Sacra.Wiki Stift Schrattenthal: Unterschied zwischen den Versionen

Stift Schrattenthal: Unterschied zwischen den Versionen

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Ulrich von Eitzing, aus einem bairischen Rittergeschlecht stammend (der Ort Eitzing liegt nahe bei Ried im oberösterreichischen Innviertel), erwarb 1434 die von den Hussiten zerstörte Burg und das Dorf Schrattenthal, die er 1448 zu freiem Eigen erhielt. In der Folge ließ Ulrich - neben dem Wiederaufbau und Ausbau der Wehranlagen zu einer Wasserburg - die ebenfalls 1425 zerstörte Marienkapelle wiedererrichten.<ref>Im Stiftsbrief von 1476 heißt es: "unser lieben Frawen Capelln zu Schretental die weiland der Edel her her Ulrich von Eitzing, unser lieber brueder und vetter dem Gott genad, von seinem aigen guet von Newen aufpawt hat."</ref>  
Ulrich von Eitzing, aus einem bairischen Rittergeschlecht stammend (der Ort Eitzing liegt nahe bei Ried im oberösterreichischen Innviertel), erwarb 1434 die von den Hussiten zerstörte Burg und das Dorf Schrattenthal, die er 1448 zu freiem Eigen erhielt. In der Folge ließ Ulrich - neben dem Wiederaufbau und Ausbau der Wehranlagen zu einer Wasserburg - die ebenfalls 1425 zerstörte Marienkapelle wiedererrichten.<ref>Im Stiftsbrief von 1476 heißt es: "unser lieben Frawen Capelln zu Schretental die weiland der Edel her her Ulrich von Eitzing, unser lieber brueder und vetter dem Gott genad, von seinem aigen guet von Newen aufpawt hat."</ref>  


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Die Größe der Kirche lässt sich aufgrund eines Berichtes des Dechants vom 27. Februar 1688 bestimmen.<ref>"Die Kapellen ist inwendig von einer Mauer zu der andern 9 Klafter 12 Zoll lang, 5 Klafter 33 Zoll breit."</ref> Seine Angaben stimmen mit den erhaltenen Grundmauerresten annähernd überein; die Marienkirche hatte eine Außenabmessung von rund 19,5 m Länge und 14 m Breite.<ref>Bereits am 21. Juli 1438 gab Papst Eugen IV. (als Dank für die Unterstützung durch Ulrich Eitzing beim Basler Konzil) "der Kapelle Unserer Lieben Frau zu Schrattenthal einen Ablass auf ewige Zeiten von einem Jahr und vierzig Tagen, welchen alle jene erhalten sollen, die am Mariae Verkündigungstage, mit gehöriger Vorbereitung durch Beicht und Communion sie andächtig besuchen und zu ihrer Erhaltung beisteuern würden."</ref> Mit der Errichtung der Pfarrkirche 1450 wurde der Bau eines großen Kirchengebäudes abgeschlossen. Beide Gotteshäuser standen parallel, die Pfarrkirche war um ein Chorjoch länger als die Kapelle. Die Schiffe beider Häuser waren in ihrer gesamten Länge durch vier hohe Spitzbögen miteinander verbunden, bildeten also einen mächtigen, zweischiffigen Kirchenraum mit zwei Chören. Die Entstehungszeit zwischen 1434 und ca. 1450 sowie die Bauweise legen den Schluss nahe, dass bereits eine Doppelkirche geplant war. Es erscheint unwahrscheinlich, dass derartig hohe Verbindungsbögen mit profiliertem Maßwerk nachträglich eingebaut wurden. Beide Kirchenschiffe dürften mit ihren Westmauern in gleicher Linie abgeschlossen haben. (Diese Annahme konnte durch eine spätere Grabung bestätigt werden.)  
Die Größe der Kirche lässt sich aufgrund eines Berichtes des Dechants vom 27. Februar 1688 bestimmen.<ref>"Die Kapellen ist inwendig von einer Mauer zu der andern 9 Klafter 12 Zoll lang, 5 Klafter 33 Zoll breit."</ref> Seine Angaben stimmen mit den erhaltenen Grundmauerresten annähernd überein; die Marienkirche hatte eine Außenabmessung von rund 19,5 m Länge und 14 m Breite.<ref>Bereits am 21. Juli 1438 gab Papst Eugen IV. (als Dank für die Unterstützung durch Ulrich Eitzing beim Basler Konzil) "der Kapelle Unserer Lieben Frau zu Schrattenthal einen Ablass auf ewige Zeiten von einem Jahr und vierzig Tagen, welchen alle jene erhalten sollen, die am Mariae Verkündigungstage, mit gehöriger Vorbereitung durch Beicht und Communion sie andächtig besuchen und zu ihrer Erhaltung beisteuern würden."</ref> Mit der Errichtung der Pfarrkirche 1450 wurde der Bau eines großen Kirchengebäudes abgeschlossen. Beide Gotteshäuser standen parallel, die Pfarrkirche war um ein Chorjoch länger als die Kapelle. Die Schiffe beider Häuser waren in ihrer gesamten Länge durch vier hohe Spitzbögen miteinander verbunden, bildeten also einen mächtigen, zweischiffigen Kirchenraum mit zwei Chören. Die Entstehungszeit zwischen 1434 und ca. 1450 sowie die Bauweise legen den Schluss nahe, dass bereits eine Doppelkirche geplant war. Es erscheint unwahrscheinlich, dass derartig hohe Verbindungsbögen mit profiliertem Maßwerk nachträglich eingebaut wurden. Beide Kirchenschiffe dürften mit ihren Westmauern in gleicher Linie abgeschlossen haben. (Diese Annahme konnte durch eine spätere Grabung bestätigt werden.)  
   
