls 1425 zerstörte Marienkapelle wiedererrichten. [1]
Die Größe der Kirche lässt sich aufgrund eines Berichtes des Dechants vom 27. Februar 1688 bestimmen. [2] Seine Angaben stimmen mit den erhaltenen Grundmauerresten annähernd überein; die Marienkirche hatte eine Außenabmessung von rund 19,5 m Länge und 14 m Breite. [3] Mit der Errichtung der Pfarrkirche 1450 wurde der Bau eines großen Kirchengebäudes abgeschlossen. Beide Gotteshäuser standen parallel, die Pfarrkirche war um ein Chorjoch länger als die Kapelle. Die Schiffe beider Häuser waren in ihrer gesamten Länge durch vier hohe Spitzbögen miteinander verbunden, bildeten also einen mächtigen, zweischiffigen Kirchenraum mit zwei Chören. Die Entstehungszeit zwischen 1434 und ca. 1450 sowie die Bauweise legen den Schluss nahe, dass bereits eine Doppelkirche geplant war. Es erscheint unwahrscheinlich, dass derartig hohe Verbindungsbögen mit profiliertem Maßwerk nachträglich eingebaut wurden. Beide Kirchenschiffe dürften mit ihren Westmauern in gleicher Linie abgeschlossen haben. (Diese Annahme konnte durch eine spätere Grabung bestätigt werden.)
Mit allen Mitteln und in der ungehemmten Ausübung seiner Funktionen (als Burghauptmann, Hubmeister, Anführer der Stände und Geldgeber Kaiser Friedrichs III.) verfolgte der Eitzinger sein Ziel, nicht nur der mächtigste Mann im Land unter der Enns, sondern auch dessen Herr zu werden. Ebenso großzügig wurde von ihm der Ort Schrattenthal ausgebaut und befestigt. Nach seinem Tod (1460) erreichte sein Bruder Stephan schließlich 1472 die Verleihung des Stadtrechtes für den erklärten Herrschaftsmittelpunkt der Eitzinger.
Mit allen Mitteln und in der ungehemmt en Ausübung seiner Funktionen (als Burghauptm ann, Hubmeister, Anfülu·er der Stände und Geldgeber Kaiser Friedrichs III.)verfolgte der Eitzinger sein Ziel, nicht nur der mächtigste Mann im Land unt er der Enns, sondern auch dessen Herr zu werden. Ebenso großzügig wurd e von ihm der Ort Schrattenthal ausge baut und befestig t. Nach seinem Tod (1460) erreichte sein Brud er Stephan schließlich 1472 die Verleihun g des Stadtrechtes für den erklärt en Herrschaftsmittelpunkt der Eitzinger.
Gründung
Das Geschlecht der Freiherren (seit 1439) von Eitzing wußte sich auch in kirchlichen Belangen das schrittwei sen Loslösung aus der Schottenpfarre Pulkau gründete Stephan gemei nsam mit seinen Söhnen Martin und Georg und seinem Bruder Oswald (auf Drosendorf) am 13.10.1476 bei der Kapelle Unser Lieben Frau ein Stift der regulierten Augustiner-Chorherren. Der bisherige Pfarrer Peter Achter resignierte auf die Pfarre. Eine Bestätigung der Stiftung durch den päp stlichen Legaten Alexander Bischof von Forll erfolgte 1479. Kurze Blütezeit Zur Zeit der Gründung umfaßt e der Konve nt mit dem Propst sechs Kanoniker, die aus den Augustinerstiften Dürnstein (3), St. Doroth ea in Wien (2) und St. Andrä an der Traisen kamen. Mit der Übernahme der Seelsorge in den Pfarren Schratte nthal undJoslowitz stieg die Zahl der Chorherren auf dreizehn. Die Klostergründung steht im Zusammenhang der sog. Raudnitzer Reform. Diese religiöse Erneuerungsbewegung begünstigte die Errichtung zahlreicher kleiner Stifte im böhmisch-süddeutschen Raum als Heimstätten strengen Ordensgeiste s und großer Gelehrsamkeit von bedeutendem Einfluß. Mit Bezug darauf ist auch eine weitere Bereicherung religiösen Lebens zu verstehen: Stephans Sohn Martin II. führt 1494 die Bruderschaft zu Ehren der Sieben Schmerzen Marien s ein und übergibt sie mit Stiftungsurkunde vom 22. 