   

Version vom 16. September 2022, 14:51 Uhr



Politische und kirchliche Topographie

Schrattenthal ist eine Katastralgemeinde der Stadtgemeinde (seit 1472) Schrattenthal im Gerichtsbezirk Retz, Verwaltungsbezirk Hollabrunn, Land Niederösterreich. Die Pfarre (seit 1452) Schrattenthal im Pfarrverband Zellerndorf gehört zum Dekanat Retz, Vikariat Weinviertel der Erzdiözese Wien. Die Eitzinger erwarben Schrattenthal 1434 als Maidburg-Hardegg'sches Lehen, 1448 überließen die Grafen von Hardegg Schrattenthal den Eitzingern unter der Bedingung, sich vom Landesfürsten belehnen zu lassen. 1550 wurde das Lehensband aufgehoben und die Herrschaft allodisiert. Schrattenthal gehörte als Besitz der Hardegger zum Landgericht Pulkau-Retz und wurde 1472 eigenes Landgericht. Als zur Mutterpfarre Pulkau (seit 1135 dem Schottenstift in Wien inkorporiert) eingepfarrter Ort und ab 1452 als selbständige Pfarre lag Schrattenthal bis 1784 im Gebiet der Diözese Passau.

Geschichtlicher Überblick

Vorgeschichte

Ulrich von Eitzing, aus einem bairischen Rittergeschlecht stammend (der Ort Eitzing liegt nahe bei Ried im oberösterreichischen Innviertel), erwarb 1434 die von den Hussiten zerstörte Burg und das Dorf Schrattenthal, die er 1448 zu freiem Eigen erhielt. In der Folge ließ Ulrich - neben dem Wiederaufbau und Ausbau der Wehranlagen zu einer Wasserburg - die ebenfalls 1425 zerstörte Marienkapelle wiedererrichten.[1]

Wappen des Stiftes Schrattenthal.jpg Die Größe der Kirche lässt sich aufgrund eines Berichtes des Dechants vom 27. Februar 1688 bestimmen.[2] Seine Angaben stimmen mit den erhaltenen Grundmauerresten annähernd überein; die Marienkirche hatte eine Außenabmessung von rund 19,5 m Länge und 14 m Breite.[3] Mit der Errichtung der Pfarrkirche 1450 wurde der Bau eines großen Kirchengebäudes abgeschlossen. Beide Gotteshäuser standen parallel, die Pfarrkirche war um ein Chorjoch länger als die Kapelle. Die Schiffe beider Häuser waren in ihrer gesamten Länge durch vier hohe Spitzbögen miteinander verbunden, bildeten also einen mächtigen, zweischiffigen Kirchenraum mit zwei Chören. Die Entstehungszeit zwischen 1434 und ca. 1450 sowie die Bauweise legen den Schluss nahe, dass bereits eine Doppelkirche geplant war. Es erscheint unwahrscheinlich, dass derartig hohe Verbindungsbögen mit profiliertem Maßwerk nachträglich eingebaut wurden. Beide Kirchenschiffe dürften mit ihren Westmauern in gleicher Linie abgeschlossen haben. (Diese Annahme konnte durch eine spätere Grabung bestätigt werden.)

Mit allen Mitteln und in der ungehemmten Ausübung seiner Funktionen (als Burghauptmann, Hubmeister, Anführer der Stände und Geldgeber Kaiser Friedrichs III.) verfolgte der Eitzinger sein Ziel, nicht nur der mächtigste Mann im Land unter der Enns, sondern auch dessen Herr zu werden. Ebenso großzügig wurde von ihm der Ort Schrattenthal ausgebaut und befestigt. Nach seinem Tod (1460) erreichte sein Bruder Stephan schließlich 1472 die Verleihung des Stadtrechtes für den erklärten Herrschaftsmittelpunkt der Eitzinger.

Gründung

Die 1439 vom römisch-deutschen König Albrecht II. in den Herrenstand erhobenen Eitzinger wussten sich auch in kirchlichen Belangen das schrittweisen Loslösung aus der Schottenpfarre Pulkau. So gründete Stephan gemeinsam mit seinen Söhnen Martin und Georg sowie seinem Bruder Oswald (auf Drosendorf) am 13. Oktober 1476 bei der Kapelle Unser Lieben Frau ein Stift der regulierten Augustiner-Chorherren. Der bisherige Pfarrer Peter Achter resignierte auf die Pfarre. Eine Bestätigung der Stiftung durch den päpstlichen Legaten Alexander Bischof von Forli erfolgte 1479.

Kurze Blütezeit

Zur Zeit der Gründung umfasste der Konvent mit dem Propst sechs Kanoniker, die aus den Augustinerstiften Dürnstein (3), St. Dorothea in Wien (2) und St. Andrä an der Traisen kamen. Mit der Übernahme der Seelsorge in den Pfarren Schrattenthal und Joslowitz stieg die Zahl der Chorherren auf dreizehn.

Die Klostergründung steht im Zusammenhang der sog. "Raudnitzer Reform". Diese religiöse Erneuerungsbewegung begünstigte die Errichtung zahlreicher kleiner Stifte im böhmisch-süddeutschen Raum als Heimstätten strengen Ordensgeistes und großer Gelehrsamkeit von bedeutendem Einfluss. Mit Bezug darauf ist auch eine weitere Bereicherung religiösen Lebens zu verstehen: Stephans Sohn Martin II. führt 1494 die Bruderschaft zu Ehren der Sieben Schmerzen Mariens ein und übergibt sie mit Stiftungsurkunde vom 22. 11. 1506 in die Obhut der Augustiner-Chorherren. Gleichzeitig stattet er sie mit Einkünften und Gütern in einer Reihe von Orten im Wein- und Waldviertel aus, darunter das Dorf Ragelsdorf und zwei Baustellen in Schrattenthal.

Im Stiftsbrief werden auch genaue Anordnungen für den kirchlichen Dienst erlassen; die seit 1452 bestehende Pfarrschule wird erweitert und hat für Gottesdienste und besondere Anlässe (wie Osterspiele) sechs Chorknaben auszubilden. Als Stiftungskurator wird die Universität Wien eingesetzt. 1511 stiftet Martin zusätzlich eine jährliche Rente von 100 Gulden. Anlässlich der Gründung der Bruderschaft hatte Martin von Eitzing eine Darstellung der Sieben Schmerzen Mariens aus Holland, dem Entstehungsland dieser frommen Verbindung, nach Schrattenthal gebracht. Das beidseitig mit der gleichen Darstellung versehene Andachtsbild war in einem der vier Verbindungsbögen zwischen beiden Kirchen angebracht bzw. aufgehängt, und trug so nachhaltig zur Bedeutung der Stadt als Wallfahrtsort bei.

In der Marienkirche selbst stand vermutlich seit dieser Zeit eine spätgotische Statue der Maria mit dem Kind. "In der Mitte der Kapelle stehet der Altar mit dem Bildnuss Unser Frau", heißt es in dem genannten Bericht von 1688. Gegenstand der Verehrung waren somit während dreier Jahrhunderte zwei bedeutende Darstellungen der Gottesmutter. Diese Blüte des religiösen Lebens mit ihrem besonderen Akzent der Verehrung der Sieben Schmerzen fand auch darin ihren Ausdruck, dass in Schrattenthal das älteste in Österreich außerhalb Wiens gedruckte Buch entstand. Das Andachtsbuch von den Sieben Schmerzen Mariens, verfasst von dem Dominikaner Michael Franciscus de Furno ab Insulis, wurde am 20. März 1501 in einer im Stift eingerichteten Offizin (Buchdruckerei) vermutlich von einem wandernden Buchdrucker hergestellt, angesichts des regen Wallfahrtsbetriebes wahrscheinlich in größerer Auflage. Heute sind sechs erhaltene Exemplare bekannt.