11. 1506 in die Obhut der Aug ustiner-Chor herr en. Gleichzeitig stattet er sie mit Einkünften und Gütern in einer Reihe von Orten im Wein- und Waldviertel aus, darunter das Dorf Ragelsdorf und zwei Baustellen in Schrattenthal. Im Stiftsbrief werden auch genaue Anord nun gen für den kirchlichen Dienst erlassen; die seit 1452 bestehende Pfarrschule wird erweitert und hat für Gottesdienste und besondere Anlässe (wie Osterspiele) sechs Chorknaben auszubilden. Als Stiftungskurator wird die Universität Wien eingesetzt. 1511 stiftet Martin zusä tzlich eine jährliche Rente von 100 Gulden. Anläßlich der Gründung der Bruder schaft hatte Martin von Eitzing eine Darstellung der Sieben Schmerzen Mariens aus Holland, dem Entstehungsland dieser frommen Verbindu ng, nach Schrattenthal gebracht. Das beidseitig mit der gleichen Darstellung versehene Andachtsbild war in einem der vier Verbindungsbögen zwisc hen beiden Kirchen angebracht bzw. aufgehängt, und trug so nachhalti g zur Bede utun g der Stadt als Wallfahrtsort bei (Taf. 72). In der Marienkirche selbst stand vermutlich seit dieser Zeit eine spä tgotische Statue der Maria mit dem Kind (Abb. 61). In der Mitte der Kapelle stehet der Altar mit dem Bildnuss Unser Frau, heißt es in dem genannten Bericht von 1688. Gegenstand der Verehrung waren somit während drei er Jahrhunderte zwei bedeut ende Darstellungen der Gottesmutter. Diese Blüte des religiösen Lebens mit ihrem besonderen Akzent der Verehrung der Sieben Schmerzen fand auch darin ihren Ausd ruck, daß in Schrattenthal das älteste in Österreich außerhalb Wiens gedruckte Buch entstand. Das Andachtsbuch von den Sieben Schmerzen Mariens, verfaßt von dem Dominikaner Michael Franciscus de Furno ab Insu lis, wurde am 20. März 1501 in einer im Stift eingerichteten Offizin (Buchdruckerei) vermutlic h von einem wandernden Buchdrucker herge stellt, angesichts des regen Wallfahrtsbetriebes wahrscheinlich in größerer Auflage. Heute sind sechs erhaltene Exemplare bekannt .
Rascher Niedergang
Nachdem um 1521 Propst Myllius noch einen Neudruck des Andachtsbuches herausgegeben hatte, brachte das Eindringen der luth erisd1en Lehre in diesem Jahr zehnt einen plötzlichen Einbruch des (katho lischen) kirchlichen Lebens mit sich. In Schrattenthal trug dazu besonder s die Hinrichtung des Freiherrn Michael von Eitzing, des Bru ders und Nachfo lgers Martins, bei. (Nach dem Regierung santritt Kaiser Ferdinands I. waren die Anführer der Stände, darunter Michael, in eine Falle gelockt und auf dem Hauptplatz von Wiener Neustadt 1522 enthauptet worden.) In der nun folgenden unruhigen Zeit verließen die Chorherren das Stift oder wurden darau s vertrieben. Unter dem vermutlich letzten, namentlich nicht bekannten Prop st lebten imm erhin noch sieben Chorherren im Stift, aber bereit s 1527 scheint Ulrich IV. das Kirchenvermö gen frei verwendet zu haben. Jedenfa lls wird 1534 bereits wieder mit Kaspar Greyl ein Weltpfarrer für Schrattenthal genannt. Obwohl die Eitzinger damal s erst zum Teil der neuen Lehre anhingen, war der Einfluß der Reformation schon spürbar . In einem Visitationsbericht von 1544 wird vermerkt: Diese Kapelle und Stift ist zu einer Kirchfahrt erhebt worden dann jährlich eine große Anzahl Volk zu Unser Frauen Tagen gekommen ist, aber jetzt allein am Tag der Kirchweih.