Rascher Niedergang

Nachdem um 1521 Propst Myllius noch einen Neudruck des Andachtsbuches herausgegeben hatte, brachte das Eindringen der lutherischen Lehre in diesem Jahrzehnt einen plötzlichen Einbruch des (katholischen) kirchlichen Lebens mit sich. In Schrattenthal trug dazu besonders die Hinrichtung des Freiherrn Michael von Eitzing, des Bruders und Nachfolgers Martins, bei.[4] In der nun folgenden unruhigen Zeit verließen die Chorherren das Stift oder wurden daraus vertrieben. Unter dem vermutlich letzten, namentlich nicht bekannten Propst lebten immerhin noch sieben Chorherren im Stift, aber bereits 1527 scheint Ulrich IV. das Kirchenvermögen frei verwendet zu haben. Jedenfalls wird 1534 bereits wieder mit Kaspar Greyl ein Weltpfarrer für Schrattenthal genannt. Obwohl die Eitzinger damals erst zum Teil der neuen Lehre anhingen, war der Einfluss der Reformation schon spürbar. In einem Visitationsbericht von 1544 wird vermerkt: "Diese Kapelle und Stift ist zu einer Kirchfahrt erhebt worden dann jährlich eine große Anzahl Volk zu Unser Frauen Tagen gekommen ist, aber jetzt allein am Tag der Kirchweih."

Spätere Entwicklung

Die Niederlage der Protestanten und das gleichzeitige Aussterben (1620) der Eitzinger bedeuteten das Ende der evangelischen Pfarre und Schule in Schrattenthal. Eine Erneuerung der Propsteipfarre verhinderte aber 1621 ein Brand von Kirche und Pfarrhof; die Betreuung des Ortes erfolgte seitdem durch die Pfarrer von Obermarkersdorf, die den Kirchenschatz (Kirchengeräte und Paramente) veräußerten und sich zum Teil sogar als Pröpste bezeichneten. Im Zug der Gegenreformation und des Barock kam es zu einem neuerlichen Aufleben der Wallfahrt. Einen Hinweis liefert wiederum der Bericht aus 1688 über den damals desolaten Zustand der Kirche.[5]

Seit 1650 entwickelte sich ein Streit um die Neubesetzung bzw. die Güter der Propstei, deren Herausgabe die Grafen Strozzi als Besitzer der Herrschaft verweigerten. Die Chorherrenstifte St. Andrä und St. Dorothea sowie das Bistum Passau beanspruchten die Propstei, wogegen die Wiener Jesuiten als Kuratoren Einspruch erhoben. Schließlich wurde 1669 St. Andrä das Recht zugesprochen, die Propsteigüter zu kaufen. 1690 wurde die Propstei durch Kaiser Leopold I. dem Wiener Jesuitenkolleg inkorporiert. Bis 1715 war Schrattenthal Titularsitz eines im niederösterreichischen Landtag stimmberechtigten Propstes. Schließlich erwarb 1716 die Herrschaft Schrattenthal das frühere Stiftsgebäude um 150 Gulden. Mit diesem Jahr hörte das Stift Schrattenthal auch de iure zu bestehen auf.

Im 18. Jahrhundert kann die Retzer Gottesdienstordnung aus den Jahren 1720 bis 1746 als Beleg für das weitere Bestehen der Wallfahrt dienen. Für den Pfingstmontag ist dort eine Prozession nach Schrattenthal festgesetzt. Vom 16. bis zum 24. August wird alljährlich eine Wallfahrt (Prozession ex voto) nach Mariazell durchgeführt, als deren erste Station Schrattenthal vorgesehen ist. Als späte augustinische Spur in Schrattenthal soll der Augustiner Chorherr Theobald Johann Fritz (1777–1848) Erwähnung finden. Im Schloss als Sohn des Verwalters geboren hatte er das Gymnasium in Znaim besucht und war dann in das Chorherrenstift Klosterneuburg eingetreten. Er war Professor für Ethik und Moral an der Universität Wien sowie mehrmals Dekan der theologischen Fakultät. Eine besondere Variante des Rosenkranzgebets, der „Sieben-Schmerzen-Rosenkranz", der seinen Ursprung in der oben angeführten Bruderschaft und Verehrung der Sieben Schmerzen Mariens hat, wird auch heute wieder am Schmerzhaften Freitag vor dem Palmsonntag gebetet.

Wirtschaftliche, rechtliche und soziale Verhältnisse

Die Brüder Oswald und Stefan von Eitzing sowie die Söhne des letzteren, Martin und Georg, stifteten bei der Kapelle Unser Lieben Frau zu ihrem Seelenheil ein Chorherrenkloster nach der Regel des hl. Augustinus. Im Stiftsbrief vom 13. Oktober 1476 wurde festgehalten, dass die Güter, Holden und Einkünfte auf ewige Zeiten beim Kloster zu verbleiben haben und das Kloster maximal 13 Kanoniker beherbergen sollte.

Am Tag Maria Verkündigung des Jahres 1477 ging man an die Realisierung der frommen Stiftung mit der Einsetzung eines Propstes und fünf Kanoniker. Die Dotierung der Stiftung erfolgte mit den Pfarren Schrattenthal und Joslowitz, wobei die Pfarrlehen der zweitgenannten Pfarre vom Olmützer Bischof gekauft wurden. Zusätzlich erhielt die Stiftung Zuwendungen aus den Besitzungen der Schlosskirche Schrattenthal. Bei Todesfall des jeweiligen Pfarrers war vorgesehen, dass Propst und Konvent der Pfarrkirche zu unterstehen haben. Als Siegler dieses Stiftsbriefes scheinen die oben genannten Eitzinger sowie Petrus Achtler als Pfarrer von Schrattenthal auf. Nach knapp zwei Jahren erfolgte am 18. Mai 1479 die Bestätigung der Stiftung durch den päpstlichen Legaten Alexander, Bischof von Forli.

Daraufhin wurde das Kloster mit dem erforderlichen Personal aus zwei Chorherrenklöstern ausgestattet, nämlich mit Propst Jakob und zwei Chorherren aus Dürnstein sowie mit zwei Brüdern aus St. Dorothea in Wien. Während der kurzen Dauer von 52 Jahren wurde die Stiftung mehrmals erneuert wie beispielsweise 1506. In diesem Stiftsbrief, der zwölf Siegler ausweist, werden sämtliche Gülten und Stücke des Klosters angeführt. Darunter befinden sich Weingärten, Getreidezehent und unterschiedliche Dienste aus verschiedenen Dörfern, worunter auch Waizendorf mit vier Vierteln Weingärten genannt wird - ein Geschenk eines Ehepaares an das Kloster. In der Stadt Schrattenthal gehörten zwei Öden dem Kloster. Zusätzlich erfolgte ein Nachtrag jener Güter, die im Stiftsbrief von 1477 nicht angeführt waren. Dabei handelt es sich durchwegs um Gülten, die den Augustinern und Schotten in Wien und dem Stift Wilhering abgekauft wurden. Weiters wird die Errichtung eines Gebäudes für Propst und Konvent bei der Kirche erwähnt, sowie die entsprechende Versorgung von sieben Chorknaben mit der notwendigen Bekleidung und Verpflegung. Vogt des Stiftes sollte der jeweilige Senior der Familie Eitzing sein. Ein weiterer Stiftsbrief aus dem Jahre 1511 zeigt hinsichtlich des Besitzes nur geringe Veränderungen. Das Jahr 1529 bedeutete das Ende der Propstei in Schrattenthal , wozu gewiss die hohe Steuerbelastung aufgrund der Verteidigung gegen die Osmanen beigetragen haben könnte. Der Verkauf der Joslowitzer Lehen kann als Indiz dafür gewertet werden. Inwiefern auch der Protestantismus durch seinen geistigen Einfluss zu diesem frühen Ende beigetragen hatte, ließe sich nur aus den seit 1528 geführten Visitationsberichten erkennen, die derzeit nicht greifbar sind.