Spätere Entwicklung
Die Niede rlage der Prot estanten und das gleichzeitige Aussterben (1620) der Eitzinger bedeuteten das Ende der evangelisc hen Pfarre und Schule in Schra ttenthal. Eine Erneuerung der Propste ipfarre verhind erte aber 1621 ein Brand von Kirche und Pfarrhof; die Betreuung des Ortes erfolgte seitdem durch die Pfarr er von Obermarkersdorf, die den Kirchenschat z (Kirchengeräte und Parame nte) veräußer ten und sich zum Teil sogar als Pröp ste bezeichneten. Im Zug der Gegenreformation und des Barock kam es zu einem neuerlichen Auflebe n der Wallfahrt. Einen Hin weis liefert wied erum der Bericht aus 1688 über den damal s desolaten Zustand der Kirche : ... dabei vor wenig Jahren nicht eine geringe Andacht der Benachbarten gewesen, auch die von Znaim wann sie mit der Procession nach Mariazell gehen noch allda zu theils ihre Andacht verrichten, neben einem Hochund Voraltar sind beiderseits sechs Altäre, jedoch ganz verwüstet, ... Die Fenster sind gänzlich ruiniert, daß der Wind und Schnee allerorten einschlagt. Das Dach ist baufällig, das Gewölb und Gemäuer also zerspalten, ... Die Kirche ist dann vom Herrschaftsbesitzer, Baron Putz von Adlersthurm, renoviert worden. Seit 1650 entwick elte sich ein Streit um die Neube setzung bzw. die Güter der Propstei, deren Herau sgabe die Grafen Strozzi als Besitzer der Herrschaft verwe igerten. Die Chorherrenstifte St. Andrä und St. Dorothea sowie das Bistum Passau beanspruchten die Propstei, wogegen die Wiener Jesuiten als Kuratoren Einspruch erhoben. Schließlich wurd e 1669 St. Andrä das Recht zugesprochen, die Prop steigüter zu kaufen . 1690 wurde die Propstei dur ch Kaiser Leopold 1. dem Wiener Jesuitenko lleg inkorp oriert. Bis 1715 war Schra ttenthal Titularsitz eines im niederös terr eichischen Landtag stimmb erechti gten Prop stes. Schließlich erwarb 1716 die Herrschaft Schrattenthal das frühere Stiftsgebäude um 150 Guld en. Mit diesem Jahr hörte das Stift Schratt enthal auch de iure zu bestehen auf. Im 18. Jahrhund ert kann w1s die Retzer Gottesdien stord nun g aus den Jahren 1720 bis 1746 als Beleg für das weitere Bestehen der Wallfahrt diene n. Für den Pfingstmontag ist dort eine Prozession nach Schrattenthal festgesetzt. Vom 16. bis zum 24. August wird alljährlich eine Wallfahrt (Prozession ex voto) nach Mariazell durchgeführt, als deren erste Station Schrattenthal vorgesehen ist. (Als späte augustinische Spur in Schrattenthal soll der Augustiner-Chorherr Dr . Theobald Johann Fritz Can . Reg., 1777-1848, Erwähnung finden. Im Schloß als Sohn des Verwalters geboren hatte er das Gymnasium in Znaim besucht und war dann in das Chorherrenstift Klosterneuburg eingetreten; er war Professor für Ethik und Moral an der Universi tät Wien sowie mehrmals Dekan der theologisch en Faku ltät.) Eine besondere Variante des Rosenkranzgebets, der „Sieben-Schmerzen-Rosenkranz", der seinen Ursprung in der oben angeführten Bruder schaft und Verehrung der Sieben Schmerzen Mariens hat, wird auch heute wieder am Schmerzhaften Freitag vor dem Palmsonntag gebete t.
- ↑ Im Stiftsbrief von 1476 heißt es: "unser lieben Frawen Capelln zu Schretental die weiland der Edel her her Ulrich von Eitzing, unser lieber brueder und vetter dem Gott genad, von seinem aigen guet von Newen aufpawt hat."
- ↑ "Die Kapellen ist inwendig von einer Mauer zu der andern 9 Klafter 12 Zoll lang, 5 Klafter 33 Zoll breit."
- ↑ Bereits am 21. Juli 1438 gab Papst Eugen IV. (als Dank für die Unterstützung durch Ulrich Eitzing beim Basler Konzil) "der Kapelle Unserer Lieben Frau zu Schrattenthal einen Ablass auf ewige Zeiten von einem Jahr und vierzig Tagen, welchen alle jene erhalten sollen, die am Mariae Verkündigungstage, mit gehöriger Vorbereitung durch Beicht und Communion sie andächtig besuchen und zu ihrer Erhaltung beisteuern würden."