Unter dem Einfluss des evangelischen Glaubens, dem Freiherr Christoph von Eitzing und dessen Sühne Georg und Paul anhingen, kam es 1567 mit dem Schrattenthaler Pfarrer Georg Kaiser zu einem Streit um die pfarrlichen Einkünfte . Den genannten Söhnen des Christoph von Eitzing gelang es, sich der Besitzungen von Pfarre und Propstei zu bemächtigen, wobei die Pfarre mit minderwertigen Gründen entschädigt werden sollte. Ein Jahr später verlangte Kaiser Ferdinand II. die neuerliche Dotierung von Pfarre und Propstei aus den Eitzinger Gütern und behielt sich persönlich das Patronat vor. Aufgrund der schmalen Wirtschaftsbasis der Propstei musste sie häufig die Landesanlagen (Steuern) schuldig bleiben. 1628 war die Steuerschuld auf 28.000 fl. angewachsen. Seitens der niederösterreichischen Verordneten wurde sie bis auf 5.000 fl. nachgelassen, allerdings mit einer Zahlungsverpflichtung innerhalb von vier Jahren. Damit verbunden war der Einzug bestimmter Gülten und Zehente durch die Landschaft (Stände) wegen der lange ausständigen Landesanlagen und Kontributionen durch Exekution.

Erst gegen Erlegung des Pfandschillings von 4.000 fl. durfte die Propstei wieder unter der Leitung eines Propstes stehen. 1630 war Propst Albrecht von Pranck, Passauischer Vizeofficial und Pfarrherr zu Schrattenthal, die Ablöse der Gülten teilweise gelungen, wozu ihm aber Freiherr von Kürchberg, Passauischer Offizial, 4.000 fl. vorgestreckt hatte. 1650 erklärte sich das Chorherrenstift St. Dorothea in Wien bereit, gegen Überlassung der Güter die Propstei in Schrattenthal wiederherzustellen. Diesbezüglich weist die Gülteinlage das Jahres 1656 für 71 Häuser einen Wert von 34fl. 3ß 2d aus. Aufgrund der Steuerausstände bei der Landschaft erfolgte durch deren Verordneten 1657 die neuerliche Exekution. Propst Jakob von St. Dorothea beantragte 1660 die Restituierung der Schrattenthaler Güter. Am 27. September 1662 beurkundeten die Verordneten, dass sie dem Propst Stephan von St. Andrä an der Traisen als Nachfolger der Propstei Schrattenthal wegen der Steuerschuld von 1657 die in Exekution genommenen Güter und Dienste überlassen werden. Zuvor wurde die Angelegenheit vom Kaiserhof dem Passauer Konsistorium und deren Gutachtern vorgelegt. Propst Stephan sollte nun der unmittelbare Nachfolger der Schrattenthaler Propstei sein.

Allerdings blieb der Propstei Schrattenthal die Ablöse um jenen Wert vorbehalten, um den sie von der Landschaft erkauft worden war. Mit Zustimmung Kaiser Leopolds I. wurden Propstei und Pfarre per Urkunde vom 18. Juni 1664 aufgrund der hohen Steuerschulden zum Verkauf freigegeben. Zwar wollte bereits Propst Jakob von St. Dorothea die Schrattenthaler Güter erwerben, was der Passauer Bischof abgelehnt hat. Am 24. März 1665 kam Propst Stephan von St. Andrä gegen eine Zahlung von 4.000 fl. in den Besitz der Schrattenthaler Gülten. Gleichzeitig zeigte der Rektor des akademischen Kollegiums der Jesuiten in Wien Interesse für den Propsteibesitz, und zwar in Form einer Schenkung. Er wandte sich an den Kaiser, der ihm seine Zusage gab, aber sich nicht mehr an die früh er gegebene Verkaufsfreigabe erinnert hatte. Propst Stephan intervenierte sofort und führte einen Prozess gegen die Jesuiten. Dieser endete 1671 durch den Tod von Propst Stephan zunächst zugunsten der Jesuiten, schließlich kam aber die Propstei St. Andrä wieder zu ihrem Recht als legitimer Nachfolger der Schrattenthaler Propstei.

Die endgültige Auflösung der Propstei erfolgte 1716. Aus dem Grundbuch 1667 wird ersichtlich, welche Ämter der Propstei Schrattenthal dienstbar waren: Braunsdorf (GB Hollabrunn), Fahndorf (GB Hollabrunn), Fels (GB Kirchberg am Wagram), Mitter-Retzbach (GB Retz), Nonndorf (GB Allentsteig), Riegers (GB Waidhofen an der Thaya), Tiefenbach (GB Allentsteig), Walkersdorf (GB Langenlois), Zaussenberg (GB Kirchberg am Wagram), Ziersdorf (GB Ravelsbach). Die Aufschlüsselung der Ämter nach Hausdiensten ergibt folgendes Bild: Braunsdorf (2), Fahndorf (18), Fels (5), Mitter-Retzbach (3), Nonndorf (3), Riegers (18), Tiefenbach (5), Walkersdorf (11), Zaussenberg (3) und Ziersdorf (3). Die Dienste und Abgaben in diesen Ämtern wurden von Ganz-, Halb-, Viertellehnern und 13 Hofstätten geleistet. Insgesamt beliefen sich die Gülteinnahmen auf 41 fl. 3 ß. 11 d., der Getreidezehent machte 45 Metzen aus, das entspricht etwas mehr als 3 Tonnen.[6]

Pfarren

Gemäß dem Stiftsbrief erhielt das Kapitel die Pfarrkirche Schrattenthal sowie, mit Zustimmung des Bischofs von Olmütz, die Pfarrkirche von Joslowitz in Südmähren, deren Patronat Stephan von Eitzing innehatte. Gleichzeitig übernahm das Stift die Seelsorge in diesen Pfarren. 1529 verkaufte Ulrich IV. das Patronat Joslowitz.

Bibliothek

Abgesehen von dem erwähnten Andachtsbuch ist darüber nichts bekannt.

Bau- und Kunstgeschichte

Das Stiftsgebäude

Das Stift wurde in der Nordwestecke des 1472 zur Stadt erhobenen Ortes bzw. an dessen nordwestlicher Flanke errichtet. Während die vom Stiftsgebäude eingenommene Fläche anhand des bis heute weitgehend unveränderten Grundrisses der mittelalterlichen Stadt annähernd festzustellen ist, können über Bauplan und Bauvolumen kaum konkrete Angaben gemacht werden.

Die heutigen Häuser Nr. 34, 35 und 36 sind auf dem Areal des Stiftes entstanden bzw. gehen in ihren Grundmauern auf dieses zurück. Die Anlage wurde im 18. Jahrhundert in drei Kleinhöfe unterteilt. Besonders das Haus Nr. 36 enthält nach dem denkmalpflegerischen Befund noch Teile der ursprünglichen Raumstruktur und der Bausubstanz des 16. Jahrhunderts. Dies zeigt auch die teilweise Freilegung einer frühneuzeitlichen Ritzputzquaderung unter dem josephinischen Putzdekor der Straßenfront aus dem Jahr 1786. (Vor der Wiedererrichtung der Pfarre wurden die beiden Kirchen von diesem Haus aus betreut, teilweise durch Einsiedlermönche des Waldbrüderordens. Möglicherweise bildete der nordwestliche, einschließlich zweier Rundtürme erhalten gebliebene Teil der Stadtbefestigung zugleich die Außenmauer des Stiftes, sodass auch die an die Stadtmauer angebauten Häuser Nr. 37, 63 und 74 dem ehemaligen Klosterbereich zuzurechnen sind. Inmitten der weitläufigen Burganlage von Schrattenthal befindet sich, unter dem einheitlichen Dach eines barocken Erweiterungssbaues, der sog. ,,Schafstall". Dieser spätgotische Raum aus dem 15. Jahrhundert mit vier kreuzrippengewölbten Jochen auf einem Achteckpfeiler soll der Tradition zufolge als Refektorium des (rund 400 Meter entfernten) Stiftes gedient haben.

Die Kirchen

Zum Zeitpunkt der Gründung des Stiftes bestanden in Schrattenthal neben der Burgkirche St. Martin (erbaut 1436–1438) zwei räumlich verbundene und vom Herrschaftsinhaber Ulrich von Eitzing wahrscheinlich bereits als Doppelkirche geplante Gotteshäuser: die anstelle der von den Hussiten 1425 zerstörten Kapelle Unser Lieben Frau nach 1434 wiedererrichtete Marien- und Wallfahrtskirche und die um 1450 erbaute Pfarrkirche St. Bernhardin. Zwar bezieht sich der Stiftsbrief auf die Kapelle Unser Lieben Frau, die bauliche Einheit beider Kirchen hat aber zur Bezeichnung (auch) der Pfarrkirche als Propsteikirche geführt. Nach dem Stadtbrand von 1783 wurde die südliche Marienkirche abgebrochen, die Pfarrkirche erhielt eine einheitlich spätbarocke Innenausstattung. Aus der Erbauungszeit erhalten sind der netzrippengewölbte Chor mit Sessionsnische und gekehltem Portal zur sternrippengewölbten Sakristei, die kreuzrippenunterwölbte Orgelempore und der spätgotische Westturm; rotmarmorner Taufstein; Eitzinger-Grab steine 1460, 1504, 1563 und die spätgotische figürliche Grabplatte eines weiter nicht bekannten Ritters Wallwolf (?).

Das Andachtsbild der Sieben Schmerzen Mariens wurde nach 1784 in einem barocken Rahmen in den Hochaltar integriert. Seit der Außenrenovierung 1989 entspricht die Kirchenfassade wieder dem Erscheinungsbild der jeweiligen Bauzeit von 1450 bzw. 1784. Die spätgotische Gnadenstatue Unserer Lieben Frau mit dem Kind befindet sich heute in der Kirche des Karmelitinnenklosters in Gmunden. Die Fundamente der Marienkirche wurden 1987 im Zug eines Dorferneuerungsprojekts freigelegt; 2001 wurde aus den ergrabenen Architekturteilen im ehemaligen Kirchenraum ein Feldaltar errichtet.

Literatur

  • Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler Österreichs. Niederösterreich nördlich der Donau. Wien 1990.
  • Raimund Oblistil: Das Augustiner Chorherrenstift Schrattenthal. Hollabrunn 1968 (Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, 3/10).
  • Raimund Oblistil: Die Pfarre Schrattenthal. Typoscript. o.J.
  • Raimund Oblistil: Die Gotteshäuser Schrattenthals. Typoscript. o.J.
  • Raimund Oblistil: Festschrift zur Fünfhundertjahrfeier der Stadterhebung. Nach den von Raimund Oblistil gesammelten Unterlagen bearbeitet von Franz Müllner und Anton Resch. Schrattenthal 1972.
  • Österreichisches Städtebuch. Band 4. Wien 1982.
  • Floridus Röhrig: Das Pilgerbuch aus Schrattenthal. In: Morgen. Kulturzeitschrift aus Niederösterreich 17 (1981), S. 145–148.
  • Egon Alexander Wahl: Geschichte des ehemaligen Augustiner Chorherrenstiftes St. Andrä an der Traisen mit besonderer Berücksichtigung der rechtlichen, besitz- und personalgeschichtlichen Verhältnisse. Diss. Univ. Wien. Wien 1945.
  • Theodor Wiedemann: Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Land unter der Enns. Band 3. Prag 1882.
  • Ralf Wittig: Fassadenuntersuchung der Pfarrkirche Schrattenthal. Typoscript. 1988.

Einzelnachweise

  1. Im Stiftsbrief von 1476 heißt es: "unser lieben Frawen Capelln zu Schretental die weiland der Edel her her Ulrich von Eitzing, unser lieber brueder und vetter dem Gott genad, von seinem aigen guet von Newen aufpawt hat."
  2. "Die Kapellen ist inwendig von einer Mauer zu der andern 9 Klafter 12 Zoll lang, 5 Klafter 33 Zoll breit."
  3. Bereits am 21. Juli 1438 gab Papst Eugen IV. (als Dank für die Unterstützung durch Ulrich Eitzing beim Basler Konzil) "der Kapelle Unserer Lieben Frau zu Schrattenthal einen Ablass auf ewige Zeiten von einem Jahr und vierzig Tagen, welchen alle jene erhalten sollen, die am Mariae Verkündigungstage, mit gehöriger Vorbereitung durch Beicht und Communion sie andächtig besuchen und zu ihrer Erhaltung beisteuern würden."
  4. (Nach dem Regierungsantritt Kaiser Ferdinands I. waren die Anführer der Stände, darunter Michael, in eine Falle gelockt und auf dem Hauptplatz von Wiener Neustadt 1522 enthauptet worden.)
  5. "... dabei vor wenig Jahren nicht eine geringe Andacht der Benachbarten gewesen, auch die von Znaim wann sie mit der Procession nach Mariazell gehen noch allda zu theils ihre Andacht verrichten, neben einem Hochund Voraltar sind beiderseits sechs Altäre, jedoch ganz verwüstet, ... Die Fenster sind gänzlich ruiniert, daß der Wind und Schnee allerorten einschlagt. Das Dach ist baufällig, das Gewölb und Gemäuer also zerspalten, ... Die Kirche ist dann vom Herrschaftsbesitzer, Baron Putz von Adlersthurm, renoviert worden.
  6. Die Errechnung erfolgte auf Grundlage der Stiftsbriefe von 1477, 1506 und 1511 sowie den Steuerakten, den Akten des Propstes Augustinus Erath, den alte Gülteinlagen VUMB, den Gülten von 1711, den Klosterratsakten sowie dem Grundbuch von 1667.
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